Hauptmenü

Einige Rädertiere

Begonnen von Ole Riemann, Dezember 04, 2023, 17:17:10 NACHMITTAGS

Vorheriges Thema - Nächstes Thema

Ole Riemann

Liebe Mikroskopiefreunde,

in den vergangenen Wochen habe ich mich wieder einmal verstärkt mit Rädertieren beschäftigt. Obwohl mikroskopisch klein (in der Regel deutlich unter einem Millimeter Länge), gehören Rädertiere zu den vielzelligen, tierischen Organismen. Den allermeisten Mikroskopikern sind sie wohlbekannt, sei es von Planktonzügen oder aus Phytalproben im Uferbereich.

Wenn man einzelne Rädertiere isoliert und sorgfältig präpariert, am besten unter einem Deckglas mit Vaseline-Stegen, kann man in aller Ruhe den Aufbau dieser zumeist glasartig durchsichtigen Objekte untersuchen und dokumentieren. Zur Fotografie braucht man meist einen Mikroblitz, um Bewegungsunschärfen zu vermeiden.

Im "Leben im Wassertropfen" findet man zusammenfassende Informationen zu dieser Organismengruppe, und zahlreiche Rädertiere lassen sich mit Hilfe der Abbildungen zumindest auf Gattungsniveau bestimmmen. Eine reichhaltige Informationsquelle zur Biologie und Taxonomie der Rädertiere ist die Website von Michael Plewka, die ich immer wieder bei Bestimmungsfragen zu Rate ziehen - oder auch einfach nur, um überragende Mikrofotos zu sehen.

Manche der folgenden Bilder habe ich beschriftet - hier eine kurze Abbildungslegende:

Dt=Dorsaltaster, Gh=Gehirn, Ro=Retrocerebralorgan, Ca=Cerebralauge, Mg=Magen, In=Intestinum, Ma=Mastax, mfr=musculus fulcro-ramicus, Kd=Keimdotterstock, Fd=Fußdrüse, Wo=Wimperohren, Mö=Mundöffnung, Bf=Buccalfeld, Pb=Protonephridialblase, Tr=Trophi (Mastaxhartteile)

Schöne Grüße

Ole


Trichocerca intermedia:

1_Trichocerca_intermedia_ZeissUniversal_25_0,80_63_1,4_1,25x_63mm_Kpl8x_Lauchseemoor_27.11.2023Komposit_850.jpg

2_Trichocerca_spec._ZeissUniversal_25_0,65_1,25x_63mm_Kpl8x_Lauchseemoor_11.11.2023a_650.jpg

Itura cf. aurita:

3_Itura_cf.aurita_LeitzOrthoplan_25_0,55_63mm_PeriplanGW6,3x_Froschteich-Gerbrunn_30.10.2023Komposit_850.jpg

4_Itura_cf.aurita_LeitzOrthoplan_40_0,70_63mm_PeriplanGW6,3x_Froschteich-Gerbrunn_30.10.2023c_850.jpg

Monommata grandis (synonym mit M. maculata?):

5_Monommata_maculata-grandis_ZeissUniversal_10_0,40_25_0,8_1,25x_63mm_Kpl8x_Paradieswiese_01.12.2023Komposit_850.jpg

Trichotria tetractis:

6_Trichotria_tetractis_ZeissUniversal_25_0,8_1,25x_63mm_Kpl8x_Lauchseemoor_29.11.2023Komposit_850.jpg




 

deBult

Wow excellent quality pictures (I think the German word for this is Augenweide?) AND detailed info on the organism: thanks for sharing.

Best, Maarten
Reading the German language is OK for me, writing is a different matter though: my apologies.

A few Olympus BH2 and CH2 stands with DIC and phase optics.
The correct number of scopes to own is N+1 (Where N is the number currently owned).

SNoK

Lieber Ole,

sehr schöne Bilder! An Rädertieren kann man immer wieder neue Sachen entdecken. Manchmal schau ich mir nur die Stuktur des Panzers an, den man auf deinem letzten Bild auch sehr gut sehen kann. Und wenn sie zwei Augenflecken haben, sehen sie manchmal sogar "niedlich" aus. Andererseits kann ich mich bisher nicht wirklich mit Rädertieren anfreunden und ich lasse sie in Proben oft "links liegen". Aber dafür gibt es ja Michael P. dessen Leidenschaft sie sind, und auf dessen Webseite man (fasst) alles sehen kann, was man wissen möchte.

Viele Grüße
Stephan
Mikroskope: Leica DMRB, Leitz Dialux (beide mit DIK)
Stemis: Zeiss 508, Wild Heerbrugg M5
Kameras: Sony alpha 6500 und 6400
Webseite: https://kralls.de
Vorstellung: https://www.mikroskopie-forum.de/index.php?topic=41749.msg308026#msg308026

anne

Lieber Ole,
das ist wieder mal ein echter "Riemann" - ein Genuss in Bildqualität und Inhalt.

lg
anne

KayZed

Lieber Ole,

ich kann mich dem Kommentar von Anne nur anschließen. Phantastische Bilder!
Durch deine hervorragende Beschriftung lerne ich immer wieder neue morphologische Details kennen.

Mir geht es ähnlich wie Stephan, ich kann mich mit den Rädertieren nur bedingt anfreunden.
Das liegt eigentlich nur an der etwas schwierigen Präparation. Es ist eben nicht leicht, sie genau in der richtigen Schichtdicke still zu legen. Ansonsten sind es wirklich faszinierende Organismen wie deine Bilder eindruckvoll belegen.

Herzliche Grüße
Klaus
Zeiss Stemi 508
Zeiss Jenaval Kontrast
Nikon Z7

Goldfuss

YouTube channel: microBizkaia

Michael

#6
Hallo Ole,

perfekt präpariert und toll fotografiert!

Ich finde es immer toll, dass man bei diesen transparenten Tieren die Anatomie und die Funktion der Organe live studieren kann.

Einfach wunderschön!

Michael
Gerne per Du

Ole Riemann

Dear all,

vielen Dank Euch allen für die netten Rückmeldungen! Es freut mich, wenn ich Euch meine Begeisterung für die Rädertiere etwas näher bringen konnte.

Stephan, Klaus - auch ich habe Rädertiere in den letzten Jahren eher nur am Rande behandelt und mich mehr den Protisten inkl. mikroskopischer Algen zugewandt. Aber eigentlich - und hier stimme ich Michael vollkommen zu - sind Rädertiere doch faszinierende Objekte: Man kann bei ihnen den Lebensvorgängen eines Vielzellers direkt zuschauen.

Gleichzeitig bedeutet dies für mich ein ethisches Dilemma, welches kaum aufzuheben ist. Für detaillierte Beobachtungen und Fotos muss man die Wasserschicht so stark einengen, dass es nur noch in den seltensten Fällen gelingt, das Objekt lebend zu erhalten. Dieses Problem - wenn man es denn als solches empfindet - hat man natürlich auch bei einem Ciliaten, dessen Makronukleus nur in einem Quetschpräparat gut sichtbar wird. Aber bei Rotiferen handelt es sich um komplexer aufgebaute Organismen mit einem differenzierten Nervensystem. Es bleibt einem eigentlich nur, auf detaillierte Beobachtungen gänzlich zu verzichten oder - und das ist meine Haltung - so wenig Material wie möglich und mit Ehrfurcht auch vor den Lebensvorgängen im mikroskopischen Detail einzusetzen.

Schöne Grüße

Ole


KayZed

Lieber Ole,

dein ethisches Problem kann ich gut nachvollziehen. Mir geht es ähnlich.
Wenn man sich der Neugierde nach den innerorganismischen Merkmalen nicht ganz entziehen will, bleibt einem - wie du sagst - nur das Bemühen, die "Sterberate" so gering wie möglich zu halten.
Vieles passiert leider oft ungewollt, wenn ich beispielsweise ein schwimmendes Deckglas mit relativ wenig Wasser auflege und nachträglich feststelle, dass das ein oder andere Rädertier dabei zerquetscht wurde.

Dieses Dilemma entsteht interessanter ja nur dort , wo man den Lebewesen sozusagen face to face begegnet.
Wenn ein Feuchtwiesengraben vertieft wird - was bei uns leider immer noch geschieht - macht sich kein Mensch Gedanken, dass hier mit einem Schlag wohl tausende von Mikroorganismen sterben.

Viele Grüße
Klaus
Zeiss Stemi 508
Zeiss Jenaval Kontrast
Nikon Z7

SNoK

Lieber Ole,

Tierethik ist ein Gebiet, für das es keine objektive Wahrheit gibt. Auch ein glückliches Bioschwein ist nur so lange glücklich, bis das Bolzenschussgerät auf seinem Kopf sitzt. Die saugende Mücke, die ich auf meinem Arm totschlage hat ein komplexeres Nervensystem inkl. Gehirn als ein Rädertier. Schädlingsbekämpfung, konventionell oder biologisch tötet zig Tausende von Tieren. Das Rädertier stirbt, damit du anderen diese schöne und spannende Welt näher bringen kannst und damit eine Ehrfurcht vor dieser Welt. Aber jeder und jede muss für sich eine Einstellung dazu finden und auch eine Grenze. Ich habe dazu mal das interessante Buch ,,Umweltethik" von Konrad Ott gelesen.

Viele Grüße
Stephan

Mikroskope: Leica DMRB, Leitz Dialux (beide mit DIK)
Stemis: Zeiss 508, Wild Heerbrugg M5
Kameras: Sony alpha 6500 und 6400
Webseite: https://kralls.de
Vorstellung: https://www.mikroskopie-forum.de/index.php?topic=41749.msg308026#msg308026

KayZed

#10
Lieber Ole,

auch wenn ich mich bisher wenig systematisch mit Rädertieren beschäftigt habe, bin ich natürlich besonders fasziniert, wenn ich diese gläsernen Gesellen mal passend unters Deckglas bekomme. So erging es mir vor Kurzem mit dem Sack-Rädertier Asplanchna.

Nachdem Martin auf seiner Seite selbiges Geschöpf gerade mit phantastischen Aufnahmen präsentiert hat (hier), gehe ich davon aus, dass es sich aufgrund des hufeisenförmigen Dottersacks wahrscheinlich um Asplanchna girodi handelt. Ich hoffe, es ist für dich in Ordnung, wenn ich mich mit einem Bild an deinen Faden anhänge. (Aufnahme im DIK 50)

Asplanchna 10 girodi Sack (hufeisenförmiger Dottersack) DIK 50 Potzenberg-Z7.jpg

Viele Grüße
Klaus
Zeiss Stemi 508
Zeiss Jenaval Kontrast
Nikon Z7

Ole Riemann

#11
... Danke, Stephan und Klaus, für Eure Ergänzungen. Ja, tierethische Fragen sind schwer objektivierbar, da gebe ich Dir, Stephan, vollkommmen recht.

Danke, Klaus für das Foto des Sack-Rädertiers Asplanchna, sehr gut getroffen mit überzeugender Kontrastierung. Ich denke, was Du als Eierstock beschriftet hast, ist das Subitanei selbst oder ein sich schon furchender Keim. Der Eierstock liegt meist direkt am/im Dotterstock, ist Teil des Keimdotterstock-Syncytiums und lichtmikroskopisch abgrenzbar als kleiner Bereich mit zahlreichen Zellkernen ohne sichtbare Nukleoli. Bei der Beschriftung der Taster bin ich unsicher; die Verhältnisse bei Asplanchna (ein ohnehin sehr stark abgewandelter Plankton-Organismus) sind sehr speziell.

Schöne Grüße

Ole

P.S. Bei dieser Aufnahme finde ich Dein aquatisches Blau im Hintergrund übrigens viel schöner als mein dokumentarisches Grau. Als JPEG-Fotograf habe ich leider weniger Kontrolle über die finale Farbgebung, aber das ist ein anderes Thema!


KayZed

Hallo Ole,

ich bin dir für deine morphologischen Hinweise und Korrekturen dankbar.

Gerade beim Bau der Rädertiere bin ich oft sehr unsicher und beschrifte manchmal wohl etwas gewagt. Dauereier sind scheinbar recht oft in charakteristischer Weise strukturiert bzw. gefärbt, während die unbefruchteten Sommereier (Subitaneier) eher strukturlos wirken. Sehe ich das richtig?

Ich habe meine Beschriftung entsprechend geändert und bei den Tastern mal ein Fragezeichen gesetzt.

Liebe Grüße
Klaus
Zeiss Stemi 508
Zeiss Jenaval Kontrast
Nikon Z7