Botanik: Wiesensalbei (Salvia pratensis) *

Begonnen von jcs, November 05, 2022, 20:21:13 NACHMITTAGS

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jcs

Liebes Forum,

Wenn man von Salbei spricht, bezieht sich das meistens auf den Echten Salbei, der in vielen Kräutergärten kultiviert und gerne für Tees, Gewürze und als Heilpflanze verwendet wird. Daneben findet man hierzulande vielfach den Wiesensalbei (Salvia pratensis), der als sehr genügsame Pflanze gerne auf mageren und sonnigen Wiesen wächst. Der Wiesensalbei riecht weniger intensiv als der Echte Salbei, der ursprünglich aus dem Mittelmeerraum kommt.

Im späten Frühjahr färbt der Wiesensalbei (Abb. 1) extensiv genutzte Wiesen in ein sommerliches Blau-Violett, im gezeigten Bild in Kombination mit dem gelben Klappertopf. Das Bild wurde in Österreichs südlichen Kalkalpen aufgenommen, unweit der slowenischen Grenze. Die Pflanze (Abb. 2) ist typischerweise 30-50cm groß, mit fleischigen Blättern und zahlreichen Blütenständen.

Um die Pollen möglichst erfolgreich mit Hilfe bestäubender Insekten zu verbreiten, sind die Blüten mit einem speziellen Mechanismus ausgestattet (Abb. 3): Die Nektardrüsen (NE) befinden sich  tief innerhalb der Blüte, ganz in der Nähe des Fruchtknotens (FK). Um dorthin zugelangen, müssen die Insekten mit ihrem Rüssel eine Platte (PL) wegschieben. Diese Platte ist über ein Gelenk mit dem Staubbeutel (Anthere - AN) verbunden. Wenn die Platte bewegt wird, senken sich die Antheren und platzieren ihre Pollen (PO) auf dem Rücken des Insekts. Beim Flug zur nächsten Blüte wird dann die Narbe (NA) mit den Pollen der vorigen Blüte befruchtet.

LG

Jürgen

jcs

Stängel und Blätter der Pflanze sind sehr weich und aus diesem Grund ohne Einbettung schwer zu schneiden. Ich habe deshalb Stängel und Blatt in PEG eingebettet, um mit dem Schlittenmikrotom Schnitte mit einer Dicke von 25-50µm herzustellen. Abb. 4 zeigt den so erhaltenen Schnitt des fast quadratischen Stängels. Gefärbt wurde die Probe mit Etzold FCA.

Das gezeigte Bild ist ein Panorama aus 4 Teilbildern, die mit einem Leica DM2000 LED unter Verwendung eines 5x-Objektivs im Hellfeld aufgenommen wurden. PEG hat sich hier sehr gut bewährt, selbst die Auskleidung des hohlen Innenraums ist gut erhalten geblieben.

Man erkennt in der Detailaufnahme (Abb. 5, 10x-Objektiv)  Xylem (XY), Phloem (PH), Kambium und das zur Versteifung des Stängels dienende Kollenchym (KO).

Die Blätter waren aufrund ihrer weichen Konsistenz sehr schwer zu präparieren, dennoch erkennt man ein Drüsenhaar (DH) in Abb. 6. Das Haar in Abb. 7 ist meines Erachtens ein Trichom, das als Verdunstungsschutz dient, siehe auch den Beitrag hier im Forum: https://www.mikroskopie-forum.de/index.php?topic=39717.0

jcs

#2
Vor ein paar Wochen habe ich am Wegesrand einen Wiesensalbei gefunden, den der warme Oktober offenbar zu einer zweiten und sehr späten Blüte motiviert hat. Ich habe ein paar Staubbeutel entnommen und unter das Rasterelektronenmikroskop gelegt. Abb. 8 zeigt ein Pollenkorn in 1500-facher Vergrößerung (Sekundärelektronendetektor, 10kV Beschleunigungsspannung).

Einer der Staubbeutel ist während der mehrtägigen Lagerung soweit ausgetrocknet, dass die Hülle aufgeplatzt ist und der üppige Pollen-Inhalt zum Vorschein kam, Abb. 9 (Rückstreuelektronen-Detektor, 15kV). Ich habe die Aufnahme in Photoshop coloriert, das Bild wirkt jetzt fast wie eine überquellende Goldtruhe.

Abb. 10 schließlich zeigt noch die Ausrüstung, die ich für die Probenpräparation verwendet habe (Stereomikroskop, Heizplatten und Schlittenmikrotom).

Fahrenheit

Lieber Jürgen,

vielen Dank für den schönen Beitrag, den ich gerne gelistet habe.

Herzliche Grüße
Jörg
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Arbeitsmikroskop: Leica DMLS
Zum Mitnehmen: Leitz SM
Für draussen: Leitz HM

Muschelbluemchen

Hallo Jürgen,

tolle Aufnahme, wirklich sehr schön.

Leo

Alf

Hallo Jürgen,

Sehr schöne Schnitte und schön gefärbt! Wie sieht dein Protokoll zur PEG Einbettung aus?

LG

jcs

@Jörg und Leo,

freut mich, wenn es gefällt, @Jörg auch danke für's Listen!

@Alf
Für die PEG-Einbettung verwende ich mittlerweile folgendes Protokoll:

(1) Fixierung in AFE
(2) Lagerung in Ethanol 70% für ein paar Tage
(3) Aqua dest für einige Minuten
(4) Aqua dest. mit 20% PEG1500 für 8h
(5) Aqua dest. mit 50% PEG1500 für 8h
(6) PEG1500 bei 61°C im Dry Block Heater für 12h
(7) Mit frischem PEG 1500 bei 61°C für 12h
(8 ) Blöcke gießen und nach Abkühlen schneiden
(9 ) Schnitte in Aqua dest. mit 20%PEG1500 überführen, 15min lagern
(10) in Aqua dest. überführen
(11) Färben und eindecken

LG

Jürgen

Rawfoto

 :)Hallo Jürgen

Das ist ein super Beitrag geworden, da sieht man das sich dranbleiben auszahlt  :)

Gratulation und liebe Grüße

Gerhard
Gerhard
http://www.naturfoto-zimmert.at

Rückmeldung sind willkommen, ich bin jederzeit an Weiterentwicklung interessiert, Vorschläge zur Verbesserungen und Varianten meiner eingestellten Bilder sind daher keinerlei Problem für mich ...

jcs

#8
Hallo Gerhard,

danke für das Lob, freut mich sehr! Übung macht auch hier den Meister, wie es aussieht.

Was meine Colorierungsversuche angeht (siehe auch https://www.mikroskopie-forum.de/index.php?topic=44551.msg333051#msg333051), werde ich mir bei Gelegenheit gerne Rat bei Dir holen. Photoshop ist für mich vielfach ein ziemliches Mysterium.

LG

Jürgen

jcs

#9
Hier kommt noch eine colorierte REM-Aufnahme von Pollenkörnern des Wiesensalbeis. Die Details zur Bildbearbeitung für diese Aufnahme sind unter https://www.mikroskopie-forum.de/index.php?topic=45236.msg335654#msg335654 beschrieben.

LG

Jürgen

rlu

#10
Hallo Jürgen,

viele Fragen:

ZitatGerade bei Wasserpflanzen mit ihren weichen Pflanzenteilen stößt man, speziell bei etwas dünneren Schnitten, recht schnell an Grenzen.
Gerade der Blütenstängel ist noch einmal weicher als der Blattstängel, hier hat sogar die PEG-Einbettung  zu kämpfen, um brauchbare Schnitte zu erhalten
1. Worin liegt der Vorteil der PEG - Einbettung?

ZitatUntenstehend PEG-eingebettet Schnitte (ca. 40µm Dicke) vom Stängel des Blattes und Stängel der Blüte.
2. Warum schneidest du so dick?

Zitat20% PEG1500
3. d.h. 20g PEG1500 auf 100ml Wasser?

ZitatDry Block Heater
4. Was ist ein Dry Block Heater? Eine Heizplatte oder auch mit Vakuum, damit das Wasser aus dem PEG entfernt wird?

ZitatBlöcke gießen und nach Abkühlen schneiden
5. Kühlst du die Blöcke auf Eis, wie beim Paraffinschneiden?

6. Verwendest du ein spezielles PEG. Das PEG von Roth soll besser sein, als aus dem "Baumarkt"

7.zu 11. Also dann noch entwässern und eindecken. Oder nimmst du Hydromatrix o.ä.?

8. Hast du schon ein Lösung bei nicht zusammenhängenden Schnitten?

Liebe Grüße
Rudolf


jcs

Hallo Rudolf,
ich versuche einmal, auf alle Deine Punkte einzugehen:

Zitat von: rlu in Oktober 25, 2023, 12:35:19 NACHMITTAGS1. Worin liegt der Vorteil der PEG - Einbettung?
PEG erlaubt es, die weichen Gewebe für's Schneiden zu stabilisieren. Gegenüber Paraffin liegt der Vorteil darin, dass die Einbettung einfacher ist, schneller geht und keine problematischen Chemikalien (Xylol, Intermedium, ...) verwendet werden müssen. Alles läuft auf Basis wässriger Lösungen ab.

Zitat2. Warum schneidest du so dick?
Das hängt von der Probe ab, im Fall des Salbei hat mir 40µm am besten gepasst. 15-20µm funktioniert mit PEG auch noch ganz gut, dünner geht in meiner Erfahrung nicht mehr.

Zitat3. d.h. 20g PEG1500 auf 100ml Wasser?
20g PEG auf 80ml Wasser.


Zitat4. Was ist ein Dry Block Heater? Eine Heizplatte oder auch mit Vakuum, damit das Wasser aus dem PEG entfernt wird?
Das ist im Prinzip eine Heizplatte mit einem Alublock, in dem Bohrungen eingebracht sind. In die Bohrungen meines Alublocks (die Blöcke sind austauschbar) passen 20ml Schnappdeckelgläser, die durch den umgebenden Alublock auf recht präziser Temperatur gehalten werden können. Vakuum ist nicht dabei, eine Heizplatte erfüllt einen sehr ähnlichen Zweck.

Zitat5. Kühlst du die Blöcke auf Eis, wie beim Paraffinschneiden?
Ich gebe die Blöcke vor dem Schneiden in den Kühlschrank.

Zitat6. Verwendest du ein spezielles PEG. Das PEG von Roth soll besser sein, als aus dem "Baumarkt"
Ich habe bis jetzt nur das PEG1500 von Carl Roth verwendet. Keine Ahnung, ob andere Quellen besseres bzw. schlechteres Material liefern.

Zitat7.zu 11. Also dann noch entwässern und eindecken. Oder nimmst du Hydromatrix o.ä.?
Meistens nehme ich zum Eindecken Euparal, d.h. nach dem Färben wird mit Isopropanol entwässert.

Zitat8. Hast du schon ein Lösung bei nicht zusammenhängenden Schnitten?
Eine Möglichkeit ist es, vor dem Schneiden am Mikrotom einen Klebestreifen (Tesa, ..) auf den Block zu kleben. Nach dem Schnitt klebt das PEG mit der Probe auf dem Klebefilm und kommt dann in 20%Peg/80%Wasser. Das PEG löst sich auf und das Probenmaterial bleibt (idealerweise vollständig) am Klebestreifen. Dann Färben und Klebestreifen mit Probenmaterial eindecken (Klebestreifen unten), zum Schluss das Deckglas draufgeben. Funktioniert mit manchen Färbungen gut (z.B. Etzold FCA), andere Färbungen färben den Klebestreifen mit ein, dann bekommt man keine brauchbaren Proben.

LG
Jürgen




rlu

Hallo Jörg,

vielen Dank für die umfängliche Antwort.
Ich habe mich schon als "Chocolatier" verdingt und auf diese Art versucht die PEG-Blöcke zu gießen.
Dabei habe ich mit zwei verschiedenen PEGs gearbeitet. PEG 1500 und PEG 2000.

Ein Kollege aus der MVM hat mir dann von seinen Erfahrungen mit Roth PEG berichtet.
Damit sollen diese bröckligen Konsistenzen, wie im folgenden Bericht beschrieben, nicht auftreten.

Histowachs II (PEG) ergibt bröckelige Blöcke?
https://www.mikroskopie-forum.de/index.php?msg=294387

Was aber immer ein Problem ist, wenn sich Wasser im PEG befindet.

Ich beschäftige mich gerade mit Verdünnungen.
Was ich noch nicht verstanden habe:
20% PEG, soll 20g PEG auf 80ml Wasser sein.
Kannst du mir das erklären?

Irgendwann gibt es eine Lösung mit dem Aufkleben.
Hast du schon mal probiert den Schnitt auf einem unpolaren Lösungsmittel(nicht Wasser) zu strecken?
Direkt auf dem Objektträger? Antrocken lassen. Wärmeschrank. Dann mit 20% PEG "entPEGen".

Liebe Grüße
Rudolf

jcs

Zitat von: rlu in Oktober 26, 2023, 12:50:07 NACHMITTAGSWas aber immer ein Problem ist, wenn sich Wasser im PEG befindet.

Ich beschäftige mich gerade mit Verdünnungen.
Was ich noch nicht verstanden habe:
20% PEG, soll 20g PEG auf 80ml Wasser sein.
Kannst du mir das erklären?

Hast du schon mal probiert den Schnitt auf einem unpolaren Lösungsmittel(nicht Wasser) zu strecken?
Hallo Rudolf,

PEG ist sehr hygroskopisch, Wasser geht schnell ins Material und macht dann Probleme, wie Du ja ebenfalls schreibst. Beim Einbetten wechsle ich daher mindestens einmal auf frisches PEG, dann ist das Wasser normalerweise kein Problem mehr, solange man die Blöcke zeitnah schneidet.

Zu 20% PEG: 20gPEG+80g Wasser ergeben 100g Lösung, das ist dann eine 20%PEG Lösung.

PEG löst sich recht gut in den meisten organischen Lösungsmitteln (Alkohol, ...). Zum Strecken müsste man also vermutlich etwas sehr unpolares (Xylol?) nehmen, was dann den Vorteil gegenüber Paraffin zunichte machen würde.

Ich finde, dass PEG für botanische Schnitte zwischen 20 und 50µm Dicke bei recht weichen Geweben gut und unkompliziert funktioniert. Wenn man abseits davon etwas braucht (<20µm, nicht zusammenhängende Strukturen, ...) ist man meiner Meinung nach mit Paraffin besser unterwegs, auch wenn man dann tiefer in die Chemiekiste greifen muss.

LG
Jürgen

rlu

#14
Hallo Jürgen,

merci, falls du mal wieder was schneidest:

Herstellung Reinheit: PEG ist gut löslich in polaren und unpolaren Lösemitteln und nicht löslich in aliphatischen Kohlenwasserstoffen (Hoechst 1992 b).

Aliphatische Kohlenwasserstoffe (z.B. Hexan, Oktan, Dekan, Dodekan) sind häufig verwendete Lösemittel, die z.B. in Terpentinersatz, Petroleum, Klebern, Lacken, Farben sowie Kunststoffmaterialien (PVC) enthalten sind und aus diesen Stoffen ausgasen können.

Das "riecht" geradezu nach einen Versuch. Ich weiß, das willst du ja gerade nicht(zusätzliche Chemie).
Evtl. mit der Wärme spielen und direkt aufs Deckglas. Bin gespannt, ob da was rauskommt.
Ich habe leider keinen PEG-Block mit Objekt.

Liebe Grüße
Rudolf