Mitose: Chromosom/Kern-Färbung mit rote Ostereierfarbe

Begonnen von cesarius, November 29, 2022, 23:22:48 NACHMITTAGS

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cesarius

Hallo zusammen,

an dieser Stelle möchte ich eine in meinen Anfängeraugen brauchbare Färbung der Zellkerne/Chromosomen vorstellen die ich mit übriggebliebener Ostereierfarbe vom letzten Jahr durchgeführt hatte. Ich bin kein Biologe und dies ist mein erster Versuch etwas zu färben (zumindest außerhalb meines lang zurückliegenden Schullebens), deshalb bitte ich um Nachsicht.

Anbei die Schritte:

1)Unteren Teil einer Bio Küchenzwiebel in ein verdunkeltes Wasserglas (mit Alufolie) stellen und ca. 2~3 Tage warten bis sich Wurzeln gebildet haben.
2)Einzelne Wurzeln ca. 1cm von der Spitze aus abschneiden. Die Wurzel längs zwischen 2 Backen einer Pinzette vorsichtig festhalten ohne groß zu quetschen und mit einer Rasierklinge längs in zwei Teile halbieren. Dies ermöglicht später unter dem Deckglas beim Quetschpräparat sehr dünne Zellschichten auszubreiten. Anschließend die geschnittenen Wurzeln in destilliertem Wasser geben.
3)In einem Reagenzglas ein wenig (ca. 5ml~10ml) 1N HCL (evtl. gehen auch andere verdünnte Säuren die man im Küchenschrank findet) mit 10 Tropfen rote Ostereierfarbe mischen bis das Gemisch dunkelrot gefärbt ist und auf 60° im Wasserbad aufwärmen. Die karminhaltige (E120) Ostereifarbe die ich genutzt habe, ist hier (https://www.heitmann-eierfarben.de/brillant-ei.html) verlinkt und gibt es im Supermarkt zu kaufen.
4)Die Wurzeln in das oben genannte Gemisch geben und bei konstant 60° halten für ca. 20min. Bei mir hat es immer mal zwischen 55 und 65°geschwankt. Zwischendurch ein wenig schwenken.
5)Die Wurzeln sind nun sehr weich und können vorsichtig aus dem Reagenzglas entnommen werden. Ich habe hierzu einen Glasstab genutzt an dem die Wurzelstücke hängengeblieben sind. Evtl. könnte man es in einem anderen breiteren Behälter ausschütten damit man an die Wurzeln besser dran kommt.
6) Die Wurzeln auf einen Objektträger legen und mit wenigen Tropfen destilliertes Wasser zwei bis 3 Mal säubern/spülen anschließend mit einer Küchenrolle das überschüssige Wasser absaugen.
7) Deckglas auf die Wurzeln legen und mit der Küchenrolle und Daumen leicht draufdrücken um ein Quetschpräpart zu erstellen. Beim Drücken möglichst darauf achten das Deckglas nicht horizontal zu verschieben. Ich bin leicht ausgerutscht, es hat trotzdem funktioniert.

Vermutlich könnte man die Schritte 3~6 verinfachen in dem man ein Uhrenglas über eine Wärequelle bentutzt bei stetiger Zufuhr des Färbungsgemisches falls dieser zwischendurch verdampft.

Die mitotischen Zellen befinden sich ca. 1~2mm vor der Wurzelspitze. Um diese unter dem Mikroskop schnell ausfindig zu machen, achtet man auf Zellregionen bei niedrigerer Vergrößerung (63x~100x) in der sich kleine quadratische Zellen befinden. Die Zelldichte ist hier deutlich größer als in den Regionen mit großen länglichen Zellen.

Das Bild wurde mit 250 facher Vergrößerung aufgenommen.

Beste Grüße,
Marcel


MiR

#1
Hallo Marcel,

Ich bin zwar absoluter Laie was dieses Gebiet betrifft, aber mir gefällt die klare Separation der Bestandteile. Ich nehme mal an, du hast differentiellen Interferenzkontrast oder Schiefe Beleuchtung angewandt ?
Auch eine schöne Idee eine Ostereierfarbe zu benutzen, und falls das wirklich echtes Karmin ist, ist es zumindest teilweise eine "grüne Herangehensweise", wenn letztendlich das Ergebnis auch rot ist ;)

Viele Grüße aus Berlin
Michael


Alf

Hallo Marcel,

super gelungene Darstellung und detaillierte Anleitung!

Lg, Alf

cesarius

#3
Hallo zusammen,

danke für das nette Feedback!

@Michael: Ja es ist tatsächlich DIC jedoch konnte man im Hellfeld auch alles gut erkennen. Gewählt habe ich die DIC-Aufnahme weil sie etwas plastischer wirkt.
Laut der Ingredienzienliste der Ostereierfarbe handelt es sich tatsächlich um echtes Karmin (siehe Bild). Ich hatte auch eine rote Osterfarbe mit Azo rot getestet, das hat jedoch nicht geklappt.

plaenerdd

Hallo Marcel,
👍
Erinnert mich stark an den Beitrag "Mitose aus dem Supermarkt" . Da findest Du auch die Antwort auf den Ersatz für Salzsäure.
LG Gerd
Fossilien, Gesteine und Tümpeln mit
Durchlicht: Olympus VANOX mit DIC, Ph, DF und BF; etliche Zeiss-Jena-Geräte,
Auflicht: CZJ "VERTIVAL", Stemi: MBS-10, CZJ SMXX;
Inverses: Willovert mit Ph

Peter V.

Hallo,

https://www.youtube.com/watch?v=Fkbu0nejXRA

und in der Zeitschrift "Mikroskopie" 1/2021 gibt es einen ausführlichen Beitrag von Hans-Jürgen Voß , Titel "Mitosen - mal einfach so vom Markt".

Herzliche Grüße
Peter


Dieses Post wurde CO2-neutral erstellt und ist vegan. Für 100 Posts lasse ich ein Gänseblümchen in Ecuador pflanzen.

cesarius

Hallo Gerd & Peter,

danke für die weiterführenden Links und die Infos.
Das Youtube-Video kannte ich bereits aus meiner Recherche zu dem Thema.
Mein Problem war jedoch als Normalsterblicher an den Mikroskopie-Färbemitteln zu kommen. Der Satz "Kein Verkauf an Privatpersonen" war praktisch omnipräsent.
Amüsant fand ich, dass es auch mit Ostereierfarbe halbwegs funktionierte.
Vielleicht versuche ich auch mal Kaffeemaschinen-Entkalker aus Gerds Link und andere Haushaltssäuren. Noch steht die Zwiebel im Glas auf der Fensterbank. :)
Vorausgesetzt natürlich es besteht hier Interesse. 

Beste Grüße,
Marcel

Bob

Hallo Marcel.
tolle Beschreibung und sehr gutes Bildergebnis! Ich glaube meine Färbungen mit Karmin und Orcein waren weniger kräftig, ich habe allerdings immer Dauerpräparate als Ziel gehabt. Von daher frage ich mich, ob einer der anderen enthaltenen Farbstoffe einen bedeutenden Anteil haben könnten.

Deine Teilungsstadien sind ja auch sehr schön verteilt - hast Du eine bestimmt Uhrzeit für die Ernte der Spitzen gewählt oder sonst etwas besonderes gemacht dafür?

Ich bin immer ein großer Freund von Arbeiten, die sich damit befassen, mikroskopische Themen mit leicht, dauerhaft, günstig und weltweit verfügbaren Mitteln zu bearbeiten. Wir haben es hier noch relativ gut mit der Verfügbarkeit und Bezahlbarkeit von Stoffen und Zubehör, das sieht anderswo oft schlechter aus. Hier eine relativ aktuelle Liste von Bezugsquellen:
http://www.mikrohamburg.de/Linklisten/Linklisten%202021.pdf

Viele Grüße,

Bob

cesarius

Hallo Bob,

vielen Dank für Deinen Beitrag.
In diesem Fall ist es tatsächlich ein Frischpräparat. Ich hätte es gerne in ein Dauerpräparat umgewandelt, mir fehlt dafür jedoch noch Euparal. Das muss ich mir mal besorgen.
In dem Färbeset waren mehrere Ampullen unterschiedlicher Farben vorhanden, für den oberen Versuch wurde nur die Rote genutzt.

Bei der Uhrzeit habe ich mich an Detlef Karmers Beitrag gehalten: https://www.mikroskopie-forum.de/index.php?topic=828.0 und den Schnitt der Wurzel um 23Uhr getätigt, da hier die Mitose wohl am aktivsten sein soll. Andere Quellen besagen, dass die Mitosaktivität 2 bis 3 Std. morgens nach dem Sonnenaufgang ebenfalls hoch sein soll. Das habe ich jedoch noch nicht ausprobiert. 

Danke nochmals für den Link mit den Bezugsquellen! Einige von den Händlern kenne ich bereits.

Beste Grüße,
Marcel

Bob

Danke für die Erklärung, Marcel, dann war es ja nur das Karmin, was da so gut gefärbt hat.
Die weiteren Schritte bis zum Dauerpräparat habe ich hier beschrieben:
http://www.mikrohamburg.de/Tips/Mitose_Zwiebel.pdf

Viele Grüße,

Bob

cesarius

Hallo Bob,
sehr schöne und ausführliche Anleitung die Du da verlinkt hast. Herzlichen Dank.  Die letzten Schritte werde ich mal durchführen sobald das Euparal bei mir angekommen ist.
Beste Grüße,
Marcel