Frage zu Vorsatzlinsen für Stereo-Mikroskope

Begonnen von Kay Hoerster, Oktober 20, 2022, 11:31:14 VORMITTAG

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Kay Hoerster

Hallo in die Runde,

ich habe eine Frage (ggf. speziell) an unsere Optik-Gurus, ich habe gerade irgendwie Probleme, die Antwort herzuleiten...daher meine Frage ans Forum:
Eine mir vorliegende Vorsatzlinse Olympus 110al 0.5 halbiert ja den Vergrößerungsbereich des Stereo-Mikroskops bei gleichzeitiger Erhöhung des Arbeitsabstands. Bezugnehmend auf die Anleitung z.B. für die Olympus-Modellreihe SZ4045TR / SZ6045TR wird der Arbeitsabstand von 110mm (ohne Vorsatzlinse) auf 200mm (mit Vorsatzlinse) erhöht. Die Linse selbst ist eine achromatische Negativlinse.
Meine Frage nun: Ist es möglich, anhand dieser Angaben die (negative) Brennweite der Vorsatzlinse numerisch zu bestimmen und wenn ja, wie lautet die Formel dazu?

Oder gibt es eine einfache Methode, die negative Brennweite zu bestimmen? Bei Objektiven mit unbekannter (positiver) Brennweite mache ich digitale Vergleichsaufnahmen eines bekannten Längenmaßes (Lineal, ggf. Objektmikrometer) mit einem Makroaufbau. Dazu schraube ich das Vergrößerungsobjektiv unbekannter Brennweite vor eine Tubuslinse (auf unendlich fokussiert), dahinter die Kamera mit bekannter Sensorgeometrie (Pixeldimension und Auflösung) und berechne die unbekannte Objektivbrennweite durch Größenvergleich zum Bild mit einem Vorsatzobjektiv, dessen Brennweite ich sehr genau kenne. Das reicht von der Genauigkeit für meine Belange vollkommen aus.

Ich wäre über Anleitungen oder Berechnungen sehr dankbar, weil mich die (negative) Brennweite der Vorsatzlinse interessiert.

Ich freue mich über Antworten, viele Grüße und einen schönen Tag wünscht Euch

Kay
Mit freundlichen Grüßen
Kay

Lupus

Hallo Kay,

eine einfache Methode zur Brennweitenbestimmung von Zerstreuungslinsen ist, sie mit einer Sammellinse bekannter Brennweite zu kombinieren, die Brennweite des Gesamtsystems (wie bereits von Dir beschrieben) experimentell zu ermitteln, und dann mit der Näherungsformel fZ = - (fG*fS)/(fG-fS) die Brennweite der Zerstreuungslinse zu berechnen. Voraussetzung für diese Näherungsformel ist dass die Linsen als dünn angenommen werden können und beide Linsen möglichst ohne Abstand zueinander montiert werden. Und die Sammellinse muss eine deutlich kürzere Brennweite als die Zerstreuungslinse haben, etwa im Bereich der 100 mm des Mikroskop-Arbeitsabstandes.

Sobald man dickere Systeme als Linsen hat, und auch noch deutliche Abstände zwischen den beiden Systemen (wie z.B. bei der Kombination Mikroskopobjektiv-Vorsatzlinse), dann wird es entweder sehr ungenau oder kompliziert, da man dann nicht einfach mit Abständen zu Oberflächen rechnen kann sondern die Lage der Hauptebenen verwenden muss, die bei einer Anordnung von zwei Linsen(-systemen) deutlich von der Position der Linsen selbst abweichen können.

Hubert

Kay Hoerster

Hallo Hubert, vielen Dank für diesen ersten Testaufbau, ich werde das mal versuchen. Ist es egal, ob die Negativlinse vor oder hinter der Sammellinse angeordnet ist (bezogen auf die Reihenfolge von Vergrößerungsobjektiv - mit Negativlinse kombiniert, Tubuslinse und Sensor)?
Ich hätte auch die Möglichkeit, den Aufbau ehr in Richtung 'Ferne' aufzubauen, also ggf. die Zerstreuungslinse als Barlow-Linse / Telekonverter hinter ein Teleobjektiv oder ein Objektiv mit langer Brennweite zu setzen und dann Fotos eines weit entfernten Gegenstandes bekannter Größe zu machen und zu vergleichen. Würde das vielleicht auch und eventuell besser zu meinem Ziel führen, die Brennweite der Negativlinse zu ermitteln?

Nochmals besten Dank für Deine Hilfe und die tollen Anregungen,

viele Grüße
Kay
Mit freundlichen Grüßen
Kay

Lupus

Hallo Kay,

es gibt immer mehrere Methoden die zum Ziel führen. Sicherlich geht das auch als Barlowlinse. Es hängt davon ab welche Ausrüstung man gerade dazu hat, und die erreichbare Genauigkeit auch von den Brennweiten der verfügbaren Sammellinse bzw. dem Verhältnis zur Brennweite der Zerstreuungslinse. Die Formel die ich angegeben habe ist nichts anderes als die Auflösung der bekannten Formel zur Brennweitenbestimmung zweier benachbarter dünner Linsen, also die Umkehrung der Addition ihrer Dioptrienwerte. Ähnlich leitet sich die bekannte Formel für die Brennweitenverlängerung einer Barlowlinse ab, das ist eigentlich nur eine Variation mit definiertem größeren Linsenabstand.

Man kann übrigens auch die Zerstreuungslinse in ein paralleles Lichtbündel halten und dann den sich ergebenden Durchmesser des Lichtkreises hinter der Linse in Abhängigkeit vom Linsenabstand messen (die Linse muss dazu in einer z.B. Kartonblende zur Abschattung der Beleuchtung montiert sein). Aus dem Durchmesser direkt nach der Linse und mindestens einem zweiten Wert kann man die Strahlaufweitung als Dreieck berechnen und den virtuellen Brennpunkt vor der Linse bestimmen. Das geht näherungsweise und sehr schnell auch mit der Sonne (wenn man den Winkelfehler durch den Sonnendurchmesser vernachlässigt).
Oder mit einer LED-Spotlampe als Punktlichtquelle (mit möglichst großem Abstand) und Rückrechnung der Brennweite aus gemessener Bild- und Gegenstandsweite mit Hilfe der Linsengleichung.

Hubert

Kay Hoerster

Hallo Hubert,

vielen Dank für diese ganzen Anregungen, da werde ich in den kommenden Tagen mal verschiedene Aufbauten versuchen.
Eigentlich geht es auch um die Verwendung der Vorsatzlinse als Barlowlinse in einem Teleskop, denn das Gewinde an der Olympus-Vorsatzlinse (M48x0,75) passt genau zu den am Teleskop üblichen Filtergewinden bei den 2" Stutzen z.B. an Okularen oder Zenitspiegeln.

Ich bin gespannt, ob ich brauchbare Werte erhalte.

Nochmals vielen Dank und viele Grüße
Kay
Mit freundlichen Grüßen
Kay