Indirekte Methoden für den U-Tisch

Begonnen von Florian D., Januar 08, 2023, 13:57:00 NACHMITTAGS

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olaf.med

Lieber Florian,

ich finde es sehr beeindruckend, dass Du mit diesem neuen Verfahren so tolle Ergebnisse bekommst. Wie ist denn der Zeit- und Messaufwand im Vergleich zu den klassischen Messverfahren und wo liegen die Vorteile? Kannst Du das bitte für einfache Gemüter - so wie mich - einmal kurz zusammenfassen. Bisher empfinde ich das alles noch als sehr akademisch und mir fehlt der Hinweis auf die praktische Bedeutung.

Herzliche Grüße,

Olaf
Gerne per Du!

Vorstellung: http://www.mikroskopie-forum.de/index.php?topic=4757.0

... und hier der Link zu meinen Beschreibungen historischer mineralogischer Apparaturen:
https://www.mikroskopie-forum.de/index.php?topic=34049.0

Florian D.

Lieber Olaf,

na ja, zunächst ging es mir mal darum, die Idee, Spindeltischmessungen auch führ mehrere Wiegeneinstellungen zusammen auszuwerten und auch U-Tisch Messungen mit derselben Methodik wie Spindeltischmessungen auszuwerten. Zumindest für Spindeltischmessungen hat sich die indirekte Methode ja durchgesetzt.

Einem vermeintlich einfachen Gemüt wie Dir, das U-Tischmessungen blind messen und Wulffsche Netz Graphiken mit hinter dem Rücken gebundenen Händen zeichnen kann, wird die Methode wenig Vorteile bringen. Wenn aber heute noch jemand einen U-Tisch zur Hand nimmt, hat er vermutlich weder ein mehrsemestriges Praktikum im Umgang damit absolviert, noch 40+ Jahre Erfahrung mit der Methode.

Am U-Tisch habe ich dafür zuletzt ungefähr 30 Auslöschungen entlang verschiedener Richtungen ausgewertet. Ich habe dabei die Tastatur auf dem Schoss und kann so die Winkel direkt in eine Excel Tabelle eintragen. Das dauert vielleicht 30 Min, wobei Du das sicher schneller hinbekommst. Es erfordert aber kein besonderes Verständnis der Methode, sondern geht genauso stupide mechanisch, wie die Messungen am Spindeltisch.  Die Auswertung macht der Computer, von daher dauert das nicht mehr lange.
Im Gegensatz zur direkten Methode, wo die Einstellung der N und H Achse ausgesprochen frickelig ist (weil man bei Einstellung der N Achse gerne auch die H Achse gleich mitverstellt), lassen sich die A und die K Achse deutlich besser einstellen und ablesen.

Die direkte Messung der Achsen dauert bei mir ähnlich lange, und trotzdem bleiben bei einigen Achsen Zweifel, ob ich sie genau genug einmessen konnte. Die klassische Konstruktion der fehlenden Achsen mit dem Wulffschen Netz dauert mindestens ebensolange, wenn man das nicht dauernd macht und man muss es ja auch erst mal lernen. Ausserdem sind die Folienstifte garantiert ausgetrocknet, wenn man sie wieder gefunden hat.
Ab da laufen die weiteren Auswertungen, wie Gehaltsbestimmung bei Plagioklasen, bei beiden Methoden gleich.
Was die Genauigkeit anbetrifft, traue ich mich noch keine definitive Aussage zu treffen.
So viele Zwillinge habe ich ja noch nicht vermessen. Bei einigen Achsen scheint es Unterschiede bis zu einigen Grad zwischen direkter und indirekter Methode zu geben. Andererseits hatte ich ja einen Zwilling beschrieben, wo ich mit direkten Methoden nicht mal das richtige Zwillingsgesetz gefunden habe, während ich mit der indirekten Methode sowohl das Zwillingsgesetz, als auch sehr gute Übereinstimmung zwischen Verwachsungsebenenpol und  Zwillingsachse erhielt. Auch die verschiedenen Schätzer für den Anorthitgehalt stimmten gut überein.
Ich würde mich freuen, wenn Du mal einige Zwillinge mit beiden Methoden vermessen könntest. Ein Excelblatt, wo Du die Werte der indirekten Methode eintragen kannst und die Werte für die A und K Achse schon vorgegeben sind, schicke ich Dir. Ich werte das dann gerne aus. Dann sähen wir, wie gut die Übereinstimmung mit professionell bestimmten direkten Werten wirklich ist.

Viele Grüsse
Florian


hugojun

Hallo Florian,

der Hinweis auf die Seiten im Werk von F. Donald Bloss waren sehr hilfreich zum Verständnis.

Die schwarzen Messpunkte (Striche) aus Tabelle Bloss -10° und 10°, sind in deinem letzten Diagramm

sehr gut erkennbar und liegen deiner ,,Wichtung" nach in einem ,,mittel-günstigen ,,Bereich ( Farb-Code).

Der Farb-Code entspricht also der relativen Höhe der Doppelbrechung. Bleibt noch die Frage, wie all die

anderen Messpunkte (eigentlich Striche) entstanden, und warum ihre Lagen von radial-strahlig bis tangential

  im Stereogram erscheinen.

LG
Jürgen

Florian D.

#18
Lieber Jürgen,

ich denke, dass diese Diagramme, die ich gezeigt habe, im Prinzip die von Becke eingeführten "Skiodromen" sind. Becke hat allerdings die Auslöschungswinkel und nicht wie ich die doppelten Auslöschungswinkel aufgetragen. Die Skiodromen sind bei Becke also aus lauter kleinen Kreuzchen zusammengesetzt, da die beiden Auslöschungsrichtungen senkrecht aufeinander stehen. Verdoppelt man den Winkel, fallen beide auf eine Gerade. Dadurch sieht man kleine Abweichungen der gemessenen von den gefitteten Winkeln leichter.
Als Anhang jetzt derselbe Plot mit beiden einfachen Auslöschungswinkeln.



Viele Grüsse
Florian


hugojun

#19
Wenn du mit deinem Programm die Möglichkeit hättest  nα oder n γ  ins Zentrum zu verschieben ,

würden sich die Kreuze entlang der schwarzen Linien in der Abbildung orientieren?

Abbildung  für 2-achsige Kristalle

LG
Jürgen