Konventionen bei Fotografien v. Diatomeen: Was bitte geht, was gar nicht?

Begonnen von Jakob_Wittmann, Februar 02, 2023, 19:16:57 NACHMITTAGS

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Jakob_Wittmann

Einen schönen Abend geschätzte Gemeinschaft,

wie bereits im Betreff formuliert, geht es um eine sinnvolle, akzeptable Bearbeitung der Bilder von Diatomeen.

Nicht selten sieht man gelungene Bilder dieser, die etwas an sehr gekonnte, zart ausgeführte Bleistiftzeichnungen erinnern.

Ebenso registriert man ab und zu auch kontraststarke Aufnahmen, insbesondere wenn es sich um ältere solche handelt.

Farbstarke Bilder von lebenden Diatomeen, die herausragend gut gelungen sind, können wir auch hier in diesem Forum bewundern.

Was mich bitte interessiert, ist eine ratsame Art und Weise der Bearbeitung, falls man die dominierenden Arten einer einschlägigen Probe zumindest vorläufig ,,nur dokumentierend" erfassen möchte.

Für mich als Einsteiger in die Mikrofotografie gestaltet sich der Weg zu wenigstens halbwegs nicht peinlich ,,gelungenen" Bildern zur Zeit als wirklich spannend.
Zwar habe ich fotografische Erfahrung von Jahrzehnten, aber ähnlich wie bei der Astrofotografie nützt einem dies bei der Mikrofotografie nur im marginalen Ausmaß. Ein neues Land, könnte man sagen.  ;)

Hier habe ich einige Bilder (CZJ 90- und 40-fach mit CZJ Gl, QHY-183c-CMOS) von Diatomeen der Nordsee (Zrax-Einbettung) angefügt, die mit Helicon Focus 8 gestapelt und mit Photoshop bearbeitet wurden, wobei ich jeweils drei Bilder gleicher Fokuslage aufgenommen habe. Pro Ergebnis waren das insgesamt zwischen 400 und 900 einzelne.

Mich würde Eure Meinung dazu bitte interessieren und – wie schon oft hier geschehen – ebenso helfen.

Bitte keine Scheu bezüglich sehr kritischer Kommentare, ich habe ein dickes mitteldickes Fell ...  ;D 8)

Liebe Grüße

Jakob
,,Ein Leben mit nur einem schwarzen Mikroskop ist möglich aber sinnlos."


Bernhard-Viktor ,,Vicco" Christoph-Carl von Bülow

anne

Hallo Jakob,
die Bilder sind alle klasse!
Farblich ist es Geschmackssache, jedem das Seine.
Einzige Kritik - der Aufwand!
Ich habe selten ein Bild welches aus mehr als 40 Schichtaufnahmen besteht. Ich verwende wie Du Helicon Focus und Photoshop.
Sind da wirklich Unterschiede zu erkennen wenn Du anstatt drei Bilder pro Ebene nur ein Bild nimmst?
Könnten dadurch evtl. sogar mehr Details sichtbar werden?
Manche Details wurden wohl ,,wegbearbeitet".
lg
Anne

Jakob_Wittmann

#2
Hallo Anne,

danke für Deine wirklich netten, anerkennenden Worte, die mich mehr als nur ,,sehr" freuen, denn mir ist sehr wohl bewusst, liebe Anne, dass Du DIE Diatomeen-Expertin par excellence in diesem Forum darstellst, wobei hier das fachliche Niveau ganz sicher auch, was andere Forenmitglieder angeht, sehr hoch anzusetzen ist.

Ich wollte Dich schon von wegen Literaturhinweisen zu Diatomaceen kontaktieren, dachte mir aber: ,,sei nicht gleich aufdringlich, Jakob", oder so ähnlich ...  ;D ;)

Bisschen was von Hustedt und Dreber habe ich bereits. Das Standardwerk von Schmidt ist auch bestellt. Geradezu abenteuerlich sind nebenbei bemerkt jedoch die (antiquarischen) Kaufpreise mancher Fachliteratur.

Aber zu der hohen Anzahl von Bilder eines Stacks: Ich probiere momentan nur und bin mir zur Zeit noch absolut nicht sicher, ob die große Menge an Fotos notwendig ist. Aber ich teste das noch aus und werde dann dazu hier etwas vermelden.

Schon jetzt ist mir unklar, was bei extrem vielen Einzelbildern eines Stapels Artefakt ist oder die tatsächliche räumliche Form darstellt.

Ich such mal ein Beispiel für so etwas raus und reiche es nach.

Ach ja, da Du verständlicherweise ,,wegbearbeitet" erwähntest, Anne: Jein. 8) ;) Bei den Rändern ganz außen: Ja. Denn es war teils schwierig, Objekte des Hintergrunds weg zu bekommen. Dadurch leidet die Darstellung. Aber ich mach das ja erst seit wenigen Monaten und gelobe mich zu bessern!  :) :) :)

Herzliche Grüße

Jakob
,,Ein Leben mit nur einem schwarzen Mikroskop ist möglich aber sinnlos."


Bernhard-Viktor ,,Vicco" Christoph-Carl von Bülow

anne

Hallo Jakob,
ich dachte mehr an Poren, die nicht mehr so sichtbar sind.
ich habe Dir mal ein altes DICbild von der Actinoptychus senarius beigefügt, als Vergleich.
Ich kann Dich mit Literatur als pdf zuwerfen. Sende mir doch einfach Deine Mailadresse per PN.
lg
Anne

P.S. Hast Du Dir den Schmidt Atlas bestellt? Bei Költz? Das wäre ein echter Invest.

reblaus

Hallo Jakob -

das ist ein interessantes Thema!
Wenn ich die Mühen sehe, die in vielen dieser Fotos stecken, bewundere ich die Autor/inn/en/es/eurs, aber gleichzeitig erinnere ich mich an meine berufliche Mikroskopie, bei der es darum ging einen Sachverhalt möglichst schnell und ohne Artefakte schwarzweißfotografisch zu belegen und in einer wissenschaftlichen Zeitschrift unterzubringen. Z.B. das Putzen der Umgebung eines Objektes wäre mir nie eingefallen, auch wenn sie noch so chaotisch aussah - das wäre ja wohl auch eher verdächtig gewesen  ;D

Viel Erfolg!

Rolf

Jakob_Wittmann

#5
Zitat von: anne in Februar 02, 2023, 21:25:22 NACHMITTAGS
Hallo Jakob,
ich dachte mehr an Poren, die nicht mehr so sichtbar sind.
ich habe Dir mal ein altes DICbild von der Actinoptychus senarius beigefügt, als Vergleich.
Ich kann Dich mit Literatur als pdf zuwerfen. Sende mir doch einfach Deine Mailadresse per PN.
lg
Anne

P.S. Hast Du Dir den Schmidt Atlas bestellt? Bei Költz? Das wäre ein echter Invest.

Ein herzliches Danke für Dein gleichermaßen nettes wie auch hilfreiches Angebot zum Thema einschlägiger Literatur, Anne! Ich werde mich per PN bei Dir melden.

Aha, den Schmidt Atlas gibt es also auch bei Költz, das wusste ich leider nicht. Schade, zu spät, denn dieser Verlag ist mit seinem Angebot der Botanical Books editorisch betrachtet sehr professionell aufgestellt.

Ich habe mir die Ausgabe von Hanser bestellt und bin bereits neugierig, ob die Druckqualität von Schmidts Tafeln akzeptabel ist.

Dein Hinweis zu den nicht sichtbaren Poren ist interessant, dies gleich aus mehreren Gründen. Denn es könnte eine Art Verwisch-Effekt durch Stacking zu vieler Bilder sein.

Oder: Die Auflösung des Objektivs reicht für die Darstellung der Poren nicht aus (eher unwahrscheinlich, der Zeiss Jena 90-fach Achromat ist an sich ein sehr gutes Objektiv)

Oder die Kondensor-Lage war versehentlich ein wenig zu viel nach unten verstellt. Ist mir leider schon öfters passiert.

Auch das teste ich mal mit unterschiedlichen 90- und 100-fach Objektiven. Mal sehen ...

Danke und liebe Grüße

Jakob
,,Ein Leben mit nur einem schwarzen Mikroskop ist möglich aber sinnlos."


Bernhard-Viktor ,,Vicco" Christoph-Carl von Bülow

Jakob_Wittmann

#6
Zitat von: reblaus in Februar 02, 2023, 23:30:45 NACHMITTAGS
Hallo Jakob -

das ist ein interessantes Thema!
Wenn ich die Mühen sehe, die in vielen dieser Fotos stecken, bewundere ich die Autor/inn/en/es/eurs, aber gleichzeitig erinnere ich mich an meine berufliche Mikroskopie, bei der es darum ging einen Sachverhalt möglichst schnell und ohne Artefakte schwarzweißfotografisch zu belegen und in einer wissenschaftlichen Zeitschrift unterzubringen. Z.B. das Putzen der Umgebung eines Objektes wäre mir nie eingefallen, auch wenn sie noch so chaotisch aussah - das wäre ja wohl auch eher verdächtig gewesen  ;D

Viel Erfolg!

Rolf

Danke Dir für Deine Ausführungen, Rolf!

Ja, die ,,Machart" von mikroskopischen Aufnahmen ist ganz sicher ein deutlich gehaltvolles und interessantes Thema. Das beginnt schon mit der Methode der spezifischen Beleuchtung und hat seine Fortsetzung in der Bildbearbeitung. Außen vor lasse ich hier bewusst die Präparation, denn nähme man diese auch gleich mit, würde der thematische Rahmen ausgesprochen unübersichtlich breit werden.

Ob Putzen, Retuschieren oder auch nur bisschen – beispielsweise – Farbsättigung, Helligkeit und/oder Kontrast von Bildern zu variieren: bald mal kann eine Diskussion über Authentizität daraus entstehen. Eine solche kann manchmal sehr gehaltvoll sein.

Ich kenne das bereits von der Astrofotografie her, bei der regelmäßig Debatten vorkommen, ob denn ein Bild ,,noch" ein Foto oder eher bereits eine Visualisierung sei.

Meiner Meinung nach sind derlei Betrachtungen auch bei der Mikrofotografie ein ausgesprochen interessantes Gebiet.

Aber weil Du Schwarzweiß-Fotografie erwähntest, Rolf.

Bis vor wenigen Jahren war analoges Schwarzweiß-Filmmaterial in der präzisen, subtilen Wiedergabe  von Tonwerten, Nuancierungen von Hell bis Dunkel(st) der digitalen Aufnahmetechnik noch immer überlegen. Heute soll das bei hochwertigen Digitalkameras nicht mehr so sein (dennoch wird darüber gestritten  :) ;)  )

Mir fällt aber nach wie vor auf, dass gut gemachte Mikrofotografien in Schwarzweiß gehalten manche Strukturen deutlicher zeigen als Farbfotografien.
Zweifellos eine Folge der Reduktion, was sonst.

Bei ,,manchen", bitte!  ;)

Ein Musterbeispiel: die Arten der Leukozyten (Blutausstrich) und deren strukturellen Merkmale. Selbst Farbfotografien mit hochwertigsten Objektiven wirken dagegen nicht selten sehr blass, haben pastellige sehr helle Farbtöne und zeigen Details weniger deutlich.

Ok, man kann selbstverständlich einen Grünfilter verwenden, aber dann ist man nahezu wieder bei Schwarzweiß/Monochromatisch angelangt ...  ;) ;) ;)

So, mein Klugsprechschreib ist zu Ende.  :) ;)

Liebe Grüße

Jakob


,,Ein Leben mit nur einem schwarzen Mikroskop ist möglich aber sinnlos."


Bernhard-Viktor ,,Vicco" Christoph-Carl von Bülow

Lupus

Hallo Jakob,

ZitatWas mich bitte interessiert, ist eine ratsame Art und Weise der Bearbeitung, falls man die dominierenden Arten einer einschlägigen Probe zumindest vorläufig ,,nur dokumentierend" erfassen möchte.
die Fragestellung ist in so einem Forum problematisch, weil da alles erlaubt ist was Spaß macht. Und wenn man wissenschaftliche Kriterien anlegt ist eigentlich klar was nicht erlaubt ist. Wenn Du die Objekte dokumentieren willst klingt das eher nach objektiver Darstellung der Strukturen. Da gibt es natürlich auch eine große Spannweite, z.B. ist es durchaus legitim mit kontrastreicher Dunkelfeldaufnahme nur die Umrisse der Struktur abzubilden. So hat man es früher regelmäßig durch Zeichnung gemacht, wie schon Robert Hooke, und auch in anderen Gebieten wie der Archäologie ist das Abstrahieren eine gängige Methode. Es gibt aber auch Beleuchtungsverfahren am Mikroskop, die bei Feinstrukturen an der Grenze zur Auflösung Artefakte erzeugen, und das ist dann keine objektive Methode. Übrigens gibt das Fokusstacking auch nicht bei jedem mikroskopischen Verfahren die Strukturen richtig wieder, das liegt an der Art wie einzelne Verfahren Höheninformationen des Objektes darstellen. Überhaupt stellt sich die Frage der guten Bildbearbeitung erst an zweiter Stelle. Vorher muss die Aufnahme selbst das Maximum an Informationen beinhalten.

Mich würde interessieren wie Du die Bilder bearbeitet hast. Ich habe mir ein Foto genauer angesehen und stark herausvergrößert. Das wirkt so als hättest Du eine Tontrennung vorgenommen. Und die Helligkeitsverteilung im Histogramm scheint vollständig eingeebnet zu sein.

Hubert

Jakob_Wittmann

#8
Zitat von: Lupus in Februar 03, 2023, 12:02:45 NACHMITTAGS
Hallo Jakob,

ZitatWas mich bitte interessiert, ist eine ratsame Art und Weise der Bearbeitung, falls man die dominierenden Arten einer einschlägigen Probe zumindest vorläufig ,,nur dokumentierend" erfassen möchte.
die Fragestellung ist in so einem Forum problematisch, weil da alles erlaubt ist was Spaß macht. Und wenn man wissenschaftliche Kriterien anlegt ist eigentlich klar was nicht erlaubt ist. Wenn Du die Objekte dokumentieren willst klingt das eher nach objektiver Darstellung der Strukturen. Da gibt es natürlich auch eine große Spannweite, z.B. ist es durchaus legitim mit kontrastreicher Dunkelfeldaufnahme nur die Umrisse der Struktur abzubilden. So hat man es früher regelmäßig durch Zeichnung gemacht, wie schon Robert Hooke, und auch in anderen Gebieten wie der Archäologie ist das Abstrahieren eine gängige Methode. Es gibt aber auch Beleuchtungsverfahren am Mikroskop, die bei Feinstrukturen an der Grenze zur Auflösung Artefakte erzeugen, und das ist dann keine objektive Methode. Übrigens gibt das Fokusstacking auch nicht bei jedem mikroskopischen Verfahren die Strukturen richtig wieder, das liegt an der Art wie einzelne Verfahren Höheninformationen des Objektes darstellen. Überhaupt stellt sich die Frage der guten Bildbearbeitung erst an zweiter Stelle. Vorher muss die Aufnahme selbst das Maximum an Informationen beinhalten.

Mich würde interessieren wie Du die Bilder bearbeitet hast. Ich habe mir ein Foto genauer angesehen und stark herausvergrößert. Das wirkt so als hättest Du eine Tontrennung vorgenommen. Und die Helligkeitsverteilung im Histogramm scheint vollständig eingeebnet zu sein.

Hubert

Hallo Hubert,

entschuldige bitte die etwas späte Reaktion auf Deine Wortmeldung, für die ich mich bedanke.

Deine Ausführungen zu den Möglichkeiten abstrahierter Bilder sind interessant. Ich kann Deine Erklärungen gut nachvollziehen, und mir fallen auch gar nicht wenige Beispiele ein. Was im Zusammenhang mit vereinfachten oder abstrahierten wissenschaftlichen Fotografien auch ein Thema sein kann, ist möglicherweise der Übergang von einem ,,noch Foto" zu einer Visualisierung.

Bei lehrhaften Inhalten, egal ob Buch oder andere vermittelnde Medien, ist es bei manchen Fotos nicht ausreichend möglich, Zusammenhänge und Funktionen eines bestimmten Objekts zu erfassen. Will ich zum Beispiel jemandem erklären, was das Endoplasmatische Retikulum ist, erleichtert eine (klassische) elektronenmikroskopische Aufnahme wohl kaum das Verständnis. Grafische Darstellungen sind hier vorteilhafter.
Aber das führt schon zu weit ... und ich schweife ab ...  :) ;)

Zu Deiner Frage nach der Bildverarbeitung:

Du hast zufällig das Bild aus den Beispielen näher betrachtet, das ich nur deswegen gezeigt habe, weil die korrekte Variante zusammen mit den Einzelaufnahmen versehentlich von mir gelöscht wurde. Der Farbraum in diesem ist falsch gewählt (RGB24) und beim Bearbeiten (Umwandeln von TIF zu JPG) mit ,,FastStone Image Viewer" wurden in diesem Fall nicht ausreichende 256 Tonwerte leider noch auffälliger. Photoshop hätte vermutlich den Farbraum umgewandelt und das Bild besser dargestellt ...

Außer ein wenig Korrigieren des Tonwertverlaufs, der Farbsättigung und des Kontrasts habe ich kaum mehr gemacht. Da ich die Fotos mit der Software SharpCap erstellt habe, war die Weißpunktkalibrierung etwas umständlich.

Wenn Du möchtest, Hubert, kann ich die Tiff-Variante in meiner Dropbox zugänglich machen, allerdings dürfte auch dann nicht viel zu verbessern sein, da das Grundübel schon beim Fotografieren vorhanden war.

Danke Dir nochmals, liebe Grüße

Jakob

,,Ein Leben mit nur einem schwarzen Mikroskop ist möglich aber sinnlos."


Bernhard-Viktor ,,Vicco" Christoph-Carl von Bülow

Lupus

Hallo Jakob,

mir scheint dass Du zu viele verschiedene Bildbearbeitungsprogramme gleichzeitig verwendest.  :)

ZitatAußer ein wenig Korrigieren des Tonwertverlaufs, der Farbsättigung und des Kontrasts habe ich kaum mehr gemacht.
Es hängt natürlich davon ab, was man unter "ein wenig" versteht. Wenn ich als anderes Beispiel das erste Bild betrachte, dann fällt auf dass da die Kontrastierung schon relativ weit gegangen ist bis hin zum Verlust an Detailinformationen. Die Lichter und Schatten sind bereits etwas "ausgefressen", aber ich weiß natürlich nicht ob das das konkrete Ziel des Bildeindrucks war. Auch hier ein Bildausschnitt, mit dem zugehörigen Histogramm rechts. Darunter ein Ausschnitt aus dem Diatomeen-Foto von Anne, das eine sehr differenzierte Helligkeitsabstufung besitzt. Man sieht an den Histogramm-Peaks (oben) dass Lichter und Schatten dominieren und teilweise aus dem abbildbaren Dynamikbereich der Aufnahme gedrängt sind. Dagegen zeigt das Histogramm von Annes Foto (unten) eine relativ natürliche Helligkeitsverteilung aller Objektinformationen. Nach meinem Verständnis wirkt diese Art Darstellung objektnäher und hat den Vorteil, dass nachträglich noch jede Art Kontrastierung u.ä. vorgenommen werden kann.

Hubert

Jakob_Wittmann

#10
Zitat von: Lupus in Februar 04, 2023, 13:50:26 NACHMITTAGS
Hallo Jakob,

mir scheint dass Du zu viele verschiedene Bildbearbeitungsprogramme gleichzeitig verwendest.  :)

ZitatAußer ein wenig Korrigieren des Tonwertverlaufs, der Farbsättigung und des Kontrasts habe ich kaum mehr gemacht.
Es hängt natürlich davon ab, was man unter "ein wenig" versteht. Wenn ich als anderes Beispiel das erste Bild betrachte, dann fällt auf dass da die Kontrastierung schon relativ weit gegangen ist bis hin zum Verlust an Detailinformationen. Die Lichter und Schatten sind bereits etwas "ausgefressen", aber ich weiß natürlich nicht ob das das konkrete Ziel des Bildeindrucks war. Auch hier ein Bildausschnitt, mit dem zugehörigen Histogramm rechts. Darunter ein Ausschnitt aus dem Diatomeen-Foto von Anne, das eine sehr differenzierte Helligkeitsabstufung besitzt. Man sieht an den Histogramm-Peaks (oben) dass Lichter und Schatten dominieren und teilweise aus dem abbildbaren Dynamikbereich der Aufnahme gedrängt sind. Dagegen zeigt das Histogramm von Annes Foto (unten) eine relativ natürliche Helligkeitsverteilung aller Objektinformationen. Nach meinem Verständnis wirkt diese Art Darstellung objektnäher und hat den Vorteil, dass nachträglich noch jede Art Kontrastierung u.ä. vorgenommen werden kann.

Hubert

Guten Morgen Hubert,

ein Dankeschön für diesen wiederum für mich hilfreichen Kommentar von Dir!

Gleich an den Anfang gestellt: Mit der Anmerkung von wegen Verwendung zu vieler Software hast Du absolut recht: danke.

Ich arbeite sehr gerne mit ,,Fitswork", einer (kostenlosen) Software, die an sich für die Astrofotografie konzipiert ist und ziemlich sicher beim ersten Eindruck schlicht wirkt, dies ist allerdings nicht der Fall.
Vielmehr bietet das Programm bestimmte ausgesprochen nützliche, mächtige Bearbeitungs-Features, die weder Adobes Photoshop noch andere – teils sündhaft teure – wissenschaftliche Bildbearbeitungen implementiert haben.

Den von mir weiter oben erwähnten Viewer von FastStone (dieser ist allerdings deutlich mehr als ,,nur" ein Bildbetrachter) mag ich deswegen ganz gerne, weil er bei Korrekturen von Sättigung, Helligkeit, Kontrast äußerst flott, gut und übersichtlich bedienbar ist.

Aber bitte nochmals: mit ,,... zu viele verschiedene Bildbearbeitungsprogramme ..." liegst Du vollkommen richtig, Hubert.

Zu den Bearbeitungen der Diatomeen-Bilder:

Die kontraststarken Varianten sind bewusst als solche gezeigt. Persönlich wären mir wie solche Ergebnisse wie von Anne präsentiert eher ein Vorbild. Momentan aber nur im Hellfeld. Schiefe Beleuchtung und improvisiertes Dunkelfeld gingen zwar ebenso, aber ich meine, dass es sinnvoll ist, sich nicht zu verzettelt und erstmals an der Qualität von Hellfeld-Versionen zu arbeiten, zu feilen.

ich weiß nicht ob es an der Qualität der von mir verwendeten Achromaten (die ich für recht gute halte), an der Beleuchtung, an der in diesem Fall verwendeten Kamera (an sich bildet diese penetrant scharf ab) oder an Mängeln der Beleuchtung liegt, aber eine korrigierende Optik wäre an sich Pflicht.

Denn meiner Meinung nach stimmt irgendetwas mit der Auflösung nicht so wie es sein sollte Diesbezüglich war Annes Hinweis zu den nicht dargestellten Poren aufschlussreich.

Gestern habe ich versucht mit einem (,,neues" altes Junior-Stativ) Zeiss Standard (dessen Mikrometereinstellung sehr gut fein verstellbar ist, da man gegen eine etwas hohe Reibungskraft arbeiten muss, was nicht unbedingt kindertauglich ist, dafür aber sehr gut das Getriebe in äußerst kurzen Schritten bewegt :) ;) ) paar Aufnahmen zu machen  :) ;).

Aber ich Schussel bin nachträglich draufgekommen, dass die Aperturblende des frisch eingesteckten Kondensors auf ,,sehr geschlossen" verstellt war, daher sind Beispielbilder nicht gerade aussagekräftig.  :o >:( ;)


Ich wiederhole das (peinlich berührt und zerknirscht  :D), keine Frage ...

Liebe Grüße und einen schönen Sonntag

Jakob
,,Ein Leben mit nur einem schwarzen Mikroskop ist möglich aber sinnlos."


Bernhard-Viktor ,,Vicco" Christoph-Carl von Bülow

Lupus

Hallo Jakob,

ZitatDie kontraststarken Varianten sind bewusst als solche gezeigt. Persönlich wären mir wie solche Ergebnisse wie von Anne präsentiert eher ein Vorbild. ....
..... Denn meiner Meinung nach stimmt irgendetwas mit der Auflösung nicht so wie es sein sollte Diesbezüglich war Annes Hinweis zu den nicht dargestellten Poren aufschlussreich. ....
....  Dein Hinweis zu den nicht sichtbaren Poren ist interessant, dies gleich aus mehreren Gründen. Denn es könnte eine Art Verwisch-Effekt durch Stacking zu vieler Bilder sein.
Ich verstehe Deine Vorgehensweise nicht ganz, zumindest wenn Du versuchst Deine Aufnahmetechnik zu optimieren. Und ich habe fast das Gefühl als wolltest Du die typischen Techniken in der Amateur-Astrofotografie auf die Mikroskopie übertragen.

Wenn man dort Stacks aus einer großen Fotoserie auswertet dann hauptsächlich um die atmosphärischen Bildstörungen heraus zu mitteln oder das Rauschen bei geringer Lichtintensität zu verringern. Ein Tiefenschärfenproblem wie in der Mikroskopie existiert dagegen nicht. Die anschließende maximale Kontrastverstärkung z.B. eines gemittelten, aber im Ergebnis sehr flaue Planetenbildes stellt kein Problem für den darstellbaren Dynamikumfang des Gesamtbildes dar.

Wenn Du dagegen Mikrofotos so stark wie in der Histogrammdarstellung erkennbar kontrastierst, dann verlierst Du Auflösung. Und Stacking verbessert nicht die Detailschärfe bzw. Auflösung, sondern erhöht lediglich die Tiefenschärfe des Bildes. Das was nicht wenigstens in einem Einzelbild Deiner Fotoserie an Details enthalten ist, wirst Du nach dem Fokusstacking auch nicht sehen - in Gegenteil tendieren Stackingprogramme (je nach Konzept) eher dazu, die Auflösung auf Kosten der Tiefenschärfe etwas zu verringern. Die von Dir vermissten Poren der Diatomeenschale müssten in dem Teilbereich der in der Fokusebene liegt auf mindestens einem Foto zu sehen sein.

Wenn Du Deine Technik optimieren willst solltest Du erst einmal Stacking vollkommen vergessen und gut belichtete Einzelfotos der Diatomeen erzeugen als Ausgangspunkt für die weitere Bearbeitung. Dazu reicht natürlich auch Hellfeldbeleuchtung, aber die Beleuchtung muss optimal sein.

Hubert

anne

Hallo Jakob,
den Hinweis auf Einzelbilder von Hubert halte ich auch für sehr zielführend.
lg
Anne

Jakob_Wittmann

Zitat von: Lupus in Februar 05, 2023, 12:52:56 NACHMITTAGS
Hallo Jakob,

ZitatDie kontraststarken Varianten sind bewusst als solche gezeigt. Persönlich wären mir wie solche Ergebnisse wie von Anne präsentiert eher ein Vorbild. ....
..... Denn meiner Meinung nach stimmt irgendetwas mit der Auflösung nicht so wie es sein sollte Diesbezüglich war Annes Hinweis zu den nicht dargestellten Poren aufschlussreich. ....
....  Dein Hinweis zu den nicht sichtbaren Poren ist interessant, dies gleich aus mehreren Gründen. Denn es könnte eine Art Verwisch-Effekt durch Stacking zu vieler Bilder sein.
Ich verstehe Deine Vorgehensweise nicht ganz, zumindest wenn Du versuchst Deine Aufnahmetechnik zu optimieren. Und ich habe fast das Gefühl als wolltest Du die typischen Techniken in der Amateur-Astrofotografie auf die Mikroskopie übertragen.

Wenn man dort Stacks aus einer großen Fotoserie auswertet dann hauptsächlich um die atmosphärischen Bildstörungen heraus zu mitteln oder das Rauschen bei geringer Lichtintensität zu verringern. Ein Tiefenschärfenproblem wie in der Mikroskopie existiert dagegen nicht. Die anschließende maximale Kontrastverstärkung z.B. eines gemittelten, aber im Ergebnis sehr flaue Planetenbildes stellt kein Problem für den darstellbaren Dynamikumfang des Gesamtbildes dar.

Wenn Du dagegen Mikrofotos so stark wie in der Histogrammdarstellung erkennbar kontrastierst, dann verlierst Du Auflösung. Und Stacking verbessert nicht die Detailschärfe bzw. Auflösung, sondern erhöht lediglich die Tiefenschärfe des Bildes. Das was nicht wenigstens in einem Einzelbild Deiner Fotoserie an Details enthalten ist, wirst Du nach dem Fokusstacking auch nicht sehen - in Gegenteil tendieren Stackingprogramme (je nach Konzept) eher dazu, die Auflösung auf Kosten der Tiefenschärfe etwas zu verringern. Die von Dir vermissten Poren der Diatomeenschale müssten in dem Teilbereich der in der Fokusebene liegt auf mindestens einem Foto zu sehen sein.

Wenn Du Deine Technik optimieren willst solltest Du erst einmal Stacking vollkommen vergessen und gut belichtete Einzelfotos der Diatomeen erzeugen als Ausgangspunkt für die weitere Bearbeitung. Dazu reicht natürlich auch Hellfeldbeleuchtung, aber die Beleuchtung muss optimal sein.

Hubert

Danke Hubert,

ich habe mir gestern beim Betrachten der Bilder dies auch schon vorgenommen. Es macht ja Sinn, immer die Beleuchtung genau zu jusstieren und saubere Bilder mit angenehmer Verteilung der Tonwerte hinzukriegen. Ich kann dafür auch die EOS 600D nutzen, die ausgewogener in ihrer Wiedergabe ist.

Auch ein Aspekt:  ;) Die exzessiv hohe Anzahl von paarhundert Fotos pro Stack würde bedeuten, dass die 600D gerade mal einige Wochen durchhält (Lebensdauer des Verschlusses). Natürlich nur bei täglichem Fotografieren.
Diese ist mit einem 58 mm Helios (ein 35 mm Objektiv wär deutlich günstiger, mal sehen) und einem korrigierenden Okular adaptiert. Vielleicht spielt auch die 14-Bit Breite des AD-Wandlers der 600D mit eine Rolle. Bei der Astrokamera sind es nur 12-Bit. Die Firmware kann auch mit reinspielen. Vor allem aber der Fotograf ...  :) ;)

Wie auch immer: Ich muss tatsächlich gewisse Gewohnheiten, die nur bei der Astrofotografie angebracht sind, bei der Mikrofotografie vermeiden.

Mache ich. Merci Hubert!

Liebe Grüße

Jakob

Zitat von: anne in Februar 05, 2023, 15:35:03 NACHMITTAGS
Hallo Jakob,
den Hinweis auf Einzelbilder von Hubert halte ich auch für sehr zielführend.
lg
Anne
Jakob


Hallo Anne!

Danke Dir für Deine konstruktive Rückmeldung, wie schon weiter oben von mir bemerkt, machen diese Anregungen von Dir und Hubert wirklich Sinn. Oder ganz kurz formuliert. Mit gutem Ausgangsmaterial kommt man auch bei diversen Methoden wie u.a. Stacking logischerweise besser zurecht, wie auch Hubert dies erklärte.

Du hast eingangs in diesem Thread gemeint, ob ich bemerkt habe, dass drei gestackte Bilder einer Fokusebene Unterschiede in der Detailwiedergabe machen.

Die Auflösung kann damit nicht verbessert werden, meine ich. Aber Details werden durch die Rauschminderung klarer sichtbar.

Bei einem Stack von (geschätzt) sehr wenigen Aufnahmen (≈ 9 bis 12) könnte diese Verbesserung im direkten Vergleich sichtbar sein. Bei den extrem vielen dreifach-,,Substacks" meiner Beispiele bleibt davon meiner Meinung nach nur ein glatteres Bild übrig, was für sehr kleine Strukturen nicht  zwingend sinnvoll ist. Es kommt selbstverständlich wie immer auf das fotografierte Objekt an.

UND das Glätten alleine geht auch mit Photoshop & Co. ;)

Ich werde die ,,Unmengen-von-Bildern-Methodik"  ;) sicher noch testen.

Fast vergessen, sorry: Auf diese Methode kam ich durch einen Thread hier im Forum, den ich momentan leider nicht wiederfinde. Eine dort verlinkte Webseite http://www.hdds-mikrowelten.de/Willkommen.html war der eigentliche Auslöser. Vor allem die fast schon erschreckenden Angaben in der Tabelle ,,von Bild zu Bild".

Die Meinungen dazu von Euch beiden, Anne und Hubert, würden mich bitte sehr interessieren.
Das gilt bitte gleichermaßen für alle Mitglieder dieses Forums!

Achromate sind, wie ich schon jetzt bemerkt habe, alleine schon durch deren Bildfeldwölbung bei Einzelaufnahmen von dickeren Strukturen nicht ideal.

Einige Planapochromate sind aber schon bestellt. Hoffentlich macht mir deren Arbeitsabstand nicht allzu viel Kummer. Mal abwarten ...

Ach ja, bitte noch eine kleine Info, Anne: Trotz justierter Beleuchtung, weit offener Aperturblende, immergiertem Kondensot und selbstverständlich auch immergierten 90- und 100-fach Objektiven tauchen die von Dir erwähnten Poren nur sehr schwach bzw. kaum sichtbar auf.
Ich bin auf der Suche nach der Ursache. Dass die Objektive dies nicht schaffen, glaube ich nicht so recht.

Ein herzliches Danke nochmals und Liebe Grüße

Jakob
,,Ein Leben mit nur einem schwarzen Mikroskop ist möglich aber sinnlos."


Bernhard-Viktor ,,Vicco" Christoph-Carl von Bülow

Lupus

Hallo Jakob,

Zitat... ob ich bemerkt habe, dass drei gestackte Bilder einer Fokusebene Unterschiede in der Detailwiedergabe machen.
Die Auflösung kann damit nicht verbessert werden, meine ich. Aber Details werden durch die Rauschminderung klarer sichtbar.
Meiner Meinung nach ist Fokusstacking von drei Bildern aus leicht verschiedenen Fokusebenen nicht die Methode der Wahl um nur Rauschen zu mindern, denn da werden die Bildinformationen nicht nur gemittelt sondern jeweils nach dem programmeigenen Algorithmus nach Schärfekriterien selektiert.

ZitatUND das Glätten alleine geht auch mit Photoshop & Co.
"Glätten" durch Software, nicht physikalisch durch statistisches Mitteln, bringt bei der Auflösung feinster Details Nachteile weil es im Prinzip immer auf einer Mittelung der Pixel aus einer definierten Bildumgebung besteht. Sinnvoll halte ich es eigentlich nur dann wenn die Adaption der Objektivauflösung an die Pixelauflösung der Kamera in Richtung leere Vergrößerung erfolgt ist.

ZitatIch werde die ,,Unmengen-von-Bildern-Methodik"  ;) sicher noch testen. ... Eine dort verlinkte Webseite http://www.hdds-mikrowelten.de/Willkommen.html war der eigentliche Auslöser. Vor allem die fast schon erschreckenden Angaben in der Tabelle ,,von Bild zu Bild".
Die Angaben dort sind sicherlich richtig. Man darf aber Fokusstacking von Auflichtobjekten, wo es um die lückenlose Darstellung einer Oberfläche geht, nicht mit dem Stacking eines Phasenobjektes vergleichen, wo man je nach Kontrastierungsmethode z.T. optisch das Volumen erfasst.

ZitatTrotz justierter Beleuchtung, weit offener Aperturblende, immergiertem Kondensot und selbstverständlich auch immergierten 90- und 100-fach Objektiven tauchen die von Dir erwähnten Poren nur sehr schwach bzw. kaum sichtbar auf.
Da sind wir wieder beim komplexen Thema "richtige Kontrastierung von Phasenobjekten durch optische Beleuchtungsverfahren".  ;)

Hubert