Bestimmung von Silber in Erzen und Mineralien durch Kupellation

Begonnen von lemmi, Oktober 27, 2023, 21:50:10 NACHMITTAGS

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lemmi

Die Kupellation ist eine bis ins Altertum zurückreichende Methode, die Edelmetalle Gold und Silber von unedleren Metallen abzutrennen oder aus anderen Erzen, in denen sie nur in geringer Menge vorkommen, zu gewinnen. Dazu werden die Silber und Gold führenden Erze mit metallischem Blei und einem Flussmittel oxidierend erhitzt. Das freiwerdende Silber legiert sich mit dem Blei, welches dann auf einer Kapelle (manchmal auch Kupelle genannt) aus feuerfestem, wenig wärmeleitendem und porösem Material durch "Abtreiben" entfernt (nämlich oxidiert) wird, bis das Silber rein zurückbleibt. Jahrhundertelang beruhte vor allem die Gewinnung reinen Silbers auf diesem Verfahren. Etwa ab dem späten Mittelalter wurde es auch zur Gehaltsbestimmung, zum "Probieren" vor allem von Silber in Erzen, eingesetzt.[1] Dafür wurde das von den Hüttenleuten in großen Schmelzöfen und -Pfannen praktizierte Verfahren stark verkleinert und zunächst im Labormaßstab in kleinen Probieröfen und Tiegeln durchgeführt. Die Probierkunde oder Dokimastik (vom griechischen Dokimasia = Prüfung) wurde zu einem wichtigen Teil der Mineralogie und Bergbaukunde und - neben der Pharmazie – zu zweiten großen Geburtsstätten der modernen Chemie. Viele große Chemiker zwischen der Mitte des 18. und des 19. Jahrhunderts waren – jedenfalls in Kontinentaleuropa - entweder Apotheker (Scheele, Rose, Klaproth, Döbereiner), oder eben Mineralogen (Berzelius, Mitscherlich). Berühmt war die Bergakademie in Freiberg/Sachsen, wo "Probierkünstler" aus ganz Europa ausgebildet und viele der Analysenmethoden entwickelt und verfeinert wurden (auch Naturforscher wie Alexander von Humboldt erhielten dort ihre Ausbildung in Chemie). Noch bis in die zweite Hälfte des 20. Jahrhunderts wurde sie zur Edelmetallanalyse allgemein angewandt.[5]

Das Lötrohr ist ein ebenfalls sehr altes Gerät, dessen Verwendung zuerst bei den Gold- und Silberschmieden des alten Ägyptens belegt ist. Im 18. Jahrhundert avancierte es zum Hauptinstrument in der chemischen Analyse anorganischer Substanzen, und hier vor allem der Mineralien und Hüttenprodukte.[3] Mit der Einführung des Lötrohrs stand ein Gerät zur Verfügung, mit dem die zur Kupellation notwendigen, hohen Temperaturen im Kleinen erzielt werden konnten. Kapellen im Taschenformat, mit dem übrigen Zubehör in handlichen Holzkästen verstaut, erlaubten es dem Bergwerksinspektor und dem reisenden Geognosten, aussagekräftige Analysen an Ort und Stelle vorzunehmen. Zum Aufbau des Probierkabinetts war im Grunde nur ein Tisch nötig: da es sich um Trockenmethoden handelt, konnte auf einen Wasseranschluss verzichtet werden.
Das erste systematische Lehrbuch der Lötrohranalyse stammt von Berzelius.[2] Im deutschsprachigen Raum wurde die "Probierkunst mit dem Lötrohre" von Carl Friedrich Plattner (1800-1858) zum Klassiker. Das 1835 erstmals veröffentlichte Buch erlebte acht Auflagen, die immer wieder von verschiedenen Autoren überarbeitet und erweitert wurden und deren letzte 1927 erschien.[4] Es ist eine lesenswerte und überaus detaillierte Beschreibung der Analyse zahlreicher Minerale - fast ausschließlich auf trockenem Wege.

Die hier dokumentierte Silberbestimmung durch Kupellation geht im Wesentlichen auf Eduard Harkort (1797-1836) zurück, der sie in Freiberg erarbeitete und 1827 publizierte, und wurde von Plattner systematisch ausgebaut. Die Durchführung verlangt spezielle, heute nicht mehr im Handel erhältliche, Instrumente. Ich habe deshalb einen befreundeten Feinmechaniker gebeten, mir eine Kapelle und einen Kohlebohrer nach den Angaben Plattners anzufertigen. Außerdem benötigt man als Grundlage für das Abtreiben des Bleis Knochenasche, die ebenfalls nicht mehr allgemein erhältlich ist, und deren Herstellung deswegen auch beschrieben werden soll.


Material/Geräte:

für Knochenasche: Holzkohlegrill, Grillkamin, Brennofen, große Reibschale, große Bechergläser, Siebe
für Probierblei: Becherglas 250 ml, Trichter, Filterpapier

Lötrohr, Lötrohrlampe (Spiritusbrenner mit Flachdocht), Kapelleneisen mit Stativ und Bolzen (s.u.), Probierbleimaß (s.u. – kann durch Waage ersetzt werden), Kohlebohrer (entbehrlich), kleine Spatel, Analysenwaage, Pinsel, feine, spitze Pinzette, Hammer und kleiner Amboss oder sonstige eiserne Unterlage, kleiner Tiegel oder anderes Gefäß

Holzkohleblöcke ca. 100 x 40 x 15-20 mm


Chemikalien:

Natriumtetraborat,Bleiazetat, Zinkstange, Natriumcarbonat, Salzsäure
Rinderknochen

Analysengut:
Silberchlorid, Dyskrasit (Antimonsilber), Galenit (Bleiglanz), Bornit (Buntkupferkies)


Sicherheitshinweise:

Beim Arbeiten verdampft ein Teil des Bleis und des gebildeten Bleioxids, daneben können je nach untersuchtem Mineral u.a. Arsentrioxid, Antimontrioxid und andere, beim Einatmen giftige oder sonst gesundheitsschädigende Stoffe frei werden. Es ist in einem gut gelüfteten Raum zu arbeiten - am besten unter einem Abzug.


Durchführung:


1. Geräte und spezielle Reagenzien

1.1 Lötrohr und Brenner :

Das Lötrohr ist ein 25-30 cm langes Metallrohr, das sich allmählich verjüngt und am äußeren, um 90 ° abgewinkelten Ende in einer feinen Düse endet. In das weite Ende des langen Schenkels wird ein Mundstück aus Holz eingesetzt über das Luft durch das Rohr in eine Flamme geblasen wird. Als Brenner können die verschiedensten Geräte dienen (ursprünglich wurden Kerzen mit dickem Docht verwendet!). für viele Anwendungen ist ein einfacher Spiritusbrenner geeignet. Zur Kupellation, wo man eine kräftigere Flamme benötigt, wird ein Brenner mit einem Flachdocht empfohlen, welcher schräg angeschnitten wird. Als Brennstoff wird oft Spiritus verwendet. Besonders zum Erzielen einer guten Reduktionsflamme ist aber eine Mischung von Brennspiritus mit Terpentinöl vorteilhaft, weil dies den Kohlenstoffgehalt der Flamme erhöht. Man verwendet ein Mischungsverhältnis von etwa 9-11 + 1 (Brennspiritus + Terpentinöl), bei dem die Flamme stark leuchtet, aber noch nicht rußt. Bei dem gleich zu beschreibenden Blasen der Lötrohrflammen hält man das Gerät mit dem kurzen Schenkel in die Längsachse der Dochtkante und bläst in die Flamme.

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Abb.: Lötrohr mit Brenner

Das Blasen soll möglichst kontinuierlich geschehen. Man erreicht dies dadurch, dass man die Backen aufbläst und die Luft bei geschlossenem Gaumensegel mit den Backen durch das Mundstück presst, während man gelichzeitig durch die Nase weiteratmet. Nach einiger Übung klappt das ganz gut.

Beim Lötrohrblasen werden zwei verschiedenen Flammentypen genutzt: die Oxidationsflamme und die Reduktionsflamme.

Die Oxidationsflamme (OF) wird erzeugt, indem man die Lötrohrspitze einige Millimeter weit in die Flamme einführt und sehr kräftig bläst. Dadurch wird der vom Docht aufsteigende Brennstoffdampf mit Luft vermischt und es entsteht - wie bei einem Schweißbrenner - eine feine, spitze, sehr heiße Flamme. Man erkennt in der Flamme einen feinen blauen Kegel, der von einem schwach leuchtenden Saum umgeben ist. Durch die reichliche Sauerstoffzufuhr in die Flamme wirkt diese oxidierend. Die höchste Temperatur (über 1400 °C) wird in der Zone etwa 2-4 mm vor der Spitze des blauen Kegels erreicht. Die stärkste Oxidationswirkung erhält man, wenn man die zu behandelnde Substanz an die Spitze der Saumflamme bringt.

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Abb.: Oxidationsflamme

Eine gute Reduktionsflamme (RF) ist schwieriger hervorzubringen als eine Oxidationsflamme. Mit der genannten Mischung aus Spiritus und Terpentinöl gelingt sie bedeutend besser, als bei der Verwendung von Brennspiritus alleine. Man erhält sie, indem man mit dem Lötrohrsitze einige Millimeter außerhalb der Flamme, genau längs der Dochtkante einen mäßig starken Luftstrom in die Flamme bläst. Die Reduktionsflamme ist etwas breiter als die Oxidationsflamme und enthält drei Zonen: einen kurzen, inneren, bläulichen Kern, dann eine lange, leuchtende Flamme und schließlich einen schwach leuchtenden Flammensaum zur Spitze hin. Der Kohlenstoffgehalt und die Reduktionswirkung der Flamme ist in der Spitze der mittleren, leuchtenden Zone am höchsten.

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Abb.: Reduktionsflamme


1.2 Lötrohrkohle und Kohlenbohrer :

Als Unterlage für zahlreiche Lötrohrreaktionen dienen prismatisch geschnittene Blöcke von Holzkohle, die im Laborbedarfshandel leicht zu bekommen sind. Sie sind etwa 10 x 3-4 cm groß und 1,5-2 cm dick. Um die Proben erhitzen zu können, ohne dass sie davonfliegen, und damit die Hitze sich gut hält, bohrt man in die breite Seite der Kohle, nahe an einem Ende, eine Vertiefung entsprechender Größe. Dazu habe ich mir, ebenfalls nach Plattner, einen Bohrer machen lassen, der aus einem 8 mm breiten Edelstahlstab besteht, welcher an seinem Ende über eine Länge von 14 mm zu vier kreuzweise angeordneten Schneiden geschliffen ist. Als Griff habe ich den Holzgriff eines billigen Schraubenziehers verwendet – es gibt aber auch blanke Holzgriffe oder "Hefte" über den Bastelbedarf. Der Bohrer ragt 30 mm aus dem Griff heraus.

Zum Bohren setzt man das Gerät senkrecht auf die Kohle und dreht es schnell unter leichtem Druck um seine Achse. Auch größere, sich verjüngende Vertiefungen lassen sich damit herstellen, indem man es zunächst schräg ansetzt und um die Senkrechte "eiernd" bohrt. Zuletzt glättet man die Innenwand der Grube durch Schaben mit einem runden Spatel oder dem Griff einer Pinzette. Das entstehende Holzkohlepulver kann gesammelt und z.B. für Reduktionsschmelzen als Zuschlag verwendet werden. Für die hier geschilderten Versuche habe ich Gruben von ca. 15 mm oberem Durchmesser und 10-12 mm Tiefe verwendet.

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Abb. Kohlenbohrer


1.3 Kapelleneisen mit Bolzen und Stativ :

Das Herzstück der Kupellation ist die zum Abtreiben des Bleis verwendete Kapelle. Die eigentliche Kapelle besteht aus Knochenasche, und wird in ein Kapelleneisen "geschlagen". Das Kapelleneisen wird in ein spezielles Stativ gesetzt in dem die Kapelle vor der Lötrohrflamme bis zum Glühen erhitzt werden kann.

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Abb.: Kapelle, bestehend aus einem Stativ mit eingesetztem Kapelleneisen

Die hier gezeigte Kapelle wurde genau nach den Angaben in Plattners "Probierkunst mit dem Lötrohre" angefertigt. Es handelt sich um einen 10 mm hohen und 18 mm durchmessenden Zylinder aus Stahl, der an einem Ende eine Vertiefung von 5 mm enthält, deren Innenseite aufgeraut ist, damit die Knochenasche später nicht herausrutscht. An der anderen Seite ist ein Kreuz mit ca. 2 mm breiten Schenkeln 1 mm tief eingefräst. Es dient dazu, das Kapelleneisen mit einer Pinzette aus dem Stativ heben zu können. Das Eisen wird daher immer so eingesetzt, dass die Kerben auf der Unterseite in die Zwischenräume zwischen den Halterungen zu liegen kommen.

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Abb.: Kapelleneisen und Bolzen

Zu der Kapelle gehört ein Bolzen aus Edelstahl, der 100 mm lang und 10 mm dick ist und am unteren Ende eine pilzförmige Verbreiterung von 18 mm Durchmesser hat, deren Ende eine Rundung besitzt, die flacher als die Vertiefung des Kapelleneisens (etwa 2 mm) und gut poliert ist.

Das Stativ besteht aus zwei Teilen. Die Halterung der Kapelle ist ein Metallkreuz aus 3 mm breiten, 10 mm rechtwinklig nach oben gebogenen Stahlstreifen (diese müssen etwas breiter als die Kerben auf der Unterseite der Kapelle sein, damit sie nicht in jene hineinpassen), das auf einem 60 mm langen Stahlstab von 1 mm Dicke aufgeschraubt ist.

Das eigentliche Stativ besteht aus Holz - ich habe einen kleinen Kerzenständer verwendet, den ich über den Bastelbedarf bezogen und entsprechend zurechtgestutzt habe. Es ist 80 mm hoch, unten 48 mm, und am oberen Ende 16 mm breit. Oben enthält es eine 30 mm tiefe und 8 mm weite Bohrung, die genau in der Längsachse verläuft. An deren Grunde befindet sich eine 1 mm weite und 20 mm tiefe Bohrung, in die der Stab der Kapellenhalterung gesteckt wird. Diese Konstruktion sorgt dafür, dass die Stelle, an der der Stahlstab im Holz des Ständers steckt, nicht zu heiß wird. Der obere Rand des Ständers ist außerdem als Hitzeschutz mit einer Messingkapsel abgedeckt.


1.4 Knochenasche :

Die für die Kapelle benötigte Knochenasche muss aus den Knochen "vierfüßiger Tiere" (Plattner) hergestellt werden. Hühner- oder andere Vogelknochen entfallen damit. Ich habe mir in der Metzgerei einen Rinder-Hüftknochen geben lassen, den die Metzgerin mir freundlicherweise in kleine Stücke zersägt hat. Das Rohmaterial wog insgesamt 1200 g.
Um die organischen Bestandteile zunächst größtenteils zu entfernen, müssen die Knochen zuerst ausgebrannt werden. Dazu habe ich einen Holzkohlegrill verwendet. Nach gutem Anfeuern wurden die Knochenstücke einfach auf die glühenden Kohlen gelegt. Nach zwei Stunden wurden die Knochen aus der Asche genommen, sie waren äußerlich fast ganz schwarz und wogen noch 200 g.
Die vorgebrannten Knochen wurden dann portionsweise in einem Muffelofen auf höchster Stufe (ca. 950-1000°C) für 45-60 Minuten geglüht, bis sie völlig weiß waren. Erhalten wurden 180 g gebrannte Knochen in Form brüchiger, sehr leichter Stücke mit auf den Bruchstellen deutlich erkennbarer Spongiosastruktur.


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Abb: die Stufen der Bereitung von Knochenasche

Die gebrannten Knochen wurden dann mit dem Hammer zwischen Papier grob zerschlagen, in einer elektrischen Kaffeemühle gemahlen und das erhaltene Pulver durch ein feines Sieb mit 0,16 mm Maschenweite (DAB 7-Sieb Nr. 6) geschlagen. Grobe Teile wurden erneut gemahlen und ebenfalls durch das Sieb geschlagen. Damit ist gesiebte Knochenasche hergestellt.
Die im Sieb zurückgebliebene Knochenasche wurde in einer großen Reibschale mit Portionen von 50-75 ml Wasser verrieben, nach kurzen absetzen das trübe Wasser in ein großes Becherglas abgegossen und die in der Schale zurückgebliebenen Anteile erneut mit Wasser verrieben. Nach 3 Stunden wurde das im Becherglas überstehende Wasser abgegossen, der Bodensatz auf einer Nutsche abgesaugt,im Trockenschrank bei 100 °C gut getrocknet und zerrieben. Das Präparat stellt geschlämmte Knochenasche dar

Knochenasche muss vor Feuchtigkeit gesichert gut verschlossen aufbewahrt werden.


1.5 Sodapapier :

Man löst 10 g Natriumcarbonat (wasserfreies) in 50 ml warmem Wasser und tränkt mit der nahezu gesättigten Lösung gewöhnliche Rundfilter, die man trocknen lässt. Das trockene Papier wird in Stücke von 25 x 35 mm Größe geschnitten und in einer Pappschachtel aufbewahrt.

Sodapapier wird für das sogenannte Ansieden einer Probe zu einem kleinen Zylinder gerollt, wozu ich mir, Plattner folgend, ein einfaches Hilfsmittel gebastelt habe: ein kurzer, 7 mm durchmessender Holzstab wird ein einen dickeren Stab von 12 mm Durchmesser zentral eingeklebt, so dass etwa 30-40 mm überstehen. Man rollt das Papier zuerst einmal um den Stab und dann wieder ab. Dann rollt man es erneut auf, wobei 5-6 mm über das obere Ende überstehen gelassen und fortlaufend, während des Rollens, nach Innen auf das Stabende gefaltet werden. Zuletzt wird der Stab mit dem aufgerollten Papier mehrmals auf eine harte Unterlage aufgestoßen. Man erhält so einen stabilen, einseitig geschlossenen Sodapapierzylinder, der mit der Probe beschickt werden kann.

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Abb: Sodapapier, Rollstab und fertig gerollter Zylinder

lemmi

#1
1.6 Reagenzien :

1.6.1 Probierblei:

Als Probierblei darf nur chemisch reines Blei in Pulverform verwendet werden. Man stellt es genau wie beim Bleibaum durch Fällung aus Bleiacetat her.
20 g Bleiacetat wurden in 200 ml Wasser unter Zusatz einiger Tropfen Essigsäure gelöst und ein Zinkstab in die Lösung gestellt. Das sich kristallin abscheidende Blei wurde im Abstand von etwa 1 Stunde abgekratzt, damit die Kristalle nicht zu groß würden. Zuletzt wurde es zweimal in destilliertem Wasser, das mit einigen Tropfen Essigsäure versetzt war, ausgekocht, abgesaugt im Trockenschrank getrocknet und in der Reibschale zerrieben. Erhalten wurden 10,8 g.

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Abb: Darstellung von Probierblei

Um das Abwiegen des Bleis als Zusatz zu den Proben zu umgehen kann man sich nach Plattner ein Probierbleimaß herstellen. Es handelt sich wie beim Sodapapier-Rollstab um einen 7 mm durchmessenden Holzstab, der in einen etwas dickeren Griff so eingeklebt wird, dass er 35 mm hervorsteht. Über den Stab wird ein 35 mm langes, genau passendes Glasrohr geschoben. Nun wiegt man Portionen von 250, 500, 1000, 1500 und 2000 mg Bleipulver ab, zieht das Rohr ein Stück vom Holzstab herunter, füllt das Probierblei ein und stößt das untere Ende einmal auf eine harte Unterlage auf. Danach schiebt man das Glasrohr soweit auf den Stab, dass die Oberkante desselben genau mit dem eingefüllten Blei abschließt und markiert die Stellung des Rohres auf dem Holzstab. Eine Menge von 100 mg wird in der Sprache der Lötrohrprobierkünstler ein "Lötrohrprobierzentner" - oder kurz "Zentner" - genannt. Auf dem Maß sind dann die Mengen von 2,5 - 5 - 10 - 15 und 20 Zentnern Probierblei vermerkt.

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Abb: das Probierbleimaß


1.6.2 verglaster Borax:

Borax wird bei der Silberprobe als Flußmittel eingesetzt, außerdem bindet er unerwünschte Begleitstoffe und bildet die Schlacke. Da er sich wegen seines Kristallwassergehaltes beim Erhitzen stark aufbläht, muss das Wasser vorher entfernt werden. Dazu wurden 10 g gewöhnliches Natriumtetraborat zunächst im Trockenschrank 2 Stunden bei 200 °C erhitzt. Erhalten wurden 7,4 g (was einem Verlust von rund 5 Mol Wasser pro Mol Na2B4O7 entspricht). Das noch immer feinkristalline Salz wurde dann portionsweise in einen großen (140 ml) Porzellantiegel, der über dem Gasbrenner erhitzt wurde, eingetragen. Es blähte sich so stark auf, dass der Tiegel zeitweise bis zum Rand gefüllt war und schmolz schließlich zu einer glasartigen Masse (daher der Ausdruck "verglasen") zusammen, die nach dem Erkalten undurchsichtig, porzellanartig weiß wurde. Sie wurde so gut wie möglich mit Schraubenzieher und Spatel aus dem Tiegel gekratzt (der dabei zerbrach) und in der Reibschale fein gepulvert. Erhalten wurden 5,14 g (entspricht 97 % der Theorie) pulverisiertes Boraxglas.

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Abb: Darstellung von verglastem Borax, sich stark aufblähend und am Ende des Prozesses in teils geschmolzenem Zustand

Auch der verglaste Borax muss für die Proben nicht genau abgewogen werden. Er wird in Größenordnungen von 0,5 bis 2 Zentnern (also 50-200 mg) zugesetzt. Ich habe einen kleinen Spatel als Maß genommen, der gestrichen etwa 200 mg der Substanz aufnimmt.


2. Silberprobe durch Kupellation

2.1 Vorgehen:

Die Silberprobe besteht aus mehreren Arbeitsschritten:

Zunächst wird in einem, Ansieden genannten, Prozess die silberhaltige Probe so behandelt, dass das Silber aus seinen Verbindungen frei wird und sich mit dem zugesetzten Probierblei zu einer Legierung vereinigt. Das nach dem Ansieden erhaltene Bleistückchen heißt Werkblei.

Das Werkblei wird anschließend in zwei Schritten auf der Kapelle oxidiert. Mit Hilfe des Lötrohres schmilzt man es zu einer glühenden Kugel zusammen, die in rotierende Bewegung gerät, was als Treiben bezeichnet wird.  Das Blei wird oxidiert und bildet eine Schmelze, die Glätte, die auf der Kapelle erstarrt, während das Silber sich im geschmolzenen Metall anreichert. Der erste Schritt, bei dem der Hauptteil des Bleies entfernt wird heißt Haupttreiben, der zweite Schritt Feintreiben.


2.1.1 Ansieden

Man wiegt genau 100 mg der möglichst gut gepulverten Probe ab und vermischt sie noch auf dem Wägeschiffchen mit 1 Probierzentner Boraxglas und 5 Probierzentnern Probierblei. Das Gemenge wird dann mit einer Papierrinne in einen Sodapapierzylinder gefüllt und Reste aus dem Wägeschiffen und vom Papier mit einem Pinsel quantitativ abgestreift. Der Zylinder wird ein- zweimal auf eine harte Unterlage gestoßen, damit die Füllung sich setzt und das obere Ende mit einer feinen Zange zugefaltet. Bei hohem Gehalt an Kupfer in der Probe muss mehr Probierblei (10-20 Zentner) zugesetzt werden. Plattner gibt dazu ausführliche tabellarische Anweisungen.

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Abb: Zuschläge bei der Analyse je nach Kupferghalt (aus Plattner [4])

Der Papierzylinder wird dann in die vorbereitete Grube der Lötrohrkohle gestellt und zunächst ausdauernd mit einer Reduktionsflamme angeblasen. Dabei verkohlt das Papier und der Inhalt schmilzt zu einer Masse zusammen in der sich früher oder später ein Tropfen geschmolzenes Blei ausbildet. Die Schlacke sammelt sich zunächst tropfenförmig neben dem Blei an, und erst wenn die Probe gar ist - das heißt, wenn die Umsetzungen abgeschlossen sind, und sich das gesamte ausgeschiedene Silber (nebst manchen Begleitmetallen) im Blei gelöst hat – breitet sie sich mehr flächig aus. Allerdings ist diese Erscheinung von weiteren Faktoren, so der Zusammensetzung der eingeschmolzenen Probe und der Obefläche der Kohlengrube, abhängig. Die Probe muss auf jeden Fall gedreht werden, um sicherzugehen, dass sich unter der Schlacke keine unverbrannten Reste des Papierzylinders befinden. Wenn die Schlacke zu dickflüssig ("strengflüssig") ist, unterbricht man das Ansieden kurz, setzt noch etwas Boraxglas zu und fährt mit der Reduktionsflamme fort. Dieser Prozess dauert 6 bis 10 Minuten.
Plattner weist besonders darauf hin, dass die Probe nicht zu heiß angesiedet werden darf. Insbesondere muss eine reine Reduktionsflamme verwendet werden, bis das Blei (der Bleiregulus), sich vereinigt und klar von der Schlacke getrennt hat.

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Abb: Sodapapierkapsel in der Kohlegrube (oben) , Ansieden mit Reduktionsflamme (unten)

Ist dies der Fall, so bläst man das geschmolzene Bleikorn für mindestens eine Minute mit der Oxidationsflamme an. Dabei werden leichter oxidierbare Bestandteile, die im Blei legiert sind, entfernt und gehen in die Schlacke oder verdampfen. Das Ende des Oxidationsschrittes erkennt man daran, dass die Schlacke kräftig zu brausen beginnt. Nun neigt man die Kohle so, dass sich das geschmolzene Blei möglichst zu einer Seite der Schlacke begibt und lässt die Probe erkalten.

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Abb: Ansieden mit der Oxidationsflamme (oben); Bleikugel nach dem Ansieden, daneben die zerlaufene Schlacke (unten)

Nach dem Erkalten bricht man das Bleikorn mit der umgebenden Schlacke mit Hilfe eines Messerchens aus der Kohlegrube, legt es zwischen Papier auf eine harte Unterlage, am besten einen kleinen Amboss, und schlägt mit einem Hämmerchen mehrfach auf die Probe. Dadurch wird das Werkblei ausgeschlackt, die spröde Schlacke bricht von dem duktilen Bleikorn weg. Das Werkblei ist, wenn es nur Blei und Silber enthält, von weißgrauer, bei Anwesenheit größerer Mengen Kupfer dagegen von schwarzer Farbe. Bei Vorhandensein größerer Mengen Antimon oder Schwefel im Werkblei wird dieses spröde und zerbricht beim Ausschlacken leicht. In diesem Fall war beim Ansieden nicht lange genug mit der Oxidationsflamme behandelt worden und man muss das Werkblei nochmals mit etwas Boraxglas zusammen vor der Oxidationsflamme behandeln.

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Abb: ausgeschlacktes Werkbleikorn

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#2
2.1.2 Haupttreiben

Während das Werkblei noch in der Kohle auskühlt, schlägt man sich eine Kapelle. Dazu wird das Kapelleneisen mit gesiebter Knochenasche ganz gefüllt, der Bolzen senkrecht daraufgestellt und von oben einige leichte Hammerschläge auf den Stiel gegeben. Danach hat man eine flache Mulde aus Knochenasche, die beim Bewegen des Kapelleneisens nicht herausfällt. Die Kapelle wird zunächst ausgeglüht um Spuren von Feuchtigkeit zu entfernen, indem man sie vor der Oxidationsflamme des Lötrohrs drehend bewegt, bis alle Bereiche einmal kurz in Rotglut geraten sind.

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Abb: frisch geschlagene Kapelle und Ausglühen derselben

Man legt dann das Werkblei mittig auf die Kapelle und bläst es mit der Oxidationsflamme an, so dass es schmilzt und ins Treiben kommt. Die geschmolzene Bleikugel zeigt dabei an der Oberfläche ein Häutchen, das immer wieder konzentrische Ringe in Regenbogenfarben ausbildet. Man lenkt die Flamme so, dass das Korn nicht von dem blauen Flammenkegel erreicht wird. Um das Bleikorn herum darf sich keine blaue Flamme zeigen, die durch Verdampfen und Verbrennen des Bleidampfes hervorgerufen wird, ein Vorgang, bei dem Silber verloren gehen kann.

Das geschmolzene Bleioxid, die Glätte, der ggf. weitere Metalloxide beigemengt sind, wird teilweise von der Knochenasche aufgesogen, der größere Teil aber erstarrt um und vor allem hinter dem Bleikorn zu einer Kruste, während das Korn an Volumen abnimmt. Wenn es von ziemlich viel Glätte umgeben ist, neigt man die Kapelle vorsichtig, damit es an eine freie Stelle rollt, und setzt das Treiben fort, bis es nur noch etwa so groß wie ein Senfkorn ist (bei sehr silberreichen Proben empfiehlt Plattner, das Haupttreiben früher zu beenden, wenn das Korn noch etwa doppelt so groß ist). Dann entfernt man die Kapelle langsam von der Flamme, damit das Blei langsam erstarrt und nicht durch zu schnelles Abkühlen spritzt.

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Abb: Werkblei auf der Kapelle (oben), Zustand nach dem Haupttreiben (unten)

Wenn Bleikorn und Glätte ganz erstarrt sind, hebt man sie mit dem Messerchen wie eine Decke von der darunterliegenden Knochenasche ab und trennt wie beim Ausschlacken das Korn durch Hämmern zwischen Papier von der Glätte. Die Kapelle lässt man gut auskühlen - was eine ganze Weile dauert - und schlägt sie dann neu für das Feintreiben, diesmal unter Verwendung geschlämmter Knochenasche.

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Abb: Ausschlacken des Bleikorns


2.1.3 Feintreiben

Das jetzt hell-weißgraue Bleikorn legt man etwas außerhalb der Mitte auf die Kapelle aus geschlämmter Knochenasche und richtet die Oxidationsflamme auf die Mitte der Kapelle, so dass sie vor und um das Bleikorn zu glühen beginnt, wodurch das Blei erneut ins Treiben kommt. Die Flamme soll das Korn nicht direkt treffen. Man bemerkt zunächst erneut die Bildung von Häutchen auf dem Korn und die Abscheidung von Glätte auf der Kapelle. Durch Drehen und Neigen der Kapelle bewegt man das geschmolzene Metallkorn etwas auf der Oberfläche. Wenn das Korn keine Haut mehr bildet und sich klar glühend in rotierender Bewegung befindet (häufig hängt an einer Seite eine kleine ,,Kappe" aus Glätte oder auch Kapellenmasse an, die sich mit der Rotation des Kornes auf dessen Oberfläche bewegt, aber nicht an Größe verändert, diese Erscheinung darf man nicht für sich bildende Glätte halten!), wird das Feintreiben beendet und die Kapelle abkühlen gelassen. Wenn eine Probe kein Silber enthält, tritt dieser Punkt nicht ein, sondern das Blei wird vollständig oxidiert und auf der Kapelle bleibt nur Glätte zurück. Sehr kleine Metallkörner fallen im glühenden Zustand mehr auf, als im erkalteten. Man muss in diesem Fall die Kapelle mit einer Lupe genau betrachten (siehe Analysenbeispiel Nr. 2.2.3).

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Abb: Feintreiben


2.1.4 Auswiegen bzw. -messen des Silbers

Nach dem Erkalten hebt man das glänzende Silberkorn von der Kapelle und entfernt anhaftende Reste von Glätte oder Kapellenmasse, was gar nicht so einfach ist (siehe unten!). Vor allem ist dafür zu sorgen, dass das Körnchen - das unter Umständen unter 1 mm groß ist - nicht wegspringt. Günstig ist es, größere Körner zwischen nassem Filterpapier zu reiben. Kleinste Körnchen hebt man mitsamt der umgebenden Glätte aus der Kapelle und trennt die Kapellenmasse im Mörser nach Zugabe von Wasser ab (ggf. in zwei Schritten). Wenn man es für verschmutzt hält (mit der Lupe betrachten!), so kann man es kurz in verdünnter Salzsäure erwärmen und dann in kaltes Wasser geben. Zur Manipulation sehr kleiner Körner wird eine abgewinkelte, spitze Pinzette benutzt. Nach dem Trocknen wird das ausgebrachte Silber auf der Analysenwaage ausgewogen.

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Abb: feingetriebene Silberkörner

Für sehr kleine Silberkörner, bei denen das Wägen schwer ist, haben Harkort und Plattner einen empirischen Maßstab entworfen, der es erlaubt, aus dem Durchmesser des (angenommen ideal runden) Silberkornes auf dessen Gewicht zu schließen. Ab einer Masse von unter 0,45 mg soll die Bestimmung mit diesem genauer sein, als das Wägen, darüber ist die Gewichtsermittlung mit einer (ausreichend genauen) Waage besser. Der Maßstab besteht aus zwei Linien, die auf einer Länge von 156 mm um 0,9 mm divergieren und in 50 gleich große Abschnitte geteilt sind. Man legt das Korn mit der Pinzette unter Lupenvergrößerung so auf den Maßstab, dass es mit seinem Rand die beiden Linien genau berührt und liest rechts neben dem entsprechenden Teilstrich das Gewicht des Silbers ab. Der Maßstab wurde original in Elfenbein eingraviert. Plattner gibt an, dass auf diese Weise noch Silbergehalte von 0,005 % in Erzproben zu bestimmen seien!

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Abb.: Silbermaßstab nach Harkort und Plattner

Schließlich geht auch beim erfahrensten Probierer immer ein kleiner Teil des Silbers verloren. Plattner hat diesen sogenannten Kapellenzug in umfangreichen systematischen versuchen bestimmt und in Tabelleneform niedergelegt. Der Kapellenzug hängt von der Masse des ausgebrachten Silbers, dem Gehalt an Kupfer in der Probe und der Menge des eingesetztes Probierbleis ab und muss zu dem ermittelten Silbergewicht addiert werden.

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Abb: Tabelle zum Kapellenzug (aus Plattner [4])

lemmi

#3
2.2 Analysenresultate :

2.2.1 Analyse von Silberchlorid:

Um mich in die Methode einzuarbeiten, habe ich zunächst Silberchlorid als Analysensubstanz gewählt, das frisch hergestellt und bis zur Gewichtskonstanz getrocknet worden war. Die Substanz enthält 75,8 % Silber.

Im ersten Versuch wurden 50 mg mit 100 mg Boraxglas und 5 Zentnern Probierblei angesiedet und ein hell grauweißes Werkblei erhalten. Nach dem Abtreiben wurde ein glänzendes Silberkorn ausgebacht, das 35 mg wog (+ 0,2 mg Kapellenzug = 35,2 mg) – Wiederfindungsrate 92,8%.

Im zweiten Versuch wurde verfahren wie oben, aber darauf geachtet, dass das Treiben weniger heiß vorgenommen wurde. Erhalten wurde ein Silberkorn von 36 mg (+ 0,2 mg Kapellenzug: 36,2 mg) – Wiederfindungsrate 95,5 %

Im dritten Versuch wurden 100 mg Silberchlorid eingesetzt. Das ausgebrachte Silberkorn wog 73,3 mg (+ 0,4 mg Kapellenzug = 73,7 mg) - Wiederfindungsrate 97,2 %

Ermutigt durch die progrediente Verbesserung der Ergebnisse habe ich den Versuch ein viertes Mal wiederholt und 65 mg Silberchlorid eingesetzt. Es wurde streng auf ein Ansieden mit reiner Reduktionsflamme geachtet und das Feintreiben sofort abgebrochen, nachdem sich keine neuen Glättehäutchen mehr auf der Oberfläche de geschmolzenen Metallkornes bildeten sondern sich nur noch das oben beschriebene "Kappenphänomen" zeigte. Diesmal erhielt ich 48,5 mg Silber (+ 0,32 mg Kapellenzug = 48,82 mg). Die Wiederfindungsrate betrug nun 98,8%.

Nun wollte ich die Empfindlichkeit testen und habe eine Verreibung von 100 mg Silberchlorid mit 1400 mg Natriumchlorid hergestellt, die in 10 mg 0,5 mg Silber enthält. Davon wurden 20 mg (entsprechend 1 mg Silber) mit 5 Zentnern Probierblei und 1 Zentner Boraxglas angesiedet und das erhaltene Werkblei abgetrieben. Beim Feintreiben blieb ein winziges Metallkörnchen zurück, das ungefähr 1 mg entsprochen haben dürfte

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Abb: ausgebrachtes Silberkörnchen bei Einsatz von 1 mg Ag als AgCl

Ich sagte "entsprochen haben dürfte", denn der Versuch lehrte eine weitere Problematik erkennen: es ist nicht leicht, das Silberkörnchen aus der Schlacke zu trennen! Dieses ging beim Versuch, es zu isolieren um es auszuwiegen verloren...



2.2.2 Analyse von Dyskrasit (Antimonsilber):

Als nächstes habe ich den Silbergehalt in einer kleinen Stufe Dyskrasit bestimmt, die ich einmal in einem Museumsshop erworben hatte. Mit einer Zange wurde ein kleines Stückchen abgebrochen und versucht, es zu pulvern, was aber nicht gelang. So wurde das gesamte Splitterchen ausgewogen (145 mg) und als Analysengut eingesetzt.


Dyskrasit 2.jpg
Abb: Dyskrasit

Es wurde eine Mischung aus 1,5 Zentnern Boraxglas und 5 Zentnern Probierblei hergestellt und zunächst die Hälfte davon in einen Sodapapierzylinder gefüllt, der Dyskrasitsplitter daraufgelegt und mit dem Rest der Mischung aufgefüllt. Beim Ansieden habe ich ein auffällig starkes Brausen der Schlacke notiert (was vielleicht bedeutet, dass ich zu heiß/zu oxidierend angesiedet habe). Auffällig war nach dem Erkalten eine orangerote Färbung der Schlacke und ein fahler blauweißer Beschlag der Kohle um die Grube. Ich habe keinen besonderen Geruch bemerkt


Antimonsilber angesiedet.jpg
Abb: Werkblei und Schlacke nach dem Ansieden von Dyskrasit

Das Haupttreiben zeigte keine Besonderheiten. Am Ende des Feintreibens erstarrte das Silberkorn, und plötzlich bildete sich an einer Stelle eine kleine Protuberanz aus, die unter dem Mikroskop aber genauso rein silberglänzend war, wie der Rest des Kornes. Es wog 114, 5 mg. So große Silberkörner sollte man eigentlich nicht erhalten – Plattners Tabellen für den Kapellenzug gehen nur bis 80 mg. Hochgerechnet wäre ein Verlust von 0,55 mg zu erwarten, so dass ich im ganzen mit rund 115 mg Silber rechnen musste. Das entspricht einem Silbergehalt des Minerals von 79,3 % (siehe Kommentar unter "Erklärungen"!).


2.2.3 Analyse von Bleiglanz/Galenit (Bleisulfid):

Bleierze enthalten häufig Beimengungen von Silber. Von den metallglänzenden, würfelförmigen Galenitkristallen wurde ein kleines Stück pulverisiert und 109 mg des Pulvers mit 1 Zentner Boraxglas und 5 Zentnern Probierblei angesiedet, was ohne Besonderheiten gelang. Das erhaltene Werkblei wurde in zwei Schritten abgetrieben, hinterließ jedoch keinen Rückstand.

Galenit.jpg
Abb: Galenit

Dann wurde der Versuch wiederholt, wobei 10 mg der oben (2.2.1) angegebenen Silberchloridverreibung, entsprechend 0,5 mg Ag, zugesetzt wurden. Hier blieb beim Feintreiben ein winziges, glühendes Metallkörnchen zurück, das nach dem Erkalten silberglänzend war und sich auch beim erneuten Glühen nicht wegoxidieren ließ. Es gelang mir, das fest in der Glättekruste haftende Körnchen dadurch zu isolieren, dass ich es mit der umgebenden Glätte aus der Kapelle nahm, im Mörser mit etwas Wasser übergoss und dann vorsichtig zerstieß. Nach dem Trocknen betrug das Gewicht auf der Analysenwaage tatsächlich 0,5 mg (+0,02 mg Kapellenzug = 0,52 mg - wobei unter der Lupe zu erkennen war, dass noch kleine Reste Kapellenmasse/Glätte dem Korn anhingen). Ich habe das Körnchen auch auf Plattners Maßstab gelegt und dort die Angabe 0,55 mg gefunden (wobei zu berücksichtigen ist, dass es durch das Stoßen im Mörser etwas abgeplattet worden war)

Silberkorn auf Maßstab.jpg
Abb.: Silberkorn von 0,5 mg auf dem Maßstab nach Plattner und Harkort (fotokopiert, daher sind die Begrenzungslinien so dick)


2.2.4 Analyse von Buntkupferkies (Kupfer-Eisen-sulfid):

Buntkupferkies - ein sulfidisches Mineral mit ca. 55 % Kupfergehalt – soll ebefalls häufig Silber enthalten und wurde als Beispiel für ein Mineral mit hohem Kupfergehalt untersucht. Ich habe es pulverisiert (geht leicht) und 105 mg des tiefschwarzen Pulvers mit 1 Zentnern Boraxglas und 10 Zentnern Probierblei (eigentlich hätte man 12 Zentner Blei nehmen sollen, aber das hätte kaum mehr in den Sodapapierzylinder gepasst) angesiedet. Die Schmelze zeigte sich sehr zähflüssig, so dass ich nochmals ca. 50 mg Boraxglas zugegeben habe. Nach längerer Zeit kam eine zusammenhängende Metallkugel unter der Schlacke zum Vorschein, die sich nach dem Erkalten und Ausschlacken linsengroß und blauschwarz zeigte. Auch die Schlacke war undurchsichtig von schwarzer Farbe.

Buntkupferkies.jpg
Abb: Buntkupferkies

Nach dem Ansieden.jpg
Abb: Werkblei nach dem Ansieden, in der dunklen Schlacke kaum zu erkennen

Nach dem Haupttreiben Buntkupfer.jpg
Abb: Bleikorn nach dem Haupttreiben: metallisch glänzend, gelblich

Das Haupttreiben des Werkbleies hinterließ einen braunschwarzen Glätteüberzug auf der Kapelle, das danach erhaltene Metallkorn war jetzt glänzend, hell mit leicht gelblichen Anlauffarben (feiner Glätteüberzug). Beim Feintreiben verschwand es dann aber ganz – somit konnte ich in meinem Buntkupferkies kein Silber nachweisen.

Um zu prüfen, ob ich in der Lage wäre, einen Gehalt von 0,5 % Silber aufzufinden habe ich auch diesen Versuch unter Zugabe von 10 mg der Silberchloridverreibung (entspricht 0,5 mg Silber) wiederholt. Diesmal erhielt ich ein sprödes Werkblei, das beim Ausschlacken zerbrach und neu geschmolzen werden musste (wahrscheinlich beim Ansieden zu kurz oxydiert und noch schwefelhaltig). Beim Haupttreiben entstand, wie erwartet, eine dunkle Glätte, allerdings beim Feintreiben immer noch und zuletzt blieb ein unschmelzbarer Rest auf der Kapelle stehen, jedoch kein Metall. Das Silber war während des Prozesses verloren gegangen.



Entsorgung:

Die Zinkacetatlösung von der Probierbleiherstellung kann eingedampft und so Zinkacetat gewonnen werden. Ansonsten wird sie, ebenso wie Probierbleireste und die benutzten, Bleioxid-haltigen Kapellenfüllungen, mit dem anorganischen Schwermetallabfall entsorgt.


Erläuterungen:

Die bei der Kupellation ablaufenden Prozesse sind komplex und (soweit mir bekannt) noch immer nicht vollständig aufgeklärt, so dass das Verfahren zu einem hohen Maße auf Empirie basiert. Grundlage ist natürlich die unterschiedliche Oxidierbarkeit (bzw. Reduzierbarkeit) der Metalle, die sich nach der Spannungsreihe richtet.

Beim Ansieden laufen die komplexesten Vorgänge ab. Im ersten Teil, der Behandlung mit der Reduktionsflamme, werden die in der Mischung enthaltenen Metalloxide entweder reduziert - so sie leicht reduzierbar sind, wie Silber, Kupfer, Blei sowie teilweise Zinn Kobalt und Nickel - oder sie verbinden sich mit dem Flussmittel und bilden schmelzbare Borate, wie z.B. Eisen oder Zink. Wenn die Metalle an andere Anionen gebunden sind, werden diese entweder durch Reaktion mit dem Borax und der Soda (aus dem Sodapapier!) gebunden, wie Chlorid bei den Versuchen unter 2.2.1 - oder sie werden, wie Sulfid, Arsenid und Antimonid teilweise reduziert und gehen in das Blei über. Bei der nachfolgenden zweiten Phase, der Behandlung des gebildeten Bleikornes mit der Oxidationsflamme, werden Schwefel, Arsen und Antimon sowie teilweise auch mitlegierte Metalle (Zinn, Kobalt, Nickel) oxidiert und verbinden sich mit der Schlacke. Flüchtige Oxide wie Arsen und Antimon verdampfen auch teilweise, oder bilden mit gleichzeitig entstehendem Bleioxid entsprechende Salze. Die beim Ansieden der Probe mit Dyskrasit erhaltene dunkel-orangene Farbe der Schlacke ist auf gebildetes Bleiantimonat(V) zurückzuführen. Edlere Metalle, wie eben Silber (oder Gold) und in größerem Umfang auch Kupfer, bleiben im Blei legiert. Dadurch dass sich das an der Oberfläche der Bleitropfen gebildete Oxid im Borax löst, wird das Zusammenfließen derselben erleichtert – der Borax wirkt als Flußmittel.

Erhitzt man die angesiedete Probe zu lange mit der Oxidationsflamme, wie ich das bei den ersten Analysen gemacht habe (laut Plattner ein typischer Anfängerfehler) so bildet sich zu viel Bleioxid, das sich in der Schlacke löst und an der Kohle wieder reduziert wird, wodurch in der Schmelze erneut viele kleine Bleikügelchen auftauchen, die aussehen, als sei das Ansieden noch nicht beendet. Das starke Brausen der Schlacke (durch bei der Reaktion von Bleioxid mit der Kohle entstehendes CO2) markiert den Unterschied. In diesem Fall muss man erneut mit der Reduktionsflamme zusammenschmelzen.

Beim Abtreiben des Bleis auf der Kapelle wird dieses zu Blei(II)-oxid oxidiert, das unter dem Trivialnamen Bleiglätte bekannt ist. Die geschmolzene Glätte (Schmelzpunkt von PbO = 888 °C) wird von der Kapellenmasse aufgenommen. Jetzt werden auch mitlegierte Halbedelmetalle und etwa noch vorhandene Metalloide (die eigentlich in der zweiten Phase des Ansiedens hätten entfernt werden sollen) oxidiert. Besonders auf den Kupfergehalt des Werkbleis muss geachtet werden. Bei einem zu hohen Anteil von Kupferoxid in der Glätte wird diese nämlich schwerer schmelzbar und die Trennung von dem Metallkorn wird schwieriger, so dass man mehr Probierblei zum Ansieden verwenden muss (siehe oben unter 2.1.1).

Da auf der kleinen Kapelle nicht das gesamte Blei auf ein Mal oxidiert werden kann, und um ein sauberes Silberkorn zu erhalten, werden die letzten Reste beim Feintreiben entfernt. Der Moment, wenn das Blei vollständig oxidiert ist, die das Metallkorn einhüllende Glätteschicht aufreißt und das geschmolzene Silber sichtbar wird, nennt man das Blicken des Silbers. Ich finde dieses Ereignis im Experiment wenig eindrucksvoll. Es stellt sich nach meinen Versuchen schlicht so dar, dass sich keine neuen Häutchen mehr auf dem geschmolzenen Metall bilden, und ist bei größeren Mengen - die Kupellation wird auch im Makromaßstab in porösen Tiegeln und speziellen Öfen vorgenommen - sicher deutlicher. Nach dem Blicken soll man das Feintreiben rasch beenden, da die Silberverluste durch Verdampfung ab diesem Moment stark ansteigen. Fehlende Erfahrung in der Erkennung dieses Punktes ist sicher der Hauptgrund für meine, vor allem zu Beginn der Versuchsreihe, zu niedrig gefundenen Werte. Korrekt durch Kupellation ausgebrachtes Silber hat einen Feingehalt von mindestens 99.99 %. Etwa in der Probe vorhandenes Gold kann durch Kupellation allerdings nicht vom Silber getrennt und muss später nasschemisch von diesem geschieden werden.

Das Ergebnis der Analyse von Dyskrasit entspricht zwar nicht der am häufigsten genannten Zusammensetzung (Ag3Sb mit 72,6 % Silber), dennoch bin ich überzeugt, das das Ergebnis richtig – oder wenigstens nicht falsch hoch – ist. Ich habe das Silberkorn nochmals eingeschmolzen, wobei es unter 0,5 mg an Gewicht verlor, und dass sich Mineralien nicht immer an die formelmäßige Zusammensetzung halten, ist hinlänglich bekannt. Platter beschreibt vier unterschiedliche Varietäten von Dyskrasit mit Silbergehalten von 63,9 bis 94,1 %.

Der von mir untersuchte Galenit (PbS) ist offensichtlich frei von Silber. Selbst einen Gehalt von 0,5 % hätte ich finden müssen, denn bei der Wiederholung unter künstlichem Zusatz einer solchen Menge Silber erhielt ich ein gut wägbares Silberkorn.

Auch im Buntkupferkies (formal Cu3FeS) konnte ich kein Silber nachweisen. Allerdings erschweren die großen Mengen Kupfer die Analyse, und meine Technik ist offenbar noch nicht ausgereift genug um unter diesen erschwerten Bedingungen einen Gehalt von 0,5 % aufzufinden, wie ich ihn im zweiten Versuch künstlich erzeugt hatte.

Im Ganzen ist die Silberbestimmung durch Kupellation nicht nur "eine Wissenschaft für sich" sondern auch eine Kunst und nicht zuletzt ein Handwerk, das einiger Erfahrung bedarf. Ich habe vor, mich weiter in der "Probierkunst" zu üben und werde dann hier davon berichten.


Literatur:

1. (Agricola, Georg) Vom Bergkwerck, XII Bücher darin alle Empter/Instrument/Gezeuge / und alles zu disem handel gehörig sind /mitt schönen figuren vorbildet / und klärlich beschriben seindt / erstlich in Lateinischer Sprach / durch den Hochgelerten und Weitberümpten Herrn Georgium Agricolam / Doctorn und Bürgermeistern der  Churfürstlichen statt Kempnitz / jezundt aber verteüscht / durch den Achtparen und Hochgelerten Herrn Philippum Bechium / Philosophen / Arzet / und in der Loblichen Universitet zu Basel Professorn (online im Digitalisierungszentrum der Bayerischen Staatsbibliothek

2. Berzelius, Jöns Jacob: Von der Anwendung des Lötrohrs in der Chemie und Mineralogie – aus der Handschrift übersetzt von Heinrich Rose; Nürnberg bei Johann Leonhard Schrag 1821 (online bei Bavarikon)

3. Weiss, Alfred: Die Entwicklung der Lötrohr-Probierkunde; Der steirische Mineralog 22(2008): 16-21 (online beiZobodat.at)

4. Kolbeck, F: Carl Friedrich Plattners Probierkunst mit dem Lötrohre; 8. Umgearbeitete Auflag 1927, Leipzig, Verlag von Johann Ambrosius Barth (ältere Ausgaben, die aber nicht ganz auf dem modernen Stand sind bezüglich der Mineralzusammensetzung findet man auch online, z.B. unter https://archive.org/details/dieprobirkunstm00platgoog/page/n8/mode/1up)

5. Chemikerausschuss der Gesellschaft deutscher Hütten- und Bergleute (Hrsg.): Edelmetallanalyse – Probierkunde und naßchemische Verfahren; Springer-Verlag Berlin-Göttingen-Heidelberg 1964


historische Bilder:

historisches Probierkabinett 1.jpg
Abb: Lötrohr-Probierkabinett aus der Zeit um 1900. Offensichtlich deutsches Fabrikat, denn das Instrumentarium entspricht exakt den Beschreibungen in Plattners Buch. Das Lötrohr liegt ziemlich weit vorne (schwarzes Mundstück) und besteht aus zwei Teilen. Die Spitze (liegt hinter dem Rohr links) besteht im vorderen Teil aus Platinblech und wird zum Gebrauch rechtwinklig in das Hauptrohr eingeschraubt. (gesehen im Pharmaziehistorischen [sic!] Museum der Universität Madrid)

historisches Probierkabinett 2.jpg
Detail. Man erkennt hinten rechts das Kapellenstativ und ganz hinten den elfenbeinernen Silbermaßstab. Ganz vorne rechts ist das Problerbleimaß zu sehen

Heiko


lemmi

#5
Es war nicht so, dass es nicht funktioniert hat. Ich hatte mir nur 4 posts "reserviert", um für alles Platz zu haben ...  ;)

Hier noch ein paar historische Bilder, um das Ganze abzurunden:

historisches Reagenziengefäß.jpg
historisches Reagenziengefäß 2.jpg
Abb: Reagenziengefäße aus der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts

Agricola Buch X vom Bergkwerck - Bild 1.jpg
aus Georg Agricolas Buch "Vom Bergkwerck"[1]:


Edelmetallurgische Werkstatt mit Öfen und Tiegeln

Agricola Buch X vom Bergkwerck - Bild 2.jpg
Scheidekabinett; hinten links ein Ofen, vorne Retorten ebenfalls in einem Ofen stehend, rechts wird das vom Silber geschiedene Feingold ausgewogen

Agricola Buch X vom Bergkwerck - Bild 3.jpg
Abtreiben von Blei zur Silbergewinnung in einem sogenannten "Heinz"; oben rechts wird die Glätte abgelassen, der Arbeiter vorne im Bild nimmt ein Antidot zu sich, um einer Bleivergiftung vorzubeugen: Butter(!)

Grüße
Thomas

Heiko

!!! Wahnsinn !!!
Ein Jahrhundert in einem Beitrag verdichtet – welch eine Akribie.
Gruß, Heiko


olaf.med

Lieber Thomas,

ich habe ja schon an anderer Stelle meine Bewunderung für Deine tolle Arbeit kundgetan, muss es aber hier einfach nochmal tun: ich finde es absolut phantastisch wie Du Dich in diese historischen Analyseverfahren eingearbeitet hast und wie liebevoll Du diese Techniken beschreibst. Ich selbst habe als junger Student tatsächlich einmal in einem Praktikum zur "Löthrohrprobierkunde" an der Oberfläche dieses Verfahrens kratzen dürfen, aber hatte natürlich alles wieder vergessen, da nie praktiziert.

Ganz herzlichen Dank für diesen tollen Beitrag,

Olaf
Gerne per Du!

Vorstellung: http://www.mikroskopie-forum.de/index.php?topic=4757.0

... und hier der Link zu meinen Beschreibungen historischer mineralogischer Apparaturen:
https://www.mikroskopie-forum.de/index.php?topic=34049.0

MiR

Hallo Thomas,

ich kann mich den Ausführungen meiner Vor-"Schreiber" nur anschließen. Alles sehr gut nachvollziehbar! Auch die Sache mit dem "jungen Studenten", allerdings aus dem Blickwinkel eines Chemiestudenten (ist natürlich schon eine Weile her).Ich hätte fast Lust sofort ins Labor zu laufen (na ja eher 2h fahren), um mal endlich wieder ein bisschen "Anorganik" zu betreiben.
Bei dem ersten Studium deines Artikels ist mir aufgefallen, dass du die "Haupt"-Substanzen im Milligramm-Bereich einsetzt. Das Probierblei bzw. das Boraxglas aber im Zentnermaßstab daherkommt, in der sogenannten "Guten alten Zeit" war ein Zentner wohl 50kg ... Habe ich da etwas mißverstanden, oder kann Zentner auch noch etwas anderes bedeuten? 

Viele Grüße aus Berlin,
Michael

lemmi

Danke an alle für das Lob! Mir macht das Nachvollziehen solcher Versuche immer viel Spaß.

@Michael: ja, du hast was überlesen. Bei dem langen Text aber verzeihlich ;)

Unter 1.6.1 schrieb ich:
Eine Menge von 100 mg wird in der Sprache der Lötrohrprobierkünstler ein "Lötrohrprobierzentner" - oder kurz "Zentner" - genannt.

Liebe Grüße
Thpmas

Holger Adelmann

Lieber Thomas,

auch von mir ganz herzlichen Dank für diesen umwerfenden Beitrag.
Die Darstellung des riesigen Aufwands ist Dir hervorragend gelungen.

Man fragt sich tatsächlich wie damals mittels dieser Methode ökonomisch Silber gewonnen werden konnte.
Ich kann mir vorstellen, dass dieser Prozess im Großmaßstab nicht unbedingt einfach wird, und die Ausbeute an Silber vor 800 Jahren sicher nicht 100% betrug ...

Na ja - im Mittelalter waren Materialkosten & Lohn natürlich nicht vergleichbar ...

Nochmals herzlichen Dank & viele Grüße,
Holger

PolMik

Hallo Thomas,
da hast du eine spektakuläre Darstellung des Silbernachweises der Alten nachvollzogen. Super Arbeit.

Die damalige Silbergewinnung ging einfacher. Zitat aus einer Arbeit von Sterrmann (2010):
"Je nach Reinheit und Zusammensetzung der Erze wurde eine der drei folgenden Schritte (a, b oder c) angewandt:
a: Gewinnung von silberhaltigem Werkblei aus reinem hochkonzentrierten Bleiglanz (PbS) durch das Röstreaktionsverfahren in einem Durchgang (vereinfacht dargestellt):
Teilröstung unter Luftzufuhr: 2 PbS + 3O 2 → 2 PbO + 2SO2, durch Reaktion des gebildeten PbO mit unzersetztem PbS: 2 PbO + PbS → 3 Pb + SO2
b: Gewinnung von silberhaltigem Werkblei aus weniger reinen Bleierzen und Gemischen mit Fahlerzen durch das Röstreduktionsverfahren in zwei Schritten (vereinfacht dargestellt):
zunächst vollständiges Abrösten: 2 PbS + 3O 2 → 2 PbO + 2 SO 2 , dann Reduktion mit Holzkohle: PbO + CO → Pb + CO2
Durch entsprechende Zusätze erhielt man aus den Erzbeimengungen Schlacke, bei Verhüttung von Gemischen mit Fahlerzen Kupferstein und Speisen (As-Sb-Verbindungen).
c: Gewinnung von silberhaltigem Werkblei aus silberhaltigen Kupfererzen wie Fahlerze: nach mehreren Röst- und Schmelzprozessen erhielt man silberhaltiges Schwarzkupfer; dieses wurde zur Entsilberung ,,gefrischt", das heißt in
einem Schachtofen mit silberfreiem Blei verschmolzen, wobei das Silber in das Blei legiert. Im Saigerofen wurde das Blei unter Zuhilfenahme von Holzkohle ausgeschmolzen (ausgesaigert), wobei das flüssige silberhaltige Blei (Werkblei) abfloss und das silberfreie Schwarzkupfer als Kienstöcke zurückblieb; diese wurden zu Garkupfer weiterverarbeitet.
Das silberhaltige Werkblei (aus a, b oder c) wurde anschließend auf dem Treibherd ,,abgetrieben" (,,Kupellation", bei ca. 900 °C), hierbei oxidierte das Blei zu Bleiglätte (Bleioxid, PbO), das auf der Metalloberfläche schwamm und ständig abgezogen wurde. Zurück blieb schließlich das Silber, das sich beim Zerreißen
des letzten Bleioxidhäutchens als ,,Silberblick" zeigte. Durch ,,Brennen" entstand aus dem Blicksilber (ca. 900 fein) das Brandsilber (Feinsilber, ca. 998 fein), das dann in die Münzstätten (s. u.) wanderte. Das silberfreie Bleioxid wurde wieder eingesetzt."

Womit auch geklärt wäre, woher der Begriff Silberblick zu stammen scheint.

Viele Grüße
Michael

Werner

Lieber Thomas!

Deine sehr schön gemachte Ausführung habe ich tatsächlich vor Kurzem woanders gelesen, sie kam mir sehr bekannt vor!
Reinhard hatte im Mikromarkt eine "Mengkapsel" gesucht und im Verlauf dessen bin ich auf den oben erwähnten Googlescan gestoßen. Der ist aber so schlampig kopiert und großenteils unleserlich, daß ich nach dem Titel "Die Probirkunst mit dem Löthrohre" mit der Suchmaschine Metager separat gesucht habe und fündig geworden bin. Der Googlescan ist die 4.Auflage, aber es gibt noch eine 3.Auflage woanders, die ich runtergeladen habe. Dieser Faksimile-Scan ist 26MB groß und, obwohl nicht perfekt, gut lesbar.
Hast Du einen solchen Scan mit einem OCR-Programm in Deinen Text verwandelt? Ich hoffe, Du hast nicht alles von Hand eingetippt...

Gruß - Werner


lemmi

Hallo Werner,

falls du sie hier gelesen hast, die ist auch von mir. Ich habe bei der Suche im Netz nichts vergleichbares gefunden. Hast du noch eine andere Quelle?

Mit "Googlescan" meinst du Plattners "Probierkunst mit dem Lötrohre", den ich oben verlinkt habe? Natürlich habe ich die Details der Anleitung für die Silberprobe aus diesem Buch (aber aus der 8. Auflage, die ich physisch besitze). Der obige Text ist aber vollständig von mir selbst verfasst. :)
 
Ich vermute, die Mengkapsel hat Reinhard für mich gesucht, weil ich im Chemieforum angegeben hatte, dass ich gerne eine hätte (Danke Reinhard!). inzwischen hat ein user von dort mir ein kupfernes Wägeschiffchen so hingeschmiedet, dass es den Maßen der Mengkapsel entspricht.

Grüße
Thomas

Werner

Hallo Thomas!

Genau das wars. So schließt sich der Kreis.
Meinen Downloadlink habe ich auch wieder gefunden:
https://archive.org/details/dieprobirkunstm01platgoog/page/n7/mode/2up
Ich habe noch nicht alles durchgeschmökert und hoffe, daß auch der Rest noch gut lesbar ist.

Gruß - Werner