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Steinzeit

Begonnen von Florian D., November 04, 2022, 15:38:24 NACHMITTAGS

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Florian D.

#15
Noch ein Bild des Gneises und des Schliffs.
Zum Vergleich noch 2 Bilder (LPol, XPol) eines präkambrischen Hornblendits aus Achmelvich, Sutherland, Schottland, den ich von Robb Gill gekauft habe.
Auffällig auch hier der starke Pleochroismus und dass die Färbung oft nur in -oft randlichen- Zonen auftritt.


Florian D.

Glückauf Foristen,

Die Entwicklung wärend des Präkambriums einschliesslich der Entstehung des Lebens ist ja eines der faszinierendsten Themen und aufgrund des obigen Schliffs habe ich mir dazu die neuere Literatur angesehen.
Vor ca. 2,4 Milliarden Jahren kam es auf der Erde zur "grossen Sauerstoffkatastrophe" (great oxidation event, GOE):
https://de.wikipedia.org/wiki/Gro%C3%9Fe_Sauerstoffkatastrophe
Durch photosynthetische Aktivitäten von Cyanobakterien reicherte sich erstmals Sauerstoff in der Atmosphäre an, was zu einem immensen Artensterben führte und andererseits erst die Möglichkeit für die Entwicklung mehrzelliger Organismen öffnete.
Bisher ging man davon aus, dass dieser Prozess hauptsächlich biologisch getrieben war, hatte aber Schwierigkeiten, zu erklären, warum das neu gebildete organische Material den Sauerstoff nicht wieder aufzehrte.
Entscheidend für diese Theorie waren Messungen des Fe II / Fe III Verhältnisses in Basalten. Dieses war scheinbar über das ganze Präkambrium hinweg konstant, so dass auch das Redoxvermögen des Erdmantels konstant geblieben wäre. Neueste Messungen
https://pubs.geoscienceworld.org/gsa/geology/article/44/9/751/195252
https://www.nature.com/articles/s41467-022-30886-4
zuverlässigerer Redoxindikatoren zeigen jedoch zunehmend, dass auch der Erdmantel und die Kruste zunehmend stärker oxidiert wurde. Damit lässt sich das GOE deutlich besser erklären: Frühe photosynthetisierende Organismen benutzten wohl Reduktionsmittel wie Fe II und Schwefelwasserstoff, die zu Beginn des Archaikums reichlich vorhanden waren,  um mit Licht Kohlendioxid zu Kohlenhydraten zu reduzieren.
Diese Photosynthesemechanismen gibt es heute noch und sie sind wesentlich einfacher, als die Photosynthese in Blaualgen. Im Laufe der Zeit kam es jedoch zu einer Verknappung an Reduktionsmitteln, so dass die Organismen begannen, Wasser als Reduktionsmittel zu benutzen, wozu verschiedene einfachere Photosynthesemechanismen miteinander gekoppelt werden mussten (Photosysteme I und II). Die dabei entstehende Biomasse wurde teilweise im tiefen Kohlenstoffzyklus, also im Mantel, zu CO2 reoxidiert, so dass sich der neugebildete Sauerstoff in der Atmosphäre weiter anreichern konnte.
Die Verarmung der Erdkruste an Eisen und die Oxidation des letzteren zu Fe III bedeutete auch das Ende der Ablagerung der präkambrischen gebänderten Eisenerze, wie jener aus dem Isua Komplex.
Was genau zur Oxidation des oberen Mantels geführt hat, ist noch nicht geklärt, aber die von mir genannten Hypothesen, des Verlusts von Wasserstoff in den Weltall und die Sedimentation metallischen Eisens in den Kern werden aktiv diskutiert und haben sicher zumindest beigetragen.
In diesem Zusammenhang ist interessant, dass FeSiO3, Ferrobridgmanit, in grosser Tiefe instabil wird und in metallisches Eisen, Fe III und Silikat disproportioniert:
https://www.scopus.com/record/display.uri?eid=2-s2.0-1842420623&origin=inward&txGid=803711aa1a153f4dd32037e4f4b84cb8
(Forschung  aus Bayern!)
https://bib-pubdb1.desy.de/record/315733/files/Thesis_Ismailova_final.pdf
Wenn ein Teil dieses metallischen Eisens in den Erdkern absinkt, würde dies die Oxidation des Mantels erklären. Problematisch ist allerdings, dass flüssiges Eisen das ungeschmolzene Gestein stark benetzt und so wohl gravitativ nicht so leicht von dem Gestein getrennt werden kann. Es bleibt also spannend!

Viele Grüsse
Florian

hugojun

Hallo Florian,

deine Recherchen sind in der Tat sehr spannend.

,,Wenn ein Teil dieses metallischen Eisens in den Erdkern absinkt, würde dies die Oxidation des Mantels erklären. Problematisch ist allerdings, dass flüssiges Eisen das

ungeschmolzene Gestein stark benetzt und so wohl gravitativ nicht so leicht von dem Gestein getrennt werden kann. Es bleibt also spannend
!"

Würdest du die Entstehung der Pallasite ( https://de.wikipedia.org/wiki/Pallasit ) diesem Prozess zuordnen wollen? Hierbei handelt es sich bei den Haupt-Gruppen -Pallasiten

um Gemische aus Forsterit  ( Mg- reicher-Olivin ) und Nickel-Eisen .

Kannst du Angaben in der zitierten Literatur zum ,,Benetzung-Prozess" nennen?

LG
Jürgen

Florian D.

Hallo Jürgen,

in Google docs findet man einiges.
Oft werden Experimente  zitiert wo partielle Schmelzen in  Zentrifugen untersucht werden, z. B.:

https://www.sciencedirect.com/science/article/pii/S001670371200364X?casa_token=sh-T1GoJZwAAAAAA:StVIQKPQ9PraV-8vMjYDWTcNnOzphZjEiNAq-mWa9QDl64P8vsW6VkXbjkFtyUowLwCNbPE8oYQ

Viele Grüsse
Florian

Florian D.

Zitat von: hugojun in November 04, 2022, 19:03:54 NACHMITTAGS
Die Gerätschaften für solche Untersuchungen sind nicht geeignet, sie von Messestand zu Messestand zu schleppen. Da mache ich das wie die meisten hier im Forum und
vertraue auf Literaturangaben zu den verschiedenen Themen und darauf, dass ich am Stand nicht beschi.. werde.

Na ja,
Du hast ja immerhin Dein ominöses Magnetometer, mit dessen Hilfe Du jeden Meteorit innerhalb Sekunden der richtigen Klasse zuordnen kannst.

Viele Grüsse
Florian

hugojun

Hallo Florian,

da möchte ich dir zustimmen, ausreichend klein ist das Gerät ja.

Die magnetische Suszeptibilität ist ein guter Anhaltspunkt zur Gesteinsbestimmung und der Provenienz.

Nur benötige ich auch hier wieder verlässliche Daten aus der Literatur.

LG
Jürgen

Florian D.

#21
Glückauf Foristen,

wir sind ja hier im Mikrophoto Subforum, da sollte es ja nach heutigem Zeitgeschmack eher bunt sein.
Also was rausgesucht, was LSD als graue Maus erscheinen lässt: Ein Prehnit Basalt aus Loanhead Quarry, Ayr, Schottland. Ich hatte Prehnit bisher immer für ein Produkt der niedriggradigen Metamorphose gehalten. Ob das in diesem "Basalt" auch so ist, weiss ich nicht zu sagen. Aufgenommen mit dem Pl 1/0.04 Objektiv, d.h. die Breite der Bilder beträgt etwa 2cm. Natúrlich mit gekreuzten Polarisatoren.
Das letzte mit dem 2.5/0.08.

PS: Das letzte Bild habe ich ausgetauscht. War total verwaschen. Keine Ahnung, was ich da gemacht hatte.

Viele Grüsse
Florian

TStein

Hallo Florian, hallo in die Runde,

anbei möche ich ein paar Bilder von einem Meteoritenanschliff zeigen. Es handelt sich laut Offerte wahrscheinlich um einen kohligen CV3-Chondriten aus Nordwestafrika, welchen ich auf Ebay ersteigert habe. Der Meteorit wurde halbiert und beide Seiten angeschliffen und poliert. Aufgenommen habe ich die Bilder mit gekreuzten Polarisatoren, wobei ich eine helle Beleuchtung und eine recht lange Belichtungszeit einstellen musste. Man blendet sozusagen den Rückreflex der stark reflektierenden Oberfläche aus und schaut etwas ins Material hinein. Wissenschaftlich ist ein Anschliff nicht sehr interessant, da man für gewöhnlich keine Rückschlüsse auf die Mineralien treffen kann. Ein Dünnschliff wäre wohl noch angebracht, ich bin aber leider noch nicht dazu gekommen. Aber fürs Auge ists allemal was, nachfolgend mal ein Sammelsurium aus unterschiedlichen Chondrentypen und interessanten Strukturen, jeweils mit 5x, 10x 20x Vergrößerung.

Lg Tino

Florian D.

Hallo Tino,

sehr schöne Bilder, vielen Dank! Wir hatten hier im Forum schon mehrmals Bilder von Chondriten und mit Jügen "hugojun" einen ausgewiesenen Meteoritenexperten. Anschliffe sind durchaus wissenschaftlich interessant, vor allem um die opaken Erze zu charakterisieren. In den Meteoriten gibt es ja eine Menge davon, z. B. Eisen-Nickel-Phasen oder Troilit.
Wichtig ist die genaue Orientierung des Anschliffs senkrecht zum Strahl, um Reflexionsvermögen oder Anisotropie richtig beurteilen zu können.

Viele Grüsse
Florian

hugojun

#24
Hallo Tino,

diese Beleuchtungstechnik ist meines Erachtens die vorteilhafteste Methode, die Ästhetik der Chondrite in ihrer gesamten Zusammensetzung hervorzuheben.

Auch wissenschaftlich würde ich diese Technik nicht als unbedeutend einstufen wollen, da sie eine gute Grundlage zur Ermittlung der modalen Anteile der opaken Primär- und

Sekundär- Minerale darstellt, z.B. Primär- und Sekundär- Mineral-Verhältnis = Verwitterungsstufe, ein Parameter der den Klimatologen bei Modellrechnungen zur

Klimaentwicklung in heißen und kalten Wüsten sehr dienlich sein kann.

Frohes Fest

Jürgen

TStein

Hallo Florian, hallo Jürgen,

ich habe mal noch zwei Handbilder des geschnippelten Meteoriten, sowie ein Bild einer polierten Fläche des selben angehängt.
Hier sieht man auch ganz gut die äußere schalenförmig limonitisierte Verwitterungsstruktur und den wenig verwitterten dunklen Kern.
Jürgen hatte mir diesbezüglich schon erläutert, dass dies durch längere Lagerung des Meteoriten in einer teilweise feuchten Umgebung in der derzeit ziemlich trockenen Wüstenumgebung Nordafrikas geschehen ist. Was dem einen ein Makel ist, ist wissenschaftlich anscheinend für archäologische Klimarekonstruktionen doch wieder interessant. Vielen Dank diesbezüglich nochmal.

Vg Tino   


Florian D.

Oh ja, das ist wirklich ein sehr schöner Anschliff.
Das mit der äusseren Verwitterung ist ja toll zu sehen.

Viele Grüsse
Florian