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Strandkiesel mit Fossilien

Begonnen von Florian D., Oktober 22, 2022, 11:02:16 VORMITTAG

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Florian D.

Glückauf Forum,

Im Frühjahr haben wir 2 Wochen in Irland verbracht, davon einige Tage in Wicklow, südlich von Dublin am Meer.
Dort dominieren Grauwacken, allerdings fanden sich auch einige schwarze Kiesel, die grössere Einschlüsse von Seeliliengliedern in einer Carbonatmatrix enthielten (Bild 1).
Solche Gesteine aus dem Unterkarbon stehen an Stränden vor Dublin an, siehe
https://ukfossils.co.uk/2018/11/28/portmarnock-beach-non-uk/
Einer der Steine musste jetzt unter die Säge und geschliffen werden. Dabei zeigten sich, wie erwartet, Seelilienglieder, Moostierchen und Armfüsslerreste, sowie einige Foraminiferen.
In Bild 2 erkennt man unten einen dunklen Einschluss, bei dem es sich wohl um verkohltes (pflanzliches?) Material handelt.
Auf Bild 3 fallen einige schwarze, kugelige Gebilde auf, die mich sehr an Pilzsporen erinnern, eine davon zeigt sogar ein netzartiges Ornament wie bei Täublingssporen.
Die weiteren Bilder zeigen Details. 

Viele Grüsse
Florian

plaenerdd

Hallo Florian,
ich halte die schwarzen Kügelchen eher für Pyrit oder Markasit. Diese sind typisch für fossil-führende Ablagerungen, da bei der Zersetzung oft Schwefel freigesetzt wird und das reduzierende Milieu für die Bildung von Schwefeleisen typisch ist. Dieses Milieu entsteht durch die Sauerstoffzehrung der zersetzenden Bakterien. Pilzsporen sind i.d.R. immer gleich groß, wenn sie von der gleichen Art stammen.

LG Gerd
Fossilien, Gesteine und Tümpeln mit
Durchlicht: Olympus VANOX mit DIC, Ph, DF und BF; etliche Zeiss-Jena-Geräte,
Auflicht: CZJ "VERTIVAL", Stemi: MBS-10, CZJ SMXX;
Inverses: Willovert mit Ph

Florian D.

Hallo Gerd,

ja, Pyrit ist natürlich möglich, ich sehe ihn sogar vereinzelt makroskopisch in der Probe.
Ein anorganischer Ursprung der "Sporen" ist natürlich möglich.
Allerdings kann ja auch organische Substanz pyritisieren und ich würde vermuten, dass es dabei auch zu Volumenveränderungen kommt. Du bist ja mehr im Fossilbereich unterwegs. Sieht man solche sphärischen Einschlüsse denn öfter?

Viele Grüsse
Florian

Florian D.

Inzwischen habe ich auch Rückmeldung von Prof. Krings von der LMU München erhalten, der u. a. auf Pilze aus dem Devon und Karbon spezialisiert ist. Auch er hält Sporen für unwahrscheinlich.
Ich fand auch einige Artikel zu sog. Pyrit-Framboids gefunden, also himbeerförmigen Pyritpartikeln gefunden: https://www.researchgate.net/publication/313528873_Framboids_From_their_origin_to_application

Schade eigentlich!

Viele Grüsse
Florian

plaenerdd

Hallo Florian,
in so einem marinen, karbonatischen Gestein ist die Überlieferung von Pilzsporen recht unwahrscheinlich, Pyrit, wie Du ja auch schon makroskopisch erkannt hast, aber sehr häufig. Ich habe derartig kleine sphärische komplett opake Einschlüsse schon öfter in Dünnschliffen von Sedimenten gesehen.
Ich habe auch schon Pilzsporen und Hyphen im Dünnschliff gesehen, aber die waren aus einen Hornstein, dessen Kieselsäure aus einer Termalquelle stammte: in den berühmten devonischen Rhynie-Cherts. (die beiden letzten Fotos). Hier muss die Silifizierung extrem schnell vonstatten gegangen sein. So fix ist keine Karbonat-Bildung und sie ist i.d.R. auch nicht so dicht, dass da nicht doch noch eine Zersetzung des organischen Materials stattfände.
LG Gerd
Fossilien, Gesteine und Tümpeln mit
Durchlicht: Olympus VANOX mit DIC, Ph, DF und BF; etliche Zeiss-Jena-Geräte,
Auflicht: CZJ "VERTIVAL", Stemi: MBS-10, CZJ SMXX;
Inverses: Willovert mit Ph

Florian D.

Lieber Gerd,

ja, die Rhynie Cherts, die Du dabei hattest, hatten mich damals schon auf der Kornrade begeistert, und ich hatte mir daraufhin auch einige Schnitte besorgt (und beim Eindecken versaut). Schon faszinierend, wie gut das Material erhalten ist.

Viele Grüsse
Florian

Dünnschliffbohrer

Hallo Florian und Gerd,

jetzt muss ich auch mal meinen Senf dazu geben. Das Gestein ist ja sehr fossilreich. Es könnte sich dabei um unterkarbonischen Kohlenkalk handeln, der u.a. für seine Echinodermen, aber auch Trilobiten berühmt ist. Letztere natürlich nur als einzelne Panzerteile. Kohlenkalk kommt auch in Belgien vor, und hat in einigen kleinen Vorkommen auch eine Entsprechung im Erdbacher Kalk im Rheinischen Schiefergebirge.

Es gibt auch marine Pilze oder Bohralgen. Deren Hyphen sind natürlich selbst nicht erhalten, aber sie treten teilweise sehr unangenehm häufig als Bohrungen in den Knochen von fossilen Wirbeltierresten auf, und zerstören dabei die Struktur. Die Bohrungen wurden während der Diagenese dann mit Mineralen ausgefüllt, weshalb sie sich im Dünnschliff unter dem Polmi gut kontrastieren lassen. Aber leider interessieren sie mich nicht, sondern (zer-)stören nur.
Wenn ich aber deine schönen Gerölle sehe, reizt es mich, mal welche in der 10%tigen Essigsäure aufzulösen. Da könnten u.U. schöne Sachen drin sein.

Zitatbesorgt (und beim Eindecken versaut)
Ei, kannst du nicht einfach das Deckgläschen mit 400er oder 800er Schleifpulver wieder herunter schleifen, und dann mit 1200er die Oberfäche der Schliffe wieder hübsch machen? und dann ggf. nur noch mit Aqua dest. und einem Deckgläschen beobachten?

Pyritframboide könnten das sein, zumindest wenn sie aus Pyrit sind und in den richtigen Größenbereich fallen (ich müsste aber erst suchen, wie groß die sein sollten). Es gibt aber natürlich auch andere Minerale, die sphaerische Aggregate bilden, und auch größere sphaerische Pyritaggregate, die aber m.W. dann nicht mehr als Framboide zählen.

Der Schwefel für die Pyritbildung kommt aber ausschließlich aus dem im Meerwasser gelösten Sulfat, welches durch Bakterien reduziert wird. Die Sulfat-reduzierenden Bakterien brauchen als Nahrung dann aber auch noch gelöste organische Verbindungen für ihren Stoffwechsel zum Leben. Besonders gerne mögen sie wohl Acetat-Anionen, aber auch Zucker, Fettsäuren, Methan, und ja sogar Wasserstoff. Und dann muss da natürlich noch Eisen im Sediment sein, für die Pyritbildung.

Mit partikulären organischem Material, z.B. pflanzlichen Resten, welche über Flüsse ins Sediment eingetragen werden, oder mit Tierleichen, können sie zunächst erst mal nichts anfangen. Dass muss erst mal von anderen Mikroben kleingemacht werden, und anschliessend in Lösung gehen.
Es gibt aber auch Karbonatgesteine die wunderschön erhaltene strukturbietende Pflanzenreste enthalten können: die Torfdolomite, z.B. aus bestimmten wenigen Horizonten der Ruhrkohle. Mit denen war es möglich, die Mikroanatomie der Karbonpflanzen fast wie bei rezenten Pflanzen zu studieren. Leider hatte ich nie Gelegenheit, so etwas zu Sammeln und zu Schleifen.




"Und Gott sprach: Es ist nicht gut, daß der Mensch allein sei; und er schuf um ihn Laubmoose und Lebermoose und Flechten und ein Mikroskop!"
[aus: Kleeberg, Bernhard (2005): Theophysis, Ernst Haeckels Philosophie des Naturganzen,  S. 90]

Florian D.

Hallo Dünnschliffbohrer,

danke für die ausführliche Antwort. Ja, das mit dem Kohlekalk stimmt sicher, der Begriff war mir noch nicht bekannt, aber auch Irland wird als Ablagerungsgebiet aufgeführt. Die Gesteine stammen auch ziemlich sicher aus dem Unterkarbon, siehe hier:
https://ukfossils.co.uk/2018/11/28/portmarnock-beach-non-uk/
Bei Trilobiten würde ich im Dünnschliff schäferstabförmige Strukturen erwarten, die ich aber bisher noch nicht eindeutig gefunden habe. Crinoiden, Bryozoen, Brachiopoden, Foraminiferen dafür schon. Vielleicht mache ich ja noch ein paar Bilder davon.
Das mit dem Abschleifen der Deckgläser hatte ich versucht, aber festgestellt, dass man kaum sieht, ob das Deckglas noch drann ist, oder nicht. War mir zu riskant.

Viele Grüsse
Florian


plaenerdd

Hallo Florian,
womit hast Du denn die versauten Rhynies eingedeckt. Schließlich gibt es, das wissen die Chemiker, für fast Alles eine Lösung. So lösen sich UV-Kleber meist in Aceton, Harze wie Kanadabalsam oder Malinol in Xylol.
LG Gerd
Fossilien, Gesteine und Tümpeln mit
Durchlicht: Olympus VANOX mit DIC, Ph, DF und BF; etliche Zeiss-Jena-Geräte,
Auflicht: CZJ "VERTIVAL", Stemi: MBS-10, CZJ SMXX;
Inverses: Willovert mit Ph

Dünnschliffbohrer

Hallo Florian,
ZitatDas mit dem Abschleifen der Deckgläser hatte ich versucht, aber festgestellt, dass man kaum sieht, ob das Deckglas noch drann ist, oder nicht. War mir zu riskant.
Ich würde denken, wenn du es nicht siehst, ob es noch dran ist oder nicht, dann ist es wahrscheinlich noch dran. Es wäre sicher sehr schwierig, es so gleichmässig wegzuschleifen, dass es überall gleichzeitig verschwindet, und man es nicht bei einer Kontrolle - spätesten unter dem Stemi - merkt. Wahrscheinlich wird es an den Ecken oder auf einer Seite dünner, und bröselt dann mit dem Fortschritt beim Schleifen einhergehend immer weiter in kleinen Stückchen von der weichen  Schicht des Einbettungsmediums ab. Das Einbettungsmedium selbst sollte dann nach meiner Vorstellung mit dem feinsten Schleifpulver entfernt werden, damit die Schliffoberfläche nicht zusätzlich abgetragen wird.
Trilobiten sind im Schliff kaum sicher zu erkennen. Ich erwähnte es nur, falls du noch einmal dort hin kommst, und Gelegeheit haben solltest, mit dem Hammer größere Gesteinsmengen aufzuschlagen.

Viele Grüße zurück1
"Und Gott sprach: Es ist nicht gut, daß der Mensch allein sei; und er schuf um ihn Laubmoose und Lebermoose und Flechten und ein Mikroskop!"
[aus: Kleeberg, Bernhard (2005): Theophysis, Ernst Haeckels Philosophie des Naturganzen,  S. 90]

Florian D.

Zitat von: Dünnschliffbohrer in Oktober 25, 2022, 18:46:20 NACHMITTAGS

Wenn ich aber deine schönen Gerölle sehe, reizt es mich, mal welche in der 10%tigen Essigsäure aufzulösen. Da könnten u.U. schöne Sachen drin sein.


Hab ich jetzt mal gemacht. Allerdings ist das Ergebnis nicht berauschend. Einge Schalen, wohl von Brachiopoden undSeelilienglieder, von der Säure aber stark angegriffen. Auffällig sind weisse Nadeln, vielleicht Echinodermenstacheln. Gut ist, dass man die Kohle einfach wegschlämmen kann.
Obwohl ich an der Stereolupe einen Tubus für die Kamera habe, werden die Photos sehr bescheiden.

Viele Grüsse
Florian