Uljanow/Russland-Diskussionsthread

Begonnen von Manfred Melcher, Mai 09, 2023, 13:05:03 NACHMITTAGS

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Manfred Melcher

Liebe Diatomeenfreunde,

ich habe diesen Faden angelegt, um den Bilderthread übersichtlicher zu halten. Es würde mich freuen, wenn wir Diskussionen über Reinigung etc. hier führen könnten.
Ich hoffe, dies ist auch in Eurem Interesse.

Liebe Grüße
Manfred

Manfred Melcher

Hallo zusammen,

ich möchte ein paar Anmerkungen zu meinen Reinigungserfahrungen machen. Das pulverige Vorkommen dieses Diatomits erfordert glücklicherweise keine Vorbehandlung durch Gefrierzyklen. Meine ersten Reinigungsversuche erfolgten mit HCL, H2SO4 und zum Teil Eau de Javel in unterschiedlicher Kombination. Die Erfolge waren mäßig bis zufriedenstellend. Eine erneute Aufbereitung werde ich allerdings mit den schonenderen Methoden versuchen, die wir aus dem Dunkirk-Thread kennen (erhitzen mit Natron und Spülmittel über längere Zeit). Insgesamt würde ich den Reinigungsaufwand als nicht sehr anspruchsvoll betrachten. Allerdings siebe ich die Proben nicht, wie es die Mehrzahl hier tut, sondern lese die Diatomeen aus einer verdünnten Lösung aus. (z.T. auch erst nach dem Eintrocknen).
Ich bin gespannt auf Eure Erfahrungen und Methoden!

Liebe Grüße
Manfred

Jakob_Wittmann

#2
Zitat von: Manfred Melcher in Mai 09, 2023, 21:07:29 NACHMITTAGS
Hallo zusammen,

ich möchte ein paar Anmerkungen zu meinen Reinigungserfahrungen machen. Das pulverige Vorkommen dieses Diatomits erfordert glücklicherweise keine Vorbehandlung durch Gefrierzyklen. Meine ersten Reinigungsversuche erfolgten mit HCL, H2SO4 und zum Teil Eau de Javel in unterschiedlicher Kombination. Die Erfolge waren mäßig bis zufriedenstellend. Eine erneute Aufbereitung werde ich allerdings mit den schonenderen Methoden versuchen, die wir aus dem Dunkirk-Thread kennen (erhitzen mit Natron und Spülmittel über längere Zeit). Insgesamt würde ich den Reinigungsaufwand als nicht sehr anspruchsvoll betrachten. Allerdings siebe ich die Proben nicht, wie es die Mehrzahl hier tut, sondern lese die Diatomeen aus einer verdünnten Lösung aus. (z.T. auch erst nach dem Eintrocknen).
Ich bin gespannt auf Eure Erfahrungen und Methoden!

Liebe Grüße
Manfred

Hallo Manfred,

danke, dass Du etwas zu der Methode der Reinigung berichtest. Mir ist auch aufgefallen, dass das Uljanowsk-Material eher feinpulvrig ist. Zumindest bis jetzt habe ich nichts an Verklumpungen bemerkt.

Allerdings bin ich mir unschlüssig, ob ich die von mir beim Dunkirk-Material verwendete Methode noch einmal anwenden werde, denn die Kombination Oetker Speisesoda (diese Marke enthält nur Natriumhydrogencarbonat) mit H2O2 30 % hatte trotz des Wasseranteils ein stark exothermes Verhalten, das sich erst mit ca. 30 Minuten Verzögerung zeigte:

Die Suspension kochte relativ schnell auf und das ging mit Versprühen des Wasserstoffperoxids einher. Da ich wusste, dass Metallsalze und H2O2 stark reagieren können, hatte ich das Spitzglas in einem mehrere Liter fassenden Pyrex-Gefäss abgestellt, und das war wirklich keine schlechte Idee. Es ist überhaupt nichts passiert, aber das muss ich nicht wiederholen.

Ich bitte Euch ALLE daher um Tipps, wie man die Reinigung wirksam und ohne Einsatz von z.B. konzentrierter Schwefel- und/oder Salpetersäure bewerkstelligen kann UND dennoch saubere Ergebnisse erzielt.

Folgende Rezeptur beschreibt z.b. Gerhard Göke in http://www.mikrohamburg.de/Goeke/Diatomeen_gesamt.pdf , S. 8f



ZitatEine nicht zu große Menge des vom Wasserüberschuß weitgehend befreiten
Rohmaterials wird in einer Porzellanschale mit Perhydrol (30%-iges Wasserstoffperoxid) übergossen und mit einem Glasdeckel oder einem großen Uhrglas bedeckt. Nach etwa 5 Minuten gibt man etwa 1 mg Kaliumpermanganatpulver zu. Es erfolgt eine heftige Reaktion (Schutzbrille!), wobei die Temperatur
auf etwa 80 o
C ansteigt. Weiteres Erhitzen ist nicht notwendig. Nach dem Abklingen der Reaktion wird das entstandene Mangandioxid durch Zusatz von
90%-iger Essigsäure gelöst. Man spült den Inhalt der Schale in ein hohes Becherglas und entfernt die Säure durch mehrmaliges Dekantieren mit Wasser,
zuletzt mit destilliertem Wasser. Man sollte die Methode vorsichtshalber im
Freien durchführen und jeden Hautkontakt mit dem Perhydrol vermeiden
(Schutzhandschuhe tragen und nur kleine Mengen Perhydrol verwenden!).

Bitte um Tipps. Ich habe alle dazu notwendigen Reagenzien und mir ist absolut klar, dass man mit Kaliumpermanganat gefährliche Fehler machen kann.
Aber stimmt hier bitte tatsächlich die Angabe von ,,1 mg Kaliumpermanganat"? Das dürfte ungefähr das Volumen von 1 bis 3 winzigsten Körnchen sein.

Anmerkung: Ich werde bitte ohne nachvollziehbar kundige Hinweise NICHTS dergleichen machen!

Liebe Grüße

Jakob

,,Ein Leben mit nur einem schwarzen Mikroskop ist möglich aber sinnlos."


Bernhard-Viktor ,,Vicco" Christoph-Carl von Bülow

spectator

Hallo Jakob,

die Angabe "1mg" stimmt tatsächlich! Das Permanganat (bzw. der entstehende Braunstein) wirkt als Katalysator beim Zerfall des Wasserstoffperoxids - und als Katalysator nimmt es nicht an der Reaktion teil und verbraucht sich nicht. Und 30%iges H2O2 ist eben schon relativ instabil, da reichen schon kleinste Mengen, auch von anderen Schwermetallen, um die Zerfallsrektion auszulösen. Und die dabei auftretende Erwärmung beschleunigt die Reaktion auch noch.
Früher wurde das in der Schule (vom Lehrer!) als Beispiel für die Wirkung eine Katalysators vorgeführt, aber mit 0,3%iger Lösung und Braunstein.
Das Gefährliche an der von GÖKE beschriebenen Reaktion ist eben nicht das 1mg KMnO4, sondern das 30%ige H2O2, das man wie angeführt auch keinesfalls auf die Haut gelangen lassen sollte: zieht es ein, gibt es in und unter der Haut schmerzhafte kleine Bläschen, denn auch durch unsere Körperflüssigkeiten (Blut, Zellflüssigkeit) wird das H2O2 zersetzt. Und Schutzbrille ist bei allen Reinigungsschritten ohnehin anzuraten!
Bei der Verwendung von KMnO4 als Starter dürfte keine Verzögerung auftreten (wie bei Hydrogenkarbonat), aber die Reaktion bleibt natürlich exotherm. Ich würde daher die angegebenen Sicherheitsvorkehrungen beibehalten und ggf. mit etwas geringerer Konzentration beginnen.

Liebe Grüße

Helmut
Trinkt, o Augen, was die Wimper hält, von dem goldnen Überfluß der Welt!

Jakob_Wittmann

#4
Zitat von: spectator in Mai 10, 2023, 16:25:17 NACHMITTAGS
Hallo Jakob,

die Angabe "1mg" stimmt tatsächlich! Das Permanganat (bzw. der entstehende Braunstein) wirkt als Katalysator beim Zerfall des Wasserstoffperoxids - und als Katalysator nimmt es nicht an der Reaktion teil und verbraucht sich nicht. Und 30%iges H2O2 ist eben schon relativ instabil, da reichen schon kleinste Mengen, auch von anderen Schwermetallen, um die Zerfallsrektion auszulösen. Und die dabei auftretende Erwärmung beschleunigt die Reaktion auch noch.
Früher wurde das in der Schule (vom Lehrer!) als Beispiel für die Wirkung eine Katalysators vorgeführt, aber mit 0,3%iger Lösung und Braunstein.
Das Gefährliche an der von GÖKE beschriebenen Reaktion ist eben nicht das 1mg KMnO4, sondern das 30%ige H2O2, das man wie angeführt auch keinesfalls auf die Haut gelangen lassen sollte: zieht es ein, gibt es in und unter der Haut schmerzhafte kleine Bläschen, denn auch durch unsere Körperflüssigkeiten (Blut, Zellflüssigkeit) wird das H2O2 zersetzt. Und Schutzbrille ist bei allen Reinigungsschritten ohnehin anzuraten!
Bei der Verwendung von KMnO4 als Starter dürfte keine Verzögerung auftreten (wie bei Hydrogenkarbonat), aber die Reaktion bleibt natürlich exotherm. Ich würde daher die angegebenen Sicherheitsvorkehrungen beibehalten und ggf. mit etwas geringerer Konzentration beginnen.

Liebe Grüße

Helmut

Guten Abend Helmut, guten Abend geschätzte Runde,

lieber Helmut, ich danke Dir wirklich sehr, denn so eine präzise, kompetente Antwort ist exakt das was ich mir erhoffte. Da ich generell nicht besonders ängstlich bin – aber sehr wohl vorsichtig – verwende ich bei Arbeitsgängen, wie oben beschrieben oder ähnlicher Art *), zumindest eine (geschlossene) Schutzbrille, ggf. einen zusätzlichen Gesichtsschutz, Nitril-Handschuhe und eine geeignete Schürze.

Und: Ich mach so etwas (wenn nicht im Freiem) in einem Kellerraum, der eine sehr effektive Entlüftung und auch griffbereite Löschmittel aufweist. Es könnte ja sein, dass manche mit Chemie befasste Profis über so etwas wie von mir geschildert ein bisschen lächeln mögen, was mir allerdings relativ wurscht ist ... :) ;)

Damit meine ich heiklere Dinge. Bei Einbettungen von Präparaten in Glyzeringelatine bin ich gaaanz locker ... ;D


*) Umgehen mit starken Säuren, Laugen, potentiell Explosionsgefährlichem etc.


Nochmals ein herzliches Danke, Helmut, liebe Grüße!

Jakob
,,Ein Leben mit nur einem schwarzen Mikroskop ist möglich aber sinnlos."


Bernhard-Viktor ,,Vicco" Christoph-Carl von Bülow