Botanik: Ringelblume Calendula officinalis eine alte Zier- und Heilpflanze *

Begonnen von Hans-Jürgen Koch, Dezember 17, 2023, 13:33:35 NACHMITTAGS

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Hans-Jürgen Koch

Die Ringelblume ist aus keinem traditionellen Bauern- und Hausgarten wegzudenken. Sie wird im nördlichen Skandinavien ebenso angepflanzt wie am Mittelmeer und ist auf den Höhen des Pamir in Zentralasien so beliebt wie in den weiten Steppen Russlands.

Die genaue Herkunft der Ringelblume ist unbekannt, wird jedoch im Mittelmeerraum vermutet. Sie wird weit verbreitet kultiviert und kommt verwildert in ganz Europa vor.

Calendula officinalis ist eine zweikeimblättrige Pflanze.
Bei den Zweikeimblättrigen erscheinen gleich zwei rundliche Blättchen, die oft eine ganz andere Form haben als die späteren Blätter. Typische Zweikeimblättrige sind das Gänseblümchen, die Brennnessel oder die Pfefferminze.
Die Zweikeimblättrigen haben eine noch größere Artenvielfalt.

Eigentlich bilden die Zweikeimblättrigen keine natürliche Verwandschaftsgruppe, wie man aber erst in den 1990er Jahren entdeckt hat. In der Praxis spielt das aber kaum eine Rolle.

Die Wuchsform der Zweikeimblättrigen ist sehr vielfältig.
Die einjährige Ringelblume hat einen krautigen brüchigen und verzweigten, ,,kantigen" Stängel, 30 – 70 Zentimeter hoch.

Er trägt unten spartelförmige, saftiggrüne, wechselständige und behaarte Blätter, die nach oben kleiner und schmaler werden.
Die Laubblätter sind ungestielt.

Zuoberst stehen die Blütenköpfe (Durchmesser 3 bis 9 cm) auf einem ausgeprägten grünen Blütenboden. Die orangengelben Zungenblüten leuchten weithin wie kleine Sonnen, bei den gefüllten Arten ohne die dunkleren, kleineren Röhrenblüten in der Mitte.
Sie verbreiten einen eigenartigen, für mich unangenehmen Geruch.

Bild 01 Habitus, Ringelblume Calendula officinalis

Ein Bild aus unserem Garten (Sommer 2023).
Foto: H.-J_Koch

Bild 02 Zungenblüten, Ringelblume Calendula officinalis

Foto: H.-J_Koch

Bei diesem Blumentyp der Botanik sind mehrere Einzelblüten in einem Blütenstand so dicht zusammengefasst, dass der Blütenkorb optisch wie eine Einzelblüte wirkt.
Die Blütenkörbe sind von Juni bis Oktober zu sehen. Dabei bildet die Pflanze immer wieder neue Blüten aus, denn diese blühen selbst nur etwa 4 Tage.

Bild 03 Knospe, Ringelblume Calendula officinalis

Foto: H.-J_Koch

Ob die Griechen und Römer die Ringelblume bereits gekannt und genutzt haben ist ungewiss.

Um 900 nannte sie der Mönch Netker als Zierpflanze.
Im 12. Jahrhundert erwähnte sie Hildegard von Bingen unter dem Namen Ringula oder Ringella, sie schreibt ihr ,,große Kräfte" unter anderen gegen Vergiftungen zu.
Hildegard von Bingen (1098 – 1179), war eine deutsche Benediktinerin, Äbtissin, Dichterin, Komponistin und eine bedeutende natur- und heilkundige Universalgelehrte. Hildegard von Bingen gilt als erste Vertreterin der deutschen Mystik des Mittelalters.

Albertus Magnus beschrieb die Ringelblume als Arzneipflanze gegen den Biss giftiger Tiere sowie gegen Milzbrand und Leberverstopfung.

Albertus Magnus oder Albert von Lauingen, Albert von Köln, Doktor Universalis war ein deutscher Gelehrter und Bischof, der wegbereitend für den christlichen Aristotelismus des hohen Mittelalters war.
Die Ringelblume wurde vermutlich bereits im 12. Jahrhundert als Zier- und Arzneipflanze gezogen.
Sie diente medizinisch vor allem als schweißtreibendes Mittel, gegen Leberleiden und Gelbsucht.

In der Krebstherapie hat Calendula seit Mattioli bis Mitte des 19. Jahrhunderts eine besondere, heute fast vergessene Rolle gespielt.

Pietro Andrea Gregorio Mattioli (auch Pierandrea Mattioli oder Pier Andrea, latinisiert Petrus Andreas Matthiolus; * 12. März 1501 in Siena; † 1578 in Trient an der Pest war ein italienischer Arzt und Botaniker sowie Leibarzt des Erzherzogs Ferdinand II. und des Kaisers Maximilian II.

Immer wieder begegnen uns Hinweise auf Erfolge bei Krebsleiden, vor allem auch im Magenbereich. Bei allen schlecht heilenden Wunden, selbst bei Staphylokokken Infektionen wurden Heilerfolge bei äußerlicher Anwendung beschrieben.

Die Drogen besteht aus den Ringelblumenblüten – Calendulae flos (PhEur), die vom Blütenboden befreiten Zungenblüten gefüllblütiger Sorten gewonnen werden.
Sie werden gesammelt, wenn sie vollkommen geöffnet sind, und dann bei erhöhter Temperatur (35 Grad) getrocknet.

Auch die ganzen Blütenköpfchen sind im Handel – Calendulae flos cum calyce

Wirkstoffe:
Substanz    Konzentration
Quercetin            1 %
Isorhamnetinglycoside    1 %
Triterpensaponine    2 bis 10 %
Carotinoide        3 %
Polysaccharide            15 %
ätherische Öle          0,2 bis 0,3 %

und über 60 weitere Komponenten.   

Im Vordergrund steht die äußerliche Anwendung, z. B. traditionell in Form von Umschlägen oder der Ringelblumensalbe, die man durch Extraktion der Blüten mit Schweineschmalz gewinnt (ohne Zugabe durch Konservierungsmittel nur kurze Zeit haltbar).

Anwendung:
Innerlich bei entzündlichen Erkrankungen von Galle und Magen, äußerliche bei Brand- und Quetschwunden sowie Schleimhautentzündungen und kleine Wunden und leichte Entzündungen bei Hauterkrankungen.
Als Heilpflanze wird die Garten-Ringelblume in Deutschland, den Mittelmeerländern, auf dem Balkan, in Ägypten, Ungarn und Polen feldmäßig angebaut.

Systematik:
Ordnung: sternartige (Asterales)
Familie: Korbblütler (Asteraceae)
Unterfamilie: Asteroideae
Tribus: Calenduleae
Gattung: Ringelblumen (Calendula)
Art: Ringelblume
Wissenschaftlicher Name: Calendula officinalis
Trivialnamen: Garten-Ringelblume, Goldblume, Goldrose, Marienrose, Regelblume, Ringelrose, Sonnenwendblume, Studentenblume, Totenblume, Weckbrödelchen, Warzenkraut und Feminell
Englische Bezeichnung: Marigolds

Sie ist schon seit dem 12. Jahrhundert bekannt als Arznei- und Kulturpflanze.
Der Namenszusatz ,,officinalis" deutet auf die Verwendung der Ringelblume als Heilpflanze hin.

Das lateinische Wort ,,officina" bezeichnet auch den Raum, in dem Apotheker und Apothekerinnen ihre Arzneien herstellen.
Die deutsche Bezeichnung Ringelblume bezieht sich auf die ringförmigen Früchte der Pflanzen.
Aus den Zungenblüten entwickeln sich die 9 bis 15 (selten bis über 25) Millimeter langen, einsamigen Achänen (Schließfrüchte). Die Achänen sind teilweise geflügelt, sichelförmig, gekrümmt bis geringelt, fast alle kahnförmig und am Rücken kurzstachelig und gaben der Pflanze ihren Namen.

Bild 04 Fruchtstand, Ringelblume Calendula officinalis

Urheber: Wildfeuer

Die Früchte sind kahnförmig gekrümmt und haben einen kurzstacheligen Rücken.
Die Früchte der Ringelblume enthalten bis zu 25 % Fett. Davon ist reichlich Calendulasäure (Formel: C18H30O2) enthalten, die sonst sehr selten vorkommt.
Diese mehrfach ungesättigte Fettsäure gehört zur Gruppe der Omega-6-Fettsäuren.

Früher nutzte man die Blüheigenschaften der Ringelblume auch als Wettervorhersage: Blieben die Blüten nach 7 Uhr morgens geschlossen, war mit Regen zu rechnen – öffneten sie sich vorher, blieb der Tag angeblich sonnig.

Auf ihre Eigenschaften als Wetterprophetin und Sonnenanbeterin beziehen sich die mittelalterlichen Namen ,,Solsequium" und ,,Heliotropium" sowie die deutschen Namen Regenblume und Sonnenwendblume.
Der wissenschaftliche Gattungsname soll sich auf ,,calendae", die lateinische Bezeichnung für den ersten Tag im Monat beziehen, wohl weil die Blüte so viele ,,calendis" lang blüht (Juni–Oktober).

Aberglaube:
Die Ringelblume gilt im Volksglauben als Wahrsageblume.
Es ist die Blume, die man klassischerweise für die Frage Er liebt mich, er liebt mich nicht verwendet. Das Abpflücken der Blumen soll allerdings Gewitter heraufbeschwören.

Bild 05 Illustration, Ringelblume Calendula officinalis

Urheber: Franz Eugen Köhler, Köhler's Medizinal-Pflanzen   
Dieses Werk ist gemeinfrei.
A Blühende Pflanze; 1 Blütenkopf im Durchschnitt; 2 Blatt des Hüllkelches; 3 weibliche Randblüte; 4 Scheibenblüte; 4a Narbe der Scheibenblüte


Spross, Querschnitte
25 Mikromete

Bild 06 Schnittstelle, Ringelblume Calendula officinalis

Foto: H.-J_Koch

Bild 07 Übersicht, ,,kantiger" Spross, ungefärbter Schnitt, Ringelblume Calendula officinalis


Bild 08 Detailaufnahme, ungefärbter Schnitt, Ringelblume Calendula officinalis


Bild 09 Leitbündel, Ringelblume Calendula officinalis


Bild 10 Detailaufnahme, Autofluoreszenz, Ringelblume Calendula officinalis

LED Modul 455 nm
Reflektormodul FL mit Filtersatz 67
Erregerfilter: BP 470 nm
Strahlenteiler: FT 477 nm
Emission (Sperrfilter): LP 485

Bild 11 Detailaufnahme, Autofluoreszenz, Ringelblume Calendula officinalis


W-3A-Färbung nach Wacker (Acridinrot-Acriflavin-Astrablau)

Arbeitsablauf:
1.Pflanzenprobe liegt in 30 % Ethanol.
2. Aqua dest. 3x wechseln je 1 Minute.
3. Vorfärbung Acridinrotlösung 7 Minuten
4. 1x auswaschen mit Aqua dest. .
5. Acriflavinlösung (differenzieren bis gerade keine Farbwolken mehr abgehen - Lupenkontrolle) ca.30 Sekunden !!
6. 2 x auswaschen mit Aqua dest..
7. Nachfärbung Astrablaulösung 1 Minuten
8. Auswaschen mit Aqua dest. bis keine Farbstoffreste auf dem Objektträger verbleiben.
9. Entwässern mit 3x gewechseltem Isopropylalkohol (99,9 %)
10. Einschluss in Euparal.

Ergebnis:
Zellwände blaugrün bis grün, verholzte Zellwände leuchtend rot, Zellwände der äußeren Hypodermis orangerot, Cuticula gelb, Zellwände der innenliegenden Hypodermis tiefrot.

Bei der Betrachtung wird eine Kontrastverbesserung bei Verwendung eines BG 38 Filters (blaugrün, 3 mm dick) erreicht.

Fotos: Nikon D5000, Sony alpha 6000

Bild 12 Übersicht, Ringelblume Calendula officinalis


Bild 13 Detailaufnahme mit Beschriftung, Ringelblume Calendula officinalis

H = Haar, EP = Epidermis, RP = Rindenparenchym, K = Kambium, PH = Phloem, T = Trachee, XY = Xylem, MP = Markparenchym

Ich halte es für ein offen kollaterales Leitbündeln.
Bei offen kollateralen Leitbündeln tritt noch ein Kambium zwischen Xylem und Phloem hinzu. Diese Anordnung kommt bei zweikeimblättrigen (dikotylen) Pflanzen vor.
Bei den zweikeimblättrigen Pflanzen sind die Leitbündel meist zylinderförmig angeordnet.

Bild 14 Detailaufnahme, Ringelblume Calendula officinalis


Bild 15 Leitbündel, Ringelblume Calendula officinalis


Bild 16 Trichom, Ringelblume Calendula officinalis


Denen verhältnismäßig seltenen Typus zweireihiger Haare findet
man bei der Ringelblume (Calendula officinalis).

Verzeichnis der benutzten Literatur:

Wikipedia; Freie Enzyklopädie
Dieter Ennet, ,,Lexikon der Heilpflanzen" , ISBN: 3-933203-96-1
E. Löbenberg ,,Drogenkunde", 3-7741-0125-6
Walter Eschrich ,,Pulver-Atlas der Drogen", ISBN: 3-7692-2505-8
Buff ,,Giftpflanzen in Natur und Garten", 1980
Holm ,,Botanik und Drogenkunde", ISBN: 978-3-7692-5240-8
Bettina Rahfekd ,,Mikroskopischer Farbatlas der pflanzlichen Drogen", ISBN: 978-3-8274-1951-4
Hans Jürgen Pfänder ,,Farbatlas der Drogenkunde", ISBN: 3-437-00627-4
Rettmaier ,,Botanik – Drogenkunde"
Schönfelder ,,Das neue Handbuch der Heilpflanzen", ISBN: 978-3-440-12932-6
,,Botanica" Das Abc der Pflanzen, ISBN: 3-8290-0868-6
,,Die große Enzyklopädie der Arzneipflanzen und Drogen", ISBN: 978-3-89996-508-7
,,Das neue Handbuch der Heilpflanzen", ISBN: 978-3-440-12932-6
,,Heilpflanzen und ihre Kräfte", 1985
,,Welche Heilpflanze ist das?", ISBN: 978-3-440-10798-0
Der Kosmos ,,Pflanzenführer", ISBN: 978-3-440-16318-4
Die Informationen für Beschreibungen werden von mir selbst aus verschiedenen Quellen zusammengetragen. Dabei benutze ich sowohl Bücher als auch Internet Quellen.

Ich recherchiere dann weiter, suche die zugrundeliegenden Studien heraus, werte sie aus und verbinde alles miteinander.
Beim Recherchieren öffnet sich oft nicht nur eine neue Tür, sondern gleich mehrere. Dahinter verbargen sich weitere spannende Informationen.

Für konstruktive Kritik bin ich ebenso offen wie für lobende Worte.

Hans-Jürgen
Plants are the true rulers - Pflanzen sind die wahren Herrscher.

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Gerne per "Du"

Fahrenheit

Lieber Hans-Jürgen,

vielen Dank für den schönen Beitrag zur Ringelblume, den ich gerne gelistet habe.

Herzliche Grüße
Jörg
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Arbeitsmikroskop: Leica DMLS
Zum Mitnehmen: Leitz SM
Für draussen: Leitz HM

Hans-Jürgen Koch

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Wutsdorff Peter

Grüß´ Dich Hans-Jürgen,
Gratulation zu diesem wunderbaren Beitrag!!
Peter

Hans-Jürgen Koch

#4
Hallo Peter,

danke für deine Rückmeldung.

    Weihnachte ist,
wenn die besten Geschenke
am Tisch sitzen und nicht
unter dem Tisch liegen.

Gruß
Hans-Jürgen
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