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Zombie

Begonnen von Michael Plewka, Oktober 01, 2022, 17:21:13 NACHMITTAGS

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Michael Plewka

Hallo zusammen,

Rädertiere werden häufig von Parasiten befallen, wobei  dieser Befall bei Plankton-Arten wohl allein wegen der großen Anzahl der Individuen wohl häufiger  beobachtet wird. Ich habe hier mal diejenigen Rädertier-Arten zusammengestellt, bei denen ich bisher einen solchen Befall beobachtet habe:
https://www.plingfactory.de/Science/Atlas/KennkartenTiere/Rotifers/01RotEng/E-TL/e-Ecology/src%20_ecology/E_02_Rotifers_and_Parasites_01.html


Martin Kreutz ist vermutlich der erste Mikroskopiker  aus diesem Forum, der ein bdelloides Rädertier mit Parasiten (in dem Vorläufer dieses Forums) vorgestellt hat. Ich kann jetzt nicht genau sagen, in welcher Rotaria-Art Martin damals die Parasiten gefunden hatte, ich selbst habe die gleichen Parasiten  einige Jahre später  in Rotaria macrura  gefunden und  ebenfalls, dann in diesem  Forum,  vorgestellt.

Nun habe ich wieder einmal ein Rotaria-Rädertier mit solchen Parasiten gefunden, allerdings ist die Wirtin  eine andere, nämlich vermutlich Rotaria magnacalcarata. Hier ein Bild des befallenen Tiers:




Nachdem ich den Befall beobachtet hatte, habe ich dieses Tier noch einige Tage in einem modifizierten Micro-Aquarium halten können, wobei schon am ersten Tag klar war, dass dieses Tier schwanger ist. (Der Pfeil zeigt auf die infizierte Blase; die Pfeilköpfe markieren den Embryo).

In den nächsten Tagen hat sich die Mutter ziemlich normal in dem Micro-Aquarium bewegt, hat auch gerädert, der Befall war so wie bei den Beobachtungen zuvor: auf die Blase begrenzt. Dann, nach circa fünf Tagen fand ich die Mutter  völlig bewegungslos vor. Allerdings war in dem Tochtertier, das zu diesem Zeitpunkt bereits völlig ausgebildet schien, Bewegung zu erkennen. Ich habe daraufhin untersuchen wollen, ob das Tochtertier ebenfalls von Parasiten befallen ist und habe deshalb das Deckglas   etwas fester angedrückt. Bei dem zuvor kontrahierten Muttertier traten aufgrund des Drucks die beiden Räderscheiben aus dem Kopf aus und fingen an zu rädern, d.h. die Cilien haben sich in der üblichen Weise bewegt.
Das war insofern ziemlich makaber, als dieses Individuum (fast) tot war;  die Muskeln waren bereits zerstört, auch Nervenzellen nicht (mehr) sichtbar und von den ca. 14 Nephridienzellen  der Nieren hat nur noch eine  gearbeitet, d.h. die Cilien haben sich noch bewegt.  Die Nephridienzellen stellen als letzte innerhalb eines Rädertiers ihre Funktion vor dem Tod ein. Die Parasiten hatten sich zu diesem Zeitpunkt in dem ganzen Körper verteilt, und, wie vorher schon angedeutet, sämtliche Gewebe waren nun weitgehend zerstört. Dennoch haben sich die Cilien weiterhin in den Räderscheiben bewegt. Da keine Nervenzellen mehr sichtbar waren, liegt der Schluss nahe, dass allein das Ausstülpen der Räderscheiben das Signal für diese Bewegung ist, also nicht nervös getriggert wird.

Weitere Bilder dazu hier:
https://www.plingfactory.de/Science/Atlas/KennkartenTiere/Rotifers/01RotEng/source/Rotaria%20magnacalcarata_Leptoclava.html

Soweit ich das beurteilen konnte, war die Tochter nicht von den Parasiten befallen.


Martin Kreutz hatte damals den Parasiten als Leptoclava parasita bestimmt und auf einen Bericht von Budde (1927) verwiesen.  Abgesehen von diesem Bericht gibt es offenbar bis heute keine weitere Literatur über diesen Parasiten. Ich habe auch über diesen Parasitenbefall mit Chris Wilson, DEM Parasitenexperten für Rädertiere gesprochen und  er hat mir erklärt, dass bis heute völlig klar ist unklar ist, um welche Art von Parasiten es sich dabei handelt; man  weiß also nicht ob es ein Protist oder ein Pilz aus irgendeiner Gruppe ist. Dies liegt daran, weil diese Parasit selten als solcher erkannt wird. Er hat diesen Parasiten noch nie life gesehen und  ist er sehr daran interessiert, sowohl den Parasiten als auch den Wirt genau bestimmen zu können. Ich selbst habe diesen Fall in 16 Jahren auch nur dreimal beobachtet, obwohl die Wirtinnen, d.h. (vermutlich ausschließlich) Rotaria-Arten, ziemlich häufig zu beobachten sind. Insofern wäre es sehr interessant, wenn weitere Beobachtung zu diesen Parasiten mitgeteilt werden.

Beste Grüße
Michael Plewka