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Klärung eines Sachverhaltes

Begonnen von Reinhard, Dezember 18, 2023, 12:38:30 NACHMITTAGS

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Reinhard

Hallo Freunde,

gestern öffnete ich eine Packung gerade beim Bäcker meines Vertrauens gekauften Schwarzbrotes und sah etwas, was mir noch nie so aufgefallen ist.

brot1.jpg
brot2.jpg

Meine Frau dachte gleich an die Frühmanifestation von Schimmel, aber danach sah es mir nicht aus. (zu gleichmäßig über alle Schnitten verteilt; zu glatt begrenzt; zu weiss)
Ich dachte eher an kleine Mehldepots und habe es unter den Mikroskopen versucht zu klären.
Zunächst eine Nadelspitze mit Wasser aufgerührt und bei schiefer Beleuchtung (leichte Verdrehung der "Wählscheibe" des Universalkondensors) betrachtet. Vergrößerung etwa 600 x.

brot3.jpg

Sodann Zugabe von etwas Lugol'scher Lösung, um ggf. Stärke nachzuweisen.

brot4.jpg

Keine Blaufärbung.
Es sind also wahrscheinlich Hefe-Ablagerungen, aber wo kommen die her?

Danke für Ideen
Reinhard

seit wann ist Kunst ein Fehler ?



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dicentra

Hallo Reinhard,

das sieht auf den Bildern erstmal zwar schon nach Hefen aus, es könnte sich meines Erachtens nach aber um sogenannten "Kreideschimmel" handeln. Damit wird eine systematisch uneinheitliche Gruppe von Pilzen subsummiert, die im Frühstadium solche kleinen, krümeligen Kolonien bilden, später aber durchaus ein "normales" Mycel ausbilden können.
Dazu gehört z.B. Saccharomcyopsis fibuligera, Hyphopichia sp (früher Trichosporon)., und Pichia sp. 
Diese bauen Stärke im Brot ab, zeigen also erwartungsgemäß keine positive Stärkereaktion durch Blaufärbung.

Grundsätzlich sind das schon Lebensmittelverderber, die bei nicht ausreichendem Durchbacken des Brotes eben überleben können.

Grüße
Oliver

KayZed

Hallo Reinhard,



ich mache von Zeit zu Zeit immer wieder mal ähnliche Beobachtungen, besonders bei verpacktem, dunklen Brot.
Sieht genauso aus wie auf deinem Foto.

Dachte zunächst auch an sprossende Schimmelpilze. Ein Präparat mit dem 100er im DIK belehrte mich eines Besseren. Es sind definitiv Hefepilze. Du kannst sie hier sehen.

Ob dies nun "ausblühende" Brothefe ist oder angeflogene Wildhefe, sollte vielleicht ein Experte beurteilen.

Herzliche Grüß
Klaus
Zeiss Stemi 508
Zeiss Jenaval Kontrast
Nikon Z7

beamish

Hallo Reinhard,

solche "Schwarzbrote" (in verschiedenen Regionen Deutschlands wird dieser Begriff nicht einheitlich verwendet) werden bei relativ niedriger Temperatur, dafür sehr lange gebacken. Dem Teig wird darüberhinaus Rübensirup hinzugefügt. Vielleicht überleben dadurch einzelne Hefezellen, die sich dann wieder vermehren.

Grüße
Martin
Zeiss RA mit Trinotubus 0/100
No-Name China-Stereomikroskop mit Trinotubus
beide mit Canon EOS 500D

Reinhard

Hallo Oliver, hallo Klaus,

Ich habe zwischenzeitlich Oliver's Hinweis aufgenommen und kann ihn, nach Internetrecherche,nur bestätigen.
Sehr interessant. Eine Hefe als "Schimmel" war mir unbekannt.
Der Bäcker hat das, nach Rückgabe des Pakets, auch sofort als Schimmel anerkannt.

Herzliche Grüße
Reinhard
seit wann ist Kunst ein Fehler ?



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KayZed

Hallo Reinhard,

schon denkbar, dass deine weißen Flecken sog. Kreideschimmel sind.
Ich habe mal im Netz nach einem der häufigsten "Kreideschimmel" gesucht. Hier findest du ein gutes Bild von dem häufigen "Schimmel" , Saccharomycopsis fibuligera, der eigentlich eine Hefe ist.

Anhand deiner 600fach-Aufnahme könnte ich das nicht unbedingt entscheiden. Wie gesagt meine "Schimmelflecken" sahen makroskopisch genauso aus, waren aber mikroskopisch eindeutig "normale" Hefezellen, die sich im Aussehen von S. fibuligera deutlich unterscheiden. Du bräuchest eventuell noch eine besser aufgelöste Aufnahme.

Liebe Grüße
Klaus
Zeiss Stemi 508
Zeiss Jenaval Kontrast
Nikon Z7

Reinhard

Hallo Klaus,

wenn es kein "Kreideschimmel" ist, müsste natürlich dann die Frage beantwortet werden, wie kommt die "normale" Hefe nach dem Backvorgang so reinweiß und in dieser Verteilung auf alle Brotscheiben.
Ich kann aber gerne größere Aufnahmen machen, wenn man dann der Einordnung näher kommt. So ein schönes DIK habe ich aber nicht.

LG
Reinhard
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KayZed

#7
Hallo Reinhard,

ich bin nun kein Hefekenner und weiß auch nicht, ob es sich in meinem Fall um Backhefe handelt. Außerdem ist nicht klar wie die Hefe dort hinkommt. Möglicherweise haben ein paar Hefezellen den niedrigtemperaturigen Backvorgang überstanden, wie Martin geschrieben hat.

Ja, eine größere Auflösung deiner "Hefezellen" wäre schon interessant.
.

LG Klaus
Zeiss Stemi 508
Zeiss Jenaval Kontrast
Nikon Z7

dicentra

#8
Hallo,

bei "Pilzen" gibt es häufig den Wechsel zwischen teleomorphen (sexuellen) und anamorphen (asexuellen) Generationen. Diese unterscheiden sich morphologisch oft deutlich, daher kommt es auch, dass viele Pilzarten mehrere Namen haben, da man anfangs nicht erkannte, dass es derselbe Organismus in 2 verschiedenen Ausprägungsformen ist (das ist dann die sog. "Holomorph", in der beide Stadien zusammengefasst werden; um das Begriffgewurstel abzuschließen).

Warum diese an den Schnittflächen nach dem Backen auftauchen kann verschiedene Gründe haben: die Backtemperatur war eben nicht hoch oder lange genug hoch genug, um alle Sporen abzutöten (auch eine Sterilisation ist ja keine Abtötung aller lebenden Mikroorganismen, sondern lediglich die Reduktion auf ≤ 10−6 pro Einheit des Sterilisierguts!).
Bei geschnittenen Lebensmitteln gelangt die Kontamination häufig durch die Klinge der Schneidemaschine (z.B. auch bei Wurstwaren) auf die Schnittflächen des Produkts. Gerade die Umgebungshygiene ist bei Lebensmitteln ebenso wichtig, wie die Produkthygiene selbst. Die "Verunreinigung" hat also nicht unbedingt das Backen selbst überlebt, sondern ist bei der nachfolgende Verarbeitung als Schmierkontamination auf das Produkt gelangt.

Viele Grüße
Oliver