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Pyrenoide in Closterium

Begonnen von KayZed, März 10, 2023, 16:56:52 NACHMITTAGS

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KayZed

Hallo Mikrofreunde,

meine Schlamm-Kultur bescherte mir in den letzten Wochen im Biofilm an der lichtseitigen Glaswand eine reichhaltige Mikroflora und -fauna.

Darunter waren auch viele große Closterien, vor allen moniliferum und ehrenbergii. In der Mondsichelalge bildeten sich die Pyrenoide besonders prägnant ab. Dabei kam mir ein Exemplar unter, bei dem sich der Chloroplast offensichtlich zu degenerieren begann und von der Zellwand ablöste. Dadurch traten die Strukturen extrem plastisch hervor.

Mit den verschiedenen Erscheinungsbildern der Pyrenoide hatte sich schon einmal ein interessanter Beitrag von Michael Plewka beschäftigt:
https://www.mikroskopie-forum.de/index.php?topic=8690.15

Anhand von C. moniliferum versuchte ich nochmal einen genaueren Blick auf dieses Chloroplasten-Organell zu werfen. (Alle Aufnahmen im DIK 100.)



In den deutlich hervortretenden Pyrenoiden findet bekanntlich innerhalb der Dunkelreaktion der Photosynthese die CO2-Fixierung statt. Verantwortlich dafür ist das wohl in der Welt am häufigsten vorkommende Enzym (abgekürzt) RuBisCo. Da die Kohlenstoffverfügbarkeit in Form von CO2 ein limitierender Faktor ist, haben sich im Laufe der Evolution bei den Algen (und Hornmoosen) Pyrenoide zur Erhöhung des Kohlenstoffvorrats entwickelt. Im Mikroskop sind die Pyrenoide relativ auffällige Gebilde, die in der Regel von einer Stärkescheide umgeben sind (weiße Pfeile). Der eigentliche Pyrenoid (rote Pfeile) erscheint lichtmikroskopisch strukturlos. Nach neueren Untersuchungen besteht er aus einer hohen Konzentration von RuBisCo, das nicht wie früher vermutet kristallin bzw. amorph, sondern in einem fluiden (flüssigkeitsähnlichen) Aggregatszustand vorliegt. Dies und die Tatsache, dass es keine Membranabgrenzung zur Chloroplastenstroma gibt, erhöht wohl die Reaktionsfähigkeit des Enzyms. Die Stärkescheide um den Pyrenoiden ist dabei nicht nur Speicherstoff, sondern verhindert zusätzlich die Rückdiffusion (und damit Verdünnung) von CO2 in den Chloroplasten.

In einer höheren Schärfenebene von Closterium fällt nun auf, dass sich am Ort der Pyrenoide deutliche stäbchen- oder spindelartige Chloroplastenstrukturen befinden (Pfeile).



Zunächst dachte ich an ein Artefakt durch die Degeneration des Chloroplasten. Ein Vergleich mit einem vitalen Closterium-Exemplar zeigte jedoch, dass sie auch dort an den gleichen Stellen platziert sind, nur nicht so auffällig.



Die Frage ist nun, um welche Chloroplastenstrukturen es sich bei diesen Gebilden handeln könnte. Die membranumhüllten Thylakoide, in denen die Lichtreaktion der Photosynthese stattfindet, sind nur elektronenmikroskopisch erkennbar. Die Thylakoide sind allerdings in sog. Grana gestapelt. Dies Grana könnten möglicherweise in örtlicher Nähe zum CO2-Vorrat besonders dicht gepackt sind. Mir ist nicht klar, ob und inwieweit die Grana lichtmikroskopisch hervortreten. Wenn nicht, wäre zu fragen, um welches Chloroplasten-Organell es sich sonst handeln könnte.

Also, sachdienliche Hinweise zur Aufklärung dieses Chloroplasten-Falles sind durchaus erwünscht  ;).

Herzliche Grüße
KlausZ
Zeiss Stemi 508
Zeiss Jenaval Kontrast
Nikon Z7

Ole Riemann

#1
Lieber Klaus,

danke für die interessanten Bilder und die dabei aufgeworfenen biochemischen Fragen. Ich habe vergleichbare Strukturen innerhalb der Pyrenoide auch schon beobachtet und mir ähnliche Fragen gestellt, ohne dem jedoch weiter nachgegangen zu sein.

Eine Information verstehe ich jedoch nicht: Inwiefern erhöhen die Pyrenoide die Konzentration von Kohlendioxid? Dass sie Orte der erhöhten Rubisco-Konzentration sind, ist ja gut nachvollziehbar. Aber in welcher Weise verbessern sie die Verfügbarkeit von Kohlendioxid bzw. verhindern ihre Stärkescheiden dessen Rückdiffusion ins Chloroplastenstroma?

Beste Grüße

Ole

Bernd

Lieber Klaus, liber Ole,

falls ihr euch näher mit dem Thema befassen wollt: Barrett 2021 Pyrenoids - CO2-fixing phase separated liquid organelles
https://www.sciencedirect.com/science/article/pii/S0167488921000033

Viele Grüße
Bernd

KayZed

#3
Lieber Bernd,

dein empfohlener Sciencedirect-Artikel ist die Grundlage meiner Überlegungen, wobei ich zugestehen muss, dass ich ihn nur in Grundzügen verstanden habe, weil mir die biochemischen Grundlagen schlichtweg fehlen. Totzdem hochinteressant!

Etwas einfacher sind die jüngsten Forschungsergebnisse zur Morphologie und Funktion der Pyrenoide hier zusammengefasst:

https://www.bionity.com/de/news/165016/das-pyrenoid-ist-ein-kohlenstoff-bindender-fluessigkeitstropfen.html

Am Ende findet sich ein link zur Originalveröffentlichung des Max-Planck-Instituts für Biochemie.

Lieber Ole,

deine Resonanz auf mein biologisches Interesse freut mich.

Wie gesagt bestehen Pyrenoide u. a. aus einer konzentrierten Ansammlung des RuBisCo-Enzyms, welches für die Fixierung des Kohlenstoffs aus dem CO2 zuständig ist, aus dem in weiteren Schritten die Assimilate synthetisiert werden. RuBisCo hat nun die Eigenschaft, nicht nur Kohlenstoff-Atome zu binden, sondern auch Sauerstoff. Letzteres wäre für Algen und Pflanzen nicht nur kontraproduktiv, sondern auf Grund der stark oxidierenden Wirkung unter Umstanden sogar schädlich. Die Sauerstoff-Affinität von RuBisCo kann blockiert werden, wenn immer ein hohes Angebot an Kohlenstoff-Atomen in der Umgebung des Enzyms vorhanden ist. Dazu ein Zitat aus dem obigen MPI-Artikel:

"Deshalb haben Algen einen trickreichen Weg gefunden, solche Reaktionen mit Sauerstoff zu verhindern und den Wirkungsgrad der Kohlenstoffbindung zu erhöhen. Sie konzentrieren den Großteil ihres Rubsicos in einem kugelförmigen Mikrokompartiment, dem sogenannten Pyrenoid, das sie mit einer hohen lokalen Kohlendioxidkonzentration fluten."


Die Konzentration von Kohlenstoff ist also offensichtlich eine wesentliche Aufgabe des Pyrenoids. Wie ich dem Sciencedirect-Artikel (S.5) entnommen habe, spielen zu deren Aufrechterhaltung scheinbar auch die Stärkescheiden eine Rolle, in dem sie die Rückdiffusion von CO2 erschweren:

"The  Chlamydomonas  pyrenoid  is  surrounded  by  a  sheath  that  is composed of several starch plates. The starch sheath develops rapidly under limiting CO2 concentrations  and has been proposed to act as a diffusion barrier to reduce the loss of CO2 that diffuses readily between the stroma and matrix ."

Bei den Landpflanzen besteht dieses Problem genauso, da tagsüber, wo das Licht für die Photosynthese vorhanden ist, auch in der Regel die Stomata (Spaltöffnungen) der Blätter geöffnet sind, was zu einem Verlust an CO2 führen würde. Deshalb entwickelten sich bei Pflanzen in heißen Regionen evolutionäre Anpassung der Photosynthese, in der die Kohlenstofffixierung von der Lichtreaktion entweder örtlich getrennt wurde (C4-Pflanzen) oder zeitlich (CAM-Pflanzen).

Bitte nicht falsch verstehen. Ich will jetzt keine großen biochemischen Diskussionen vom Zaun brechen. Dazu fehlen mir auch die fachlichen Grundlagen.
Trotzdem finde ich es ungeheuer spannend und anregend, das was ich im Mikroskop sehe, auch von der biologischen Seite her ein wenig zu verstehen, auch wenn es sich letztlich auf autodidaktisch angehäufte Bruchstücke beschränken muss.

Weil es gerade passt, ein paar grundsätzliche Überlegungen.

Die Motivationen am Okular können sehr verschieden sein:

  • sich einfach an der Vielfalt der Mikrowelt erfreuen und zu staunen. Frank hat dazu gerade wieder eine wunderbare Anregung geliefert.
  • die Organismen zu erkennen und zu benennen, also die Daueraufgabe der taxonomischen Einordnungen,
  • die beobachteten Mikroorganismen in ihrer Morphologie, Physiologie und Ökologie ein wenig zu verstehen
  • und natürlich auch die Beschäftigung mit der Technik und den Geräten, die in Astro-und Mikroforen gerne einen breiten Raum einnimmt.
All diese (und vielleicht auch noch andere) Zugänge sind absolut legitim. Ich will hier keinerlei Wertungen vornehmen und kann mich besonders in den ersten drei Punkten jederzeit wiederfinden. Die Mikroskoptechnik ist für mich eher Mittel zum Zweck, wobei ich es sehr schätze, wenn man von Technik-Experten hilfreiche Tipps bekommen kann.

Trotz allem will ich nicht verheimlichen, dass ich mir manchmal im Forum etwas mehr Resonanz auf taxonomische und biologische Fragestellungen wünschen würde. Wenn ich die Suchfunktion benütze, stelle ich fest, dass diese Themen früher oft intensiver und lebhafter diskutiert wurden. Ich will nicht darüber spekulieren, was die Gründe sein könnten.

Ich freue mich jedenfalls, wenn es im Forum Mikrofreunde gibt, für die das "Leben im Wassertropfen" eine zentrale Motivation unseres wunderbaren Hobbys darstellt.

Liebe Grüße
KlausZ

PS:
Worum ist sich bei den Chloroplastenstrukturen handelt, die sich gehäuft in der Umgebung der Pyrenoide befinden, wäre noch eine interessante Frage.
Zeiss Stemi 508
Zeiss Jenaval Kontrast
Nikon Z7

SNoK

Lieber Klaus und die anderen,

ich habe diese Diskussion mit den interessanten Bilder mit Interesse verfolgt. Ich hatte auch schon mal über die Pyrenoide nachgelesen, aber das dann nicht weiter verfolgt.

Was die Bemerkungen von Klaus am Ende angeht, stimmt es, dass das Mikro-Forum überwiegend Technikfragen, Verkäufe und Käufe behandelt. Wenn das viele Foristen so sehen, dann ist das so. Aber man darf auch nicht verkennen, dass immer wieder fossile Kieselalgen gezeigt werden. Da gibt es eine große Fan-Gemeinde, zu der wir, Klaus, eher nicht gehören. Und dann sind da diejenigen mit Pflanzenschnitten, die sich auch oft zu Wort melden. Auch eine große Gemeinde, zu der wir wieder, Klaus, nicht gehören. Und es werden auch immer wieder gestackte Bilder von Insekten gezeigt, wo ich vor Ehrfurchut mein Haupt neige. Bleiben die Tümpler. Ja, da würden wir uns mehr wünschen. Aber man muss auch eingestehen, dass für schöne Tümpel-Bilder ein DIK-Mikroskop oder zumindest eine sehr gute schiefe Beleuchtung notwendig ist. Und das haben sehr viele nicht. Schön gefärbte Pflanzenschnitte kann man im Hellfeld mit sehr vielen Mikroskopen anschauen und fotografieren, wuselige Wesen aus dem Tümpel nicht.

Was ich am meisten vermisse, ist der MIKROKOSMOS. Leider ersetzt ihn die mit viel Engagement gemachte Zeitschrift MIKRSOKOPIE noch nicht. Beiträge über Pyrenoide wären im Mikrokosmos perfekt gewesen, wie auch längere Darstellungen einzelner Mikroorganismen. So verschwinden sie schnell in der Tiefe des Raumes, und ich habe oft Probleme, einzelne davon wiederzufinden.

Viele Grüße und nicht verzweifeln, der Tümpel lebt!
Stephan
Mikroskope: Leica DMRB, Leitz Dialux (beide mit DIK)
Stemis: Zeiss 508, Wild Heerbrugg M5
Kameras: Sony alpha 6500 und 6400
Webseite: https://kralls.de
Vorstellung: https://www.mikroskopie-forum.de/index.php?topic=41749.msg308026#msg308026

KayZed

Lieber Stephan,

danke für deine offene Replik. Das spricht mir natürlich aus der Seele. Aber keine Sorge, ich bin (noch) nicht am Verzweifeln.

Ich finde auch viele der anderen Themenbereiche in der Mikroskopie sehr interessant. Ich habe früher selbst oft Pflanzenschnitte (auf einfachem Niveau) angefertigt. Ich war auch eine Zeitlang am Kristallisieren. Da hat mir Michael dankenswerterweise einige Substanzen zukommen lassen, bis dann nach vielen bunten Bildern eine gewisse Sättigung eintrat. Und ich staune immer wieder angesichts der schier unendlichen Strukturenvielfalt von Diatomeenschalen. Wobei ich mittlerweile von lebenden Kieselalgen mit ihrer Mischung aus Schalenstruktur und unterschiedlichsten goldbraun getönten Chloroplastenformen auch sehr angetan bin.

Letztendlich ist es aber doch, wie bei dir, das Leben im Wassertropfen und - ähnlich wie im Makrokosmos des Sternenhimmels - das Bestreben der Wunderwelt und den Geheimnissen des Mikrokosmos manchmal etwas näher zu kommen. Das schließt nicht aus, dass ich auch oft nur schöne Bilder machen möchte und/oder dem Organismus einen Namen geben kann. Hier geht es mir ähnlich wie in meinem geologischen und botanischen Hobby, dass die taxonomische Einordnung für das eigentliche Erlebnis zwar unerheblich ist, aber im Allgemeinen doch zum genaueren Beobachten bzw. Wiedererkennen führt. Außerdem ist eine gewisse Artenkenntnis meist eine unablässige Voraussetzung für weitergehende Fragestellungen.

Ja, der "Mikrokosmos" fehlt sicher vielen. Da bleibt ersatzweise oft nichts anderes übrig, als im Netz wissenschaftliche Artikel zu sichten, mit dem Problem, dass die Fragestellungen häufig extrem spezialisiert sind und ich als wissenschaftlich interessierter Laie auch oftmals überfordert bin.

Das alles tut aber dem Spass an unserem Hobby keinen Abbruch.

Herzliche Grüße
KlausZ
Zeiss Stemi 508
Zeiss Jenaval Kontrast
Nikon Z7

Michael Plewka

Hallo Klaus,

vielen Dank für deinen Beitrag, der dazu anregt, sich mal wieder mit den Pyrenoiden zu beschäftigen.

Ich habe deshalb mal das Wenige, was ich gerade an Closterium sp. in meinen Proben finden konnte, untersucht. Zunächst ein Bild mit Fokus auf die m.o.w. parallel verlaufenden Bänder des im Querschnitt der Zelle sternförmigen Chloroplasten. Man kann deutlich in den Bändern helle Körperchen erkennen (>> Stärkekörner, s.u.). Nicht im Fokus sind die mehr zentral liegenden Pyrenoide, deren strukturloses RuBisCo- Inneres sich  aber als helle Flecke abhebt:



Bei stärkerer Vergrößerung  desselben Exemplars (hier Zellmitte, wo die 2 Chloroplasten zusammentreffen) kann man innerhalb der Bänder  faserige Strukturen erkennen. Dass  es sich dabei um Thylakoidstrukturen handelt, kann m.E. nicht ausgeschlossen werden:





Leider kann ich auf deinen Fotos keine außergewöhnlichen Strukturen erkennen (Ausschnittsvergrößerungen wären m.E. äußerst sinnvoll), außer denjenigen Gebilden, die ich schlicht für Stärkekörner halte. Das lässt sich aber relativ simpel mit einem Stärke-Nachweis überprüfen bzw.  widerlegen. Entweder Lugolsche Lösung  oder Jod-Tinktur. 
Hier mal 2 Beispiele. Das folgende Bild zeigt eine analoge Situation wie das 1. Bild; man erkennt die dunklen Körnchen >>> Stärke, wobei die Chloroplastenmenbran durch die verwendete  Jodtinktur nur noch teilweise sichtbar ist:




Das nächste Bild zeigt eine andere Zelle mit Fokus auf die Pyrenoide mit den peripheren dunkel gefärbten Stärkekörnern. Daneben sind aber weiter dunkle Körnchen im Stroma zu sehen: d.h.  es gibt wahrscheinlich unterschiedliche Bildungsorte für die Stärke innerhalb der Chloroplasten (und damit mögliche Unterschiede in der Struktur) bei Algen. Dazu habe ich noch einen Hinweis in Uralt_Literatur gefunden (Gunning / Steer (1975)): bevor sich die (dort: Chlorella-) Algenzelle teilt, wird die "Pyrenoid-Stärke" eher abgebaut als die restliche Stroma-Stärke, und die Pyrenoide der Tochterzellen haben anfangs keine Stärkehülle. Möglicherweise gibt das einen Hinweis au deine spindelförmigen Strukturen.



Bisher habe ich in der Literatur zu den Pyrenoiden (auch der von Bernd genannten) keinerlei Hinweise auf lichtmikroskopisch sichtbare Strukturen innerhalb der Pyrenoide gefunden.

Beste Grüße
Michael Plewka

KayZed

Hallo Michael,

finde ich schön, dass du als "alter Hase" nochmal auf das Thema einsteigst.

Die Körnchen in deinen prägnanten Chloroplastenleisten hast du ja wunderbar mit der Jodtinktur bestätigt. Ich hab das bei mir bisher nicht gemacht.
Rein optisch hätte ich hier auch mal Stärkekörner vermutet.

Die von mir angesprochenen spindelartigen Strukturen ober- oder unterhalb der Pyrenoide (weiße Pfeile im zweiten Bild) sind zwar etwas gröber, sehen aber deinen faserigen Bündeln in deiner zweiten Aufnahme relativ ähnlich. Sie gehören sicher nicht zu den Pyrenoiden, treten aber offensichtlich in deren unmittelbarer Nähe verdichtet auf. In meinem dritten Foto kann man - nicht so deutlich wie bei dir - auch erkennen, dass sie wohl über die Chloroplastenleisten verteilt sind mit Konzentrationstellen in Pyrenoidennähe. Auch die rundlichen Stärkekörner sind zu erkennen.

Mein Ansinnen war gar nicht, "neue" Strukturen" entdeckt zu haben. Dazu wären sie viel zu auffällig. Die Frage war einfach, um welche Chloroplastenkompartimente es sich dabei handeln könnte und warum sie sich in Pyrenoidennähe besonders ansammeln. Ob es sich um die Grana der Thylakoiden handeln könnte, ist natürlich reine Spekulation. Da die Chloroplasten in Closterium vergleichsweise riesig sind, war meine Überlegung, ob sich in diesen großen Organismen die Thylakoidstapel nicht doch lichtmikroskopisch zeigen können. Ich habe bisher nirgends einen Hinweis darauf gefunden.
Selbstverständlich müsste vorher nochmal ausgeschlossen werden, dass sich nicht doch um Stärkeablagerungen handelt. Mal sehen, ob ich nochmal eine ähnlich auffallige Closterium finde.

Einen schönen Abend wünscht
KlausZ
Zeiss Stemi 508
Zeiss Jenaval Kontrast
Nikon Z7

Ole Riemann

Lieber Klaus,

ich möchte mich noch für Deine ausführlichen Erläuterungen bedanken.

Die Kohlendioxid-konzentrierende Funktion der Pyrenoide war mir gänzlich unbekannt. Mir geht es wie Dir; die Originalliteratur verstehe ich auch nur in großen Zügen, aber die grundlegende Bedeutung der Pyrenoide für den globalen Kohlenstoffkreislauf ist offensichtlich. Auch ich finde es immer sehr schön, über eigene Beobachtungen zu diesen großen Zusammenhängen vorzudringen. Haben wir nicht ein tolles Hobby?

Schöne Grüße

Ole

schmidt

Hallo Klaus

In einer höheren Schärfenebene von Closterium fällt nun auf, dass sich am Ort der Pyrenoide deutliche stäbchen- oder spindelartige Chloroplastenstrukturen befinden (Pfeile).

Mit den biochemischen und physiologischen Fragen muss ich mich erst genauer beschäftigen.
Was aber die Frage zu den Strukturen angeht. Die sind sehr wahrscheinlich nicht im inneren des Pyrenoid sondern Strukturen der Stärkehülle. Zumindest bei Chlamydomonaden findet man immer wieder, daß die Stärkehülle in ähnlicher Weise aus Lamellen aufgebaut ist.

VG
pschmidt
Mikroskope:
Lomo Biolam Ph+; DF; HF-Abbe; Epi HF/DF/Pol; Epi-Fl; //Biolar DIK, IK, Ph variabel+-//
Nikon Eclipse -U  HF; DIK, Ph+, Epi-Fl//
MBS 10

KayZed

#10
Lieber Ole,

danke für deine nette Erwiderung. Du hast recht, wir haben ein wunderbares Hobby. Es facht immer wieder aufs Neue die Neugierde zum Entdecken, aber auch zum Erkennen der Mikrowelt an.

Hallo pschmidt,

die für mich unklaren Strukturen sind - wie ich schon geschrieben habe - außerhalb der Pyrenoiden. Sie unterscheiden sich aber deutlich von der Stärkescheide, die in Aufsicht quasi das Pyrenoid ummantelt.
Michael hatte ja auch Stärkekompartimente im Auge. Deshalb wollte ich heute nochmal einen Lugol-Test machen. Leider sind aber die Closterien in meiner Kultur ziemlich degeneriert. Mal sehen, wann ich die nächsten vitalen finde.

Ich hab nochmal versucht mich kundig zu machen, ob und inwieweit die Grana (Thylakoidstapel) lichtmikroskopisch erkennbar sind. In Spektrum online findet sich zu den Chloroplasten folgender Hinweis:

"In den Chloroplasten höherer Pflanzen kommen zwei Arten von T. vor: die Stromathylakoide, die das Stroma wie Querbalken durchziehen, und die Granathylakoide, die kürzere Stapel zwischen den Stromathylakoiden bilden und den Grana der Lichtmikroskopie entsprechen."

Auch im Forum gab es 2009 einmal eine ähnliche Äußerung von Bernhard Lebeda:
https://www.mikroskopie-forum.de/index.php?topic=3013.msg18532#msg18532

Leider fand ich bislang (abgesehen von Fluorenzaufnahmen) keine lichtmikroskopischen Bilder der Grana.

Die Grana müssen wohl als winzige körnerartige Struktur an der Grenze der Auflösbarkeit sein. Da meine abgelichteten spindelartigen Kompartimente relativ klar zu erkennen sind und mein Jenaval Kontrast in diesem Bereich ohnehin nicht die feinste Auflösung liefert, gehe ich davon aus, dass es sich bei "meinen" Strukturen nicht um Grana handelt.


Herzliche Grüße
KlausZ
Zeiss Stemi 508
Zeiss Jenaval Kontrast
Nikon Z7

KayZed

Hallo zusammen,

Ich denke, dass auch vorläufig ohne Stärkenachweis die Chloroplastenstruktur um die Pyrenoide geklärt ist.

Ich hatte zwei frühere Videos von Closterium aufgenommen und sie mir nochmal angeschaut. Dabei kann man ganz gut erkennen, dass die Stärkescheide um die Pyrenoide aus spindelartigen Stärkekompartimenten besteht. Ich nenne sie mal "Späne". Dies war in meinen eingestellten Bilder so nicht direkt zu sehen. Die "Späne" ober- oder unterhalb des Pyrenoiden gehören deshalb vermutlich auch zur Stärkescheide. Die Vermutungen von Michael und pschmidt waren also zutreffend.

Ich habe die beiden Clips, in denen mir es eigentlich um die Plasmabewegung ging, zu einem kurzen Video zusammengestellt und die besagten Strukturen gekennzeichnet.

https://youtu.be/oomW-asPvTs

Liebe Grüße
KlausZ
Zeiss Stemi 508
Zeiss Jenaval Kontrast
Nikon Z7

SNoK

Lieber Klaus,

sehr schönes Video, und instruktiv.

Grüße
Stephan
Mikroskope: Leica DMRB, Leitz Dialux (beide mit DIK)
Stemis: Zeiss 508, Wild Heerbrugg M5
Kameras: Sony alpha 6500 und 6400
Webseite: https://kralls.de
Vorstellung: https://www.mikroskopie-forum.de/index.php?topic=41749.msg308026#msg308026