Ersatz für Alciangelb - weitere Tests

Begonnen von Fahrenheit, März 19, 2023, 08:37:35 VORMITTAG

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Fahrenheit

Lieber Färber,

in seinem Thread Ersatz für Alciangelb hat Sven einige Farbstoffe ausprobiert und ist bei Titangelb (Thiazolgelb, CI 19540) hängen geblieben und hat die entsprechende Färbung als Hamburger Grün beschrieben.
Mit Svens Rezept war es recht einfach, die Färbung nachzuvollziehen und ich habe einige weitere Kombinationen probiert. Zum Original fehlt mir jedoch die Neufuchsin-Chrysoidin-Lösung. Meine eigenen Versuche habe ich anhand von Querschnitten vom Blattstiel des Efeus gemacht, um vergleichbare Ergebnisse zum großen Färbungs-Vergleich auf der Webseite des MKB zu bekommen. Die Probe wurde frisch geschnitten und anschließend für 2 Stunden in AFE fixiert. Hier nun die Ergebnisse:

1. Safranin-Diamantfuchsin-Chryxsoidin mit Alcianblau & Titangelb

Das oben genannte Dreifachgemisch aus meinem Farbstoffregal kommt der Original-Färbung von Sven am nächsten. Die vorhandene Lösung noch aus dem Bestand des leider verstorbenen Rolf-Dieter Müller ist jedoch von geringer Konzentration und als Langzeitfärbung ausgelegt. Nach einem ersten Fehlversuch habe ich nach folgendem Rezept gefärbt:

- Safranin-Diamantfuchsin-Chrysoidin-Farblösung ca. 20 Stunden mit einmaligem Erwärmen bis kurz vor den Siedepunkt
- Spülen mit Aqua dest. bis keine Farbe mehr abgeht
- Alcianblau-Färbelösung 3 min
- Spülen mit Aqua dest. bis keine Farbe mehr abgeht
- Titangelb-Färbelösung 2min
- Spülen mit Aqua dest. bis keine Farbe mehr abgeht
- Kein weiteres Differenzieren notwendig
- Entwässern mit Isopropanol 99,9 % (3 * im schnellen Wechsel, 2 * 1 Minute, 2 * 5 Minuten)
- Eindecken in Euparal

Das Erwärmen dient dazu, dass das Chrysoidin (oder Acriflavin bei den Wacker-Färbungen) besser auf wachsartige Strukturen wie die Cuticula aufzieht. Sven hat im Original eine Erwärmung der Alcianblaulösung vorgeschrieben, um Farbmolekülcluster zu trennen und so ein besseres Aufziehen des Blautons zu ermöglichen, das werde ich in meinen nächsten Reihen auch einmal probieren. Hier habe ich aus Gewohnheit eine Minute länger gefärbt.

Zunächst die Entwicklung der Färbung nach den einzelnen Arbeitsschritten (freischwimmende Schnitte nach der letzten Spülung mit Aqua dest.):

Bilder 1.1 - 1.3: Färbeentwicklung Safranin-Diamantfuchsin-Chryxsoidin mit Alcianblau & Titangelb

Nach Färbung mit Safranin-Diamantfuchsin-Chryxsoidin

Num mit Alcianblau im zweiten Gang

Und schließlich die komplette Färbung mit Titangelb

Frisch eingedeckt sah das dann so aus:

Bild 1.4: Direkt nach dem Eindecken


Nach 7 Tagen auf der Wärmebank (50 Grad) dann die folgenden Aufnahmen vom fertigen Präparat:

Bilder 1.5 - 1.8: Vergleichsbilder vom fertigen Präparat





Wie man sieht, ist die Farbwirkung des Safranin-Diamantfuchsin-Chrysoidin Komplexes ziemlich verblasst aber auch die schwierige Cuticula ist noch etwas angefärbt.


2. Acridinrot und Acriflavin mit Alcianblau & Titangelb

Ein Ansatz nach Art einer Wackerfärbung darf natürlich auch nicht fehlen. Obwohl die Bestände des Acridinrots auch langsam zur Neige gehen. Seitdem der Farbstoff in der Textilindustrie nicht mehr verwendet wird, ist er auch nur noch zu hohen Preisen zu bekommen. Hier das zugehörige Rezept:

- Acridinrot Lösung 1% 5 - 8 Minuten, gelegentlich schwenken
- Spülen mit Aqua dest. bis keine Farbe mehr abgeht
- Acriflavin Lösung 1% 2 Minuten mit einmaligem leichten Erwärmen bis vor den Siedepunkt
- Spülen mit Aqua dest. bis keine Farbe mehr abgeht
- Aclianblau Lösung 0,2% 2 Minuten
- Spülen mit Aqua dest. bis keine Farbe mehr abgeht
- Titangelb Lösung 0,5% 3 Minuten, verdrängt das Chrysoidin aus den Parenchymen
- Spülen mit Aqua dest. bis keine Farbe mehr abgeht
- Kein weiteres Differenzieren notwendig
- Entwässern mit Isopropanol 99,9 % (3 * im schnellen Wechsel, 2 * 1 Minute, 2 * 5 Minuten)
- Eindecken in Euparal

Zunächst wieder die Entwicklung der Färbung Schritt für Schritt, hier also vier Bilder, da ich Acridinrot und Acriflavin separat gefärbt habe.

Bilder 2.1 - 2.4: Färbeentwicklung Acridinrot und Acriflavin mit Alcianblau und Titangelb

Acridinrot färbt zunächst unspezifisch den gesamten Schnitt

Acrflavin verdrängt das Acridinrot aus den Parenchymzellen

Alcianblau legt sich über die Gelbfärbung der Parenchyme, es entsteht der typisch grünblaue Farbeindruck der W3Asim II Färbung

Mit Titangelb verstärkt sich das Grün

Und nun wieder frisch eingedeckt in aller Pracht:

Bild 2.5: Direkt nach dem Eindecken


Und nun wieder die Bilder vom fertigen Präparat:

Bilder 2.6 - 2.9: Vergleichsbilder vom fertigen Präparat





Auch hier fällt auf, dass die schon schwächer angefärbte Cuticula noch weiter verblasst (vielleicht ist mein Isopropanol zu alt?). Die Färbung der sklerifizierten Zellen erfolgt - typisch für Acridinrot und Acriflavin in im Vergleich differenzierteren Rottönen.


3. Rhodamin B und Chrysoidin mit Alcianblau & Titangelb

Mit dem Einsatz von Rhodamin B hat schon Robin Wacker gepröbelt, sich wegen der besseren Eigenschaften in der Fluoreszenz aber für Acridinrot entschieden. Rolf-Dieter Müller hat das Rhodamin als Ersatz für das nur noch schwer erhältliche Acridinrot in die Nachfolgegeneration der Wackerfärbungen eingeführt. Hier nun in Kombination mit dem Titangelb:

- Rhodamin B Lösung 1% 5 - 8 Minuten, gelegentlich schwenken
- Spülen mit Aqua dest. bis keine Farbe mehr abgeht
- Chrysoidin Lösung 1% 2 Minuten mit einmaligem leichen Erwärmen bis vor den Siedepunkt
- Spülen mit Aqua dest. bis keine Farbe mehr abgeht
- Aclianblau Lösung 0,2% 2 Minuten
- Spülen mit Aqua dest. bis keine Farbe mehr abgeht
- Titangelb Lösung 0,5% 3 Minuten, verdrängt das Chrysoidin aus den Parenchymen
- Spülen mit Aqua dest. bis keine Farbe mehr abgeht
- Kein weiteres Differenzieren notwendig
- Entwässern mit Isopropanol 99,9 % (3 * im schnellen Wechsel, 2 * 1 Minute, 2 * 5 Minuten)
- Eindecken in Euparal

Wie sicherlich schon erwartet die Entwicklung der Färbung:

Bilder 3.1 - 3.4: Färbeentwicklung Rhodamin B und Chrysoidin mit Alcianblau & Titangelb

Auch Rhodamin B färbt zunächst wenig differenziert alle Gewebe an

Das Chrysoidin legt sich großzügig darüber ...

Erst das Alcianblau führt zu einer gewebegerechten Differenzierung

Und das Titangelb verstärkt wieder den Grünton bei den Parenchymen

Und frisch eingedeckt schaut das ganze so aus:

Bild 3.5: Direkt nach dem Eindecken


Zum Vergleich die Bilder vom fertigen Präparat:

Bilder 3.6 - 3.9: Vergleichsbilder vom fertigen Präparat






Letztendlich gefällt mir die Färbung mit Rhodamin B und Chrysoidin im Ergebnis am besten: eine schön angefärbte Cuticula und eine gute Differenzierung der Rottöne der sklerifizierten Zellen eingebettet in einen angenehmen Grünton. Passt!

Allen herzlichen Dank fürs Lesen, Anregung und Kritik und explizit auch eigene Beispielbilder sind wie immer willkommen.

Herzliche Grüße
Jörg
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Arbeitsmikroskop: Leica DMLS
Zum Mitnehmen: Leitz SM
Für draussen: Leitz HM

jcs

Hallo Jörg,

sehr schöne Zusamenstellung und ästhetisch sowie hinsichtlich Differenzierung äußerst gelungene Schnitte! Eine Frage zu Methode 2: Du färbst sehr lange mit Acriflavin, noch dazu bei erhöhter Temperatur. Bei mir zieht das Acriflavon nach wenigen Sekunden das Acridinrot weitgehend raus, was oft recht lästig ist. Was machst Du da anders?
LG
Jürgen

jako_66

Hallo Jürgen,

bei mir auch - deshalb färbe ich mit Acriflavin bei Raumtemperatur 5-15 s.

VG

Sven

Fahrenheit

Hallo Jürgen und Sven,

kann sein, dass das reicht, ich färbe Acriflavin allerdings immer mit zwei Minuten, zumal ich wegen der besseren Anfärbung von Wachsen (Cuticula) auch noch einmal erwärme.

Bisher hat das nicht geschadet: nach der Aktion ist die Vorfärbung, hier in der Regel Acridinrot, sauber auf die sklerifizierten Zellen differenziert. Das kann man auch schön an der Bildserie 2.1 bis 2.4 nachvollziehen.

Herzliche Grüße
Jörg
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