Botanik: Weißer Maulbeerbaum Morus alba, Nahrungsgrundlage für Seidenraupen

Begonnen von Hans-Jürgen Koch, Juni 11, 2023, 14:40:20 NACHMITTAGS

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Hans-Jürgen Koch

Die Geschichte des  Weißen Maulbeerbaumes ist eng mit der Seide verknüpft.
Bei Aristoteles heißt die Seide ,,sir", das ursprünglich ,,glänzend" oder ,,Lichtträger" bedeutet.

Vor etwa 60 Jahren konnte man noch in der oberen Poebene auf den Feldern viele Maulbeerbaumpflanzungen sehen.

Die Po-Ebene erstreckt sich entlang des Inneren des Alpenbogens und nördlich des Apennin bis an die Obere Adria.
Hauptsächlich erstreckt sich die Po-Ebene von Westen nach Osten und ist insgesamt etwa 400 km lang. In der Breite misst sie zwischen 70 und 200 km.

Maulbeerbäume dienten der Seidenraupenzucht.

Die Blätter sind die Hauptnahrung des Seidenspinners. Diese verpuppen sich in einen Kokon, der aus einem einzigen Seidenfaden besteht und bis 3500 Meter lang weden kann.

Durch das Aufkommen neuer Chemiefasern, und da vor allem niemand mehr die Mühe der Seidenraupenzucht auf sich nehmen will, besonders die Sorgen in den Wochen zwischen dem Ausschlüpfen der Seidenraupe und das Sammeln der Kokons, wurde die Maulbeerbaüme ausgeschlagen, um den Boden einer anderen landwirtschaftlicheen Nutzung zuzuführen.

Bild 01 Habitus, Weißer Maulbeerbaum Morus alba

Quelle: Van den Berk GeldernVVan den Berk Geldern GmbH an den Berk Geldern GmbH

Systematik:

Ordnung: Rosenartige Rosales
Familie: Maulbeergewächse Moraceae
Gattung: Maulbeeren
Wissenschaftlicher Name: Morus alba
Englische Bezeichnung: White Mulberry

Etwa 10 Arten zählen zu dieser Gattung, die vor allem in Ostasien beheimatet ist und wird bereits seit über 4500 Jahren in China (Mittel- und Nordchina) kultiviert.

Die lat.Bezeichnung Morus ist dem griechischen"morea" entlehnt und war in der Antike drr Name für Baum, abgeleitet von griechisch  ,,meros" = Teil, wohl wegen der zusammengesetzten ,,Früchte".

Es wird behauptet, dass der Maulbeerbaum breits vor viereinhalbtausend Jahren in China angepflanzt wurde.

Der Kreter Nearchos, ein Admiral Alexanders des Großen, soll die Pflanze im 4. Jahrhundert v. Chr.nach Europa gebracht haben.
Der Weiße Maulbeerbaum gelangte erst im 11. oder 12, Jahrhubdert nach Italien.

Aber auch in Deutschland, Österreich und der Schweiz wurden Maulbeerbaumpflanzen angelegt.

Die ersten Pflanzungen Deutschlands dürften aus dem 16. Jahrhundert stammen.
Zur Zeit Friedrich des Großen (1712 – 1786) gaben die hohen Preise der Rohseide Anlass, die Seidengewinnung auch nördlich der Alpen zu versuchen, so beispiellsweise in Westpreußen, Schlesien und Brandenburg.
In Hannover wurden zur selben Zeit Pflanzungen angelegt, so unter anderem 1764 bei Celle, Herrenhausen, Plattensen und Koldingen.

Bild 02 Querschnitt durch den Stamm,  Morus alba

Fotograf: Roger Culos
Der Stamm ist über 20 Jahre alt.

Die Borke ist orange bis rotbraun mit Längsrissen und tiefen Furchen. Aus Verletzungen entstehen oft dicke und knollige Vernabungen.
Das Holz ist ringporig mit gelbbraunem bis braunem Kern (Kernholzbaum), ziemlich hart schwer und haltbar.

Ringporige Hölzer (Ringporer) sind Hölzer, bei denen im Frühjahr (Frühholz) weitlumige Gefäße (Tracheen) gebildet werden.
Das Holz wird leider wenig genutzt.

Kernholzbäume wie beispielsweise Esche, Hickory, Ulme und Eiche.

Bild 03 Schnittarten am Holzstamm, Morus alba

Quelle: The Woodbook

Querschnitt - Schnitt quer zur Längsrichung
Radialschnitt – durch die Stammachse geführt
Tangentialschnitt ist auch unter der Bezeichnung Brettschnitt bekannt.

Der Maulbeerbaum hat einen runzligen, 10 – 15 Meter hohen Stamm und wird bis zu 1 Meter dick. Die Pflanze ist sowohl ein- und auch zweihäusig.
Wie fast alle Vertreter der Familie besitzen die Maulbeerbäume einen weißen, klebrigen Milchsaft, der bei Verletzungen austritt und die Wunde verschließt.

Bild 4 Blattvariante,  Weißer Maulbeerbaum Morus alba

Foto: H.-J_Koch

Die Blattform ist sehr variabel; es kommen am gleichen Baum unregelmäßig gelappte, gespaltene und unzerteilte Blätter vor.

Die breiten, sommergrünen 6 – 12 cm langen Blätter sind an der Basis oft herzförmig, stark und unregelmäßig gezähnt.

Die Blätter des Weißen Maulbeerbaums sind nicht behaart, weniger rauh und oft tief geschlitzt, sie sind sommergrün, wechselständig.
Der Blattstiel ist 2,5 cm lang.

Bild 05 Blüten der Weißen Maulbeere

Quelle: Suyash Dwived
Weibliche Blütestände mit weißen Narben (Stigma)

Der einhäusige Baum hat unauffällige männliche und weibliche Blüten.

Die Blütezeit ist Mai und Juni, die Bestäubung erfolgt durch den Wind.
Die Blüten stehen in zylindrischer oder kugelförmigen Blütenständen zusammen.
Die männlichen haben ein Perigon (Blütenhülle) aus 4 Gliedern und 4 Staubblätter. Das der weiblichen Blüten ist 4- oder 5 gliedrig.

Bild 06 Weiße Maulbeere (Morus alba), Früchte

Quelle: Luis Fernández García

Die Fruchtreife ist von Juli bis September.
Die weiße Frucht ähnelt einer Brombeere, ist aber in Wirklichkeit nur der Fruchtstand, der aus kleinen Einzelfrüchten besteht.

Der Fruchtstand hat eine ungewöhnliche Entstehung:
Die Blütenhüllen weden werden fleischig – saftig und verwachsen zu einer Sammelfrucht.

Diese haben die Form einer Steinfrucht, die von den Resten des Perigons und dem weichen Meoskarp (mittlere Schicht der Fruchtwand) gebildet ist und den von Endokarp (innerste Schicht der Fruchtwand) umschlossenen Samen birgt.

In früheren Jahrhunderten intensivierte man mit Schwarzen Maulbeeren die Farbe des Rotweines.


Teil 1
Spross, Querschnitte
20 Mikrometer

Bild 07 Schnittstellen, Weißer Maulbeerbaum Morus alba

Foto; H.-J_Koch

A = älterer Spross, B = junger Spross

Älterer Spross  (A)


Bild 08 Detailaufnahme,, ungefärbter Schnitt, Weißer Maulbeerbaum Morus alba


Bild 09 Detailaufnahme, Autofluoreszenz, Detailaufnahme, Weißer Maulbeerbaum Morus alba

LED Modul 455 nm
Reflektormodul FL mit Filtersatz 67
Erregerfilter: BP 470 nm
Strahlenteiler: FT 477 nm
Emission (Sperrfilter): LP 485


W-3A-Färbung nach Wacker (Acridinrot-Acriflavin-Astrablau) modifiziert

Arbeitsablauf:
1.Pflanzenprobe liegt in 30 % Ethanol.
2. Aqua dest. 3x wechseln je 1 Minute.
3. Vorfärbung Acridinrotlösung 7 Minuten
4. 1x auswaschen mit Aqua dest. .
5. Acriflavinlösung (differenzieren bis gerade keine Farbwolken mehr    abgehen - Lupenkontrolle) ca.30 Sekunden !!
6. 2 x auswaschen mit Aqua dest..
7. Nachfärbung Astrablaulösung 1 Minuten
8. Auswaschen mit Aqua dest. bis keine Farbstoffreste auf dem Objektträger    verbleiben.
9. Entwässern mit 3x gewechseltem Isopropylalkohol (99,9 %)
10. Einschluss in Euparal.

Ergebnis :
Zellwände blaugrün bis grün, verholzte Zellwände leuchtend rot, Zellwände der äußeren Hypodermis orangerot, Cuticula gelb, Zellwände der innenliegenden Hypodermis tiefrot.
Bei der Betrachtung wird eine Kontrastverbesserung bei Verwendung eines BG 38 Filters (blaugrün, 3 mm dick) erreicht.

Fotos: Nikon D5000, Sony Alpha 6000

Bild 10 Übersicht, Weißer Maulbeerbaum Morus alba



Bild 11 Detailaufnahme mit Beschriftung,, Weißer Maulbeerbaum Morus alba

PXY = Protoxylem, MP = Markparenchym, St = Strahl, XY = Xylem, T = Trachee, PH = Phloem, SK = Sklerenchym, RP = Rindenparenchym, EP = Epidermis

Bild 12 Detailaufnahme,  Weißer Maulbeerbaum Morus alba



Bild 13 Übersicht, Auflichtbeleuchtung Fluoreszenz, Weißer Maulbeerbaum Morus alba

Reflektormodul FL mit Filtersatz 67
Erregerfilter: BP 470 nm
Strahlenteiler: FT 477 nm
Emission (Sperrfilter): LP 485

Junger Spross  (B)


Bild 14 Detailaufnahme mit Beschriftung, Weißer Maulbeerbaum Morus alba



Bild 15 Trichome, Weißer Maulbeerbaum Morus alba



Bild 16 Gegenüberstellung, Weißer Maulbeerbaum Morus alba

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Hans-Jürgen Koch

Teil 2
Sprossgabel , Längsschnitt
25 Mikrometer

Bild 17  Aufgeklebte Sprossgabel, Weißer Maulbeerbaum Morus alba


Bild 18  Aufgeklebte Sprossgabel, Weißer Maulbeerbaum Morus alba


Bild 19 Schnitte in einer Petrischale, Weißer Maulbeerbaum Morus alba


W-3A-Färbung nach Wacker (Acridinrot-Acriflavin-Astrablau)

Bild 20 Übersicht, Tangentialschnitt, Weißer Maulbeerbaum Morus alba


Bild 21 Übersicht, Tangentialschnitt, Weißer Maulbeerbaum Morus alba


Bild 22 Detailaufnahme, Weißer Maulbeerbaum Morus alba


Bild 23 Detailaufnahme, Weißer Maulbeerbaum Morus alba


Bild 24  Detailaufnahme,Weißer Maulbeerbaum Morus alba


Teil 3
Blattstiel, Querschnitt
20 Mikrometer

Da der weiche Blattstiel winzig klein ist (ca.1 mm) und beim Einspannen im Probenhalter zerquetscht habe ich zum Schneiden eine gebastelte Gefriereinrichtung für das Reichert Schlittenmikrotom eingesetzt.

Der biegsame Blattstiel ermöglicht es der Pflanze, dem Druck durch Wind und Regentropfen nachzugeben, ohne dabei abzuknicken oder einzureißen.

Bild 25 Peltier-Element; Gefriereinrichtung zum Reichert Schlittenmikrotom


Bild 26 Computer – Lüfter; Gefriereinrichtung zum Reichert Schlittenmikrotom


Bild 27 Explosionszeichnung - Gefriereinrichtung


Bild 28 Ungefärbter Schnitt, Übersicht,Weißer Maulbeerbaum Morus alba


Bild 29 Ungefärbter Schnitt, Detailaufnahme, Weißer Maulbeerbaum Morus alba


W-3A-Färbung nach Wacker (Acridinrot-Acriflavin-Astrablau)

Bild 30 Übersicht, Weißer Maulbeerbaum Morus alba


Bild 31 Leitbündel, Weißer Maulbeerbaum Morus alba


Bild 32 Detailaufnahme, Auflichtbeleuchtung Fluoreszenz, Weißer Maulbeerbaum Morus alba


Quellen und weiterführende Informationen:

Wikipedia; Freie Enzyklopädie

Gregor Aas ,,Bäume", ISBN:3-7742-4058-2

Bachofer ,,Der Kosmos Baumführer", ISBN: 978-440-14660-6

U. Hecker ,,Bäume und Sträucher", ISBN: 3-8354-0021-7

Wolfgang Kawollek, ,, Die Pflanzen der Bibel", ISBN: 978-3-8186-1299-3

Bernd Schulz ,,Gehölzbestimmung im Winter", ISBN: 978-3-80017986-2

P. Schütt ,,Lexikon der Bäume und Straucharten", ISBN: 978-3-86820-123-9
P. Schmidt ,,Taschenbuch der Gehölze", ISBN: 978-3-494-01448-7

P. Schmidt ,, Die wildwachsenden und kultivierten Laub – und Ndelgehölze Mitteleuropas", ISBN:978-3-494-01800-3

,,Botanica" Das Abc der Pflanzen, ISBN: 3-8290-0868-6

,,Killerpflanzen", ISBN: 978-3-440-16068-8

,,The Woodbook", ISBN: 978-3-8365-3603-5

,,Welcher Baum ist das?", ISBN: 978-3-440-16449-5

,,Das große illustrierte Pflanzenbuch", 1977


Die Informationen für Beschreibungen werden von mir selbst aus verschiedenen Quellen zusammengetragen. Dabei benutze ich sowohl Bücher als auch Internet Quellen.
Ich recherchiere dann weiter, suche die zugrundeliegenden Studien heraus, werte sie aus und verbinde alles miteinander.
Beim Recherchieren öffnet sich oft nicht nur eine neue Tür, sondern gleich mehrere.Dahinter verbargen sich weitere spannende Informationen.
Für konstruktive Kritik bin ich ebenso offen wie für lobende Worte.

Hans-Jürgen
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Bernd Miggel

Lieber Hans-Jürgen,

deine Gefriereinrichtung lädt geradezu zum Nachbau ein. Welches Peltierelement (Type oder techn. Daten) und welches Netzteil hast du denn verwendet?

Herzliche Grüße
Bernd

Hans-Jürgen Koch

Lieber Bernd,

Netzteil:
AC/DC Adapter (Made in China)
Model: GLS-128300G
Input: 100-240VAC  2,5 A
50/50Hz
Output: DC 12V = 8,3 A


Peltierzelle TEC1-12705 12V / 5A

Peltier – Element 40 X 40 X 4 mm

Eine Kühlzelle , die beispielsweise in tragbaren Kühlschränken verwendet wird. Es wird mit einer Spannung von 12 V versorgt.

Bei dem Peltier – Element  bin ich mir nicht sicher, ob die Angaben stimmen, ich habe keine Unterlagen mehr.

Gruß
Hans-Jürgen
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Wutsdorff Peter

Grüß´ Dich Hans-Jürgen,
wieder einmal ein "klassischer  Hans-Jürgen"
Gratulation!!
Ich erblasse wieder einmal vor Erstaunen.
Einen   nicht so heißen Sommer  wünscht Dir
der Inschenör Peter

jcs

Hallo Hans-Jürgen,

sehr schöne Schnitte zeigst Du hier wieder!

Eine Frage zum Peltierelement: Musstest Du das Schlittenmikrotom modifizieren, um die doch recht große Bauhöhe des Kühlaggregats unterzubringen, oder ging das ohne Modifikation?

LG
Jürgen

Bernd Miggel

Danke Hans Jürgen

für die Angaben zum Kühler! Ich werde versuchen das Teil nachzubauen.

Herzlichen Gruß
Bernd

Hans-Jürgen Koch

Hallo Peter,

danke für dein Lob.

@ Jürgen,

die Höhe vom Schlitten zum Messerhalter muß verändert werden.

@ Bernd,

viel Erfolg beim Basteln.









Gruß
Hans-Jürgen
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Bernd Miggel

Hallo Hans-Jürgen,

bettest du das zu schneidende Pflanzenteil zum Festfrieren auf deiner Vorrichtung in ein bestimmtes Medium ein, beispielsweise in Polyethylenglycol?

Viele Grüße
Bernd

Hans-Jürgen Koch

Hallo Bern,

Ich habe die fixierten Pflanzenteile direkt eingefroren.

Gruß
Hans-Jürgen
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Fahrenheit

Lieber Hans-Jürgen,

danke für den schönen und interessanten Faden zum Weißen Maulbeerbaum! Diesmal noch garniert mit einer gut beschriebenen Gefriereinrichtung.
Natürlich habe ich Deinen Beitrag gelistet.

Herzliche Grüße
Jörg
Hier geht's zur Vorstellung: Klick !
Und hier zur Webseite des MKB: Klick !

Arbeitsmikroskop: Leica DMLS
Zum Mitnehmen: Leitz SM
Für draussen: Leitz HM

Hans-Jürgen Koch

Lieber Jörg,

danke für die Aufnahme meines Beitrags in die Übersicht - BOTANIK.

Gruß
Hans-Jürgen
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