Botanik: Wald-Geißbart Aruncus dioicus syn. Aruncus sylvestris *

Begonnen von Hans-Jürgen Koch, September 13, 2023, 09:16:28 VORMITTAG

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Hans-Jürgen Koch

In schattigen und feuchten Wäldern der Alpen trifft man den Wald-Geißbart, er ist hauptsächlich über die Gebirge Mitteleuropas, die Pyrenäen, die Alpen, den Apennin und die Gebirge der Balkanhalbinsel verbreitet.
Er steigt in Deutschland in den Alpen in Höhenlagen bis zu 1500 Metern auf; in den Allgäuer Alpen in Tirol am Hüttenwald oberhalb Petersberg bis 1450 Meter.

Der Wald-Geißbart kommt an luftfeuchten, lichten bis halbschattigen Standorten in Schluchten vor. Er wächst in Ahorn-Eschenwäldern typischerweise auf sickerfrischen, nährstoffreichen und basenreichen lockeren Mullböden.

Die ausdauernde, 70 bis 150 cm hohe Staude hat einen kräftigen, holzigen Wurzelstock mit Adventivwurzeln.

Adventivwurzeln, auch sprossbürtige Wurzeln genannt, entstehen bei Monokotyledonen (Einkeimblättrige) beim keimenden Samen aus einer Primärwurzel, deren Funktion sie übernehmen. Mit der Zeit verzweigen sich die Adventivwurzeln sehr stark und bilden ein komplexes buschiges Wurzelsystem.

Bild 01 Habitus, Wald-Geißbart Aruncus dioicus

Foto: H.-J_Koch

Aruncus dioicus wird mehr als mannshoch und ist leicht an seinen breiten, 2- oder 3gefiederten Blätter mit ihren kleinen, ovalen Blättchen (nicht mit Einzelblättern zu verwechseln) zu erkennen, besonders aber durch seine große, verzweigte, kolbenförmige Krone.
Die beblätterten und steif aufrechtstehenden Stängel sind einfach und kahl.

Bild 02 Laubblätter und endständiger Blütenstand, Wald-Geißbart  Aruncus dioicus

2 – 3 Fiederpaaren und eine Endfieder. Die Fiedern sind scharf gesägt.
Foto: H.-J_Koch

Der Wald-Geißbart ist mehrjährig.

Mehrjährige (ausdauernde) Pflanzen können viele Jahre leben und jedes Jahr Samen bilden.

Bild 03 Fiederblätter, Wald-Geißbart Aruncus dioicus

Blattoberseite, Blattunterseite;
Foto: H.-J_Koch

Bild 04 weiblicher Blütenzweig, Wald-Geißbart Aruncus dioicus

Foto: H.-J_Koch

Der Blütenstand der männlichen Pflanzen ist üppich, dichter und gelblich-weiß, der der weiblichen zarter, unscheinbarer und reinweiß.

Bild 05 Fruchtstand, Wald-Geißbart Aruncus dioicus

Dieses Werk ist gemeinfrei.
Verfasser: Syp

Die Früchte sind klein, ca. 3 mm lange, auf herabgebogenen Stielen hängen, braune, nach innen aufspringende Balgfrüchte mit etwa 2 mm langen, lineal-lanzettlichen Samen.

Das leichte Samenkorn des Wald- Geißbarts wiegt nur 0,00008 g. (Quelle: Das Kosmos Wald & Forst-Lexikon).

Die Zweige sind über die ganze Länge mit cremeweißen, sehr kleine (4 oder 5 mm Durchmesser) Blütchen überzogen, so dass sie wie breite Federn aussehen.

Der Wald-Geißbart ist eine polygame Pflanze, d. h. er hat neben Zwitterblüten auch männliche und weibliche Blüten auf der gleichen Pflanze oder auf verschiedenen Exemplaren.
Die Blütezeit ist von Juni – Juli.

In Italien der Wald-Geißbart als Spargelgemüse bekannt.
Aus den jungen Trieben kann man Gemüse kochen, sie werden In Norditalien gelegentlich auf dem Markt angeboten.
Kleine geflügelte Samen sind essbar.

Diese Pflanze ist in Deutschland geschützt und steht auf der Roten Liste Bayern!

In der Volksheilkunde vergangener Jahrhunderte besaß der Wald-Geißbart vielfältige Bedeutung. Genutzt wurde vorwiegend die Wurzel. Die Heilwirkung der auch als Waldspargel bezeichneten Pflanze ist beinah in Vergessenheit geraten.

Früher wurde der Wald-Geßbart auch als Heilpflanze genutzt.
Die Samen enthalten medizinisch wirksame Saponine. Gleichzeitig enthalten die Laubblätter aber Spuren giftiger Blausäureverbindungen.
In der Volksheilkunde als Tonikum, Adstringens und Fiebermittel eingesetzt.

Systematik:

Ordnung:   Rosenartige (Rosales)
Familie: Rosengewächse (Rosaceae)
Unterfamilie: Spiraeoideae
Gattung: Geißbärte (Aruncus)
Art: Wald-Geißbart
Wissenschaftlicher Name: Aruncus dioicus
Trivialnamen: Hoher Wald-Geißbart, Ziegenbart, Johanniswedel, Spargelgemüse
Englische Bezeichnung: forest goat's beard

Bild 06 Illustration, Wald-Geißbart Aruncus dioicus

Dieses Werk ist gemeinfrei.
Quelle: Feige. aus dem Buch Deutschlands Flora in Abbildungen. bei http://www.biolib.de

Verfasser: Johann Georg Sturm (Maler: Jacob Sturm)
Die Erstveröffentlichung erfolgte 1788 unter dem Namen (Basionym) Actaea dioica durch Thomas Walter in Flora Caroliniana, secundum ..., S. 152.

Thomas Walter (1740 -1789) war ein nordamerikanischer Botaniker.


Die Pflanzenproben stammen aus dem Harz (Bad Harzburg).



Teil 1
Spross, Querschnitte
25 Mikrometer


Bild 07 Schnittstellen, Wald-Geißbart Aruncus dioicus

Foto: H.-J_Koch

Bild 08 Übersicht, ungefärbter Schnitt, Wald-Geißbart Aruncus dioicus


W-3A-Färbung nach Wacker (Acridinrot-Acriflavin-Astrablau) modifiziert

Arbeitsablauf:
1.Pflanzenprobe liegt in 30 % Ethanol.
2. Aqua dest. 3x wechseln je 1 Minute.
3. Vorfärbung Acridinrotlösung 7 Minuten
4. 1x auswaschen mit Aqua dest. .
5. Acriflavinlösung (differenzieren bis gerade keine Farbwolken mehr abgehen - Lupenkontrolle) ca.30 Sekunden !!
6. 2 x auswaschen mit Aqua dest..
7. Nachfärbung Astrablaulösung 1 Minuten
8. Auswaschen mit Aqua dest. bis keine Farbstoffreste auf dem Objektträger verbleiben.
9. Entwässern mit 3x gewechseltem Isopropylalkohol (99,9 %)
10. Einschluss in Euparal.

Ergebnis:

Zellwände blaugrün bis grün, verholzte Zellwände leuchtend rot, Zellwände der äußeren Hypodermis orangerot, Cuticula gelb, Zellwände der innenliegenden Hypodermis tiefrot.

Bei der Betrachtung wird eine Kontrastverbesserung bei Verwendung eines BG 38 Filters (blaugrün, 3 mm dick) erreicht.

Fotos: Nikon D5000, Sony alpha 6000

Bild 09 Detailaufnahme, Wald-Geißbart Aruncus dioicus


Bild 10 Detailaufnahme mit Beschriftung, Wald-Geißbart Aruncus dioicus


EP = Epidermis, PH = Phloem, RP = Rindenparenchym, XY = Xylem PXY = Protoxylem, MP = Markparenchym, SK = Sklerenchym, T = Trachee, ST = Strahl

Bild 11 Detailaufnahme, Wald-Geißbart Aruncus dioicus


Bild 12 Detailaufnahme, Wald-Geißbart Aruncus dioicus



Bild 13 Detailaufnahme, Auflichtbeleuchtung Fluoreszenz Wald-Geißbart Aruncus dioicus

Reflektormodul FL mit Filtersatz 67
Erregerfilter: BP 470 nm
Strahlenteiler: FT 477 nm
Emission (Sperrfilter): LP 485

Bild 14 Detailaufnahme, Auflichtbeleuchtung Fluoreszenz, Wald-Geißbart Aruncus dioicus


Bild 15 Detailaufnahme, Wald-Geißbart Aruncus dioicus

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Hans-Jürgen Koch

#1
Teil 2

Spross, Längsschnitt

25 Mikrometer


W-3A-Färbung nach Wacker (Acridinrot-Acriflavin-Astrablau)

Bild 16 Radialschnitt, Wald-Geißbart Aruncus dioicus


Bild 17 Detailaufnahme, Wald-Geißbart Aruncus dioicus


Bild 18 Detailaufnahme, Wald-Geißbart Aruncus dioicus

Schraubengefäß

Bild 19 Detailaufnahme, Wald-Geißbart Aruncus dioicus

Amyloplasten, Kristalle, Parenchymzellen - über Tüpfel miteinander verbunden.

Bild 20 Markparenchym, Wald-Geißbart Aruncus dioicus


Bild 21 Detailaufnahme, Auflichtbeleuchtung Fluoreszenz, Wald-Geißbart Aruncus dioicus


Bild 22 Detailaufnahme, Auflichtbeleuchtung Fluoreszenz, Wald-Geißbart Aruncus dioicus


Teil 3

Blattstiel, Querschnitt

20 Mikrometer

W-3A-Färbung nach Wacker (Acridinrot-Acriflavin-Astrablau)

Bild 23 Übersicht, Wald-Geißbart Aruncus dioicus


Bild 24 Detailaufnahme, Wald-Geißbart Aruncus dioicus


Bild 25 Detailaufnahme, Wald-Geißbart Aruncus dioicus


Bild 26 Detailaufnahme, Auflichtbeleuchtung, Fluoreszenz,  Wald-Geißbart Aruncus dioicus


Verzeichnis der benutzten Literatur:

Wikipedia; Freie Enzyklopädie

,,Das Kosmos Wald & Forst Lexikon", ISBN: 978-3-440-15219-5

,,Tiere und Pflanzen", ISBN: 978-3-440-14136-6

,,Das große illustrierte Pflanzenbuch", 1966

,,Die große Enzyklopädie der Arzneipflanzen und Drogen", ISBN: 978-3-89996-508-7

Die Informationen für Beschreibungen werden von mir selbst aus verschiedenen Quellen zusammengetragen. Dabei benutze ich sowohl Bücher als auch Internet Quellen.
Ich recherchiere dann weiter, suche die zugrundeliegenden Studien heraus, werte sie aus und verbinde alles miteinander.
Beim Recherchieren öffnet sich oft nicht nur eine neue Tür, sondern gleich mehrere. Dahinter verbargen sich weitere spannende Informationen.

Für konstruktive Kritik bin ich ebenso offen wie für lobende Worte.

Hans-Jürgen



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Fahrenheit

Lieber Hans-Jürgen,

vielen Dank für Deinen schönen Faden zum Wald-Geißbart, den wir deieses Jahr in Österrecih auch in voller Blüte bewundern durften.
Gerne habe ich Deinen Beitrag gelistet.

Herzliche Grüße
Jörg
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Bernd Miggel

Lieber Hans-Jürgen,

auch von mir ein herzliches Dankeschön für diese wunderbare Darstellung!

Viele Grüße
Bernd

Detlef Kramer

Lieber Hans-Jürgen,

toll, wie immer! Zwei Anmerkungen:
1. ich vermute, dass es sich bei den Leitbündeln um bikollaterale handelt. Ich weiß es nicht, sondern schließe es aus Deinen Fotos. Jörg könnte es eventuell an Hand der Literautur nachprüfen.
2. in Abb. 19 erkenne ich keine Tüpfel. Was da als Klunker rumschwimmt sind Amyloplasten, oder irre ich mich?

Herzliche Grüße
Detlef
Dr. Detlef Kramer, gerne per DU

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Fahrenheit

Lieber Detlef, lieber Hans-Jürgen,

was ein Glück, die Rosaceae sind im Vol I der Anatomy of the Dicotyledons (Metcalfe and Chalk): Kap. 117, Seite 539 ff.
Die anderen Bände sind beim Buchbinder, den Vol 1 hab' ich doppelt: ich hab mich verguckt, es sollte Vol 1 der Monocots sein.

Die Gattung Aruncus hängt über die Unterfamilie Spiraeoideae in der Familie der Rosengewächse (Rosaceae).

Ganz auf die Schnelle: die Leitbündel werden als offen kollateral beschrieben, das primäre Xylem ist hier wohl recht ausgeprägt.

Auch werden für verschiedene Gattungen Kristalle in den Zellen angesprochen. Dies ist sicherlich auch in Bild 19 zu sehen. Leider sagt Metcalfe nicht, welche Arten von Kristallen zu erwarten sind.
Tüpfel sind m.E. aber ebenfalls zu sehen: die kleinen länglichen Strukturen z. B. in der Zelle ganz unten rechts im Bild.

Herzliche Grüße
Jörg
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Ronald Schulte

Gut ausgearbeiteter Beitrag Hans-Jürgen. So ist völlig klar, was du schneidest und woher es kommt. Auch der Farbstufenverlauf tut Deinem Beitrag sehr gut.
Viele Grüße aus den Niederlanden, Ronald
Mikroskope:
Leitz Orthoplan (DL, AL-Fluoreszenz und Diskussionseinrichtung).
Leica/Wild M715 Stereomikroskop.
Mikrotom:
LKB 2218 Historange Rotationsmikrotom.

Hans-Jürgen Koch

#7
Hallo Jörg, Bernd, Detlef und Ronald,

danke für eure lobende Worte.

@Detlef,
danke für deine Anmerkungen. Ich habe das Bild Nr. 19 neu bearbeitet.

@Jörg,
danke für deine Literaturangabe.

Gruß
Hans-Jürgen

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Fahrenheit

Lieber Hans-Jürgen,

ich weiß nicht, ob das im Bild 19 wirklich Amyloplasten sind, Metcalfe spricht ja leider nur von Krystallen.

Aber eine Aufnahme im Polarisationskontrast würde das sofort klären.

Beste Grüße
Jörg
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Hans-Jürgen Koch

#9
Lieber Jörg,

es sind Kristalle.
2 Bilder (Polarisationskontrast)



Gruß
Hans-Jürgen

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rlu

#10
Hallo,

XY= Xylem(Wasserleitung von den Wurzeln nach oben, vmtl. so nicht ganz richtig)
T = Trachee(Stützstruktur)
Bild 10 Detailaufnahme mit Beschriftung, Wald-Geißbart Aruncus dioicus 
Ich habe mir dann folgende Frage gestellt:

Die Tracheen sind immer die Wand, Zellstruktur von dem Xylem(Wasserleitung nach oben) oder gibt es sie noch an anderer Stelle?

Habe folgende Internetseite gefunden:
https://www.u-helmich.de/bio/lexikon/XY/Xylem.html

Das Xylem besteht aus miteinander verbundenen, langgestreckten toten Zellen.
Deren Zellwände sind zum größten Teil mit Lignin inkrustiert, also verholzt. --> müßten dann auch wie verholzte Teile der Zelle anfärbt werden können

Bei "niederen" Landpflanzen, also Farnen und Nacktsamern, herrschen Tracheiden vor, also einzelne miteinander verbundene Zellen.
Der Wassertransport funktioniert über Tüpfel. Diese Zellen leben.

Bei "höheren" Landpflanzen, nämlich den Bedecktsamern, haben sich Tracheen durchgesetzt, die aus vielen miteinander verschmolzenen abgestorbenen Zellen bestehen und Durchmesser von bis zu 0,7 mm sowie Längen von 10 m (Lianen) erreichen können.

Wie lang sind denn jetzt hier die Tracheen und wie sehen die Übergänge zwischen den Tracheen aus?

Liebe Grüße
Rudolf



Fahrenheit

#11
Lieber Hans-Jürgen,

danke für die neuen Bilder! Ja, es scheinen doppelbrechende Kristalle zu sein, Amyloplasten sind nach meiner Erfahrung regelmäßiger geformt und zeigen nur eine "Doppelbrechungsfigur".
Im Pol sieht man aber auch schön die Tüpfel.

Lieber Rudolf,

Ich nehme an, mit Stützstruktur meinst Du die Zellwände der Tracheen. Dann passt es. Tracheen als finden sich als "Wasserleitungen" nur im Xylem höher entwickelter Pflanzen.
Es gibt auch dünnwandigere Sklereiden, aber die bilden keine Röhren und haben keine Hoftüpfel.

Mit den Färbungen ist das so eine Sache: die dicken Zellwände der Sklerenchymzellen oder sklerenchymatischer Idioblasten sind in aller Regel deutlich intensiver gefärbt, wie die vergleichweise dünnen Tracheenzellwände. Aber in z.B. Bild 12 treten sie deutlich angefärbt zutage.
Die große Trachee auf 9 Uhr scheint im linken oberen Drittel eine unverholzte Zellwand zu haben, hier wird meines Erachtens aber die Zellwand der Trachee von der gegenüberliegenden Zellwand einer Xylemparenchymzelle überlagert.

Bild 18 zeigt unter der markierten Tracheide eine Trachee mit einem Übergang - leider nicht ganz scharf. Die Tracheen entstehen durch Auflösung der Zellwände angrenzender Tracheenzellen (lysigen), es bleibt in der Regel ein wulstförmiger Ring stehen.
Die Länge ist in einer gewissen, art- oder gattungsabhängigen Bandbreite recht unterschiedlich. Um genauere Werte zu bekommen, müsste man den Holzteil mazerieren, die einzelnen Tracheen herauspicken und dann vermessen.
Vielleicht geben Hans-Jürgens Präparate aber eine Stelle her, in der eine Trachee so günstig liegt, dass man den Übergang gut sehen und vielleicht auch die Länge eines Einzelbeispiels abschätzen kann?

Herzliche Grüße
Jörg
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rlu

#12
Hallo Jörg,

die Tracheen verholzen und dienen als Stützstruktur. Die Zellen sind abgestorben
Die Sklerenchymzellen sind auch verholzt und deshalb werden sie genauso anfärbt. Hier orange.
Ist mir nicht aufgefallen, aber stimmt Bild 12, 9Uhr die orange Färbung sollte ganz rum gehen um die große Trachee.
Wanner arbeitet hauptsächlich mit zwei Farbstoffen und die sind sehr analytisch bezüglich der Verholzung.
Astrablau = nicht verholzt
Safranin = Verholzung


Wanner Seite 117: Sklerenchym

Zu Bild 18, da fehlt mir die Phantasie. Vielleicht gibt es zu den realen Bildern auch eine Schemazeichnung.
Wie funktioniert der Übergang zwichen zwei Tracheen? Auch mit Tüpfelzellen? Kann doch nicht sein - oder?

Ansonsten Danke für die schnelle Antwort.
Und Hans-Jürgen - wie immer - eine unglaublich tolle Arbeit.

Liebe Grüße
Rudolf

Wanner 107:
Werden die Zellwände nur durch Celluloseauflagerung stark verdickt, entstehen Kollenchyme (Ecken- und Plattenkollenchym). Werden die Zellwände verdickt und zusätzlich mit Lignin inkrustiert
(= Verholzung), entstehen die Sklerenchyme (Sklerenchymfasern oder Steinzellen).

Fahrenheit

#13
Lieber Rudolf,

Tracheen sind in erster Linie Wasserleitungen des Xylems und keine Stützelemente. Die Zellwände sind zwar verholzt, um dem beim Transport entstehenden Unterdruck stand zu halten, aber im Gegensatz zu den Tracheiden im Vergleich zum Durchmesser zu dünn, um effektiv zur Stabilisierung des Sprosses beitragen zu können. Die Röhre einer Trachee besteht aus vielen einzelnen Zellen, deren Zellwände sich an der Berührunghsstelle aufgelöst haben (Lysigene Entstehung). Dort, wo sich die Zellwände aufgelöst haben, befindet sich meist nur noch ein kleiner ringförmiger Wulst. Schön zu sehen auch in der unten von mir angesprochenen EM-Aufnahme im Wanner (Pfeile).

Als Trachee bezeichnet man die Röhrenförmige Leitung im Xylem als ganzes, sie ist aus mehreren (vielen) Zellen aufgebaut. Die Tracheen liegen nebeneinander und zwei Tracheen sind an den Berührungsstellen über Tüpfel verbunden. Dies sind Verbindungen, die zwischen den einzelnen, nebeneinanderliegenden Zellen zweier Tracheen schon beim Wachstum aufgebaut wurden.

Im ausdifferenzierten Zustand sind die einzelnen Zellen der Tracheen (wie auch die Tracheiden - eine Tracheide ist eine einzelne Zelle - und die Zellen der Sklerenchyme etc.) tot.

Zu den Tracheen und ihrer Entstehung gibt es auf der von Dir verlinkten Seite eine schöne Zeichnung und auch einen kurzen, erläuternden Text.

Wenn Du es genauer wissen willst:
Wanner, Mikroskopisch-Botanisches Praktikum, 2. Auflage Seite 170 Abb. 13.17 mit erläutendem Text - nur ein paar Seiten weiter von der von Dir zitierten Stelle.
Die Auflage ist übrigens nicht ganz unwichtig: viele haben noch die ältere 1. Auflage, da findet sich meine Stelle auf Seite 174 und Deine auf Seite 121.

Wenn Du es noch genauer wissen willst:
Esau, Pflanzenanatomie, Kap. 11 Das Xylem, S. 169 Elemente des Xylems mit Abb. 66 auf Seite 168

Herzliche Grüße
Jörg
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Hans-Jürgen Koch

Lieber Jörg, lieber Rudolf,

danke für eure Literaturhinweise.
in meinem Buch "Esaus Pflanzenantomie" 2006 wird im Kapitel 10 das "Xylem" ausführlich beschrieben.

Gruß
Hans-Jürgen
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