Kieselalge aus der Oosterschelde

Begonnen von Rene, Januar 08, 2023, 10:35:17 VORMITTAG

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Rene

In einer Schlammprobe aus der Oosterschelde bin ich auf einen schönen Fund gestoßen. Natürlich wieder eine Kieselalge   ;)

Für eine Kieselalge, die in der Nordsee so häufig vorkommt, war es eine Überraschung, dass ich diese Form erst nach 20 Jahren Planktonbeobachtung entdeckte! Ursprünglich von Pantocsek in Ungarn als fossile Debya insignis beschrieben, kennt jemand den aktuellen Namen?

Fotoserie aufgenommen mit dem 40x/0,95.

Fröhlichen Sonntag,
René

Päule Heck

#1
Hallo René,
laut AlgaeBase scheint es keine Synonyme für diese Spezies zu geben (https://www.algaebase.org/search/species/detail/?species_id=98387). Sie erinnert mich allerdings stark an eine fossile Aulacodiscus aus Russland, die ich mal fotografiert habe.
Herzliche Grüße
Päule

Rene

Hallo Päule,

Vielen Dank für deinen wunderschönes Foto eines Aulacodiscus, es zeigt tatsächlich eine gewisse Ähnlichkeit. Die Lösung ist jedoch offensichtlicher mit 3 abgesenkte und 3 angehobene Sektoren (wobei letztere stark verengt sind), ein netzartiges Muster auf der Oberfläche mit vielen Areolen. Und ach ja, in fast allen Proben aus der Nordsee gefunden.... Hat noch jemand eine Vermutung?

Anbei ein weiteres gestapeltes Foto. Siehe auch die Rimportula(-drüsen) auf den erhobenen Sektoren (Pfeile). Normalerweise bin ich kein Fan von Stacking, aber das von Helicon Focus erstellte 3D-Modell hat mir sehr gut gefallen. Leider kann hier kein Video geladen werden. Er kann jedoch auf Youtube angesehen werden: https://youtu.be/ZHS_9FO7h9k

Mit freundlichen Grüßen,
René

Siegfried

Hallo Rene
Zur Bestimmung kann ich leider auch nichts beitragen.
Aber sehr schön finde ich auch die Darstellung in 3D mit Helicon Focus
und das Video.
Ich hatte vor längerer Zeit auch einmal eine Aulacodiscus in 2 Videos so dargestellt.
Eimal im Dunkeldeld.
https://www.youtube.com/watch?v=kMTdfYT-uds&ab_channel=SiegfriedSchmidt

https://www.youtube.com/watch?v=4H7DokCspx4&ab_channel=SiegfriedSchmidt
   Gruß von Siegfried

martin_hu

Hallo

in der nähe von aulacodiscus acutus?

Gruss Martin

anne

Hallo,
ich denke Rene spekuliert eher in Richtung Actinoptychus.
lg
anne

Rene

Hallo Siegfried und Martin, nein, es handelt sich nicht um eine Aulacodiscus. Aber du hast eine sehr schöne Aufnahme von Aulacodiscus affinis gezeigt, Siegfried. Leider habe ich in meinen eigenen Proben nie Aulacodiscus-Arten mit mehr als 3 Fortsätzen gefunden.
Anne kennt sich mit Literatur aus, und sie hat Recht. Es ist ein Actinoptychus senarius. Oder A. undulatus, wie er früher genannt wurde. Jeder kennt sie, sie ist vielleicht die meistfotografierte Kieselalge überhaupt! Diese Schale wurde jedoch erst nach der Bildung der Auxospore gebildet, eine Schale der so genannten Erstlingzelle. Auf diese Weise regenerieren sich die Kieselalgen wieder zu ihrer vollen Größe, nachdem sie durch zahlreiche Teilungsstadien immer kleiner geworden sind.
Ich beobachte das Meeresplankton nun schon seit über 20 Jahren, aber diese Form ist mir noch nie aufgefallen. Obwohl ich Actinoptychus in so gut wie jeder Probe gefunden habe! Offenbar verschwinden sie schnell im Sediment, wo ich sie jetzt auch in dieser Probe entdeckt habe. Vielleicht ist das auch der Grund, warum sie so unbekannt sind und warum der Name Debya insignis in den taxonomischen Datenbanken auch nicht synonymisiert worden ist.

Nachdem Pantocsek diese Schalen in 1879 entdeckte (und sie Debya insignis nannte), erkannte auch van Heurck sie als zu Actinoptychus undulatus gehörend an (1896, 1899). Er wusste nur nicht, dass sie Teil der Auxosporenbildung ist. Diese Annahme wurde erst 1915 von Meunier ausgesprochen:

ZitatC'est évidemment, à notre avis, une observation de ce genre qui a fait prendre par VAN HEURCK, la forme Debya pour une valve intérieure de Actinoptychus undulatus RALFS, lorsqu'il dit, dans son Traité page 495, qu' « il possède un exemplaire où cette valve intérieure s'aperçoit nettement à travers la valve normale ». Ces valves de type différent sont toutes "deux externes"; mais tandis que l'une, celle du type Debya, remonte à la cellule initiale, l'autre, celle du type Actinoptychus, résulte d'une division de cette cellule initiale. La faible épaisseur de ces premiers produits de division, qui ont d'abord une grande surface valvaire explique tres bien l'erreur d'interpretation de ce minutieux et sage observateur.

Es ist sicher eine schöne Zeit, in der diese klassischen Monographien frei zur Verfügung stehen (hurrah für https://www.biodiversitylibrary.org/) und in der auch eine Fremdsprache kein Problem mehr darstellt (hurrah für https://www.deepl.com/translator). Damit mehr Menschen diese klassischen Werke genießen können.

Ich wünsche euch einen schönen Sonntag,
René

anne

Hallo René,
Ich danke Dir für diese Art von Beiträgen, bei denen Du uns alle dazu aufforderst zu recherchieren und die richtigen Schlüsse zu ziehen. Dadurch habe ich schon so viel gelernt.
Macht Spaß😀!
lg
Anne

Siegfried

Hallo Rene'
Auch mich spechen deine Beiträge immer sehr an.
Ich bemühe mich ja auch immer mehr in die Bestimmung
von Diatomeen vorzudringen.
Ich habe aber auch schon festgestellt, es geht nicht von heute auf morgen.
Ich verfolge auch immer die älteren Beiträge von dir und anderen,
auch hier ist eine Entwicklung zu sehen.
Ob bei fachlichen oder visuellen Beiträgen.
Da bin ich mit meinen 4 Jahren halt doch noch Anfänger.
Auch dir einen schönen Sonntag
    Gruß von Siegfried

martin_hu

Hallo Rene

vielen Dank für deine Erläuterungen, das wusste ich so noch nicht,
wenn ich das richtig verstehe ist das eine Übergangsform
die nur beim Wechsel von der kleinen Schale zu der Grossen entsteht.
Ist das dann verwandt mit der Liostephania aus den Barbados funden?
Freue mich immer etwas neues zu lernen in deinen Beiträgen.

Gruss Martin

Rene

#10
Hallo Martin,
Ja, du hast das mit den Auxosporen richtig verstanden. Über fossile Diatomeen und Mikrogeologie weiß ich ehrlich gesagt nichts, aber eine schnelle Suche nach Liostephanos brachte mich zu einem Artikel auf Researchgate. Sie legt nahe, dass die Liostephanos-Formen ein fossiler Abdruck des Inneren von (möglicherweise) Astrolampra-Schalen sind.  Dies erscheint mir nicht so seltsam, da sich kieselhaltige Schalen im alkalischen Meeresmilieu schnell auflösen können, woraufhin sich das Silizium unter kalkhaltigen Bedingungen als kieselhaltiger Ooze wieder niederschlägt. Das letztgenannte Material ist wesentlich widerstandsfähiger gegen die Auflösung als die Astrolampra-Schalen, die als Gussformen dienten.

Hast du Beispiele für solche Liostephanos-Formen?

Mit freundlichen Grüßen,

Renė

martin_hu

#11
Hallo René

ja insbesondere in den Barbados Proben kommen viele
vor und sie sind wie du sagst Teile der Asterolampra species.
Es gibt ein Paper von F. W. Payne darüber, ' Liostephania and its allies'
auf das ich keinen Zugriff habe.
Ich habe recherchiert aber die genaue Funktion bzw. Entstehung der Liostephania
scheinen nicht abschliessend geklährt.



Gruss Martin

anne

Hallo Martin,
das paper habe ich Dir gerade geschickt.
lg
anne