Hallo,
mittlerweile hat sich die Verwendung von Smartphones zur Fotografie am Mikroskop eingebürgert. Manche halten es lediglich manuell vor das Okular, damit lassen sich aber nur mäßig gute oder wenig reproduzierbare Fotos machen.
Das Smartphoneobjektiv sollte eigentlich mit Millimetergenauigkeit sowohl quer zur optischen Achse als auch bezüglich des Abstandes zum Okular adaptiert werden. Im Vergleich zur z.B. großformatigen Systemkamera ist das Objektiv sehr kurzbrennweitig mit der damit verbundenen kleinen Blendenöffnung. Als Anhaltspunkt: Typische (Weitwinkel-)Objektive der Smartphonekameras haben Brennweiten von ca. 3-5 mm, bei Blenden etwa im Bereich f/1.5...f/2.2. D.h. dass die effektive Objektivöffnung etwa im Bereich 1.5-2.2 mm liegt. Z.B. hat mein älteres Samsung S5 eine Brennweite f=5 mm Blende 2.2, mein Samsung Tablet f=3.1 mm Blende 2.0. Und an diese geringe Blendenöffnung muss die Austrittspupille des Mikroskops angepasst werden.
Die Austrittspupille hinter dem Okular ist das Bild der Objektivaustrittspupille (=Blende des Objektives), die durch die optische Abbildung des Okulares erzeugt wird. Die Lage hängt von der Bauart (und Brennweite) des Okulares ab, bei einfachen 10x Huygens-Okularen liegt sie etwa 6 mm hinter dem Okular, bei besseren Standardokularen wie Zeiss Kpl oder Leitz Periplan dürfte der Abstand typisch bei 11 mm liegen, während Brillenträgerokulare einen Abstand von etwa 16-22 mm haben. Man kann den Abstand bereits grob durch den Augenlinsendurchmesser abschätzen, denn das Licht verengt sich als Kegel mit einem dem Bildwinkel entsprechenden Kegelwinkel von der Linse aus bis zur Austrittspupille. Und zwangsläufig ist der Austrittsdurchmesser bei großem Austrittspupillenabstand ebenfalls groß.
Interessant ist auch der Austrittspupillendurchmesser an der Spitze dieses Lichtkegels, weil er die erforderliche Genauigkeit der Kameraadaption bestimmt. Dieser Durchmesser ergibt sich aus dem Durchmesser der Objektivaustrittspupille, der durch den Abbildungsmaßstab der anschließenden Okularabbildung verkleinert wird. Der erste Durchmesser kann aus der Objektivbrennweite und dessen numerischer Apertur berechnet werden, dessen Bild aus dem Verhältnis Okularbrennweite/Abstand Objektivpupille-Okularbrennebene. Näherungsweise kann man man den Durchmesser mit d
AP=500*NA/V
gesamt abschätzen. V
gesamt ist die Mikroskopvergrößerung aus Okular und Objektiv. Der Austrittspupillendurchmesser liegt bei üblichen, stärker vergrößernden Objektiven etwas unter 1 mm. Nur bei schwachen Objektiven und bei mittleren Objektiven mit sehr hoher NA liegen die Werte signifikant darüber.
D.h. dass die Austrittspupille mit ca. 1 mm Durchmesser an das Smartphoneobjektiv mit etwa 2 mm Blendenöffnung angepasst werden muss. Da liegt die Toleranz quer zur optischen Achse (xy-Richtung) etwa bei +/- 0.5 mm wenn der Abstand der Austrittspupille zur Objektivblende (z-Richtung) bereits richtig ist. Wenn dieser ebenfalls vom Optimum abweicht verringert sich entsprechend dem Kegelwinkel (= Bildwinkel des Okulars) auch die Toleranz quer zur optischen Achse. Eine Smartphonehalterung sollte also sowohl in xy-Richtung als auch z-Richtung justierbar sein.
Wenn man sich die angebotenen kommerziellen Halterungen ansieht, stellt man fest dass diese nur sehr eingeschränkt eine vernünftige Justierung zulassen. Manche verändern beim lösen von Schrauben für die Querrichtung dann wieder die Justierung in der z-Richtung. Dazu kommt, dass eine universelle Befestigung am Mikroskop nicht so einfach ist, da Okulare und Okulartuben sehr unterschiedlich konstruiert und dimensioniert sind. Beispiele verschiedener Bauarten sind in Bild 1 dargestellt. Z.B. im 2. Foto von links in der 2. Reihe ist der Okulartubus eines Zeiss GFL mit zwei gleichartigen Kpl 10x Okularen, aber verschiedener Baureihe abgebildet (habe ich natürlich nur zur Demonstration so eingesteckt), mit deutlich unterschiedliche Durchmessern. Da kann eine Universalhalterung problematisch sein. Bei manchen kommerziellen Smartphonehalterungen sind auch die Ränder am Ende mancher älterer Okulare problematisch wenn sie durchgängig zylindrische Okulare voraussetzen. Nachfolgend habe ich 11 Links zu diversen kommerziellen Smartphonehalterungen angefügt (willkürlich, wie sie sich aus einer Bildersuche ergeben haben). Die Preise reichen immerhin von unter 10.- € bis 100.- €.
https://www.amazon.de/LAKWAR-Universal-Handy-Adapter-Halterung-kompatibel-Mikroskop-Smartphones/dp/B07V29G1P2https://www.ebay.de/itm/293369312101https://www.optikshop24.de/de/omegon-1-25-halterung-fuer-smartphones-und-kameras.htmlhttps://www.astro-shop.com/Bresser-Universal-Smartphone-Kameraadapter.htmlhttps://de.levenhuk.com/katalog/zubehor/a10-smartphone-adapterhttps://www.amazon.de/Smartphone-Mikroskop-Fernglas-Monokular-Anschluss/dp/B0759GGDBKhttps://www.omegon.eu/de/smartphone-digicam-klemmen/omegon-smartphone-adapter-red-edition-/p,56977https://astrogarten-shop.de/de/zubehoer/kamera-adapter-t-ringe/vixen-smartphone-kamera-adapter.html#lg=1&slide=2https://www.bresser.de/Mikroskopie/BRESSER-Deluxe-Smartphone-Adapter-fuer-Teleskope-und-Mikroskope.htmlhttps://www.testbericht.de/produkte/national-geographic-40x-1280x-mikroskop-inkl-smartphone-halterunghttps://www.optik-pro.de/smartphone-digicam-klemmen/celestron-smartphone-halterung-nexyz/p,58298Man muss dazu sagen, dass die meisten Halterungen nicht speziell für Mikroskope konstruiert wurden, sondern eher bevorzugt am Teleskop verwendet werden. Dort ist die Adaption viel unkritischer, da die Austrittspupille meist wesentlich größer ist und daher nicht so empfindlich ist bezüglich der Toleranzen. Z.B. hat mein noch nicht einmal lichtstarkes Leitz-Fernglas 10x40 bereits 4 mm Austrittspupille, ein Smartphone mit 2 mm Eintrittspupille lässt sich da problemlos ohne große Justage an die Gummierung des Okulares halten.
Der letzte Link bezieht sich auf eine in x-,y- und z-Richtung feinjustierbare Halterung (die hier
https://www.mikroskopie-forum.de/index.php?topic=33067.msg243612;topicseen#msg243612 und hier
http://www.mikroskopie-bonn.de/bibliothek/mikroskopische_technik/274.html schon einmal beschrieben wurde). Im 2. Bild habe ich die Verstellmöglichkeiten dieser komplexen Halterung noch einmal dargestellt. Die Halterung hat aber auch bezüglich der Montage an einigen Mikroskopen Schwächen, ohne zusätzliche Anpassungen kann die Verwendung da schwierig werden. Bei fast allen kommerziellen Konstruktionen wird das Smartphone festgeklemmt, da Teleskope auch nach oben gerichtet sein können. Das macht natürlich die Konstruktion komplizierter und schränkt den Bau einfach bedienbarer Feineinstellungen ein. Am Mikroskop ist das nicht notwendig, da könnte die Konstruktion wesentlich vereinfacht werden und mehr auf eine Feinjustierung des Smartphones ausgelegt werden.
Eine Alternative ist daher der Selbstbau einer für die eigenen Ansprüche angepassten Halterung, mit etwas Geschick ist das nicht so schwer. Ich stelle als Anregung drei Varianten vor, alle aus leicht zu bearbeitenden weichem Holz gefertigt. Man kann solche Konstruktionen sogar aus Papier/Karton sehr stabil fertigen wenn man gar keinen "Zugang" zur einfachsten Holzbearbeitung hat, oder auch mit 3D-Druck.
Bild 3 zeigt eine einfach Auflage für ein Smartphone, das durch zwei verstellbare Leisten seitlich und unten (durch vergrößerte Schraubenbohrungen) einjustiert werden kann. Ich habe diese Halterung speziell für den Durchmesser des Okulartubus meines Leitz HM gebaut, das Auflagebrett ist mit einem halbierten Holzklotz verbunden, der mit einem zufällig zum Tubus passenden Bohrer aufgebohrt wurde. Wenn man sauber arbeitet ist der Winkel der Auflage ausreichend senkrecht zur optischen Achse, eine weitere Winkel-Justierung wird nicht erforderlich. Der Abstand der Auflage muss nicht bei jedem Aufsetzen nachjustiert werden, da die Halterung fest an die Austrittspupillenlage des Okulars angepasst wurde. Statt einer Bohrung könnte man auch zwei V-förmig gesägte Klötze zum Klemmen des Tubus verwenden.
Bild 4 zeigt eine weiter Smartphonehalterung, die speziell für ein MBS-10 Stereomikroskop gebaut wurde. Ich wollte die Halterung nicht an dem (recht langen) Okular befestigen, da sie für Stereo-Aufnahmen mit dem 180°-Umschlagverfahren gedacht war und sich daher keinesfalls bewegen sollte. Dazu musste eine 2. untere Klemmung gebaut werden. Der Rest ist identisch aufgebaut.
Ich verwende für solche Anwendungen gerne Weichholz (Pappelsperrholz), da man damit ein sehr gutes Gewichts/Festigkeitsverhältnis erreicht und es außerdem leicht zu bearbeiten ist.
Nachdem ich oft mit verschiedenen Mikroskopen und dabei auch verschiedenen Okularen experimentiere, habe ich mir eine weitere Halterung gebaut, die in Sekunden abnehmbar ist weil sie nicht geklemmt werden muss. Gleichzeitigt ist sie reproduzierbar wieder montierbar. Bild 5 zeigt ein Beispiel diverser verwendeter Zeiss-Okulare (+ China-Okular). Da hat praktisch jedes andere Durchmesser- oder Längenmaße oder einen störenden Rand am Ende. Die universellere Konstruktion sieht daher wie in Bild 6 aus. Dabei wird einfach das Drehmoment des einseitig wirkenden Gewichtes der Halterung incl. Smartphone verwendet, um die Halterung mittels zweier V-förmiger Halterungen am Okulartubus zu fixieren (siehe rote Pfeile). Die beiden V-Halterungen sind für jeweils unterschiedliche Tubus- oder Okulardurchmesser verschiebbar.
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