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Mineralbestimmungsversuch

Begonnen von PolMik, Februar 27, 2023, 13:46:07 NACHMITTAGS

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PolMik

Hallo liebe Mineralfreunde,
Nachfolgend versuche ich ein Mineral zu bestimmen. Mit dem Fundort für Minerale Varuträsk zwischen Boliden und Skeleftea hatte ich mich schon in den Beiträgen
https://www.mikroskopie-forum.de/index.php?topic=44969.msg331892#msg331892
https://www.mikroskopie-forum.de/index.php?topic=42552.msg313645#msg313645
befasst. Jetzt noch ein weiteres Mineral von dort.

Den Bestimmungsversuch des Minerals führte ich indirekt durch. Nämlich durch allgemeine mineralogische Beobachtungen wie Morphologie, Spaltbarkeit, Dichte, Farbe, Glanz und Strichfarbe. Dann mittels Dünnschliff mit Doppelbrechung und Konoskopie. Danach mittels Streupräparat mit Brechungsindex und besserer Konoskopie. Abschließend noch die Abschätzung des Winkels 2V mit dem Spindeltisch. 

Die Morphologie ist tafelig. Die Mohs-Härte > 6. Der Salzsäuretest war negativ. Eine gute Spaltbarkeit in eine Richtung ist zu erkennen. Das Stück ist farblos - weiß - grau. Am Rand ist es durchscheinend. Das Mineral hat Glasglanz. Die Strichfarbe ist weiß. Meine Messung der Dichte mittels Messzylinder und Waage ergab rund 2,5 g/cm3. Makroskopisch hielt ich es erst für Albit.

Bei allen mikroskopischen Bildern war ein Blaufilter BG 20 zur Erhöhung des Kontrastes im Einsatz.

Zunächst habe ich bei Krantz drei Dünnschliffe (je einen in jede Richtung) anfertigen lassen. An diesen waren keine Zwillingslamellen zu erkennen. In den Schliffen ist die Spaltbarkeit gut zu erkennen. Die Doppelbrechung war gering. Im konoskopischen Bild des Schliffes war zu sehen, dass das Mineral zweiachsig ist (Bild02, Bild03), Leica Fluotar 50x/0.85 Pol. Als Einschluss war Turmalin zu beobachten (Bild04) Leica Fluotar 20x/0.45 Pol.

Dann habe ich Streupräparate hergestellt. Sie zeigten einen Brechungsindex sehr nahe dem des Einbettungsmittels Malinol (Bild05) bei 1,52. Das konoskopische Abbild eines Kornes mit dem Objektiv Leica N Plan 63x/0.80 ließ einen Achsenausstich erkennen (Bild06). Damit bestand die Hoffnung, dass bei größerer Apertur noch bessere Abbilder hinzukriegen wären. An der Stelle war klar, dass der Achsenwinkel 2V viel größer als der von Albit mit 45° war. Mit dem Objektiv Leica N Plan 100x/1.25-0.60 Oil und dem Kondensor 0.90/1.25 Oil S1 waren vollständigere Abbilder machbar (Bild07, Bild08). Das Mineral ist zweiachsig positiv.

Abschließend habe ich noch einen Krümel auf meinem primitiven Spindeltisch (Bild09) unter dem Stereomikroskop (Bild10) gemessen. Die Messungen sind wegen der wackligen Konstruktion ungenau. Ich verwendete das Immersionsöl von Nikon. Dessen Brechungsindex ist 1,518 bei 23°C. Die Auswertung der Spindeltischmessungen erfolgte mit dem Excel-Arbeitsblatt EXELBR-axes von Cody Steven. Es ergab einen 2V - Winkel von 81°. Das passt zur ungefähren Abschätzung aus dem konoskopischen Abbild.

Im Ergebnis würde ich die Bestimmung von Petalit für wahrscheinlich halten. Dieses ist ein selten vorkommendes Lithiummineral. Es entstand in granititischen lithiumreichen Pegmatiten. Die Typuslokalität ist die Insel Utö nahe Stockholm. Das hier gezeigte Stück (Bild01) habe ich in Varuträsk gefunden. Dort kommen auch die Lithiumminerale Spodumen und Lepidolith vor. Diese habe ich ebenfalls dort gefunden. Die Summenformel von Petalit ist LiAlSi4O10.

Petalit wird manchmal als silikatisches Lithiumerz genutzt. Am häufigsten findet man Bilder von Petalit aus Brasilien, Italien, Burma und Myanmar.   

Florian D.

Hallo,

Du hast Dir ja viel Mühe gegeben! Wenn es wirklich ein Lithiummineral ist, würde ich es mal mit etwas Salzsäure verreiben und die Flammenfärbung testen. Bei Lithium ist diese gleich beim einbringen in die Flamme rot, noch bevor das unvermeidliche Gelb von Natrium einsetzt.

Viele Grüsse
Florian

olaf.med

Lieber Michael,

da schließe ich mich vollinhaltlich den Worten von Florian an. Sein Tipp mit der Flammfärbung ist natürlich auch prima. Schade dass die Kust der mikrochemischen Diagnose so sehr in Vergessenheit geraten ist. Früher beherrschten man noch die "Löthrohrprobierkunde" und hat damit viele Fragen auf einfache Art lösen können, so z.B. die Bestimmung der konstituierenden Hauptelemente. Aber bei Deinem Elan wirst Du damit sicher auch bald beginnen :) ;) :) ;).

Herzliche Grüße,

Olaf
Gerne per Du!

Vorstellung: http://www.mikroskopie-forum.de/index.php?topic=4757.0

... und hier der Link zu meinen Beschreibungen historischer mineralogischer Apparaturen:
https://www.mikroskopie-forum.de/index.php?topic=34049.0

PolMik

Lieber Florian und Olaf,
danke für die Nachrichten und Ideen. Das grenzt ja an "Probierkunst". Als früherer Matallurge und danach Geologe bin ich mit solchen Dingen natürlich leicht zu begeistern. Ich habe es probiert. Erst etwas Mineralpulver hergestellt. Das in Salzsäure suspendiert. Auf einen Glasrührstab gebracht. Dann über die Flamme gehalten. Das Ergebnis unten. Ich weiß jetzt nicht, ob ich das als rot deuten kann.  ;) Ja Olaf, an Lötrohr hatte ich auch noch gedacht. So ein Ding hatte ich nur nicht gleich bei der Hand.
Liebe Grüße
Michael


PolMik

Hallo Rainer,
besten Dank für die Nachricht. Ich hatte auch den Eindruck, dass sich das mit dem Glasstäbchen nicht als Rot deuten ließ. Deshalb hatte ich es auch noch mit einem Holzspan probiert. War auch nicht das von mir erwartete richtige rot. Die Magnesiasäbchen habe ich sofort bestellt. Dann geht es in ein paar Tagen noch einmal ran.
Liebe Grüße
Michael

MiR

#6
Hallo Michael,

du könntest die Flammprobe noch ein wenig "aufbiegen", ich denke dabei an ein Handspektroskop... Solltest du keins haben, im Internet werden sie unter dem Stichwort "Handspektroskop", in unterschiedlichen Preislagen, angeboten.

Viele Grüße aus Berlin
Michael

PolMik

Hallo Michael,

besten Dank für den Tip. Mit all den Methoden würde ich Lithium nachweisen. Mit einem Spektroskop noch besser. Im Museum der Grube Langban steht zum Beispiel ein mindestens 3 m langes Monstrum, von dem ich denke, dass es so etwas wie ein Spektrograf ist. Habe leider kein Foto. Sonst fand ich dieses Museum bezüglich der Minerale nicht sehr spektakulär. Dort wurden ziemlich viele neue Minerale entdeckt. Von einer dortigen Halde zeige ich später noch Fayalitschlacke.

Das Magnesiastäbchen sollte hoffentlich ein gutes Ergebnis bringen. Ein ordentliches Rot sollte schon erkennbar werden. Von der Probe habe ich heute noch ein paar Körnchen zur Röntgendiffraktometrie geschickt. Das dauert alles ein paar Tage. Ich glaube, dass das Mikroskop und der Spindeltisch schon recht gute Ergebnisse liefern konnten und es wirklich mit hoher Wahrscheinlichkeit Petalit ist. Mal sehen. Ungeachtet dessen, lege ich mir bestimmt auch so ein Handspektroskop zu. Dann muss ich nur noch geeignete Minerale zur Untersuchung finden.  ;)

Liebe Grüße
Michael

 

MiR

Hallo Michael,

gerne geschehen. Wenn verschiedene Methoden/Verfahren zusammenkommen, ist das (für mich) immer von Interesse und Mineralien sind es sowieso. Mineralogie ist schon was feines, ich habe immer mal angesetzt tiefer in die Materie einzudringen. Ist dann leider immer in den Anfängen steckengeblieben.
Olaf beklagt ja dass die "Kunst der mikrochemischen Diagnose so sehr in Vergessenheit geraten ist", das hat auch mich bewogen, mich mal wieder der anorganischen/mineralogischen Vorprobendiagnostik zu nähern.  Neben der bereits erwähnten Lötrohrreaktion gibt es da noch die gute alte Boraxperle (bzw. Phosphorsalzperle= NaNH4HPO4), wobei die Färbung auch noch dadurch variieren kann, ob man in der Oxydationsflamme bzw. Reduktionsflamme arbeitet.  Dafür sind Magnesiastäbchen (auch) schon eine gute Vorrausetzung, wobei bei Lithium die Perle leider eher farblos bleibt... Aber du hast ja noch andere Minerale, welche sich da wesentlich leidenschaftlicher verhalten würden.
1) Für diese Arbeiten bräuchte man aber eher einen Brenner, wie er z.B. in diesem Faden gezeigt wird: https://www.mikroskopie-forum.de/index.php?topic=5840.msg39705#msg39705 und
2) falls man eine kleine Sammlung von Schwermetallsalzen hat, wäre auch die Möglichkeit eines (direkten oder indirekten) Vergleichs gegeben.

Nachtrag zum Thema: Da ich mir im Nachgang mal die Informationen angeschaut habe, welche das Internet zum Thema anzubieten hat, gab es, u.a., die Information dass man das Phosphorsalz dem Borax aus gesundheitlichen Gründen vorziehen sollte. Quelle:  https://www.youtube.com/watch?v=I2hvYq1r3as

Bei der Suche im Forum zum Thema, bin ich mal wieder auf den absolut lesenswerten Beitrag von Reinhard (2015) unter dem Titel ,,Ein kleiner Ausflug in die Mikrochemie" https://www.mikroskopie-forum.de/index.php?topic=24470.0 gestoßen.

Ich war natürlich neugierig (oder war es nur Wissbegierde?) und habe mir mal die Homepage der Grube angesehen, sieht zumindest interessant aus, für einen Kurztrip aber leider ein bisschen weit weg. Einen Spektrografen habe ich auch nicht entdecken können, nur die braunrote Tonne mit ,,Kanonenrohr", im sogenannten "Outdoor"-Bereich, das Ding wird es ja wohl hoffentlich nicht sein!  ;)

Viele Grüße aus Berlin
Michael


PolMik

Hallo Michael,

schönen Dank für die Nachricht. Die Probierkunst wird nicht mehr zelebriert, weil es eine ganze Reihe genauerer und auch schnellerer Bestimmungsmethoden gibt. Deshalb scheint selbst die Polarisationsmikroskopie nicht mehr sehr verbreitet zu sein. Das Monstrum in der Mineralsammlung Langban steht innen rechts vom Eingang unter dem Fenster. Im Prinzip ist das ein ca. 3 m langes Rohr mit einem Durchmesser um 10 cm. Mit allerlei Anbauten, aber ohne Beschreibung oder Beschriftung. Was das wirklich ist, weiß ich nicht. Scheint in die Richtung Probierkunst zu gehen. Da musste Holzkohle aufgefüllt werden und in der Mitte gab es so etwas wie ein Okular. Dieses Ding stammte, wenn ich mich recht entsinne, von Carl Zeiss damals nur Jena. Im Netz habe ich leider nirgendwo ein Foto eines ähnlichen Gerätes gefunden. Dieses Jahr fahre ich wieder nach Schweden. Juli/August hat das Museum geöffnet. Vielleicht fahre ich noch einmal vorbei, um dieses Ding zu fotografieren. Olaf kann uns mit seinem Faible für Uraltinstrumente bestimmt sagen, was das sein soll.

Auch mit Magnesiastäbchen und Salzsäure habe ich keine Flammenfärbung hingekriegt. Zur Prüfung habe ich es auch noch einmal mit Spodumen probiert. Geglüht hat das. Auch kein Ergebnis. Unter Umständen war das Pulver nicht fein genug. Beide Male mit einem Gasbrenner in einem völlig abgedunkelten Raum. Mit einem Spektrometer wären vielleicht die beiden typischen Linien von Lithium zu sehen gewesen. Wobei man mit der Lötrohrmethode (auf Buchenholzkohle) vielleicht bessere Chancen hätte als mit den chemischen Vorproben. Das war zu Urzeiten zuerst in Schweden sehr verbreitet und wurde danach an der Bergakademie Freiberg zur Kunst weiterentwickelt. Dazu gab es sogar ein paar Bücher. Ich glaube, die wunderbaren Flammenfärbungen, die man im Internet sieht, wurden mit Lithiumchlorid oder Lithiumkarbonat geschaffen. Die Ergebnisse der XRD liegen noch nicht vor.

Liebe Grüße
Michael

MiR

#10
Hallo Michael,

das es genauere Methoden glaube ich gern, aber schneller und vor allen Dingen schöner (handwerklicher) als die Handprobe (im Hobbybereich)?  Zumindest mich selber habe ich "überredet" mal wieder ein paar Perlen herzustellen. Und bei Kobalt reicht es vielleicht auch für ein Schmuckstück ... :D
Natürlich ist es schade, das es nicht funktioniert hat! Entweder kein Lithium drin oder aber, wie du es ja bereits andeutest hast, liegt das Lithium nicht in einer aufgeschlossenen Form vor, bzw. besser gesagt, die Anregungsenergie kann nicht aufgebracht werden. Was ja dein Experiment mit dem Spodumen m.E. auch zeigt.  Lt. Wikipedia ist Spodumen ein Lithium-Aluminium-Silikat, da könnte wohl ein Aufschluß möglicherweise helfen ...
Jetzt stimme ich doch eher zu, dass es schnellere Methoden geben kann. Wobei die Röntgenmethode wohl nicht dazu gehört, da ja die Messergebnisse ja (immer) noch nicht vorliegen.  ;) ;) ,
bin aber sehr gespannt auf die XRD-Ergebnisse!

Herzliche Grüße aus Berlin
Michael

Florian D.

Hallo,

eventuell funktioniert es, direkt ein Stück des Minerals in die Flamme zu halten, am besten in die eines Gasbrenners.

Viele Grüsse
Florian

momotaro

#12
Ich habe im Archiv, im Hobbykeller wie man so schön sagt, ein altes Skriptum gefunden.

TU Wien WS 1971?, Übungen aus Analytischer Chemie I, hat ein Semester gedauert, SS 1971 Quantitative Analytische Chemie. Die Kommilitoninnen haben sehr viel geweint.

Ich bin ganz erstaunt, dass das noch von Interesse ist. Ich habe Gott sei Dank, allles vegessen, ist auch schon fast 50 Jahre her. Der Zeilinger hat sich mit solchen Trivialitäten sicher nicht aufgehalten. Aber zum studieren hatten wir ja eh - Eh schon wissen, was eh heißt!? - fast gar keine Zeit. War aber eine herrlich wilde Zeit im Wien der siebziger Jahre, am Getreidemarkt. Am Würstelstand am Naschmarkt, und nicht am Standl hinter der Oper. Jetzt müssen wir halt die Welt retten, da ist die Chemie sehr nützlich, wenn man sich mit diesen Umweltgiften auf der Fahrbahn, dem hässlichen Asphalt festklebt.

LG Helmut
,,Die Kunst ist lang, das Leben kurz, das Urteil schwierig, die Gelegenheit flüchtig." — Johann Wolfgang von Goethe Wilhelm Meister's Lehrjahre (1786–1830)

PolMik

Hallo Michael, Florian und Helmut,

besten Dank für die Nachrichten. Petalit ist nicht säurelöslich. Wie von Helmut gezeigt, dient die Salzsäure nicht der Reinigung, sondern der Umwandlung in Metallchlorid zwecks Flammenfärbung. Ich habe jetzt mal einen besser geeigneten Gasbrenner, 32%-ige Salzsäure, Lötrohrkohle und Lötrohr bestellt. Dann probiere ich es noch einmal mit dem Magnesiastäbchen und erstmals mit  Lötrohr. Als Alchemist neuster Generation sollte man das hinkriegen. Mit Boraxperlen & co. probiere ich es nicht. Wobei auch das Lötrohr nur dem Spaß an der Freude dient. Die Lieferung der Gerätschaften dauert auf jeden Fall mehrere Wochen.

Die Röntgenuntersuchung dauert nur ca. 30 Minuten. Im Labor kommen die Proben der Reihe nach ran. Meine diese oder nächste Woche. Bin schon gespannt, was da rauskommt.

Liebe Grüße
Michael

Florian D.

Noch eine Anmerkung zur dem ExcelibR Programm von Cody Steven.
Die Angabe "Clockwise/ Counter Clockwise" für die verschiedenen Achsen ist leider nicht sehr intuitiv, siehe https://pubs.geoscienceworld.org/msa/ammin/article/105/6/955/586743/EXCALIBR-to-EXCELIBR-and-the-optical-orientation
Am besten vergleichst Du mit den Achsen in dem Video
https://www.youtube.com/watch?v=FyerrIniIoM

Wie ich Deinen Bildern entnehme, solltest du sowohl bei "Microscope Stage CCW or CW?", wie auch bei "Spindle Stage CCW or CW?" "CW" eingeben.

Viele Grüsse
Florian