Anforderungen an Umlenkspiegel im Mikroskop

Begonnen von cesarius, September 25, 2022, 13:15:54 NACHMITTAGS

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cesarius

Hallo zusammen,

bei einem alten Mikroskop muss der Umlenkspiegel der Beleuchtung erneuert werden. Der ursprüngliche plane Oberflächenspiegel hat deutliche Kratzer und schwarze Stellen.
Nun stellt sich mir die Frage welche Anforderungen an Oberflächenplanität werden an einem Mikroskopspiegel gestellt. Was für Auswirkungen auf die Abbildungsleistung hat es, wenn ich bspw. anstatt einen λ/10 Spiegel, einen 4-6 λ Spiegel verbaue?
Der Versuch einen Oberflächenspiegel durch einen verglasten Spiegel zu ersetzen, hat ein verschwommenes Bild (besser gesagt, leicht verschobenes und abgeschwächtes doppeltes Abbild) und eine doppelt abgebildete Leuchtfeldblende ergeben.

Vielen Dank für die Info.

Beste Grüße,
Marcel   

olaf.med

Lieber Marcel,

in meinem kindlich-naiven Verständnis der geometrischen Optik war bisher alles was beleuchtungsseits vor dem Objekt geschieht nur dazu da, die Lichtintensität und die Apertur zu regeln. Daher wundert es mich sehr, dass die Art des Umlenkspiegels (Normalspiegel oder Oberflächenspiegel) einen Einfluß auf die Bildqualität haben soll. Bei historischen Mikroskopen hat man ja auch nur mit normalen Spiegeln und nicht mit Oberflächenspiegeln gearbeitet und da habe ich niemals etwas über eine Beeinträchtigung der Bildqualität gehört. Hast Du übrigens einmal versucht eine Mattscheibe auf die Lichtaustrittsöffnung zu legen, und wenn ja, welchen Effekt hat das auf die Abbildung?

Ich bin außerordentlich gespannt was die Fachleute dazu sagen werden.

Herzliche Grüße,

Olaf
Gerne per Du!

Vorstellung: http://www.mikroskopie-forum.de/index.php?topic=4757.0

... und hier der Link zu meinen Beschreibungen historischer mineralogischer Apparaturen:
https://www.mikroskopie-forum.de/index.php?topic=34049.0

Lupus

Hallo,

die Oberflächenqualität eines Umlenkspiegels im Beleuchtungsstrahlengang hat eigentlich keinerlei Einfluss auf die Abbildungsqualität des Mikroskops. Man erzeugt zur Beleuchtung immer eine gleichmäßig diffuse Lichtverteilung in der Objektebene des Kondensors. Daran kann ein Planspiegel mit "nur" 4-6 λ Ebenheit nichts verschlechtern, auch nicht eine rückseitige Verspiegelung.

Die einzige Ausnahme ist ein Umlenkspiegel, der sich nach der Leuchtfeldblende befindet wie z.B. im Fall eines Hufeisenstatives mit Umlenkspiegel und davor aufgestellter externer Lampe mit Irisblende als Leuchtfeldblende. Da der Kondensor die Leuchtfeldblende in die Objektebene des Objektives abbildet, sieht man diese bei einem dicken rückseitig reflektierenden Spiegel als Doppelbild (oder Mehrfachbild). Das stört aber nur Puristen, die perfekt "Köhlern" wollen. Eine Verschlechterung der Abbildungsqualität (Kontrastverlust) würde ich ausschließen, da es in der Praxis nicht auf eine exakte Abgrenzung des Bildfeldes durch den Leuchtfeldblendenrand ankommt. Der minimale Streulichtanteil eines eventuell dadurch mit größerem Durchmesser ausgeleuchteten Objektes kann vernachlässigt werden.

Hubert

cesarius

#3
Hallo zusammen,

herzlichen Dank für die informativen und hilfreichen Rückmeldungen.
Bei diesem alten Stativ aus den 60 Jahren handelt es sich in der Tat um genau die von Hubert erwähnte Ausnahmekonstellation bei der die Leuchtfeldblende im Stativfuß zwischen zwei Kollektorlinsen platziert wurde. Erst nach der zweiten Kollektorlinse im Strahlengang Richtung Kondensor wird das Licht durch den erwähnten Spiegel umgelenkt. 
Mit einem verglasten Spiegel wird die Leuchtfeldblende während des Köhlerns mehrfach abgeschwächt abgebildet (1. Bild). Ursprünglich hatte ich im Strahlengang noch einen verdreckten Analysator der mir anfangs nicht aufgefallen war und wohl für die erwähnte Unschärfe sorgte. Nach der Reinigung sieht das Abbild nun viel besser aus.
Nach meinen laienhaften Verständnis von Optik und Strahlengänge definiere ich Streulicht einfach als Licht welches dort wo es auftaucht nicht hingehört. Wenn sich dazu noch Polarisatoren und Wollaston-Prismen gesellen, kann ich nicht abschätzen was das für ein Effekt auf das Endergebnis hat und ob Reflexionen im Abbild (2.Bild mittig) nicht doch irgendwie Ihren Ursprung durch diesen verglasten Spiegel haben könnten. Vielleicht ist es auch nicht zu vernachlässigen, dass, verglichen mit dem Oberflächenspiegel, die verspiegelte Oberfläche des Glasspiegels bauartbedingt wenige mm nach hinten gerückt ist. Trotzdem möchte ich festhalten, dass ohne Polarisatoren und Prismen im Strahlengang, die Abbildung absolut fehlerfrei und kontrastreich ist. Hier arbeitet der verglaste Spiegel, wie von Euch vorehrgesagt, ohne jegliche Nachteile.

Ein neuer Oberflächenspiegel ist schon bestellt und glücklicherweise wohnt der liebe Olaf ganz in meiner Nähe. Bei der Planität habe ich mich nun an ,,hohe" λ-Werte gehalten, denn wenn ein verglaster Spiegel schon gute Abbildungsergebnissse liefert, müsste es ein 4-6 λ Oberflächenspiegel allemal packen.

Beste Grüße,
Marcel