Oxidation mit KMnO4 und HCl Diatomeen

Begonnen von anne, Januar 21, 2023, 22:21:05 NACHMITTAGS

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anne

Hallo zusammen,
es gibt Literatur die empfiehlt Diatomeen für 24h in einer KMnO4 Lösung zu lagern und dann HCl zuzufügen. Ich verstehe die oxidative Wirkung von KMnO4, aber was soll dann die Zugabe von HCl bringen? Diese wird doch selbst nur oxidiert zu Chlorgas?
lg
Anne

P.S. dient die Salzsäure nur dazu das entstehende Manganoxid  in lösliches Manganchlorid umzuwandeln?

jako_66

Hallo Anne,

im Sauren dürfte die Reaktion nicht beim Braunstein Mn(IV)O2 stehenbleiben, sondern weiterlaufen bis zum Mn(II)Cl2 (+ Chlorgas). Diatomeen mit anhaftendem Braunstein möchte wohl auch keiner haben - obwohl man den auch anders wegbekommt.

Viele Grüße

Sven

momotaro

Hallo Anne,

GÖKE, Einführung in die Präparation der Diatomeen:
http://www.mikrohamburg.de/Goeke/Diatomeen_gesamt.pdf

1. Entfernung des Kalkes mit Salzsäure.
2. Reduktion der organischen Substanzen mit Schwefelsäure zu Kohlenstoff.
3. Oxidation des Kohlenstoffes mit konzentrierter Salpetersäure bzw. Kaliumnitrat,
Kaliumpermanganat oder Chromsäure.

LG Helmut
,,Die Kunst ist lang, das Leben kurz, das Urteil schwierig, die Gelegenheit flüchtig." — Johann Wolfgang von Goethe Wilhelm Meister's Lehrjahre (1786–1830)

Rene

Just a educated guess here, Anne, an acidic environment might push the reaction towards CO2, which  escapes.  And of course the Entkalkung is a bonus.

Best wishes, René

anne

#4
Hallo Helmut,
mir ging es nicht um die Methoden im Göke, diese kenne ich sehr gut, es handelt sich um eine Alternative Methode. Es ging mir speziell um die o. g. Reaktion.
Sven und René, vielen Dank!
René, die Reaktion wird nach der Entkalkung durchgeführt.
lg
Anne

treinisch

Hallo Anne,

das ist eine bewährte Reinigungstechnik in der Chemie, die sehr viel besser reinigt, als sie sollte. Mein Verdacht ist, dass die Hauptwirkung im zweiten Schritt liegt und auf einer Kombination aus mechanischer Reinigungswirkung durch die sehr feine mikroskopische Gasentwicklung direkt am "Schmutz" und der Wirkung des Chlors in statu nascendi, das sehr aggressiv ist beruht.

Viele liebe Grüße!
Timm
Gerne per Du!

Meine Vorstellung.

Tilman

Hallo,
wenn Kaliumpermanganat oxidierend wirkt und dadurch selbst reduziert wird, führt die Reaktion in reinem Wasser zur Bildung von festem Braunstein (Mangandioxid). In der Chemie wird aber oft auch noch NaOH zugesetzt, um die oxidierende Wirkung optimal zu nutzen, da das Reduktionsprodukt Braunstein aus dem Gleichgewicht entfernt wird. In saurer Lösung führt die Reaktion sonst bis zum löslichen Mn2+, welches das Redoxpotential des Permanganations verringert. Also beste Reinigungswirkung ist im alkalischen Medium, der entstehende Braunstein wird mit z.B. Salzsäure im 2. Schritt gelöst und somit entfernt. Natürlich geht auch die Reaktion mit Salzsäure im Eintopf, wobei Chlorgas entsteht. In diesem Fall konkuriert das HCl als Reduktionspartner mit dem zu entfernenden Schmutz und wird damit weniger wirkungsvoll. Reicht aber Cl2 als Oxidationsmittel ist auch die Eintopfreaktion zielführend.
Liebe Grüße
Tilman

jochen53

Hallo,
die chemische Erklärung wurde ja in geradezu perfekter Form gegeben. Ich möchte noch einen kleinen Warnhinweis hinzufügen: Bitte nie versuchen, die Schwefelsäuremethode mit der Kaliumpermanganatmethode zu verbinden, um evtl. die Reinigungswirkung noch zu verbessern. Mit konz. Schwefelsäure bildet sich aus Kaliumpermanganat Dimanganheptoxid Mn2O7, eine sehr unbeständige , flüchtige und explosive Verbindung.
Ich kann mir gut vortellen, daß man sich bei Anwendung der Permanganat-Oxidation mit anschließender Salzsäurebehandlung die vorherige Entkalkung sparen kann.
Viele Grüße, Jochen

anne

Danke an alle!
Ich denke es wäre evtl. ganz sinnvoll, die verschiedenen Reinigungsmethoden mit Ihrem dahinter stehenden ,,Chemismus" mal darzustellen.
Z.B. die unterschiedlichen Methoden von Göke, mit allen Hinweisen und Produkten die dabei entstehen können, das würde viel zum Verständnis beitragen.
lg
Anne

Werner

Permanganat im Alkalischen ist bei Diatomeen nicht geeignet, die sind dann bald weg...
Salzsaures Permanganat ist da zielführender. Wenn man eine wässrige Permanganatlösung tropfenweise zugibt, kann man an der Entfärbung den Fortschritt der Oxydation verfolgen. Das gebildete Chlor löst sich erstmal im Wasser, es stört die Nase nicht weiter. Wenn die violette Färbung bleibt, kann man alle Reaktionsprodukte einfach auswaschen. Bei kleinen Mengen braucht man keinen Abzug oder starke Lüftung.

Gruß - Werner

anne

Hallo,
ich wurde nun darauf hingewiesen, dass bei dieser Reaktion naszierendes Chlor entsteht, welches SiO2 zu SiCl4 umwandelt. Also scheint die Methode doch nicht sinnvoll zu sein?
lg
Anne

jochen53

#11
Hallo Anne,
nein, Tetrachlorsilan ("Siliziumtetrachlorid") kann sich in wässrigem Medium aus SiO2 nicht bilden, es reagiert mit Wasser sofort zu Chlorwasserstoff (Salzsäure) und Kieselsäure. Diatomeen bestehen ja aus Kieselsäure/SiO2 und im stark Alkalischen geht diese als wasserlösliches Silikat in Lösung.
All diesen Verfahren ist eines gemeinsam: Es wird ein Oxidationsmittel verwendet, um organische Substanzen zu Kohlendioxid und Wasser zu oxidieren.
Konz. Schwefelsäure wirkt besonders in der Hitze oxidierend und wird dabei selbst zu Schwefeldioxid reduziert.
Chromsäure (CrO3) und Kaliumdichromat werden in saurem Medium zu grünen Chom(III)salzen reduziert. Hier darf unter keinen Umständen Salzsäure verwendet werden, da sonst flüchtiges, oranges, giftiges Chromylchlorid entsteht. Wegen der hohen Giftigkeit und der krebserzeugenden Wirkung von Chrom(VI)verbindungen ist von der Anwendung unbedingt abzuraten.
Permanganat wird in saurem Medium direkt zu fast farblosen Mangan(II)salzen reduziert, in alkalischem Medium entsteht Braunstein (MnO2). Dieser oxidiert bei der anschließenden Behandlung mit Salzsäure diese zu elementarem Chlorgas und es entsteht wasserlösliches Mangan(II)chlorid.
Eine Mischung aus konz. Schwefelsäure und hochprozentigem Wasserstoffperoxid  (Piranha-Säure, Peroxomonoschwefelsäure, H2SO5) zerstört ebenfalls organische Substanzen quantitativ. Dabei entstehen Sauerstoff, Kohlendioxid, Wasser und Schwefelsäure, manchmal in einer explosiven Reaktion.
Bei der Methode mit Kaliumnitrat und Schwefelsäure wird Nitrat zu verschiedenen Stickstoffoxiden (NO, NO2, N2O4) reduziert.
Alle diese Verfahren funktionieren übrigens auch hervorragend mit Jeans und Pullovern, das Ergebnis in diesen Fällen sind schöne Löcher.
Viele Grüße, Jochen

jcs

#12
Bei sehr feinen Strukturen kommt die Nasschemie gerne einmal an ihre Grenzen, deshalb verwendet man in der Halbleitertechnik (mit ähnlich feinen Strukturen wie Diatomeen) und in der Oberflächentechnik (Reinigung von Kunststoffoberflächen, Lackenfernung, ..) heutzutage eher "trockene" Chemie, z.B. diverse Plasmaprozesse (Sauerstoffplasma). Hat das schon einmal jemand mit Diatomeen versucht?

Obwohl grundsätzlich ungefährlicher und umweltfreundlicher als Chlor- und Chromchemie, hat man so etwas normalerweise nicht zu Hause. Aber es gibt sicher Dienstleister, die ein paar Objektträger problemlos mitlaufen lassen können.

LG
Jürgen



peter-h

Hallo Jürgen,

ich habe voe langer Zeit in einem Eigenbau-Sputter solche Versuche gemacht. Eher zur Kontrastverstärkung die Diatomeen schräg besputtert, aber auch andere Versuche. Ganz gleich welche Art, sobald ich mit zu hohem Strom gesputtert habe sind die Diatomeen teilweise verbrannt, also regelrecht geschmolzen.

Ich bleibe lieber bei meiner nassen und leider sehr aufwändigen Methode mit vielen Schritten.
So lange die Poren der Amphipleura p. sichtbar bleiben, ist es für meine Lichtmikroskopie ok.

Gruß
Peter

Rene

Hallo Jurgen, you'll find several protocols for plasma or microwave assisted cleaning in a google search, but I don't see the higher value for the amateur who subsequently starts sieving and panning.

Best wishes, René