Lichtgehärtet - Eukitt UV zum Eindecken von Pflanzenschnitten

Begonnen von Fahrenheit, Oktober 25, 2023, 16:21:13 NACHMITTAGS

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Fahrenheit

Liebe Pflanzenschnippler,

ich denke, dass die meisten von uns zum Eindecken botanischer Schnitte Euparal verwenden. Dieses seit Jahrzehnten bewährte Einschlussharz hat den großen Vorteil, relativ tolerant gegenüber kleineren Mengen Restfeuchtigkeit im Schnitt zu sein und außerdem verschwinden auch größere Luftblasen oder wandern zum Deckglasrand. Zudem reicht eine Entwässerung in Isopropanol, die Xylolstufe wie z.B. bei Malinol oder Kanadabalsam entfällt.

Leider braucht Euparal jedoch eine längere Zeit zum Aushärten: bis Präparate sicher senkrecht archiviert werden können, sollten sie mindestens eine Woche auf der Wärmeplatte gelegen haben. Vollständig ausgehärtet ist ein Präparat mit einem z.B. 50 µm dicken Schnitt oft erst nach 5 bis 7 Monaten. Eindecken und direkt mikroskopieren ist also zumindest schwierig, zumal der optimale Brechungsindex erst nach einiger Zeit erreicht wird. Öl-Immersion geht erst mal gar nicht: zu groß ist die Gefahr, dass sich das Deckglas verschiebt und das Präparat somit unbrauchbar wird und neu eingedeckt werden muss (was immerhin möglich ist).

Hier kommen die schnell aushärtenden Eindeckmittel ins Spiel, wie wir sie z.B. mit Eukitt ebenfalls seit Jahren kennen. Eukitt muss jedoch über Xylol eingedeckt werden, weil es keine Toleranz gegenüber Wasser hat, und Luftblasen bleiben in der Regel stehen. Dafür ist das Präparat nach ca. 20 Minuten durchgehärtet. Seit einiger Zeit gibt es nun mit Eukitt UV ein UV-aushärtendes Eindeckmittel, das laut Hersteller-Beschreibung unter UV-Licht (365 nm) innerhalb von 60 Sekunden aushärtet, und über das wir vor einiger Zeit hier im Forum bereits gesprochen haben.

Eukitt UV von ORSAtec ist für Präparierautomaten in der Pathologie und Histologie gedacht und gehört zu einem Set aufeinander abgestimmter Reagenzien für diese Geräte. Dabei muss man auch sehen, dass die Schnittdicke bei dieser Anwendung fast eine Größenordnung geringer ist, als die meiner Pflanzenschnitte mit 50 µm. Trotzdem macht die neue Technologie neugierig und auch die Aussicht, nach einer Minute fertige Präparate zu erhalten, ist attraktiv. Zumal zu erwarten steht, dass sich der Farbeindruck der Schnitte nach dem Aushärten nicht mehr in dem Umfang ändert, wie es im Euparal bei ein wenig Restfeuchtigkeit üblich ist.

Den ersten Versuch mit Eukitt UV haben wir im September bei Wolfgang in Kassel gestartet: leider war ein großer Teil (8 von 10) der nach dem Eindecken und Aushärten einwandfreien Präparate schon am nächsten Morgen von Blasen oder Einschlüssen übersät und unbrauchbar. Dabei entstanden die Blasen sowohl direkt am Schnitt als auch kreisförmig in der freien Fläche um den Schnitt herum. Und zu allem Überfluss wachsen diese Artefakte langsam, aber stetig und lassen sich auch durch Nachbelichten nicht stoppen. Was war da wohl passiert?

Bilder 1a-e: Blasenbildung an den Präparaten der ersten Serie. Eingedeckt am 09.09., Fotos vom 26.09.







Laut Herstellerprotokoll können Schnitte sowohl aus Isopropanol als auch aus Xylol eingedeckt werden. Dazu gibt man ein Wenig (Zahnstocher oder feiner Tropfstab) des Eukitt UV auf einen gereinigten Objektträger, legt den Schnitt mit dem Pinsel vorsichtig in den Tropfen, wartet mindestens Zwei Minuten, damit das Eindeckmittel den Schnitt durchdringen kann (das Deckglas kann als Staubschutz schon aufgelegt werden) und drückt das Deckglas dann bei Bedarf leicht an. Dabei ist zu beachten, dass das Eukitt UV nach Möglichkeit nicht unter dem Deckglasrand hervorquillt, sondern eher ein wenig vom Rand entfernt bleiben sollte. Es wird also wirklich vergleichsweise wenig Eindeckmittel benötigt.
Anschließend belichtet man das Präparat von oben für 60 Sekunden mit einer 365 nm UV Lampe,  die auch beim Hersteller erhältlich ist oder anderweitig im Netz beschafft werden kann.
Danach ist das Präparat fertig und kann sofort – auch unter Öl-Immersion – genutzt werden.

Bild 2: Anleitung zum Eindecken mit Eukitt UV R vom Hersteller ORSAtec (O.Kindler)


Im ersten Lauf haben wir die zwei Minuten Wartezeit sicherlich nicht immer genau eingehalten und auch die Belichtung erfolgte nach Gefühl. Bei dem Ergebnis mussten also weitere Versuche mit sorgfältiger Einhaltung der Herstellervorschriften gemacht werden. Gesagt getan, das Ergebnis war wieder nicht berauschend (6 von 10 mit Blasen), obwohl ich eine andere UV Lampe mit deutlich größerem Beleuchtungsfeld genutzt habe.

Bilder 3a-e: Blasenbildung bei den Präparaten aus der 2. Serie






Also noch mal überlegt: da Pflanzenschnitte deutlich dicker sind, können zunächst zwei Aspekte zum Tragen kommen: das Eukitt UV braucht länger als zwei Minuten, um den dickeren Schnitt ausreichend zu durchdringen und / oder der Schnitt schattet das darunterliegende Eindeckmittel ggf. so weit ab, dass es nicht mehr durchpolymerisiert.

Ich habe dann nochmals zwei Serien gemacht, in denen ich nur wirklich dünne, fehlerlose Schnitte verwendet habe (Efeu 50 µm und Seerose wegen der Astrosklereiden 60 µm), vor dem Beleuchten 4 Minuten gewartet habe und das Präparat anschließend für je 60 Sekunden von oben und unten mit 365 nm beleuchtet habe. In beiden Fällen hatte ich von 4 Präparaten eines mit Blasen, beim letzten Versuch erst am dritten Tag.

Bilder 4a-c: Blasenbildung bei den Präparaten aus der 3. und 4. Serie



Bilder 4a nud 4b dokumentieren die Entwuicklung innerhalb von 2 Tagen.

Wirklich sicher in der Anwendung ist das Eukitt UV für die dicken Pflanzenschnitte also noch nicht und wir müssen immer im Hinterkopf behalten, dass wir das Produkt für einen Zweck nutzen, für den es nicht gemacht worden ist.
Aber wenn das Präparat gelingt, wird man mit knackigen Farben und klarem Hintergrund belohnt. Zum Thema Langzeitstabilität sichert der Hersteller 10 Jahre zu – eben genau auf den Punkt für die Archivierungspflicht von Befunden in der Medizin. Ob diese auch in unserem Fall erreicht oder überschritten wird, muss die Zeit zeigen.

Fotos aus fehlerfreien Präparaten findet Ihr in meinem aktuellen Thread zur Weißen Seerose.

Wer selbst weiter experimentieren möchte, findet hier das genaue ,,Rezept", wie ich es bei den letzten Beiden Reihen verwendet habe.
- Ausgangspunkt: gespülte und differenzierte Pflanzenschnitte in Aqua dest.
  mit einer Schnittdicke zwischen 40 und 60 µm
- Entwässern in Isopropanl 99,8% (3* im schnellen Wechsel, 2 * 2 Minuten, 2 * 5 Minuten)
- Überführen der Schnitte in Xylol
- Spülen in Xylol (3 * 1 Minute, 2 * 5 Minuten)
- Lagern der Schnitte in Xylol

- Ein Tropfen Euparal UV R auf den frisch gereinigten und staubfreien Objektträger
- Übertragen eines Schnittes per Pinsel in den Tropfen auf dem Objektträger
- Dabei darauf achten, dass nicht zu viel Xylol übertragen wird, ggf. etwas abdampfen lassen, hängende
  Tropfen unbedingt vermeiden (abstreifen)
- Deckglas blasenfrei auflegen
- 4 Minuten einwirken lassen
- Deckglas ggf. etwas andrücken, dabei sollte das Eukitt UV R möglichst nicht unter dem Deckglas hervorquellen
- Für je 60 Sekunden von der Ober und Unterseite mit UV belichten 365 nm LED-Taschenlampe
- Präparate in der ersten Woche auf auftretende Schäden prüfen, spätere Schäden sind selten aber möglich

Ausblick:

Wenn sich das Verfahren stabilisieren lässt, wäre auch eine Belichtung in einem UV Nageltrockner möglich. Da diese Geräte mit 365 nm UV LED nur von oben belichten, müsste geprüft werden, inwieweit ein unter den Präparaten liegender Spiegel sicher stellt, dass auch von unten belichtet wird. Der Spiegel dient dann gleichzeitig als Tablett für mehrere Präparate und bedient – wie sonst die eingelegte Hand – die Einschaltautomatik des Geräts. Nageltrockner sind im Netzt für um die 20 Euro erhältlich.

Bezugsquelle:

Fa. ORSAtec
O. Kindler, Mikroskopische Gläser Eukitt
https://www.orsatec.de/eukitt-uv.php
info@orsatec.de
+49 (0) 761 81077

100 ml rund 28 Euro ohne Lampe

Vielen Dank fürs Lesen! Anregung und Kritik und besonders eigene Erfahrungen mit Eukitt UV sind wie immer willkommen.
Herzliche Grüße
Jörg
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Für draussen: Leitz HM

plaenerdd

Hallo Jörg,
ich nutze ja schon seit etlichen Jahren den UV-Kleber CONLOC®665.  Er ist ideal für Dünnschliffe, da man nach dem Anschliff der ersten Fläche diese sofort auf einen Objektträger kleben kann und 2 Minuten später absägen und weiter schleifen kann.Auch zum Eindecken der Schliffe nutze ich dann zum Schluss den gleichen Kleber. Das geht so lange ganz wunderbar, solange es keine dicken Klebeschichten gibt. Tritt Kleber unter dem Deckglas hervor. wird dieser nicht hart. Oft ist nur eine dünne Lage fest, der Rest bleibt flüssig bis gelartig, auch wenn ich statt 120sek 2 oder 3 x so lange belichte. Die Schliffe sind bei mir i.d.R etwa 25..30µm dick, aber die Klebeschicht darunter und darüber deutlich dünner.
Was die Schliffe aber gar nicht mögen ist starker Druck. Übte man den beim Belichten aus, dann kann man im Anschluss fast immer mit Hungerblasen rechnen. Also immer nur wenig Medium verwenden und nur leicht andrücken.

Pflanzenschnitte sind natürlich was anderes, aber vielleicht helfen diese Zeiten trotzdem etwas weiter. Ich denke, es ist wirklich die Schnittdecke, die sich hier negativ auswirkt.
LG Gerd
Fossilien, Gesteine und Tümpeln mit
Durchlicht: Olympus VANOX mit DIC, Ph, DF und BF; etliche Zeiss-Jena-Geräte,
Auflicht: CZJ "VERTIVAL", Stemi: MBS-10, CZJ SMXX;
Inverses: Willovert mit Ph

jcs

#2
Hallo Jörg,

ich habe mir das Sicherheitsdatenblatt von Eukitt UV sowie die Patenteinreichung von Orsatec zu den Eindeckmitteln angeschaut. Eukitt UV besteht hauptsächlich aus einem dreifach-funktionellen Acrylat sowie einem dazugehörigen Photoinitiator. Im Patent sind Substanzen genannt, die zwar ähnlich aufgebaut sind, aber offenbar nur in modifizierter Art im eigentlichen Produkt verwendet werden. Das Patent wurde übrigens bereits fallengelassen, somit scheint kein Schutz auf Eukitt UV zu bestehen.

Acrylate polymerisieren radikalisch, was eine Empfindlichkeit gegenüber Sauerstoff zur Folge hat. D.h. eventuell vorhandener Restsauerstoff in den Schnitten kann die Polymerisation inhibieren, wodurch es zu einer unvollständigen Aushärtung kommt. Das könnte erklären, warum das Material trotz Belichtung gelartig bzw. teilweise flüssig bleibt.

Das im SDB genannte Tri-Acrylat ist durch die hohe Funktionalität sehr reaktiv, allerdings schrumpft es auch relativ stark. In den vergleichsweise dicken Schichten herrschen nach der Belichtung also große Schrumpfungsspannungen, was in Kombination mit der unvollständigen Aushärtung das Entstehen der Blasen erklären könnte.

Bei den dünnen histologischen Schnitten ist das alles weniger ein Problem, bei dicken botanischen Schnitten aber offenbar schon.

Chemisch ist Eukitt UV den lichthärtenden Kompositen, die man vom Zahnarzt kennt, sehr ähnlich. Dort hat man sich intensiv mit Inhibierung und Schrumpfungsspannungen beschäftigt und diese Probleme über verschiedene Ansätze gelöst. Aus dieser Anwendung kann man sicher Inspiration für ein verbessertes lichthärtendes Eindeckmittel bekommen.

LG
Jürgen

Fahrenheit

Lieber Gerd, lieber Jürgen,

vielen Dank für Eure Ergänzungen!

Ja, Hungerblasen aufgrund von Schrumpfungen, genau so sieht es aus. Und dieser Effekt tritt natürlich bei höherer Schichtdicke verstärkt auf. Und für 60 bis 70 µm Schichtdicke ist Eukitt UV ja auch nicht gemacht.

Echten Druck wie beim Euparal habe ich bisher nicht ausgeübt, da das Eukitt UV ja auch nicht unter dem Deckglas hervorquellen soll. Und das Belichten (Härten ) habe ich immer aus der freien Hand, gänzlich ohne Druck gemacht.

Jürgen erklärt mit der Chemischen Brille auch schön, warum ein Hervorquellen unter dem Deckglas vermieden werden soll: die Kontaktfläche mit dem Luftsauerstoff ist so wesentlich geringer.

Weitere Experimente sollten also mit Schnitten erfolgen, die so dünn wie möglich ausgeführt wurden und das Eindeckmittel muss unter dem Deckglas bleiben.

Herzliche Grüße
Jörg
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Arbeitsmikroskop: Leica DMLS
Zum Mitnehmen: Leitz SM
Für draussen: Leitz HM

gewo

Hallo Jörg,
ich habe auch schon mit Eukitt UV experimentiert und bin noch nicht überzeugt für die Verwendung mit botanischen Schnitten.
Ich habe allerdings andere Probleme gehabt - bei mir gab es keine ordentliche Aushärtung mit UV-Lampen. Wenn ich die Proben einen Nachmittag in die Sonne gelegt habe war alles gut.
Meine Schnitte waren dünner als deine - 25 - max. 40 µm - und ich habe die gefärbten Schnitte aus ISO in Rotihistol übergeführt, danach auf den Objektträger. Auf den Schnitt habe ich Eukitt UV aufgegeben und einwirken lassen. Deckglas leicht angedrückt, so dass sich das Eukitt möglichst vollständig unter dem Deckglas verteilt hat. Danach 2 min mit UV365 Taschenlampe beleuchtet. Hie und da war die Probe tatsächlich fest - meistens allerdings nicht ganz.

Ich verwende meistens mit recht gutem Erfolg Eukitt Neo spezial. Hie und da gibt es Probleme mit Luftblasen. Bei manchen Präparaten mehr bei anderen weniger - allerdings nicht reproduzierbar. Wahrscheinlich spielt auch die Färbemethode eine Rolle. In meinem Workflow entwässere ich nach der Färbung 3 x mit 100% ISO und danach 2 x zusätzlich mit Rotihistol. Ich habe auch probiert zuerst Eukitt auf Objektträger und dann die Probe einlegen. Ich habe allerdings weniger Blasen, wenn ich zuerst die Probe und dann Eukitt auf den Objektträger gebe.
Eine zusätzliche Verbesserung erwarte ich mir, wenn ich als letzte Stufe vor dem Eindecken eine Mischung Eukitt und Rotihistol verwende. Die Versuche stehen allerdings noch aus.

Liebe Grüße
Gerhard

Fahrenheit

Lieber Gerhard,

in wie weit und wie schnell Eukitt UV aushärtet, hängt sicherlich auch mit der Intensität der Taschenlampe und dem Batterieladezustand ab. Ich habe eine recht starke lampe, die ich auch zur Bernsteinsuche nutze und da klappt das eigentlich ganz gut.
Hattest Du Deine Schnitte auf einem Spiegel in der Sonne liegen oder auf einer nicht spiegelnden Oberfläche?

Ich denke, je dünner die Schnitte sind, desto näher ist man am eigentlichen Einsatzgebiet des Eukitt UV und um so kleiner ist das Risiko von Hungerblasen.

Schön zu hören, dass Rotihistol auch funktioniert. Es ist doch etwas angenehmer in der Handhabung als Xylol.

Für mich war das schnelle Aushärten unter UV Licht der Anreiz, mir das Eukitt UV einmal anzusehen. Ich werde es nur noch einsetzen, wenn ich das Präparat schnell nutzen muss. Vielleicht mache ich auch ab und an mal ein solches Präparat, wenn ich die Färbung erhalten möchte.

Beste Grüße
Jörg
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gewo

Hallo Jörg,
Ich hatte die Schnitte auf einem weißen Tablett in die Sonne gestellt - ohne Spiegel.
Rotihistol funktioniert aber nur mit Eukitt Neo Spezial - vielleicht ist das der Grund, warum bei mir die Aushärtung von Eukitt UV nicht ordentlich funktioniert. Muß einmal mit Xylol probieren.

Ligrü
Gerhard