Mikroskopie an der Schule

Begonnen von Klaus Herrmann, Februar 12, 2010, 15:43:13 NACHMITTAGS

Vorheriges Thema - Nächstes Thema

Klaus Herrmann

Hallo,

die TMG engagiert sich mal wieder in der Jugendausbildung. Unser Vorsitzender Alfons Renz wurde von der Mörikeschule in Tübingen angesprochen, ob die TMG nicht mal ein ganzes Projekt gestalten könne. 9 Doppelstunden jeweils Freitag sind dabei auszufüllen. Diese 9 Termine auf 5 Mitglieder verteilt bedeutet zwar immer noch ordentlich Vorbereitungsaufwand, wird aber durch die Verteilung überschaubar.
Ich war vor einer Woche dran mit dem Thema: Handschnitte anfertigen und zum Dauerpräparat verarbeiten.

Ich hatte mir etwas fahrlässig kurz vor der Abfahrt nach Tübingen (Eine Stunde Fahrt!) noch eine Konzeptänderung einfallen lassen. Ich hatte Kartoffelstärke als einfachen Einstieg vorgesehen und die Kartoffel, die ich im Keller holte hatte schon kräftige Triebe. Da ich mir die noch nie vorgenommen habe, war der spontane Entschluss schnell gefasst: Kartoffelstärke und Spross quer.

Die Stärke war wie zu erwarten mit Lugol ein Erfolg, (Bilder habe ich hier schon mal gezeigt: https://www.mikroskopie-forum.de/index.php?topic=3599.0 ) der Trieb ist ohne Fixierung nicht vernünftig schneidbar, das gibt nur Matsch, obwohl die voll im Saft stehen. Eine Alternative stand direkt vor dem Fenster:
ein Strauch - noch unbekannt der schöne behaarte Blattsiele trug, die mir wegen der Trichome interesssant erschienen.
In Gemeinschaftrecherche haben wir ihn bestimmt: Detlef, Jörg, Mila: der Runzelblättrige Schneeball Viburnum Rhytiodophyllum Passt absolut zum Wetter und ist immer grün!  ;)

Nach einer Einführung: wie schneidet man durften die Schüler ans Werk. Immer wieder irritierend, wenn Linkshänder dabei sind ... man denkt das geht schief, aber alle haben Schnitte gemacht, von denen die Besten unterm Stemi ausgelesen wurden und erst mal ungefärbt mikroskopiert wurden um den Sinn der Färbung zu verdeutlichen. Ich habe mit meinem Mikroskop mit Videokamera und Monitor den Effekt der Polarisation vorgeführt, weil die Junjors nicht für Pol eingerichtet waren.
Dann konnten wir nur noch die Schnitte in Etzold geben und  bei einen exemplarisch am Monitor den Färbefortschritt verfolgen. Nach ein wenig Diskussion, was man sieht war die Zeit schon um. Ich hab sie dann bei mir im Labor zum fertigen Dauerpräparat verarbeitet.

Natürlich sind sie etwas dick und viele waren nicht brauchbar, aber 5 waren so, dass es sich durchaus gelohnt hat sie einzudecken. Detlef Kramer war so nett sie wissenschaftlich zu adeln.

Sorry kleine Unterbrechung mein Rechner verweigert den Dienst.

Es geht weiter: Schöne Oxalatdrusen konnte man sehen die ware durch die relativ hohe Schnittdicke genauso gut erhalten, wie die Trichome, von denen ich eines gestackt habe mit HF (Helicon Focus). Sieht aus wie eine Palme.

Die Rückmeldungen der Schule waren positiv man wird die Bilder auf die Website der Schule nehmen - was will man mehr!













Mit herzlichen Mikrogrüßen

Klaus


ich ziehe das freundschaftliche "Du" vor! ∞ λ ¼


Vorstellung: hier klicken

Oliver S.

Hallo Klaus,
Kompliment! Tolles Projekt!
Gruß, Oliver
(gern per "Du" )

rekuwi

Lieber Klaus,

das ist eine ganz wichtige Arbeit die Du da machst! Schön daß Jugendliche so den informativ-interessanten Einblick in die Mikroskopie bekommen. Das hätte ich mir damals in der Schule auch gewünscht - kann mich nicht erinnern je durch ein Mikroskop geguckt zu haben.

Liebe Grüße
Regi

Fahrenheit

Lieber Klaus,

ein schönes Projekt habt Ihr da wieder aufgezogen - Chapeau! Ich denke, auch die Ergebnisse können sich in allen Belangen sehen lassen. Wie Regi schon sagte: das ist eine wichtige Arbeit, gerade auch vor dem Hintergrund immer strafferer Lehrpläne.

Die mehrzelligen Trichome des Runzelblättrigen Schneeballs sind wirklich eindrucksvoll. Nachdem ich nun schon eine ganze Weile immer wieder gedacht habe "Den müsste man auch mal ..." wird es Zeit, dass ich dem Exemplar vor meiner Arbeitsstätte endlich zu Leibe rücke. Nächste Woche werde ich ein Döschen mit AFE mitnehmen.  :)

Herzliche Grüße
Jörg
Hier geht's zur Vorstellung: Klick !
Und hier zur Webseite des MKB: Klick !

Arbeitsmikroskop: Leica DMLS
Zum Mitnehmen: Leitz SM
Für draussen: Leitz HM

Rolf-Dieter Müller

Lieber Klaus,

da hast Du ja alles gegeben, ich erkenne sogar eine Handzeichnung des Schnitts auf der Wandtafel.

Glückwunsch zu Deinem Erfolg.

Viele Mikrogrüße
Rolf-Dieter

Ragin

Hallo Klaus,
Solch gelungene Kurse machen sicher großen Spaß und jetzt werden auch mir gewisse Zusammenhänge klar, wo ich bislang noch gar nicht auf die Idee gekommen bin, mir das mal näher anzusehen. Diese besagten Trichome, die beim Runzelblättrigen Schneeball als eine Art Pulver auf der Oberfläche jüngerer Zweige und der Blätter, hauptsächlich an den Blattunterseiten zu sehen sind, die sind mir schon seit Kindheit an oft sehr unangenehm aufgefallen. Wenn man damit in Berührung kommt, sei es beim Gehölzschnitt oder als Kind beim Spielen, dann rieseln diese Härchen herab und jucken ganz gewaltig auf der Haut und in den Augen. Auch das Einatmen verursacht Hustenreiz. Jetzt sehe ich diese spitzigen Objekte mal in groß und kann verstehen, warum die so heftige Reaktionen auslösen.
Vielen Dank für Deine schönen Bilder.
Mit besten Grüßen
Rainer
Ich pflege das bayrische Du, von Mensch zu Mensch

Manfred Melcher

Hallo Klaus,

mein Kompliment für dieses Engagement das Ihr in dieses Schulprojekt einbringt. Solche Möglichkeiten sollte jede naturwissenschaftlich orientierte Schule bieten können. Es gibt nicht viele Pädagogen die ihre Schüler für dieses Gebiet begeistern können. Einige haben wir ja zum Glück in unserem Forum. Um so mehr sind solche "ehrenamtliche" Anstrengungen wichtig, um unsere Kinder wieder für die Naturwissenschaften zu interessieren.
Dein Thema "Mikroskopie an der Schule" hat mich spontan an das Buch "Das Mikroskop in der Schule" von Hartmut Dietle erinnert. Der Kosmos-Verlag bezeichnete es als "Arbeitsbuch für Lehrer und Schüler" und wer das Buch kennt, weiß dass es genau das auch war. Leider gibt es vergleichbare Literatur heute kaum noch.

Viele Grüße

Manfred

liftboy

Hallo in die Runde,

tja, guter Wille, Ehrenamt, Einsatz...... alles sehr schön.
Nun gibt es auch die Gegenseite, nämlich massives Desinteresse!!!
Gutwillig wie ich bin, möchte ich Interessierten die Mikroskopie näherbringen; und wie es sich für eine Autodidakten gehört über die Volkshochschule.
Erstmal ganz klein, für Anfänger; Schnupperkurs Mikroskopie.
Interesse: Null!
Nicht eine Anmeldung. Das macht traurig, das Interesse von Seiten der VHS war durchaus  groß.
Soviel zum Raum OWL (Ostwestfalen-Lippe/Bielefeld)
Ich werde es jetzt mit einem zweiten Anlauf im Raum Kassel versuchen.
Grüße
Wolfgang
http://www.mikroskopie-forum.de/index.php?topic=785.msg3654#msg3654
LOMO-Service
Das Erstaunen bleibt unverändert- nur unser Mut wächst, das Erstaunliche zu verstehen.
Niels Bohr

Peter V.

Hallo Wolfgang,

dass so ein Kurs nicht der "Burner" ( wie man heute so schön sagt ) werden würde, hatte ich mir schon gedacht. Dass aber das Interesse gleich"Null" ist, erstaunt mich schon....

Herzliche Grüße
Peter
Dieses Posting ist frei von kultureller Aneigung, vegan und wurde CO2-frei erstellt. Für 100 Posts lasse ich ein Gänseblümchen in Ecuador pflanzen.

Dragan Z.

Hallo Wolfgang,

Zitat von: liftboy in Februar 13, 2010, 20:53:53 NACHMITTAGS
Hallo in die Runde,
Interesse: Null!
Nicht eine Anmeldung. Das macht traurig, das Interesse von Seiten der VHS war durchaus  groß.

Wenn man sich so einen VHS Katalog anschaut, dann besteht er hauptsächlich aus Sprachkursen. Das wissenschaftliche Angebot war auch bei meiner hiesigen VHS sehr verkümmert. Und warum? Mal eine kleiner Versuch einer Antwort: Als ich vor 10 Jahren noch bei der VHS gearbeitet hatte, mussten immer die tollsten wissenschaftlichen Kurse abgesagt werden. Schon beim entgegennehmen einer Anmeldung zu einem schönen Physik- oder Chemie Thema roch ich schon förmlich die Absage. Also mach dir nichts draus. Die Zielgruppe der VHS sind nun mal Erwachsene und ich denke diese "Zielgruppe" lernt zielgerichtet. Wenn ein Erwachsener etwas über Mikroskopie lernen will, was macht er dann? Richtig: Er kommt ins Forum.

Klaus, eure Arbeit verdient wirklich Respekt.

Grüße,

Dragan.
--
Über mich.

Klaus Herrmann

Hallo Dragan,

ZitatKlaus, eure Arbeit verdient wirklich Respekt.

danke für die Anerkennung! Die Betonung muss hier natürlich auf "eure" liegen, weil ich nur einer von 5-en bin. Ich hab halt stellvertretend im Forum berichtet. Ein wenig mit dem Hintergedanken, dass andere das aufgreifen. Ich hab so was auch schon in Eigenregie gemacht, aber in Zusammenarbeit mit Kollegen ist es schon einfacher.

Der Aufwand ist etwa so, wie wenn man einen Abend  in einer Mikroskopischen Vereinigung durchführt.

Auch da ist es klug möglichst alles mitzubringen, was natürlich einige Kisten bedeuten kann, wenn präparativ gearbeitet wird. Wenn man "nur" fertige Präparate anschaut, dann ist es überschaubarer - es sei denn man hat diese selbst angefertigt.

Schulen sind normalerweise offen für solche Angebote von extern. Man braucht aber in der Schule einen verlässlichen Ansprechpartner, der dafür sorgt, dass ein geeigneter Raum zur Verfügung steht. Beamer, OHP bis hin zum Wasser, Waschbecken usw. Man benötigt minimal 1 Stunde Vorbereitungszeit vor Ort. Mikroskope aufstellen, Funktion testen, Arbeitsmaterialien herrichten (Färbebänkchen, Pipetten, Pinsel, Pinzetten, OT, Deckgläser.) Eine Liste ist hilfreich!
Ich bringe auch alle Kabel, Mehrfachstecker, Kabeltrommel mit. Denn wenn man vor Ort erst suchen muss, kommt nur Hektik auf!

Die intensive Öffentlichkeitsarbeit der TMG hat in ein paar Jahren die Mitgliederzahl verdoppelt! Und es sind nicht nur Rentiere   ;), sondern auch Junge dabei!
Mit herzlichen Mikrogrüßen

Klaus


ich ziehe das freundschaftliche "Du" vor! ∞ λ ¼


Vorstellung: hier klicken

Klaus Henkel

Zitat von: Klaus Herrmann in Februar 13, 2010, 23:34:30 NACHMITTAGS

Der Aufwand ist etwa so, wie wenn man einen Abend  in einer Mikroskopischen Vereinigung durchführt.

der TMG hat in ein paar Jahren die Mitgliederzahl verdoppelt! Und es sind nicht nur Rentiere   ;), sondern auch Junge dabei!

Fein, fein, lieber badischer Klaus. Du erklärst das recht plastisch. Aber ob Teamwork oder Solo-Arbeit: Es gibt eben nichts Gutes, außer man tutes.
In diesem Sinne: !

Der oberbayerische Klaus.

Nomarski

#12
Mit dem nötigen Feingefühl reicht auch das Standard-Junior mit dem Grobtrieb! ;)
Aber wie wird denn das Köhlern gelernt. ???

treinisch

Hallo Klaus,

besser spät als nie: Solche Projekte sind meiner Meinung nach der
einzige Weg zu einem lebendigen Interesse an Naturwissenschaften.
Ganz toll, was ihr da macht / gemacht habt.

Ich habe in der Schule nie ein Mikroskop in die Finger bekommen und
auch an der Uni nicht im Rahmen der Ausbildung, wenn man mal von
den drei/vier mikroskopischen Nachweisreaktionen in der AC absieht.

Ich habe ja seit kurzem ein eigenes Mikroskop und als dann eine
Nachhilfeschülerin meinte wozu man sich denn mit der
brownschen Molekularbewegung beschäftigen solle, habe ich gesagt,
lass uns doch einfach mal ein paar Partikeln beim Tanzen zuschauen,
sie war sprachlos und begeistert, ist ja auch irgendwie gruselig. Und was
soll ich sagen: Ich war genau so sprachlos, denn obwohl gestandener
Chemiker: gesehen hatte ich das auch noch nie.

Ich bin deswegen fest davon überzeugt, dass solche Projekte wie eures für einige
der Schüler eine bleibende und belebende Erinnerung sind, von denen
die Schule als Lernort leider leider viel zu wenige bietet / bieten kann.

Liebe Grüße

Timm

Gerne per Du!

Meine Vorstellung.

Oliver S.

#14
Engagierte unabhängige Experten tun der Schule ganz ohne Zweifel gut! Übrigens auch deshalb, weil diese Experten einen eigenen Eindruck gewinnen, welche Rahmenbedingungen Schule eigentlich bräuchte, wenn man im internationalen Vergleich ein bisschen aufsteigen wollte. Zu begrüßen ist daher ganz besonders, wenn sie, so wie Klaus hier, ihre Eindrücke auch nach außen tragen.
Unterschätzt wird meinem Eindruck nach oft der Zeitaufwand, den praktischer naturwissenschaftlicher Unterricht verschlingen kann. Noch gravierender unterschätzt wird demgegenüber meist nur noch der Vorbereitungs- und Korrekturaufwand für Oberstufen- und Abiturklausuren. Unregelmäßig, dann aber gern geballt auftretende Konferenzen, Fortbildungen und Elterngespräche schränken den Spielraum dann nochmals schlagartig ein. Eine junge Deutschkollegin mit Einserexamen! hat sich zu Beginn ihres ersten Schuljahres noch beklagt, dass einige Schüler nur die Interpretationshilfen und nicht den Roman gelesen hätten. Am Ende des Schuljahres hat sie sich dann halb lachend, halb weinend beklagt, dass sie es selber, trotz Nachtschicht, nur noch geschafft habe, die Interpretationshilfe eines ihrer im Unterricht zu behandelnder Werke zu lesen ;D.
Gruß,
Oliver
(gern per "Du" )