Wie köhlert man ein Mikroskop, wenn es keine Leuchtfeldblende hat?

Begonnen von Alex000, Dezember 09, 2022, 19:13:08 NACHMITTAGS

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Alex000

Ich mikroskopiere jetzt schon seit Jahren und bin heute auf den begriff "Köhlern" gestoßen. Ich habe mir angeschaut wie das funktioniert, und dazu braucht man eine Leuchfeldblende, was mein Mikroskop leider nicht hat. Meine Fragen währen, ob man köhlern überhaupt braucht, was sich köhlern bringt und wie man es ohne Leuchtfeldblende macht. Danke im Vorhinein.
Mit freundlichen Grüßen.

plaenerdd

Hallo namenloser Mikrofotograf,
es gibt viele einfache Mikroskope auch von namhaften Firmen wie ZEISS, die keine Leuchtfeldblende haben und deshalb auch nicht köhlerbar sind. Das ist aber auch nicht zwingend notwendig, um ein gleichmäßig ausgeleuchtetes Bildfeld zu bekommen. Das kann man auch mit Mattfiltern ganz ordentlich realisieren und mit gut berechneter Beleuchtungsoptik. Das nennt sich dann Nelson-Beleuchtung oder Kritische Beleuchtung
Ein weiteres Plus ist der Köhlerbeleuchtung ist die Minimierung von Streulicht, das das Bild im Okular recht flau erscheinen lassen kann. Aber auch hier gibt es mittlerweile andere Maßnahmen mit ähnlich gutem Effekt, nämlich die verbesserten Oberflächenvergütungen der Linsen, die auch ohne Köhlerbeleuchtung ein recht kontrastreiches Bild liefer.

Zusammenfassend kann man sagen, dass die Bedeutung des Köhlern etwas abgenommen hat in den letzten 50 Jahren. Trotzdem ist es das Optimum das i.d.R. an jedem Forschungsmikroskop realisiert werden kann, nicht aber an jedem preiswerten Labor- oder Kursmikroskop. Was hier auch mit hineinspielt ist auch, wie groß das Spektrum der verschiedenen Objektive ist. Wenn ich sowohl sehr geringe als auch sehr große n.A. ausleuchten muss, ist die Köhlerbeleuchtung klar im Vorteil. Sind für das Mikroskop aber nur wenige Objketive (z.B. 4er, 10er und 40er Achromaten) vorgesehen, muss der Beleuchtungsapparat auch nicht so flexibel sein, kann der Kondensor in einer Höhe bleiben und trotzdem kann die Beleuchtung gut sein.

Beste Grüße
Gerd
Fossilien, Gesteine und Tümpeln mit
Durchlicht: Olympus VANOX mit DIC, Ph, DF und BF; etliche Zeiss-Jena-Geräte,
Auflicht: CZJ "VERTIVAL", Stemi: MBS-10, CZJ SMXX;
Inverses: Willovert mit Ph

Alex000

Mit freundlichen Grüßen.

Dünnschliffbohrer

Man kann bei solchen Mikroskopen ohne Leuchtfeldblende sich auch mit selbstgebastelten Leuchtfeldblenden aus schwarzem Papier behelfen, die auf die Lichtaustrittsöffnung am Mikroskopfuss gelegt werden. Dafür braucht man für jedes Objektiv zwar eine eigene Blende, die aber schnell gewechselt werden kann. 4-5 Papierblenden herstellen ist ja auch kein grosser Aufwand. Den richtigen Durchmesser muss man durch probieren herausfinden (evtl. umgekehrt durch das Okular auf das Papier auf der Lichtaustrittsöffnung leuchten). Wie Gerd aber schon schrieb: der Effekt ist nicht besonders gross.
"Und Gott sprach: Es ist nicht gut, daß der Mensch allein sei; und er schuf um ihn Laubmoose und Lebermoose und Flechten und ein Mikroskop!"
[aus: Kleeberg, Bernhard (2005): Theophysis, Ernst Haeckels Philosophie des Naturganzen,  S. 90]

Fahrenheit

Lieber Mikrofotograf,

bitte denke an die Vorstellung im Unterforum Mikroskopiker im Netz - wie das hier üblich ist.

Eine Anrede ist hier ebenfalls gebräuchlich, sowie ein Name, mit dem man Dich ansprechen kann (es muss nicht Dein eigener sein ...).

Herzliche Grüße
Jörg
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Und hier zur Webseite des MKB: Klick !

Arbeitsmikroskop: Leica DMLS
Zum Mitnehmen: Leitz SM
Für draussen: Leitz HM

plaenerdd

Hallo Dsb.,
Deinen Ausführungen könnte man entnehmen, dass man nur irgendwo einen weitere Blende in den Strahlengang setzten müsste, um eine Beleuchtung nach KÖHLER zu realisieren. Dem ist aber nicht so, denn die Leuchtfeldblende muss ja in der Präparateebene abgebildet werden. Sie kann also nicht irgendwo liegen und sie ist auch nur sinnvoll, wenn das ganze Beleuchtungssytem zusammen abgestimmt ist. Viele Nelson-Beleuchtungen arbeiten einfach mit Mattscheiben. Da gibt es oft nicht mal eine Kollektorlinse. Der ganze Beleuchtungsstrahlengang ist i.d.R. stark verkürzt (auch ein Vorteil der Nelsonbeleuchtung). Da kann ich mit beim besten Willen nicht vorstellen, dass eine Pappblende auf dem Lichtaustritt eine KÖHLER-Beleuchtung ergeben sollte. Diese Blende würde sicher ein Mischfunktion zwischen Leuchtfeldblende und Aperturblende erfüllen, aber keines von beiden richtig.
LG Gerd
Fossilien, Gesteine und Tümpeln mit
Durchlicht: Olympus VANOX mit DIC, Ph, DF und BF; etliche Zeiss-Jena-Geräte,
Auflicht: CZJ "VERTIVAL", Stemi: MBS-10, CZJ SMXX;
Inverses: Willovert mit Ph

Lupus

Hallo,

grundsätzlich ist es kein Privileg der sog. Köhlerbeleuchtung dass eine Leuchtfeldblende montierbar ist. Der Vorteil der Köhlerbeleuchtung - mit abgestimmten Brennweiten und Abständen der Kollektoroptik in Bezug auf den Kondensor - ist, dass sie den freien Zugang der automatisch homogen ausgeleuchteten Leuchtfeldebene ermöglicht. Dadurch kann dort problemlos eine Leuchtfeldblende montiert werden.

Die einfachere, vor der Zeit von Köhler verwendete Beleuchtungsanordnung benötigt meist eine Mattscheibe um die Lichtquelle als homogene, diffus leuchtende Fläche erscheinen zu lassen. Und da die Mattscheibe für die Homogenisierung oft nicht ausreicht bildet der Kondensor nie diese Mattscheibenebene scharf in die Objektebene ab (auch wegen der Mattscheibenkörnigkeit), sondern üblicherweise aus Platzgründen eine virtuelle Ebene die deutlich hinter der Mattscheibe liegt. Da lässt sich dann natürlich keine Leuchtfeldblende montieren. Wenn man diese Beleuchtungseinheit mit Mattscheibe im größeren Abstand vom Kondensor montieren würde (oder optisch mittels einer kurzbrennweitigen Hilfslinse am Kondensor), wäre es natürlich kein Problem auch hier eine Leuchtfeldblende zu montieren.

Hubert

Jürgen Boschert

Hallo zusammen,

irgendwie wird die Köhler'schen Beleuchtung immer auf die Leuchtfeldblende reduziert. Die damit möglich Begrenzung des im Präparat belichteten Areales und so erzielten Minimierung des Streulichtes ist aber eben nur die halbe Wahrheit und m.E. nicht ihr wichtigster Aspekt. Vielmehr wird durch sie die Lichtquelle in die hintere Brennebene des Objektives abgebildet und damit möglichst weit weg von der Präparateebene, also ins Unendliche. Dadurch werden Eigenstrukturen der Lichtquelle maximal "verwischt" und stören so das Bild nicht mehr, die Beleuchtung wird homogener. Besonders wirkt sich das bei höheren Aperturen aus. Es ist ein fokussierbarer Kollektor erforderlich -technisch aufwändig und damit vergleichsweise teuer.

Bei kritischen oder Nelson-Beleuchtung wird das Abbild der Lichtquelle in die Präparateebene projiziert, evtl. Unregelmäßigkeiten werden mittels Mattglas verwischt. Die Konstruktion kann wesentlich einfacher und damit auch billiger gestaltet werden.

Aus dem Gesagten geht auch klar hervor, dass man durch beliebiges Platzieren einer Irisblende keine Köhler-Leuchte fabrizieren kann.
Beste Grüße !

JB

Rene

[quote author=Jürgen Boschert link=topic=45367.msg334645#msg334645 date=16707512
Aus dem Gesagten geht auch klar hervor, dass man durch beliebiges Platzieren einer Irisblende keine Köhler-Leuchte fabrizieren kann.
[/quote]

Hallo Jürgen,

Das ist auch nicht das, was dsb behauptet.

Eine Feldblende passt gut zu der Nelson-Belichtung, macht sie aber genauso komplex wie die Kohler-Belichtung.

Übrigens ist auch die Kohler'sche Belichtung nicht der heilige Gral und hat ihre Tücken: Die Struktur der Lichtquelle in der hinteren Brennebene des Objektivs hat zwar keinen Einfluss auf die Bildhomogenität, aber sie beeinflusst die Qualität. Ziegenpfade sind immer ein Kompromiss.

Und wie bereits erwähnt, bringt diese theoretische Diskussion wenig für die Praxis.

Grüße, René

Dünnschliffbohrer

Hallo Mitlesende,

mir ist schon klar, das der Vorschlag mit der Papierblende kein vollständiger und gleichwertiger Ersatz für eine werkseitig vorgesehene Einstellmöglichkeit einer köhlerschen Beleuchtung sein kann, sondern eben nur ein Kompromiss, bei dem man immer irgendwo Abstriche machen muss. Das ist aber sicherlich bei allen Selbstbau- Behelfen so.

Die Abbildung der Lampenwendel lässt sich ja einfach durch eine geringe Änderung der Höheneinstellung des Kondensors so ändern, dass die Wendelstruktur ausreichend verwischt wird. Natürlich ist das so nicht vorgesehen, entweder soll der Kondensor - bei kritischer Beleuchtung - maximal oben stehen. Oder bei köhlerscher Beleuchtung in der Höhe, dass eben die Leuchtfeldblende scharf im Präparat abgebildet wird. Aber wenn selbst der Hersteller empfiehlt, dass man bei der Höheneinstellung des Kondensors so von der reinen Lehre abweichen darf, dass die Körnigkeit einer Mattscheibe verwischt wird, sollte also dieser Punkt nicht so kritisch sein.

Nun zur Leuchtfeldblende. Die sollte bekanntlich bei köhlerscher Beleuchtung scharf im Präparat abgebildet werden, damit nur der im Okular sichtbare Präparateausschnitt beleuchtet wird. Einerseits, um Streulicht von ausserhalb des Sehfeldes liegenden Präparatestellen auszublenden, andererseits um das Präparat als solches zu schonen. Da bei dem schwarzen Leitz SM-D, an dem ich das seinerzeit ausprobiert hatte,  auf dem Glas der langen gerippten Ansteckleuchte liegende Zahnstocher oder Stecknadel ähnlich scharf wie ein Zeiger eines Zeigerokulares in das Präparat abebildet wurden, hatte ich mir entsprechende Blernden gebastelt. Damit wurde wie gefordert nur das suichtbare Sehfeld beleuchtet, ungeachtet dessen ob der Blendenrand nun exakt scharf in das Präparat abgebildet wurde oder nicht. Das ist ja unerheblich, da man bei der Köhlerschen Beleuchtung immer die Leuchtfeldblende ein kleines bischen mehr öffnet, als theoretisch notwendig, damit das Gesichtsfeld nicht von den Blendenlamellen begrenzt wird.

Was unterscheidet denn nun diese Einstellung noch von einer richtigen köhlerschen Beleuchtung? Auf den ersten Teil, mit der Anpassung der Höheneinstellung des Kondensors um die Wendelstruktur zu verwischen, war ich in meinem ersten Beitrag nur deshalb nicht eingegangen, weil dafür keine Basteleien erforderlich sind.

In wie weit das alles bei anderen Mikroskop-Modellen so funktioniert, weiss ich natürlich nicht. Ich bin aber nur deshalb davon abgekommen, weil der Unterschied zwischen der köhlerschen Beleuchtung und einer kritischen Beleuchtung für mich kaum wahrnahmbar war. Übrigens auch bei später hinzugekommenen neueren Mikroskopen, die schon werkseitig zum Köhlern ausgestattet sind.

Was spricht denn gegen entsprechende Experimente, wenn einer es ausprobieren mag? Verbastelt wird dabei ja nichts.
"Und Gott sprach: Es ist nicht gut, daß der Mensch allein sei; und er schuf um ihn Laubmoose und Lebermoose und Flechten und ein Mikroskop!"
[aus: Kleeberg, Bernhard (2005): Theophysis, Ernst Haeckels Philosophie des Naturganzen,  S. 90]

Detlef Kramer

Wenn's wirklich komplett sein soll, muss gewährleistet sein, dass der Lampenwendel exakt in die Ebene der Aperturblende abgebildet wird. Das ist bei den improvisierten Lösungen meist nicht der Fall.

Detlef
Dr. Detlef Kramer, gerne per DU

Vorstellung: Hier klicken

Lupus

Hallo,

ZitatDie Abbildung der Lampenwendel lässt sich ja einfach durch eine geringe Änderung der Höheneinstellung des Kondensors so ändern, dass die Wendelstruktur ausreichend verwischt wird. ... Aber wenn selbst der Hersteller empfiehlt, dass man bei der Höheneinstellung des Kondensors so von der reinen Lehre abweichen darf, dass die Körnigkeit einer Mattscheibe verwischt wird, sollte also dieser Punkt nicht so kritisch sein.
eine geänderte Höheneinstellung des Kondensors nur um ein Mattscheibenkorn oder die Lampenwendel unscharf erscheinen zu lassen ist das was man sicherlich nicht tun sollte. Dann stimmt etwas anderes am Beleuchtungsstrahlengang nicht. Die konstruktiv richtige Höhe des Kondensors ist zumindest bei Objektiven mit hoher NA wichtig, da sonst die maximale numerische Beleuchtungsapertur des Kondensors nicht erreicht wird.

ZitatWenn's wirklich komplett sein soll, muss gewährleistet sein, dass der Lampenwendel exakt in die Ebene der Aperturblende abgebildet wird.
Genau so überprüft man bei echter Köhler-Beleuchtung im Zweifelsfall die richtige Position der Lampe, indem man z.B. ein Stück Papier im Bereich der Aperturblende hält (falls der Ort zugänglich ist und die Aperturblende im Kondensor an der richtigen Stelle ist  ;)) um das Bild der Wendel oder der LED-Leuchtfläche darauf soweit Möglich scharf zu stellen, und auch dessen Größe zu prüfen. Natürlich ist das in der Praxis vielleicht nicht ganz so kritisch, aber wenn man bewusst davon abweicht darf man sich auch nicht über eine nicht ideale Ausleuchtung wundern.

Hubert