Ein glücklicher Probenzug - Material für Wochen

Begonnen von Ole Riemann, Mai 08, 2023, 15:10:59 NACHMITTAGS

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Ole Riemann

Liebe Freunde des Tümpelns,

Mitte April habe ich am Heiligen Meer, einem geologisch sehr spannenden Gebiet mit zahlreichen Erdfallseen nicht weit von Osnabrück, Proben nehmen und sie mit nach Hause transportieren können. Im Gebiet um das Große Heilige Meer befinden sich zahlreiche kleinere Gewässer, deren Ufer teilweise von dichten Sphagnum-Rasen gesäumt sind. Somit liegen hier Moorbedingungen vor, das heißt relative Nährstoffarmut und leicht saures Wasser. Habitate dieser Art sind für das Tümpeln sehr interessant, da die Proben aus solchen Gewässern zum einen eine hohe Artenvielfalt aufweisen, zum anderen lange und ohne wesentliche Abnahme der Diversität aufbewahrt werden können. Gegen Verdunstungsverluste hilft gelegentliches Zugeben von Regenwasser.

Im Folgenden zeige ich einige Funde, die alle aus einer einzigen Quetschprobe von treibendem Sphagnum-Moos am Rand eines flachen Weihers stammen. Die bescheidene Probe hatte ein Volumen von kaum 200 ml – und beschert mir trotzdem seit einigen Wochen viel Freude am Mikroskop.

Alle Fotos zeigen lebende Organismen aus Frischpräparaten, meist mit dem Mikroblitz aufgenommen.

Schöne Grüße

Ole


Abb. 1 – Synura sphagnicola, eine koloniale Goldalge, die charakteristisch für Moorgewässer ist. Man erkennt sie an den markanten roten Pigmentkörnchen in der Nähe der Ansatzstellen der beiden Geißeln

Abb. 2 – Micrasterias truncata, der einzige Vertreter der Gattung Micrasterias, den ich in meinen Proben vom Heiligen Meer finden konnte

Abb. 3 – Bildung von Tochterkolonien bei der tafelförmigen volvocalen Grünalge Gonium pectorale

Abb. 4 – Die Schalenamöbe Arcella gibbosa, links in Aufsicht, rechts Teilungsstadium in Seitenansicht. Die Mutterzelle (unten) ist deutlich stärker pigmentiert als die Tochterzelle

Abb. 5 – Unbeschalte Amöben, vermutlich Mayorella penardi mit zipfelförmigen Pseudopodien sowie Kern mit deutlichem Nukleolus (links)

Abb. 6 – Die rätselhafte Hedriocystis spinifera (wohl synonym mit Belonocystis tubistella), ein typischer Bewohner älterer Moorproben, mit auffälligen Stacheln, die basalen Schuppen entspringen. Diese wiederum bilden einen wabenartigen Panzer um den Protoplasten (Nu=Nukleus, Nc=Nukleolus, St=Stacheln, kV=kontraktile Vakuole, Na=Nahrungsbestandteile)

Abb. 7 – Das immer wieder attraktive grüne Pantoffeltier Paramecium bursaria

Abb. 8 – Verschiedene Ansichten eines markanten hypotrichen Ciliaten mit subpellikulären Pigmentkörnchen. Vermutlich ist dies Rubrioxytricha ferruginea, die Martin Kreutz schon einmal mustergültig vorgestellt hat: https://www.mikroskopie-forum.de/index.php?topic=32903.0

Abb. 9 – Der seltsame Ciliat Ileonema simplex mit auffallendem Mundflagellum (Mf=Mundflagellum, Ext=Extrusome, kV=kontraktile Vakuole, Man=Makronukleus, Min=Mikronukleus)

Abb. 10 – An Detritusteilchen oder Sphagnum-Blättchen angeheftet findet man Rädertiere der Gattung Collotheca, hier vermutlich C. heptabrachiata

Gerald

Hallo Ole,

vielen Dank für den wunderbaren Beitrag - Deine Dokumentationen sind immer ein Genuss.

Viele Grüße vom Chiemsee

Gerald

Rene

Danke Ole, das war ein großes Vergnügen! Schöne Aufnahme von Hedriocystis, ich hoffe, dass ich sie eines Tages selbst unter dem SEM finden werde.

Grüße, René

SNoK

Lieber Ole,

tolle Bilder, auch Organismen, die ich so noch nicht gesehen habe. Ich muss wohl für eine solche Probe noch bis zum Pillerseetreffen warten. Sowas finde ich hier in der Gegend nicht, zumindest nicht in einer Probe.

Grüße
Stephan
Mikroskope: Leica DMRB, Leitz Dialux (beide mit DIK)
Stemis: Zeiss 508, Wild Heerbrugg M5
Kameras: Sony alpha 6500 und 6400
Webseite: https://kralls.de
Vorstellung: https://www.mikroskopie-forum.de/index.php?topic=41749.msg308026#msg308026

anne

Lieber Ole,
ja das war wirklich ein glücklicher Probenzug, der uns zu so vielen schönen Bildern verhilft.
Wobei ich bei Dir überzeugt bin, das Du auch noch in der schlechtesten Probe viel fotogenes findest.
lg
anne

Peter V.

#5
Lieebr Ole,

tolle Fotos, tolle Probe!

Das "Heilige Meer" ist wohl auch bekannt für Artenreichtum. Hier im "Pott" ist es schon schwer, solche Biotope zu finden.

Meine letzten Bilder kommen natürlich nicht ansatzweise an deine heran, was zum Teil sicher an meinen unzureichenden Fähigkeiten liegt, zum Teil aber auch daran, dass es alles recht schnelle Gesellen waren, sodass ich - um sie überhaupt zu erwischen - ein nur sehr niedrig vergrößerndes Objektiv verwenden konnte und es insofern starke Ausschnittsvergrößerungen waren. Sicher hätte das etwas Präparation auch geholfen (Entfernung von Detritus), um eine geringere Schichtdicke zu erreichen.

Mit welchen Objektiven (falls Du es noch weißt) hast Du denn die aktuellen Aufnahmen angefertigt?

Herzliche Grüße
Peter
Dieses Post wurde CO2-neutral erstellt und ist vegan. Für 100 Posts lasse ich ein Gänseblümchen in Ecuador pflanzen.

Ole Riemann

Liebe Foristen,

schönen Dank für Euer Interesse an den Fotos und Objekten.

@René: wir könnten versuchen, etwas Material zu verschicken. Nach meiner Erfahrung ist Hedriocystis spinifera recht robust, es könnten also einige Zellen bei Dir ankommen. Ob Du sie dann in der Probe wiederfindest, ist eine andere Frage. Gerne per PN, wenn Du magst.

@Peter: ich gebe das verwendete Objektiv (neben anderen Angaben) immer im Dateinamen des Bildes an. Alle Fotos sind mit einem optikfreien Ofenrohradapter gemacht, den mir ein feinmechanisch erfahrener Kollege aus dem Forum (herzlichen Dank nochmal dafür) überlassen hat.

Schöne Grüße

Ole

wilfried48

Lieber Ole,
schöne Bilder hast du wieder mal gezaubert !

Aber bevor du mich "feinmechanisch erfahrener Kollege aus dem forum" nennst, hättest du vielleicht besser einfach schlicht meinen Namen nennen können. Von feinmechanisch erfahren, kann bei mir  keine Rede sein, wenn ich zum Beispiel an Olaf denke.
Und dass das schöne 40x/1,15 W jahrelang in meinen Schubladen herumgelegen hat, ist angesichts der schönen Bilder, die du jetzt
damit zauberst, geradezu eine Schande.

viele Grüße
Wilfried
vorzugsweise per Du

Hobbymikroskope:
Zeiss Axiophot,  AL/DL/Ph/DIC/Epi-Fl
Zeiss Axiovert 35, DL/Ph/DIC/Epi-Fl
Zeiss Universal Pol,  AL/DL
Zeiss Stemi 2000 C
Nikon Labo-/Optiphot mit CF ELWD Objektiven

Sammlung Zeiss Mikroskope
https://www.mikroskopie-forum.de/index.php?topic=107.0

Ole Riemann

Lieber Wilfried,

also, nun ganz öffentlich: Besten Dank für Deine Hilfe mit dem Adapter und das fabelhafte Objektiv - jetzt ist das Mikroskop erst richtig einsatzfähig, mit dem Olympus PE 2x und APSC-Format ist die Bilddiagonale doch recht klein.

Schöne Grüße

Ole


Peter V.

Lieber Ole,

wie blitzt Du am BX? Benutzt Du einen Blitzwürfel oder hast Du eine andere Lösung?

Herzliche Grüße
Peter
Dieses Post wurde CO2-neutral erstellt und ist vegan. Für 100 Posts lasse ich ein Gänseblümchen in Ecuador pflanzen.

Ole Riemann

Lieber Peter,

da bin ich noch am Probieren mit dem Blitzwürfel und Spiegelkasten.

Das Arbeiten mit dem Blitzwürfel ist unproblematisch, der Blitz allerdings nicht geköhlert (was in der Praxis möglicherweise ohne besondere Relevanz ist, es widerstrebt mir aber dennoch ein wenig).

Mein Spiegelkasten ist hinsichtlich der Anschlüsse nicht für die BX-Leuchte ausgelegt, da verfüge ich im Moment nur über eine provisorische Lösung. Ich nutze Dianas LED für das Orthoplan, die ich über den Orthoplan-Anschluss direkt mit dem Spiegelkasten verbinden kann. Der Spiegelkasten liegt direkt am Eingang des BX-Leuchtrohres ohne mechanische Kopplung. Funktionieren tut dieses setup sehr gut. Etwas störend ist der sehr dichte Mattfilter im Fuß des BX, der dazu führt, dass ich mit ziemlich hohen Teilleistungen beim Blitz arbeiten muss. Martin - der bekanntermaßen das Letzte am BX50 herausholt - hat diesen dichten Filter mal ausgetauscht.

Schöne Grüße

Ole

Michael

Hallo Ole,

vielen Dank für Deinen schönen Bericht - es ist immer toll, eine solche Vielfalt perfekt abgebildet präsentiert zu bekommen!
Noch viel Spaß mit dieser Probe,

Michael
Gerne per Du

SNoK

#12
Lieber Ole,

ich hatte mich schon gewundert, dass Du mit zwei verschiedenen 40x fotografiert hast und wollte ohnehin danach fragen. Das hat sich dann durch die Mail von Wilfried geklärt. Ist das ein Wasserimmersionsobjektiv? Hattest Du denn noch Platz im Revolver für ein zweites 40x, oder hast Du umgeschraubt?

Grüße
Stephan
Mikroskope: Leica DMRB, Leitz Dialux (beide mit DIK)
Stemis: Zeiss 508, Wild Heerbrugg M5
Kameras: Sony alpha 6500 und 6400
Webseite: https://kralls.de
Vorstellung: https://www.mikroskopie-forum.de/index.php?topic=41749.msg308026#msg308026

Peter V.

#13
Lieber Ole,

ich will den Thread nicht zu sehr in Richtung Technik abschweifen lassen. Dennoch würde mich sehr interessieren, ob es wirklich bei moderner Optik, Blitz und DIC (eben Deinen aktuellen Bedingungen) einen Unterschied zwischen geköhlerter und ungeköhlerter Beleuchtung gibt. Kannst Du das nicht einmal ausprobieren und ggf. in einem neuen Thread in anderen Board zeigen?
Ich könnte das natürlich auch machen, aber Du kannst sicher ggf. bestehende Unterschiede besser herausarbeiten.

Herzliche Grüße
Peter
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Detlef Kramer

Lieber Peter,

was ist ein ungeköhlertes Mikroskop? Man kann bei Einstellen der Beleuchtung nach August Köhler einige Fehler machen, die zu ganz unterschiedlichen Effekten führen (ungleichmäßige Ausleuchtung des Gesichtsfeldes, Auflösungsverlust usw.). Ungeköhlert kann aber auch heißen: Kritische Beleuchtung. Ich behaupte: wenn die vom Hersteller korrekt ausgeführt ist, ist die Bildqualität auch i. O. Höhe des Kondensors und Öffnung der Aperturblende müssen dann aber auch beachtet werden. Sollte mal jemand die möglichen Fehler demonstrieren? Wäre vielleicht mal ganz lehrreich!

Herzliche Grüße
Detlef
Dr. Detlef Kramer, gerne per DU

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