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Der Mikroaufwuchs

Begonnen von Wolfgang Bettighofer, Januar 13, 2010, 21:22:10 NACHMITTAGS

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Wolfgang Bettighofer

Liebes Forum,

Sabine hatte vor Tagen ein hübsches Algenbild zusammen mit einer Bestimmungsfrage eingestellt (https://www.mikroskopie-forum.de/index.php?topic=4340.0) und ich hatte die dünnen Aufwuchsgebilde auf dem abgebildeten Algenfaden als "irgendwelche Bakterien" bezeichnet. Dann hatte ich auch angekündigt, Fotos einzustellen, die ähnliche Gebilde etwas größer abbilden. Es hat etwas gedauert. Erst fehlte die Zeit, dann versteckten sich die Bilder, welche ich im Gedächtnis gehabt hatte.

Als dann alles zusammen gesammelt war, habe ich noch etwas Literatur gewälzt, um genauere Informationen zu diesen Aufwuchswesen zu bekommen. Eine zweifelsfreie Zuordnung war schwierig, da der Beobachtungsfokus ja bei keiner dieser Aufnahmen auf diese dünnen Fädchen gelegt worden war. Die etwas stärkeren Fäden auf den folgenden Bildern sind ziemlich sicher Cyanobakterien der Gattung Pseudanabaena. Dass anders als bei dieser Art üblich die Segmentierung der Trichome (Zellfäden) durch die Zellquerwände nur an wenigen Stellen zu erahnen ist liegt daran, dass sie als Beiwerk nicht optimal flach gelegt worden waren.



Hier eine Übersicht (25er Objektiv) einer Lebensgemeinschaft auf einem Rotalgenfaden der Gattung Polysiphonia aus der Ostsee (Hiddenseer Bodden) mit einer Zoothamnium-Kolonie, hübschen Diatomeenfächern (Licmophora juegensii) und einem Pseudanabaena-Fadengewirr.



Mit der 100er Ölimmersion werden die Details klarer, im oberen Teil des Fadens werden auch die Querwände sichtbar. Der Fadendurchmesser liegt bei ca. 1,2 µm. Wir sehen die scheibchenförmigen Chloroplasten in den Rotalgenzellen, die durch ihren zusätzlichen Farbstoff Phycoerythrin rötlich erscheinen. Die Fäden der Polysiphonia-Quirle zeigten sich als Lebensraum von festsitzenden Diatomeen. Wir sehen zwei Cocconeis-Zellen, im Streble/Krauter als Algenläuse bezeichnet. Daneben, auf einem Gallertstiel sitzend, zwei Rhoicosphenia abbreviata.



Aus dem Süßwasser stammt die Aufwuchsgrünalge Stigeoclonium farctum, eine Art aus der Gruppe der Chaetophorales. Sie saß ihrerseits auf Oedogonium und beherbergte eine Reihe aufwachsender Zellfäden, wo mir noch nicht klar ist, ob es Eubakterien mit oder ohne Chlorophyll sind. Eine Spur (Jiri Komarek) führt zur Cyanobakterie Heteroleibleinia.

Tschüß, Wolfgang Bettighofer
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Klaus Herrmann

#1
Lieber Wolfgang,

beim ersten Bild hab ich mich gefragt: fotografiert er eigentlich noch, oder malt er schon?

Reiht sich nahtlos in andere Meisterwerke ein, die ich hier immer wieder mit bewunderndem Neid genießen darf - ich vermeide jetzt Namen zu nennen, weil einen/eine vergesse ich dann ja doch und das wäre ungerecht!

Bin mir wohl bewusst, dass ich meine eigenen Forderungen unterlaufe: kein Lob ohne es mit einer Fachaussage/Frage zu verbinden. Aber ich lass es trotzdem so stehen!

Auf jeden Fall: schon geklaut und in meiner Galerie der Edelsteine einreiht!


Danke fürs zeigen!
Mit herzlichen Mikrogrüßen

Klaus


ich ziehe das freundschaftliche "Du" vor! ∞ λ ¼


Vorstellung: hier klicken

Wolfgang Bettighofer

Lieber Klaus,

schön, dass es gefällt. Wie ich es mache, ist hier skizziert: http://home.arcor.de/woelfib/HTML/docs/Mikroskopische_Streifzuege_auf_Hiddensee_I.pdf, Seite 8.

Tschüß, Wolfgang
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Michael Plewka

hallo Herr Bettighofer,

ebenfalls von mir vielen Dank für Ihre tolle Dokumentation, mit der Sie auf Lebewesen aufmerksam machen, deren biologische Bedeutung wahrscheinlich wesentlich größer ist, als es der Anteil an Beiträgen hier im Forum vermuten lässt. Insofern: hoffentlich bald mehr dazu, vor allem, wenn es in dieser ästhetischen Qualität dargeboten wird.
beste Grüße Michael Plewka