Reinigung der Diatomeen mittels thermischer Oxidation

Begonnen von Nochnmikroskop, März 12, 2023, 10:09:28 VORMITTAG

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Nochnmikroskop

Hallo liebe Diatomeen-Reiniger,

bei http://www.mikroskopie-bonn.de/downloads/index.html ist ein Dokument downloadbar, wo unter Pkt 3. Reinigung folgendes beschrieben ist:
3. Reinigung Schalen-Präparation durch thermische Oxidation
1. Diatomeenmaterial auf ein Deckglas auftropfen und an der Luft trocknen lassen
2. Deckglas danach auf eine glatte Metallplatte (Silber) oder Glimmerplättchen auflegen und über eine Bunsenbrennerflamme veraschen. (s. Bild Glühschaufel).
3. Nachdem Abkühlen durch ein Salzsäurebad ziehen, in dest. Wasser tauchen und auf einem Stück Filterpapier trocknen.
4. Einschließen mit hochbrechendem Einschlussharz. Vorteil: Bänderförmige Diatomeen bleiben erhalten! Zeigt sehr schnell Schalenstrukturen zur Bestimmung.

Das Dokument hänge ich wegen Urheberrecht mal nicht an. Der Titel ist: Sammeln und Präparieren von Diatomeen

Da ich es nicht so mit den gefährlichen Chemikalien und stundenlangem Kochen etc. habe, Salzsäure wäre jetzt für mich noch okay, wäre das doch eine geeignete Methode.
Was spricht dagegen?
Sind die Ergebnisse nicht akzeptabel?

Neugierige Grüße
Frank

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piu58

Ich habe damit experimentiert. Statt Bunsenbrenner / Veraschen habe ich die Deckgläser auf den Elektroherd gelegt.
Die Probleme:
- Wenn man nicht so hoch erhitzt, dann bleiben Kohlenstoffreste zurück
- Wenn man hoch erhitzt, dann verformen sich die Deckgläschen. Außerdem verbacken die Diatomeen mit dem Glas.

Man würde Deckgläser aus Jenaer Glas benötigen.

~

Um den Kalk zu entfernen, genügt mMn. Essigsäure-Essenz, es braucht keine Salzsäure zu sein.
Bleibt dran, am Okular.
--
Uwe

plaenerdd

Hallo Uwe,
ZitatWenn man hoch erhitzt, dann verformen sich die Deckgläschen.

Deshalb steht in der Anweisung:
ZitatDeckglas danach auf eine glatte Metallplatte (Silber) oder Glimmerplättchen auflegen
(Hervorhebung von mir)
Das sorgt für gleichmäßige Erwärmung. Ohne diese Unterlage, verformt es sich sehr. Das stimmt, aber das liegt einfach an den auftretenden Spannungen bei ungleichmäßigem Erwärmen.
Noch besser als ein Brenner ist ein Brennofen mit gleichmäßiger Hitze von allen Seiten.
LG Gerd
Fossilien, Gesteine und Tümpeln mit
Durchlicht: Olympus VANOX mit DIC, Ph, DF und BF; etliche Zeiss-Jena-Geräte,
Auflicht: CZJ "VERTIVAL", Stemi: MBS-10, CZJ SMXX;
Inverses: Willovert mit Ph

Nochnmikroskop

Hallo Uwe und Gerd,

ist das dann eine Alternative zur Kocherei in diversen Chemikalien?
Welche Temperatur muss man da aufbringen, bestimmt über 800°C? Keramikbrennofen???

LG Frank
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martin_hu

Lieber Frank

dieses Verfahren würde ich nicht empfehlen, es geistert schon
eine Weile in diversen Schriften herum, ist aber meiner
Meinung nach nicht sehr nützlich.
Falls du nicht mit klassischen Säuren hantieren willst,
ich habe auch schon Reinigungsschritte mit etwas Glasreiniger
und aufkochen erfolgreich getestet.
Auch mit Spühlmaschinentabs in der richtigen Dosierung oder
Soda bzw. Zwischenschritte mit Essig und aufkochen ist vieles möglich.

Einige Experimente sind nötig und der ph-wert sollte nicht zu hoch sein.
Wichtig ist die Wirkung im Prozess dauernd zu überprüfen.
Jeder Diatomit braucht zudem ein anderes Vorgehen.

Gruss Martin

Nochnmikroskop

Hallo Martin,

danke für Deine Einschätzung.
Ich verfolge ein wenig die Posts hier bezüglich der unterschiedlichen Herangehensweisen, aber da war für mich nichts dabei, zumindest nicht für den Winter, wo man nicht draußen hantieren kann.
Ich wundere mich allerdings schon, dass bei Wikipedia unter Kieselgur beschrieben wird, dass früher die großen Mengen (Tonnen von Material) in Öfen gebrannt wurde bei bis zu 800°C.

Gruß Frank
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anne

Hallo Frank,
es hängt von Deinen Ansprüchen ab, wenn Dir das Ergebnis ausreicht?
In fossilen Kieselguren sind oft fast keine organischen Bestandteile mehr enthalten, da könntest Du darauf verzichten und versuchen durch Schlämmen und Waschen die störenden Anteile so weit wie möglich abzutrennen. Das Kochen in milder Seife hilft evtl. verbackene teilchen von den Diatomeen abzutrennen.
Die thermische Oxidation, die man oft beschrieben findet, bezieht sich meiner Meinung nach auf "frische" Diatomeen. Durch das Verkohlen werden die organischen Bestandteile (Chloroplast und Speicherstoffe) entfernt und die Oxidation mit harten Säuren dadurch umgangen.
lg
anne


Bob

Hallo Frank,
ich wende die Methode ganz gerne an, es kommt aber auf das Ziel der Reinigung an. Das kräftige Erwärmen kann ja maximal organische Stoffe entfernen, man bekommt also kein blitzsauberes Proparat zum Anfertigen perfekter Fotos. Ein Prätapat einer Schlammprobe wird man so nicht gut reinigen können, bei Diatomeen aus dem Plankton oder schlammarmem Aufwuchs geht es besser.
Bei Temperaturen oberhalb von 500°C muss man mit Verformungen der Schalen rechnen, sie halten aber grundsätzlich auch 900°C aus.
Vorteil ist das relativ unkomplizierte Verfahren und dass Kolonien zusammen bleiben.
Runde Deckgläser neigen zum Reißen (hier hatte neulich jemand die rauhen Kanten gezeigt). Große Deckgläser neigen dazu, sich zu weit zu verformen für akzeptable Planlage. Ich schneide daher quadratische in vier kleine Teil.
Zum Erwärmen nehme ich eine 4mm Edelstahlplatte auf dem Spiritusbrenner, streichele dann aber die Deckgläser noch mit der blauen Flamme eines entsprechenden Feuerzeugs, dabei mit einer Nadel festhalten.
Anbei ein Bild einer Fragellaria-Kolonie, die eine Rolle macht.

Viele Grüße,

Bob

Nochnmikroskop

Hallo Anne,

vielen Dank für Deine Ausführungen.
Mich interessieren tendenziell schon die feinen Sturkturen, in wie weit dabei leichte Verschmutzungen stören kann ich noch nicht sagen. Bisher hatte ich nur saubere gekaufte Proben.
Die optimale Darstellung, so wie Du und andere es hier zeigen, werde ich wohl nicht hinbekommen, zumal, wie schon geschrieben, ich nicht die chemische Keule auspacken werde.
Jetzt muss ich noch herausfinden in welchem Temperaturbereich die thermischen Oxidation statt findet. Also bis ca. 350°C komme ich glaube ich schon, vielleicht reicht das ja. Und mit etwas Seife kochen schaffe ich auch, denke ich - das wird wohl der erste Durchgang, quasi Vorwaschgang  ;D .
Wenn mal wieder Rohmaterial angeboten wird kann ich mich jetzt mal bewerben und üben, mit den mir zur Verfügung stehenden Mitteln.

Hallo Bob,
ich danke auch Dir für die Erhellung des Themas.
Deine Methode mit der Edelstahlplatte über dem Spiritusbrenner ist ja dem Verfahren im PDF Dokument sehr ähnlich. 4 mm dickes Edelstahl dürfte auch gut gleichmäßig die Hitze verteilen. Danke für den Tip.
Könnte man auch statt der dünnen Deckgläser dickeres Glas verwenden, z.B. Objektträger mit mittiger Mulde, oder Borosilicatglas? Versuch mach Kluch.

LG Frank
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Bob

Deckgläser sind schon aus Borosilikatglas, die halten mehr aus als Objektträger aus Kalk-Natron-Glas. Ich wähle das zu erwärmende Stück Glas auch so klein wie möglich, damit der Verzug vom absoluten Wert her gering bleibt.

Nochnmikroskop

Danke Bob,

ich werde mal Versuche durchführen. Verzug wäre mir erst einmal egal, außer es wird dann nicht alles gleichmäßig sauber.

Schönen Abend noch
Frank
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Nochnmikroskop

Hallo zusammen,

ein erster Test mit Infrarot-Kochplatte (1250W), allerdings noch trocken, ohne Präparat.
Die Kochplatte kommt auf über 500 °C und das Deckglas bzw. der Objektträger bleiben soweit ich das erkennen konnte gerade. Gerade sowohl heiß, als auch nach Abkühlung. Das sollte doch funktionieren!

LG Frank
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Bob

Hallo Frank,
Deine Heizplatte ist ein interessanter Ansatz! Bist Du Dir sicher, dass Deine Messungen stimmen? Beim Messen über infrarotstrahlung kann man ja ziemlich daneben liegen. Es stellt sich auch die Frage wie weit sich die Gläser und die Diatomeen von der Infrarotstrahlung erwärmen lassen, das könnte ich gar nicht einschätzen.
Den Reinigungserfolg kann man visuell mitverfolgen: Der Dreck wird erst verkohlt, dann zu Asche. Glas ist bei 500°C schon recht weich, es könnte sein, dass es die Oberflächenstruktur der Platte anfängt sich abzuzeichnen wenn man die Temperatur lange hält.
Interessant wäre noch die Frage ob man die Reinigung verbessern könnte, wenn man oberhalb der Glasplatte die Sauerstoffkonzentration erhöht.

Auf Deine Ergebnisse bin ich jedenfalls gespannt!

Viele Grüße,

Bob

plaenerdd

Hallo,
sollte man da nicht lieber eine Metallplatte dazwischen packen, um die Infrarotstrahlung vollumfänglich mitzunehmen, statt sie durch Glas und Diatomeen hindurch flutschen zu lassen?
LG Gerd
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Nochnmikroskop

Hallo Bob,
die Platte wird beworben mit >400°C. Das verwendete Thermometer (Wärmebildkamera) hat sicher nicht den Anspruch genau zu sein, ist ein Teil welches man an das Handy anschließt.
Getestet habe ich ungefähr über ca. 30 Minuten bei 500°. An den Gläsern habe ich keine Veränderung gesehen, es wurde auch zur Abkühlung auf der Platte liegen gelassen, also wirkte die Wärme noch etwas länger ein.
Das Gehäuse war auch insgesamt schon über 70°C warm, alles kühlte aber recht schnell ohne Lüfter ab.

Wie lange schätzt Du muss die Temperatur eingehalten werden um sagen wir mal 10 mg (zuviel?) zu reinigen, hast Du da einen Anhaltswert?

Bin selber gespannt, ob und wie es funktioniert. 

LG Frank
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