Botanik: Schnippelpremiere - nochmals Hoya *

Begonnen von Daniel Steiner, Januar 13, 2010, 22:33:32 NACHMITTAGS

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Daniel Steiner

Liebe Leserinnen und Leser,

in Anknüpfung an meinen Tischmikrotom-thread (https://www.mikroskopie-forum.de/index.php?topic=4062.0) kann ich nun endlich ein vorzeigbares Resultat vorstellen. Die Schnippelei braucht einiges an Übung, wie ich bald gemerkt habe. Umso befriedigender nun zu sehen, dass meine Konstruktion etwas taugt. Eine frische Klinge macht dabei den ganzen Unterschied!
Angeregt durch den Schnitt von Hoya, den Arnold Büschlen hier (https://www.mikroskopie-forum.de/index.php?topic=4341.0) gezeigt hat, bin ich auf unsere Wachsblumen losgegangen. Wir werden von einer Art mit dünnen, unbehaarten Stengeln und kleinen, schmalen und sattgrünen Blättern regelrecht zugewuchert. Ich bin nicht sicher, ob es sich um eine Hoya handelt, aber sicher eine nahe Verwandte aus der Familie der Asclepiadaceen. Jedenfalls ein gutes Objekt für den Anfang aufgrund der festen, aber nicht harten Konsistenz der in FAE fixierten Stengelteile. Färbung in Etzold grün und eingebettet in Euparal:


10x Olympus Planachromat, Canon A640.

Die Steinzellen liegen hier in Bündeln angeordnet:


40x Olympus Planachromat, Canon A640.

Ich freue mich auf Kommentare, auch kritische. Es gibt noch viel zu lernen...

Herzliche Grüsse
Daniel Steiner


Fahrenheit

Lieber Daniel,

das schaut doch schon sehr gut aus!

Auf Deinen Bildern sehe ich nichts, was am Schnitt zu kritisieren wäre und auch die Färbung ist gut gelungen. Insbesondere die intensive Färbung der Cuticula ist sehr schön geworden.

Die Steinzellen sind allerdings auch hier etwas blässlich.

Wenn Du uns den kompletten Ablauf deiner Etzold Grün Färbung beschreibst, können wir vielleicht noch den einen oder anderen Tipp geben.

Herzliche Grüße
Jörg
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Arbeitsmikroskop: Leica DMLS
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Für draussen: Leitz HM

Klaus Henkel

Hallo Herr Steiner!

Hervorragend geschnitten und gefärbt, schöne, wenig deformierte Zellen. Saubere Arbeit.

Gruß KH

Daniel Steiner

Lieber Jörg, lieber Herr Henkel,

danke für die "Schnittblumen"! Sie machen Lust auf mehr Botanik.

@ Jörg: hier meine Arbeitsschritte für dieses Präparat:

- Stengelstücke von wenigen mm Länge in FAE 48 Stunden fixieren
- Tischmikrotom-Schnitte mit normaler Rasierklinge und einer Mischung Ethanol 30%, Glycerin 10%, Wasser
- Schnitte sammeln in Wasser
- Etzold grün ca. 8-10 min. (kalt)
- in dest. Wasser spülen
- über Ethanol 30% in Ethanol 70% für ca. 1 min.
- in Isopropanol überführen, 1-2 min.
- Einschluss in Euparal

Ich stehe mit den botanischen Schnitten noch ganz am Anfang, die Färbeergebnisse sind noch mehr oder weniger zufällig. Aber der Appetit wächst. Ich hoffe, ich kann hier künftig ab und zu etwas schönes zeigen! Leider kommt die ganze Pracht in den Fotos nur unvollkommen zur Geltung, aber mehr kriege ich aus der Kamera und der gegenwärtigen Adaption nicht raus. Dies wäre ein anderes Thema.

Herzliche Grüsse,
Daniel Steiner

Eckhard

Hallo Daniel,

der Schnitt ist sehr schön geworden.

Zwei Tipps: Etzold grün warm machen - ca. 60°. Dann zieht die rote Farbe kräftiger auf. Nach dem Auswaschen direkt in Isopropanol überführen und sobald etwas rote Farbe abgeht, sofort wechseln. Insgesamt sollten die Schnitte etwa 10-15 Minuten im Isopropanol bleiben  (mindestens 3x wechseln) damit wirklich kein Wasser mehr drin ist.

Herzliche Grüsse
Eckhard



Zeiss Axioscope.A1 (HF, DF, DIK, Ph, Pol, Epifluoreszenz)
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Daniel Steiner

Hallo Eckhard,

mangelhafte Entwässerung sollte sich durch Trübungen verraten, meine ich gelesen zu haben - ich muss mal die in letzter Zeit gemachten Präparate durchsehen. Auf jeden Fall nehme ich es also mit dem Isopropanol in Zukunft gründlicher. Besten Dank für den Tipp!

Ungetrübte Grüsse,
Daniel

Detlef Kramer

Hallo @ Alle,

mir gefallen die Fotos auch sehr gut, überhaupt keine Frage.

Ich dachte aber, es wäre auch ganz interessant, die Botanik, d.h. in dem Fall die Spross-Anatomie etwas zu beleuchten, denn so ganz trivial ist die Geschichte offenbar nicht. Ich beziehe mich dabei nur auf das zweite Foto. Dominierend ist hier der geschlossene Xylem-Ring (rot). Wenn man genau hinschaut, erkennt man die Holzstrahlen, die einzellig das Xylem durchziehen, allerdings auch verholzt sind. Man erkennt sie aber daran, dass sie sich nach oben in großen Zellen fortsetzen, die zwischen den Phloem-Inseln liegen. Zwischen Xylem (=Holz) und Phloem ist noch das Kambium in Form von schmalen, backsteinförmigen Zellen zu erkennen.

Ja, und dann der Knüller: innerhalb (im Foto also unterhalb) des Xylems liegen wieder Phloem-Nester. Das ist typisch für ganz wenige Familien der Blütenpflanzen, wie z.B. die Cucurbitaceae und die Solanaceae. Dass die Asclebiaceae auch dazu gehören, wusste ich bis dato nicht. In diesem Fall kann man zwischen Xylem und innerem Phloem kein Kambium erkennen, d.h. das innere Phloem wächst nicht weiter und auch das Xylem verdickt sich lediglich nach außen.

Ich hoffe, das war nicht zu trocken, aber solche Fotos laden (mich) ein darüber nachzudenken, was sie uns zeigen.

Herzliche Grüße

Detlef

Dr. Detlef Kramer, gerne per DU

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Daniel Steiner

Zitat von: Detlef Kramer in Januar 14, 2010, 19:25:03 NACHMITTAGS
solche Fotos laden (mich) ein darüber nachzudenken, was sie uns zeigen.

... und genau dies ist wohl das eigentlich Schwierige - und interessante - an der Sache: Man kann sich mit ein wenig Fleiss die Technik aneignen, aber ohne Verständnis dafür, was man dank ihr zu sehen kriegt, ist man der Blinde in der Gemäldesammlung.
Herzlichen Dank also, Detlef, für solche Augenöffner!

Daniel.

Fahrenheit

Lieber Daniel,

Eckhard hat Dir schon alle Tipps zur Etzold-Färbung gegeben, die ich Dir auch gegeben hätte.

Einmaliges Erwärmen bis knapp vor dem Siedepunkt reicht aus. Die höhere Temperatur sorgt hauptsächlich dafür, dass das Chrysoidin besser aufzieht.

Wenn Du mit dem von Dir genannten Gemisch schneidest, würde ich vor dem Färben noch 2 bis 3 Mal mit Destilliertem Wasser spülen.

Das wichtigste ist jedoch, nach der Färbung direkt in reines Isopropanol zu gehen und schnell zu wechseln, um rasch auf hohe Konzentrationen zu kommen und ein Ausbleichen des Fuchsins zu vermeiden.
Ich selbst wechsele die erste Charge Isopropanol quasi sofort nach Zugabe wieder aus, die zweite Charge 20 Sekunden, die dritte ein oder zwei Minuten und dann noch zwei mal wechseln mit Einwirkdauer von jeweils 5 Minuten.

Euparal ist in gewissen Grenzen tolerant gegenüber eingeschlepptem Wasser, allerdings bleicht das Fuchsin in solchen Präparaten über die Zeit weiter aus.
Suche also nicht nach Eintrübungen, sondern schau, wie sich das fuchsinrot angefärbte Gewebe über die Zeit verhält.

Hier liegt meines Erachtens auch der Grund für die blassen Steinzellen. Das Ganze kann unter Umständen recht schnell gehen: in der Übersichtsaufnahme sind die Steinzellennester noch deutlich stärker angefärbt als in der Detailaufnahme.


Lieber Detlef,

wie immer vielen Dank für Deine spannenden Erläuterungen zur Pflanzenanatomie! Da habe ich wieder was neues gelernt.


An dieser Stelle noch mal den Hinweis auf die einschlägigen Praktikumsbücher (mein Favorit ist der Wanner) sowie auf das sehr informative Buch von Eschrich zur funktionellen Pflanzenanatomie. Sie bieten aus meiner Sicht einen guten Einstieg, hätten aber beim doppelten Phloem auch nicht weiter geholfen (oder ich hab' was überlesen ... ;D)
Näheres gibt es im Literaturthread.

Herzliche Grüße
Jörg
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Daniel Steiner

Hallo,
nochmals besten Dank an alle, die mich mit wertvollen Hinweisen unterstützen!
Ich habe kürzlich W. Nultsch, Mikroskopisch-Botanisches Praktikum gekauft, das ich mir in nächster Zeit zu Gemüte führen will. Aber ohne das Forum wäre die Mikroskopie wohl nur ein halber Spass.

Herzliche Grüsse,
Daniel

Detlef Kramer

Hallo Daniel,

versuch folgende zwei Bücher zu bekommen:

1. Gerlach: Botanische Mikrotechnik (leider nur noch antiquarisch erhältlich)

2. Braune, Leman, Tauber: Pflanzenanatomisches Praktikum Bd. 1.

Diese Tipps gelten natürlich für Alle, die sich für dieses Gebiet interessieren.

Herzliche Grüße

Detlef (Kramer)

Dr. Detlef Kramer, gerne per DU

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A. Büschlen

#11
Hallo Daniel,


beachte das Angebot vom Weltbild-Verlag zum Braune, Leman, Tauber: Pflanzenanatomisches Praktikum. Dort werden beide Bände zusammen sehr preisgünstig angeboten. Ich kann dir dieses Werk ebenfalls sehr empfehlen.

Du zeigst einen sehr schönen Schnitt!

freundliche Grüsse

Arnold Büschlen
Schwerpunkt z.Z.:
- Laub- und Lebermoose.
- Ascomyceten als Bryoparasiten.
- Nikon Optiphot I mit HF, DIC.
- Nikon Microphot mit HF, Pol.
- Zeiss Standard Universal mit HF, Ph, Pol.
- Wild M3Z mit Ergotubus.
- Nikon SMZ-U Zoom 1:10 mit ED Plan Apo 1x.

Daniel Steiner

Besten Dank Arnold,

ich habe kürzlich dort schon "Protistology" von Hausmann gekauft, nun ist mein Budget etwas angespannt (gut, nicht nur deswegen - auch wegen des Olympus Planfluorit 10x, den ich mir soeben geleistet habe; es gibt Gelegenheiten, die man am Schopf packen muss) ...mal sehen.
Im ZVAB gibt es die Bände auch reichlich.

Ein schönes Wochenende,
Daniel

Klaus Henkel

Zitat von: Detlef Kramer in Januar 14, 2010, 19:25:03 NACHMITTAGS
Ich dachte aber, es wäre auch ganz interessant, die Botanik, d.h. in dem Fall die Spross-Anatomie etwas zu beleuchten, denn so ganz trivial ist die Geschichte offenbar nicht. Ich beziehe mich dabei nur auf das zweite Foto. Dominierend ist hier der geschlossene Xylem-Ring (rot). Wenn man genau hinschaut, erkennt man die Holzstrahlen, die einzellig das Xylem durchziehen, allerdings auch verholzt sind. Man erkennt sie aber daran, dass sie sich nach oben in großen Zellen fortsetzen, die zwischen den Phloem-Inseln liegen. Zwischen Xylem (=Holz) und Phloem ist noch das Kambium in Form von schmalen, backsteinförmigen Zellen zu erkennen.

Ja, und dann der Knüller: innerhalb (im Foto also unterhalb) des Xylems liegen wieder Phloem-Nester. Das ist typisch für ganz wenige Familien der Blütenpflanzen, wie z.B. die Cucurbitaceae und die Solanaceae. Dass die Asclebiaceae auch dazu gehören, wusste ich bis dato nicht. In diesem Fall kann man zwischen Xylem und innerem Phloem kein Kambium erkennen, d.h. das innere Phloem wächst nicht weiter und auch das Xylem verdickt sich lediglich nach außen.

Ich hoffe, das war nicht zu trocken, aber solche Fotos laden (mich) ein darüber nachzudenken, was sie uns zeigen.

Herr Dr. Kramer,
in der Zellreihe oberhalb des Xylemrings, also dicht außerhalb: sind das Casparysche Streifen? Weiß man heute definitiv, welche Funktion sie haben?
Meine ernsthafte und exakte Botanikliteratur is' scho' a' wen'g älter, und meine neuere zu oberflächlich, als daß die Casparystreifen dort ausführlich diskutiert würden. Wie lautet denn heute die "reine Lehre"?

Gruß KH

Detlef Kramer

Lieber Herr Henkel,

die Zelllagen unmittelbar über dem (roten) Xylem sind das Kambium, also das Bildungsgewebe aus dem nach innen sekundäres Xylem (Holz) und nach außen sekundäres Phloem (Bast) entsteht.

Die Caspary-Streifen sind Suberineinlagerungen in den Radialwänden der Wurzel-Endodermis, also hier, im Spross, nicht zu erwarten, zudem müsste die Endodermis außerhalb des Leitbündelrings liegen, denn es ist die innerste Zellschicht der Rinde.

Nach allgemein akzeptierter Ansicht erzwingen die Caspary-Streifen, also die Suberineinlagerungen, den symplastischen Transport der Ionen beim radialen Transport in der Wurzel von außen (Rhizosphäre -> Rhizodermis -> Wurzelrinde -> Zentralzylinder), indem der apoplastische Weg durch die radialen Zellwände der Endodermis blockiert ist. Damit ist gesichert, dass die Ionen zweimal eine Plasmamembran passieren müssen und damit einer Kontrolle unterliegen (der zweite Schritt ist der Übergang vom Symplasten der Xylemparenchymzellen in den Apoplasten der Gefäße).

Erklärung der Begriffe: symplastischer Weg: Weg von Zelle zu Zelle durch die Plasmodesmata. Apoplastischer Weg: Diffusion durch die Zellwände, die normalerweise wasserdurchlässig sind. Suberin ist wasserabweisend.

In zunehmendem Maß wird aber noch eine andere Funktion vermutet: normalerweise wird die Plasmamembran durch den Turgor gegen die Zellwände gepresst; eine strukurelle Verbindung besteht nicht. Das ist im Bereich der Suberinlamellen anders. Hier liegt die Plasmamembran dicht auf der Zellwand, auch bei Plasmolyse. Dies verhindert, dass bei Trockenstress, wenn die Zellen plasmolisiert sind, Wasser und Ionen wieder nach außen austreten können. Diese Funktion ist experimentell, so viel ich weiß, nicht bewiesen, wohl aber die Tatsache, dass die Plasmamembran im Bereich der Caspary-Streifen mit der Zellwand strukturell verbunden ist - man erkennt dies im elektronenmikroskopischen Bild (Ultradünnschnitt).

Das müsste natürlich eigentlich mit Abbildungen illustriert werden. Kann ich, bei Interesse, vielleicht gelegentlich nachholen. Dazu brauche ich aber mehr Zeit, die ich heute nicht habe und es gehört ja auch hier nicht zum Thema.

Herzliche Grüße

Detlef Kramer
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