Botanik: Buche (Fagus sylvatica) - von der Wurzel bis in die Krone *

Begonnen von jcs, Juni 15, 2022, 22:37:04 NACHMITTAGS

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jcs

Liebes Forum,
nachdem im hauseigenen Garten (Abb. 1) eine Reihe von Rotbuchen (Fagus sylvatica) in allen Gößen wächst, wollte ich die Gelegenheit zu einem Mikro-Spaziergang von der Wurzel bis in die Krone nutzen. 2020 war ein sogenanntes Mastjahr, in dem die "erwachsenen" Buchen eine Unmenge an Bucheckern produzierten. Dadurch sind im Folgejahr hunderte Keimlinge entstanden, zusätzlich zu einigen bestehenden Jungbäumchen (Abb. 2). Einige mittelgroße Buchen wurden regelmäßig auf eine Größe von ca. 2m zurückgeschnitten (Abb. 3), sodass es recht einfach ist, als stolzer Besitzer einer neu erstandenen Kettensäge Stammscheiben mit ca. 150mm Durchmesser abzuschneiden.

Es gibt aktuell also ausreichend Probenmaterial, mit dem ich mich jahrelang beschäftigen kann.

Jürgen

jcs

#1
Beginnen möchte ich mit dem Wurzelsystem dieses Baumes, der bekanntlich gerne eine Symbiose mit verschiedenen Mykorrhizapilzen eingeht. Diese wachsen am Feinwurzelsystem des Baumes. Dieses Feinwurzelsystem wird durch Ausreißen eines Jungbaumes zerstört, man muss also das ganze Bäumchen ausgraben und vorsichtig abwaschen. Anschließend kann man mit der Pinzette kleine Steinchen und Sandkörner entfernen.

Im Stereomikroskop zeigen sich dann die Hyphen der Mykorrhiza (Abb. 4). In diesem Fall scheint es zumindest zwei unterschiedliche Pilzarten zu geben: Einerseits einen Pilz mit schwarzen Hyphen, der die Wurzelspitze eng ummantelt, sowie (im roten Rechteck) ein mehr durchsichtiges, locker zusammengesetztes Hyphensystem.

Zusätzlich fallen noch die gelblich-durchsichtigen Wurzelspitzen auf. Wie die zu interpretieren sind, weiß ich leider nicht.

Nachdem die Mikroskopische Gesellschaft Wien (https://www.mgw.or.at/private/programme/arbeitsprogramm_2022_vers8.pdf) gestern eine Exkursion an die TU Wien veranstaltete, um eines der dortigen Rasterelektronenmikroskopie-Labors zu besichtigen, haben wir die Gelegenheit genutzt, die im Rechteck markierte Spitze unter dem REM anzuschauen (Abb. 5 und 6). Die Abbildungen zeigen sehr plastisch das Hyphengeflecht (Abb. 5) und die Oberflächenstruktur der Hyphen (Abb. 6). In der Detailansicht sieht man glatte sowie etwas rauere Hyphen, vielleicht sind hier also wiederum zwei unterschiedliche Pilzarten am Werk.

Rawfoto

Guten Morgen Jürgen

Danke das ich dabei sein durfte und die STEMI Ansicht ist eine Bereicherung👍👍👍
Schönen Feiertag
Gerhard
Gerhard
http://www.naturfoto-zimmert.at

Rückmeldung sind willkommen, ich bin jederzeit an Weiterentwicklung interessiert, Vorschläge zur Verbesserungen und Varianten meiner eingestellten Bilder sind daher keinerlei Problem für mich ...

jcs

Zitat von: Rawfoto in Juni 16, 2022, 07:36:00 VORMITTAG
STEMI Ansicht ist eine Bereicherung👍👍👍
Schönen Feiertag
Gerhard

Hallo Gerhard,

danke für die Rückmeldung! Inzwischen bin ich schon ein bisschen am Üben für die kommende PEG-Session in Weinberg.

Deshalb ein Sprung in die Baumkrone, mit einem Querschnitt der Mittelrippe eines Buchenblattes (Abb. 7). Einbettung in PEG, 20µm Schnittdicke, Färbung mit Etzold FCA und Eindecken in Euparal. Aufnahme war mit einem 10x Objektiv.

jcs

#4
Und um in der Krone zu bleiben, noch ein Querschnitt eines dünnen Astes (Abb. 8 ), ca. 50µm Schnittdicke, Panorama aus 4 Aufnahmen mit dem 5x-Objektiv. Gefärbt in Wacker (Acridinrot, Acriflavin Astrablau).

Peter Reil

Meine Arbeitsgeräte: Olympus BHS, Olympus CHK, Olympus SZ 30

jcs

#6
Zitat von: Peter Reil in Juni 16, 2022, 21:21:44 NACHMITTAGS
schöner Schnitt!
Hallo Peter,

danke für die Rückmeldung, freut mich!

Die Wurzeln zu reinigen und die Blattschnitte herzustellen brachte meine Feinmotorik an ihre Grenzen. Damit auch etwas für die Grobmotorik dabei ist (Abb.09), zeige ich noch einen Querschnitt, einen Tangential- und einen Radialschnitt von einem 1x1x1cm³-Buchenklötzchen, das ich aus einer ca. 15cm dicken Buchenholzscheibe gewonnen habe.

Die Schnitte haben eine Dicke von ca. 15µm, gefärbt habe ich wieder mit Etzold FCA. Die Aufnahmen sind Panoramen aus 4 Bildern, die mit dem 5x-Objektiv aufgenommen wurden.

Beim Querschnitt (Abb. 10) sieht man sehr schön die Jahresringgrenze, mit Frühholz (FH) und Spätholz (SH), sowie einen Holzstrahl (HS).

Auch der Radialschnitt (Abb. 11) zeigt die angeschnittenen Holzstrahlen sowie die Gefäße (G). Ich nehme an, die Strukturen am rechten Rand sind ebenfalls Holzstrahlen.

Ein ähnliches Bild zeigt der Tangentialschnitt (Abb. 12), in dem man die Querschnitte der Holzstrahlen sehen kann, ebenso wie die Gefäße.

LG

Jürgen

P.S.: Eventuelle Korrekturen und Anmerkungen sind gerne gesehen.

jcs

Falls es jemanden interessiert, hier noch ein paar Details zur Technik:

Geschnitten habe ich mit einem Reichert- Schlittenmikrotom (Abb. 13).

Die PEG-Einbettung des Blattes habe ich folgendermaßen durchgeführt:
(1) Fixierung in AFE für ca. 12h
(2) Lagerung in Ethanol 70% für ein paar Tage
(3) Aqua dest für einige Minuten
(4) Aqua dest. mit 20% PEG1500 für 8h
(5) Aqua dest. mit 50% PEG1500 für 8h
(6) PEG1500 bei 61°C im Dry Block Heater (Abb. 14) für 12h
(7) Blöcke gießen und nach Abkühlen schneiden
(8 ) Schnitte in Aqua dest. mit 20%PEG1500 überführen, 15min lagern
(9) in Aqua dest. überführen
(10) Färben und eindecken

Rawfoto

Hallo Jürgen

Spannend das du Aqua an der Stelle von Alkohol für die Verdünnung von PEG verwendest. Naja, gelöst wird das PEG da auf jeden Fall ...

Kannst du da noch ein paar Erfahrungen teilen?

Liebe Grüße

Gerhard
Gerhard
http://www.naturfoto-zimmert.at

Rückmeldung sind willkommen, ich bin jederzeit an Weiterentwicklung interessiert, Vorschläge zur Verbesserungen und Varianten meiner eingestellten Bilder sind daher keinerlei Problem für mich ...

jcs

Zitat von: Rawfoto in Juni 19, 2022, 19:19:14 NACHMITTAGS
Kannst du da noch ein paar Erfahrungen teilen?
Hallo Gerhard,

die grundsätzliche Rezeptur basierend auf wässriger Lösung habe ich irgendwo hier im Forum gefunden. Die genaue Quelle finde ich gerade nicht.

Was mir aufgefallen ist:
(1) Man sollte nicht direkt von 20%PEG/80%H2O in flüssiges PEG gehen. Das niedrigmolekulare Wasser diffundiert schnell aus dem Gewebe heraus, das hochmolekulare PEG1500 dagegen langsamer ins Gewebe hinein. Die Proben "verschrumpeln" deswegen gerne. Deswegen habe ich den Zwischenschritt mit 50%PEG/50%H2O gemacht. Dabei bleibt die Geometrie der Pflanzenproben deutlich besser erhalten.
(2) Aus demselben Grund wie in (1) sollten die Schnitte vom Mikrotom nicht direkt in Wasser gebracht werden, sondern als erstes in eine ca. 30% PEG-Lösung. Damit bleiben auch empfindliche Strukturen erstaunlich gut erhalten.
(3) PEG ist sehr hygroskopisch. Die gegossenen Blöcke verarbeite ich deshalb recht rasch. Bei etwas höherer Luftfeuchtigkeit saugt das PEG innerhalb weniger Tage deutlich Wasser und wird dann schwer schneidbar.

Soweit meine bisherigen Erfahrungen

Jürgen

Fahrenheit

Lieber Jürgen,

vielen Dank für den schönen Beitrag, den ich gerne gelistet habe!

Vielleicht magst Du von den drei Holzschnitten auch noch höher vergrößerte Bilder (z.B. mit dem 10er Objektiv)  einstellen? Quer-, Radial.- und Tangentialschnitt sieht man hier selten zusammen und sie zeigen gemeinsam schön den dreidimensionalen Aufbau des Holzes.

Herzliche GRüße
Jörg
Hier geht's zur Vorstellung: Klick !
Und hier zur Webseite des MKB: Klick !

Arbeitsmikroskop: Leica DMLS
Zum Mitnehmen: Leitz SM
Für draussen: Leitz HM

jcs

Hallo Jörg,

danke für's Listen und Deine Anmerkungen! Ich habe dementsprechend noch Bilder mit dem 20x-Objektiv gemacht, siehe Abb. 15-17 (z-Stacks aus 3-4 Aufnahmen). Den Tangentialschnitt habe ich auch noch bei gekreuzten Polfiltern angeschaut (Abb.18), damit man die Fasern deutlicher sieht.

Jürgen

Fahrenheit

Danke Dir Jürgen!

die neuen Bilder werten den Faden noch mal deutlich auf.

Herzliche GRüße
Jörg
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Wutsdorff Peter


limno


Hallo Peter,
PEG ist das Kürzel für Polyethylenglykol. In der Mikroskopie dient es zur Einbettung von Pflanzenteilen, um diese zu schneiden. Es wird vor allem in Kosmetika verwendet. PEG wird mit zunehmendem Polymerisationsgrad immer weniger wasserlöslich. Auch wenn der Trivialname anderes suggeriert, gehört PEG zu den Ethern.
Beste Grüße von
Heinrich
So blickt man klar, wie selten nur,
Ins innre Walten der Natur.