Interessante Pilzfunde 105 - Milder Torfmoos-Täubling

Begonnen von Bernd Miggel, Februar 04, 2024, 10:21:59 VORMITTAG

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Bernd Miggel

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Einführung, Lebensweise und Verbreitung

Beim Milden Torfmoos-Milchling Russula robertii (Syn. R. sphagnophila) handelt es sich um einen sehr seltenen, mäßig großen, mild schmeckenden Cremesporer mit sehr fragilem Fruchtkörper, meist graurosafarbenem, höckrig gerieftem Hut, cremefarbenen Lamellen und weißem Stiel. Standort sind feuchte, sphagnumreiche Moore mit Birken, Fichten, Kiefern, wobei die Birke als Mykorrhizapartner angesehen wird. In der Roten Liste Pilze Deutschlands 2016 wird die in der Kategorie 1 (vom Aussterben bedroht) geführt.

Ein großes ,,Dankeschön" an Helga Marxmüller, Doris Laber und Alexander Reichert für Zeichnung und Fotos.


Bild 1 (oberes Bild) – Russula robertii am Fundort, im Sphagnum bei Birken. Hutfarbe typisch graurosa. Foto: Doris Laber.
Bild 2 (unteres Bild) – Hier die Hüte in einer etwas andere Farbvariante, und zwar mit mehr Grau und Violett. Foto: Alexander Reichert

Bernd Miggel

#1
Makroskopische Merkmale (weitgerhend nach EINHELLINGER, A. 1985)

Versucht man, vor Ort einen Fruchtkörper in die Hand zu nehmen, stellt man eine große Gebrechlichkeit und Wässrigkeit fest. Der Hut misst maximal 80 mm im Durchmesser, ist anfangs konvex, dann rasch ausgebreitet und meist mit vertiefter Mitte, schwach glänzend und im reifen Zustand stark höckrig gerieft. Die Huthaut lässt sich bis zu einem Drittel oder bis zur Hälfte des Radius abziehen. Farblich haben wir es mit großer Variabilität zu tun: Sie reicht von graurosa, olivblass, über lilagrau bis dunkel olivbraun. Die Lamellen sind cremefarben, breit, stehen entfernt und besitzen eine glatte Schneide. Der Stiel ist besonders gebrechlich, ohne feste Außenhaut, bald hohl werdend, meist rein weiß, nur selten schwach rosa überhaucht. Das Fleisch ist weiß, geruchlos und mild.

Makrochemische Farbreaktionen
FeSO4 ergibt eine blass rosa Reaktion.

Die Farbe des frisch ausgefallenen Sporenpulvers ist creme, etwa IIb nach der Farbtafel in MARXMÜLLER 2014.


Bild 3 – Hier kann man gut den graurosa, höckrig gerieften Hut, die cremefarbenen Lamellen, den fragilen, weißen Stiel und das weiße Fleisch erkennen. Foto: Alexander Reichert.

Bernd Miggel

Mikroskopische Merkmale (Bild 4)

Die Sporen sind ellipsoid, die Ornamentation besteht aus bis zu 1 µm hohen Stacheln, die teilweise durch feine Linien oder offene Netze miteinander verbunden sind. Sie messen L x B = 8-10 x 7-8 µm, mit einem Schlankheitsgrad Q = 1,2.
Die Epikutis (oberste Schicht der Huthaut) besteht aus Epikutishaaren und Pileozystiden. Die Epikutishaare (,,eh") sind wellig, apikal gerundet, ab und zu verzweigt und 3-5 µm breit, die Pileozystiden (,,pz") zylindrisch, vielfach septiert und 5-8  µm breit.


Bild 4 –  Mikromerkmale von R. robertii : pz = Pileozystiden, eh = Epikutishaare, sp = Sporen, hz = Hymenialzystiden. Aus MARXMÜLLER 2014.

Bernd Miggel

#3
Ähnliche Täublinge
•    Der Milde Glanztäubling (Russula nitida) besitzt einen habituell und farblich ganz ähnlichen Fruchtkörper. Auch der Standort ist vergleichbar. Doch ist er meist stabiler gebaut, sein Sporenstaub ist dunkler (ocker), etwa IIIb-c nach Marxmüller 2014, und seine Sporen sind fast isoliert stachelig, also weniger miteinander verbunden als bei R. robertii.

Literatur
•    EINHELLINGER, A. (1985): Die Gattung Russula in Bayern. Hoppea, Denkschr. Regensb. Bot. Ges. 43: Nr. 133, Farbtafel 28.
•    GALLI, R. (1996): Le Russule: 352-353.
•    KRÄNZLIN F. (2005): Pilze der Schweiz Bd. 6, Russulaceae: Nr. 202.
•    LABER, D. (2009): Die Funga der Moore des Hochschwarzwaldes. – Beiheft zur Z. Mykol., Bd. 11: 120.
•    MARCHAND, A. (1977):  Champignons  du  Nord  et  du  Midi. 5. Les  Russules: Nr. 471.
•    MARXMÜLLER, H. (2014): Russularum Icones: 474-475.
•    SARNARI, M. (2005): Monografia illustrata del Genere Russula in Europa, Tomo Secondo: 1269-1275.
•    https://fundkorb.de/pilze/russula-sphagnophila-milder-torfmoos-t%C3%A4ubling

Viel Freude beim Anschauen!
Bernd



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