Erkrankungen der Organe mit Mikro-Organismen und Parasiten

Begonnen von Holger Adelmann, Februar 18, 2010, 17:32:15 NACHMITTAGS

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Holger Adelmann

Liebe Kollegen,

ich möchte einen neuen Thread eröffnen mit Mikrofotos zu Erkrankungen der Organe mit Mikro-Organismen und Parasiten und bitte um rege Beteiligung.

Ich mache heute einen Anfang mit einer Aufnahme eines sehr guten Präparates von Robin Wacker zur sogenannten Candidiasis.
Der Pilz Candida albicans kann den gesamten Organismus befallen, besonders bei Immunschwäche, z.B. infolge von Aids.
Sehr gefährlich ist eine Zerstörung der Nieren. Im Bild sieht man ein Myzelium in einem Nierenkörperchen (Glomerulum - kleinste Blut-Filtereinheit der Niere) wachsen, welches hierdurch zerstört wird.
Ich weiss die spezielle Färbung des Pilzes nicht mehr, aber es könnte sich um PAS (Perjodsäure-Schiff'sches Reagenz) handeln.

Herzliche Grüsse
Holger Adelmann


Candidiasis der Niere (Leitz Orthoplan NPL Fluotar 40/0.70)



Holger Adelmann

#1
Hier ist noch ein zweites Beispiel: Amöbenruhr des Menschen.
Die abgekugelten Amöben (Entamoeba histolytica) liegen im Detritus des um Sie herum weitgehend zerstörten Darmgewebe. Durch diese massiven, lebensgefährlichen Gewebezerstörungen im Darm ist das Leitsymptom blutiger Durchfall.


Amöbenruhr des Darms durch Entamoeba histolytica (Leitz Orthoplan Plan APO 63/1.4)

Florian Stellmacher

#2
Lieber Holger,

das ist eine sehr gute Idee, die ich gerne aufgreife!

Hier nochmals ein Pilz und zwar Blastoschizomyces captatum. Dies ist ein Hefepilz der natürlichen Hautflora, der ein Pseudomycel ausbilden kann. Bei gesunden Menschen ist er harmlos, er kann jedoch bei einem schwereren Immundekfekt eine sog. opportunistische Infektion verursachen, die ggf. lebensbedrohlich werden kann.

Die Fotos stammen von einem Patienten, der unter einer besonderen Form der Leukämie litt und bei dem im Rahmen der Behandlung ein besonderes, sehr seltenes Syndrom auftrat, bei dem es zu einer vollständigen Zerstörung des blutbildenden Knochenmaks und damit zu einer absoluten Immnuschwäche kommt; hierbei wird das Knochenmark von Makrophagen buchstäblich "weggefressen". Hier gelangten die Pilze in die Blutbahn und konnten vom Körper nicht mehr eliminiert werden (Fungämie), sodass sie sich in verschiedenen Organen rasant vermehrten und eine Blutvergiftung (Sepsis) auslösten. Hieran verstarb der Patient schließlich.

Bild 1: Hier ist die Lunge mit dem bedeckenden Lungenfell (viscerale Pleura) zu erkennen. Auf der Außenseite des Lungenfells sowie im darunter gelegenen Lungengewebe sieht man eine sich strahlenfömig ausbreitende Pilzkolonie.


PAS, Zeiss Plan Neofluar 2,5x

Bild 2: Eine stärkere Aufnahme von Bild 1.


PAS, Zeiss Plan Neofluar 10x

Bild 3: Eine weitere Pilzkolonie innerhalb des Lungengewebes.


PAS, Zeiss Plan Neofluar 10x

Bild 4: Eine noch stärkere Vergrößerung zeigt den sich diffus in der Lunge ausbreitenden Pilz. Das Lungengewebe zerfällt dabei und blutet ein. Graulozyten, die normalerweise bei einer Lungenentzündug im Massen anzutreffen wären, fehlen hier, da ihre Produktion im Knochenmark zum Erliegen gekommen ist. Man sieht stattdessen etliche Makrophagen.


HE, Zeiss Plan Neofluar 20x

Bild 5: Eine Kolonie in der Milz.


Versilbrung nach Grocott, Zeiss Plan Neofluar 2,5x

Bild 6: Die selbe Kolonie wie Bild 5 höher vergrößert.


Versilbrung nach Grocott, Zeiss Plan Neofluar 10x

Bild 7 und 8: Zuletzt die Ursache für diesen schweren Krankheitsverlauf: Die Bilder zeigen das Knochenmark, in dem normalerweise die Blutzellen gebildet werden. In diesem Falle sind jedoch fast alle kernhaltigen Zellen im Knochenmark Makrophagen, die das gesamte blutbildende Mark vernichtet haben. Die Makrophagen sind immunhistochemisch mit einem Antikörper, der mit einem braunen Farbstoff gekoppelt ist, markiert - jede braune Zelle ist ein Makrophage! Dieses sehr seltene Bild wird als Infekt-assoziiertes hämophagoztisches Syndrom (IAHS) bezeichet.


PGM1, Zeiss Plan Neofluar 2,5x


PGM1, Zeiss Plan Neofluar 10x

Herzliche Grüße,
Florian
Vorwiegende Arbeitsmikroskope:
Zeiss Axioskop 2
Olympus BHS (DL, Pol, Multidiskussionseinrichtung)
Zeiss Axiophot (DIK und AL-Fluoreszenz)
Zeiss Axiovert (Fluoreszenz)
Wild M400 Fotomakroskop (DL, DF, AL, Pol)

Fahrenheit

Lieber Holger, lieber Florian,

danke für die interessanten Bilder und Erläuterungen.

Herzliche Grüße
Jörg
Hier geht's zur Vorstellung: Klick !
Und hier zur Webseite des MKB: Klick !

Arbeitsmikroskop: Leica DMLS
Zum Mitnehmen: Leitz SM
Für draussen: Leitz HM

Holger Adelmann

Danke Florian, das sind ja sehr interessante Bilder !

Ich habe auch noch eins zum Thema Immunschwäche gefunden - Aspergillose der Lunge bei einem Aids Patienten.
Der (gewöhnliche) Schimmel führt nach dem Einatmen bei Immunschwächepatienten oft zu einer Lungenentzündung, die man hier gut erkennen kann:
Die abgegrenzten Alveolen (Lungenbläschen) sind mit eitrigem Sekret gefüllt (im Bild massenhaft Leukozyten), und darin wachsen die Schimmelpilze.

Herzliche Grüsse
Holger

Aspergillose der Lunge (Leitz Orthoplan, Plan APO 16/0.40)




Florian Stellmacher

#5
Lieber Holger,

das Bild, das Du zuletzt eingestellt hast, pass perfekt zu dem, was ich gezeigt habe: Bei Dir sind die neutrophilen Granulozyten, die als Zellen der unspezifischen Immunabwehr sofort die Pilze bekämpfen sollten, reichlich vorhanden, bei meinen Bildern nicht.

Festzuhalten ist vielleicht noch eins: Grob gesagt leben wir alle mit unseren Pilzen, die jedoch für einen gesunden Menschen in aller Regel ungefährlich sind.

Herzliche Grüße,
Florian
Vorwiegende Arbeitsmikroskope:
Zeiss Axioskop 2
Olympus BHS (DL, Pol, Multidiskussionseinrichtung)
Zeiss Axiophot (DIK und AL-Fluoreszenz)
Zeiss Axiovert (Fluoreszenz)
Wild M400 Fotomakroskop (DL, DF, AL, Pol)

Florian Stellmacher

#6
Ein Fall ist mir gerade noch eingefallen:

Diabetiker haben mitunter Wundheilungsprobleme, da die Gefäße aufgrud des dauerhaft erhöhten Zuckerspiegels verstopfen können und so der Körper eine ensprechende Logistik für die Heilung nicht aufbauen kann (Mikroangiopathie). Daher kann sich aus einem kleine Defekt im Extremfall ein chronisches Hautulcus entwickeln.

Die beiden Bilder stammen von einer Diabetikerin, die sich nicht allzusehr um ihren Zuckerspiegel geschert hat. Bild 1 zeigt ein von Schorf bedecktes chronisches Hautulcus, auf Bild 2 ist zu erkennen, dass die Nekrose dicht von Hefepilzen (die Art weiß ich nicht mehr) besiedelt ist (PAS, Zeiss Plan Neofluar 20x). So ein Defekt heilt nicht mehr spontan ab, sondern er muss operiert werden.





Herzliche Grüße,
Florian
Vorwiegende Arbeitsmikroskope:
Zeiss Axioskop 2
Olympus BHS (DL, Pol, Multidiskussionseinrichtung)
Zeiss Axiophot (DIK und AL-Fluoreszenz)
Zeiss Axiovert (Fluoreszenz)
Wild M400 Fotomakroskop (DL, DF, AL, Pol)

Holger Adelmann

Vielen Dank Florian,

auch Dein letztes Bild passt sehr gut mit den sich im Gewebe ausbreitenden Myzelien.
Ich habe nochmal das Präparat mit der Entamoeba angeschaut und noch eine interessante Stelle gefunden, an dem das Darmgewebe bis auf zwei quergetroffene Blutgefässe zu Detritus verdaut sind. Auch hat die Amöbe unten rechts eine nicht ganz runde Form und sieht eher so aus, wie man Amöben normalerweise kennt.

Herzliche Grüsse
Holger

Entamoeba histolytica (Leitz Orthoplan, Plan APO 63/1.4)



Florian Stellmacher

#8
Und noch ein Klassiker:

Pilzinfektionen der Speiseröhre sind eine nicht seltene Erkrankung, selten ist sie jedoch so eindrucksvoll wie hier. Eine sog. Soor-Ösophagitis ist mit Medikamenten heute gut zu behandeln. Dieser Patient litt jedoch unter einem malignen Lymphom und entwickelte unter der immunsupprimierenden Chemotherapie eine Reihe von Komplikationen, die zusammen mit weiteren schweren Grunderkrankugen schließlich zum Tode führten.

Bild 1: Ein makroskopisches Bild des Überganges der Speiseröhre in den Magen (ösophago-cardialer Übergang). Bei diesem Autopsiepräparat habe ich die Speiseröhre wie einen Strumpf umgestülpt, sodass die Schleimhaut an der Außenseite liegt. Gut sind die gelblichen Pilzkolonien an der Cardia zu erkennen.



Bild 2: An der Oberfläche ist das mehrschichtige unverhornende Plattenepithel des Ösophagus zu erkennen, das zur rechten Bildseite zunehmend von den roten Pseudomycelien der Hefepilze (Candida) durchsetzt wird. Die Pilze breiten sich zur Tiefe sehr stark aus, wobei anzunehmen ist, dass dieses rapide Wachstum auch nach dem Tode weiter gegangen ist; daher ist der Befund so stark ausgeprägt.


PAS, Zeiss Plan Neofluar 10x (digital verkleinert)

Bild 3: In der Tiefe wachsen die Pilze auch in mehrere Blutgefäße hinein. Außerdem sind die Blastosopren und Pseudomycelien erkennbar.


PAS, Zeiss Plan Neofluar 10x

Herzliche Grüße,
Florian
Vorwiegende Arbeitsmikroskope:
Zeiss Axioskop 2
Olympus BHS (DL, Pol, Multidiskussionseinrichtung)
Zeiss Axiophot (DIK und AL-Fluoreszenz)
Zeiss Axiovert (Fluoreszenz)
Wild M400 Fotomakroskop (DL, DF, AL, Pol)

nanobot

#9
Hallo,

Ich beteilige mich gleich mit einer Trichinella spiralis (Trichinen) Larve im Muskelgewebe (Fertigpräparat). Die Bilder zeigen unterschiedliche Schnitte der spiralförmigen Larve. Das letzte Bild zeigt einen Querschnitt der Larve (Kreise). Wenn rohes, verseuchtes Fleisch gegessen wird, dann werden die Larven im Darm freigesetzt. Sie wachsen aus, vermehren sich und die Nachkommen verbreiten sich dann im Blut. Diese bilden dann neue Larvenkapseln im Muskel.

Das dürfte ein diagonaler Schnitt sein:

Längsschnitt:

Querschnitt:


Oliver.

Florian Stellmacher

Lieber Oliver,

sehr schöne Bilder!

Im Studium haben wir gekühlte lebende Trichinen mit dem Kompressorium flach gedrückt und mikoskopiert. Das war nicht halb so eindrucksvoll, wie es klingt - um so schöner Deine Bilder.

Herzliche Grüße,
Florian
Vorwiegende Arbeitsmikroskope:
Zeiss Axioskop 2
Olympus BHS (DL, Pol, Multidiskussionseinrichtung)
Zeiss Axiophot (DIK und AL-Fluoreszenz)
Zeiss Axiovert (Fluoreszenz)
Wild M400 Fotomakroskop (DL, DF, AL, Pol)

reblaus

Hallo -

damit alle Organismengruppen ausgewogen Erwähnung finden hier mal ein paar Protozoen, Geißeltierchen der unangenehmen Sorte, die zeitweilig im Blut des Menschen leben und diesem dann die Schlafkrankheit bringen! Aktueller Name Trypanosoma brucei.

Größenorientierung an Hand der 8 um großen Roten Blutkörperchen (Erythrozyten, nicht Eretrozyten). Man erkennt die Geißel, die fast am Ende des Tiers entspringt, an dessen Zellkörper entlang läuft und mit diesem durch eine undulierende Membran verbunden ist.



Das Präparat (Giemsafärbung) ist ca. 50 Jahre alt und vermutlich wurde dieser Patient damals sehr oft zur Ader gelassen, denn in solcher Dichte finden sich die Tierchen selten und alle wollte ja ein Präparat haben ...

Gruß
Rolf

Harald

Guten Abend!

Da dürfen die Lamblien natürlich nicht fehlen!



Pentax ist Ds am Photomikroskop III

Liebe Grüße
Harald

Holger Adelmann

Hallo Oliver, Rolf und Harald,

vielen Dank für Eure weiteren Ergänzungen, da ist in so kurzer Zeit ja schon eine schöne Sammlung zusammengekommen !

@Harald: Ist es möglich, die Lamblien etwas stärker zu vergrössern ?

Herzliche Grüsse
Holger

Holger Adelmann

#14
Bei der Durchsicht meiner Präparate habe ich noch eins von Robin Wacker zum Thema Onchozerkose gefunden, einer Wurmerkrankung (Filarien) welche in etwa 10% der Fälle zu Erblindung führt. Diese Erkrankung ist in den Tropen auch als Flussblindheit bekannt, wegen der bevorzugten Brutstätten der übertragenden Kriebelmücken.

Folgende Ergänzung / Präzisierung von Alfons Renz:
"Man sieht in der Mitte den Querschnitt durch ein gravides Weibchen und in den beiden Uteri zahlreiche noch in den Eiern eingerollte Larven, sogenannte Mikrofilarien.
Als Onchozerkom bezeichnet man die bindegewebige Kapsel, in der die Adultwürmer liegen. Das adulte Weibchen ist ca. 30 cm lang und wie ein Faden 'eingeknäuelt'. Deshalb sieht man im Knoten ('Onchozerkom') meist Querschnitte des Weibchens, und, wenn vorhanden, des / oder der Männchen".

Alles Weitere steht in einem sehr schönen Artikel in Wikipedia:
http://de.wikipedia.org/wiki/Onchozerkose

Herzliche Grüsse
Holger

Onchozerkose (H&E, Leitz Orthoplan, NPL Fluotar 40/0.70)