Öl-Objektive mal wörtlich genommen

Begonnen von ortholux, März 14, 2024, 13:38:33 NACHMITTAGS

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ortholux

Liebe Kollegen,

ich habe neulich einen interessanten Fang gemacht. Ein Dialux mit Auflicht-FLuoreszenz und Durchlicht Phaco-Kondensor mit langer Schnittweite. Ausgestattet mit:
Phaco 40
Fl Oel 54
Fl Oel 40
Oel 63
Pl APO 100 Oel

Wofür könnte solch eine Ausstattung genutzt worden sein?
Das 40er ohne Öl, die anderen ohne Phasenringe. Nicht so ganz schlüssig. Und dann noch der "lange" Kondensor.

Auf den Anzeigenfotos war schon zu erahnen, dass es wahrscheinlich "ein wenig" Arbeit bedarf, dieses Mikroskop wieder herzurichten.



Aber was ich nach dem Auspacken in Händen hiel (bzw., was dann an meinen Händen klebte) war schon nicht schlecht.








Objektive, Tisch, Kondensor, Triebknöpfe, Leuchtfeldblende: alles in Öl gebadet. Und wie soll es anders sein? Alles verharzt.
Der Präparateschutz der Objektive festgebacken, die Leuchtfeldblende festgebacken, der X/Y-Trieb des Tisches festgebacken, die Frontlinse des Kondensors festgebacken, die Kondensor-Revolverscheibe festgebacken. Unglaublich.

Ich hab mich dann mal drangesetzt, um zu sehen, ob ich's nicht gleich zurückschicke. Immerhin, die Objektive blieben innen vom Öl verschont. Bis auf das 54er, das ist innen grün vom Grünspan und nicht mehr zu retten. Der Rest ist halt viel Arbeit.



Aber der Oberhammer ist der Kondensor. Der hat alles überschüssige Öl aufgefangen.









Ein Kunstwerk!

Also setzte mich mich dran. Und Drei Stunden und eine halbe Flasche Benzin und eine Flasche Wein später das:



Am Wochenende kommen die Objektive dran. Bin gespannt. Das Fl 40 Öl und das 63er habe ich nämlich bisher nur als Phaco-Objektive. Sie werden hoffentlich meine Sammlung bereichern.

Wofür wurde das Ding nun genutzt?
Ich kann mir nicht vorstellen, dass es sich um Immersionsöl handelt. Ist es denkbar, dass in irgendeinem Prozess ölgetränkte Dinge geprüft wurden? Stahl nach dem Anlassen? Aber wofür dann Durchlicht?

Für Ideen bin ich dankbar.

Wolfgang


purkinje

#1
Hallo Wolfgang,
musstest Du auch mit dem Hämmerchen die Zugstange für den Kondensorkopf befreien?
Einen ähnlichen Phako-Kondensor habe ich in vergleichbarem Öl/Rost-Zustand von einem Mikroskop (LaborluxII) einer südtiroler Fischaufzuchtsstation mal gerettet.

Zwar ein OrtholuxII, aber in sehr identischer Ausstattung (Phaco/ AL_Fluoreszenz und die Reihe Öl-Objektive) kenne ich- jedoch in einem Tiptop-Zustand bei einem Labormediziner, welcher Autoantikörper (v.a. bei rheumatologischen und  selteneren  neurologische Erkrankungen bestimmt). Dazu werden Patientenseren auf bestimmten vorgefertigten Objektträgern mit Gewebeschnitten inkubiert. Nach einigen weiteren Schritten wird überprüft ob Autoantikörper binden und wo genau an den Zellen. Hierbei werden oft auch größere Schnitte mit Immersion mikroskopiert und das in der Routine mit vielen Dutzenden hintereinander. Das macht dort nur die MTA Elfi, weil die das Mikroskop liebt und auch schön putzt, sagte der Kollege neulich erst zu mir...  ;)
Beste Grüße Stefan

Peter V.

Hallo Stefan,

Zitatmusstest Du auch mit dem Hämmerchen die Zugstange für den Kondensorkopf befreien?

Na, das vermutlich gerade eben nicht! Es war ja bestens geölt! ;)

Herzliche Grüße
Peter
Dieses Post wurde CO2-neutral erstellt und ist vegan. Für 100 Posts lasse ich ein Gänseblümchen in Ecuador pflanzen.

ortholux

Zitat von: Peter V. in März 14, 2024, 15:26:24 NACHMITTAGSHallo Stefan,

Zitatmusstest Du auch mit dem Hämmerchen die Zugstange für den Kondensorkopf befreien?

Na, das vermutlich gerade eben nicht! Es war ja bestens geölt! ;)

Herzliche Grüße
Peter


Nein, das war kein Öl mehr. Das war zähe Schlorke. Da hat sich garnix mehr bewegt. Ich hab ordentlich Benzin drüberlaufen lassen, dann konnte ich sie bewegen.

Peter V.

#4
Hi Wolfgang,

ich habe aufgegeben, darüber nachzudenken, wie und was derartige Mikroskope so zugerichtet haben könnte. Man trifft ja gar nicht selten auf solche "Grotten".

Auch sollte man nicht darüber nachdenken, was diesen bekannte englischen Mikroskop-Schro...händler dazu bewegt, eine solche Mikroskopruine

https://www.ebay.de/itm/256439711705?itmmeta=01HRYXHFR1K9JAP5XYZN6S2D2G&hash=item3bb4ff77d9:g:eSEAAOSwqwNlgxWc&itmprp=enc%3AAQAIAAAAwF6Kmr9IWpJdDMlq%2FvQpVMYb5vNeNySyPKUIu69tE4TfovkhRS7ud0z8TuLE3lHSbZ1zrN4beTQStdx%2BVYZjk%2Fd5RAcFbohh%2ByFjU%2FX1FjaikbpupcgGRaFGHubhrPsWsQYOmGfAufE5MEnJ4dwMCR5CCc5N8p3o%2FgZ4sd%2FKgSJmQEglT1bTcdThVHPAwg3JabJVW2FSLoH7t5EkM1kZKhDfYQXBWlgMJ76%2FC6QmW3YKekPI%2FdUDiezUecG5zmHIBA%3D%3D%7Ctkp%3ABk9SR5T8xd3HYw

so zu beschreiben: "Das Gerät lässt sich einschalten und ist in einwandfreiem Zustand. Es befindet sich in einem guten kosmetischen Zustand mit Gebrauchsspuren."

Und wenn dieses Mikroskop

"Dies wurde aus einem Universitätslabor entfernt, wo es den Anforderungen entsprach"

sollte man sich über die Ansprüche englischer Universitätslabore Gedanken machen... ;)  :D

Herzliche Grüße
Peter
Dieses Post wurde CO2-neutral erstellt und ist vegan. Für 100 Posts lasse ich ein Gänseblümchen in Ecuador pflanzen.

Peter_le

Hallo Fettgeplagte,

Am Ende ist es kein Immersionsöl sondern Küchen-Dunst. In meiner Studentenbude hat die Küche keine Dunstabzugshaube und da schlägt sich mit der Zeit auch ein zäher Dunst nieder.

Vielleicht stammt es auch aus der Qualitätssicherung einer Pommesbude, wo es den Anforderungen entsprach ;)

Dunstige Grüße
Peter

Nordlicht

#6
Hallo Wolfgang,

vielleicht hat es der Vorbesitzer auch nur gut gemeint
und es vor dem Einlagern mit einer "Schutzschicht"
aus "Radglanz" oder ähnlichen versehen.
Zumindest kann ich keinen Rost entdecken.

Grüße Matthias

"der öfters mal Radglanz zur konservierung verwendet,
 allerdings noch nie bei einem Mikroskop"

Aljoscha

Hallo,

Der Überfluss an Immersionsöl wundert mich inzwischen nicht mehr. Ich saß dieser Tage vor einem Dunkelfeldmikroskop, das regelrecht im Öl schwamm. Objektive, Tisch, Kondensor, alles triefte.

Ist wohl eine Frage der Handhabung.

Viele Grüße

Alexander

ortholux

Die Frage ist für mich: kann Immersionsöl solch eine Schmodderschicht verursachen?
Auch die Triebknöpfe sind derart verschmiert, obwohl da kein Öl hintropfen kann.
Nur über geölte Finger kann ein Knopf so einsauen.

Wolfgang

jochen53

Hallo Wolfgang,
hier ein paar Ideen, Vermutungen und Gedankensprünge meinerseits als Chemiker: 1. Das Mikroskop ist schon etwas älter. 2. Das damal verwendete synthetische Immersionsöl enthielt Chlor-haltige Verbindungen (PCB oder Chlorparaffine). 3. Ein weiterer Bestandteil waren häufig Phthalate (z.B. Di-n-butylphthalat).
Die Mischung dieser Komponenten egab den gewünschten Brechungsindex von. ca 1,515 in Verbindung mit der erforderlichen Abbé-Zahl. Phthalate, PCBs und Chlorparaffine sind typische Weichmacher und greifen daher viele Lacksystem unter Erweichung bis hin zur Ablösung an.
Wenn man also in dem Schmodder Chlor nachweisen kann, dann liegt die Vermutung sehr nahe, daß es sich dabei um Rückstände eines alten Immersionsöls handelt.
Dies geht ganz einfach mit der sog. "Beilstein-Probe":
Man befreit eine etwa 5 cm langes Stück eines Kupferdrahtes (z.B. 1,5 mm²) von der Isolation, faßt es mit einer Zange an (Kupfer leitet die Wärme sehr gut, Finger mögen das nicht) und hält es in eine nichtleuchtende Flamme, z.B. von einem Spritusbrenner, und glüht es aus. Noch glühend tauscht man es in die zu prüfende Substanz und hält es wieder in die Flamme. Färbt sich die Flamme jetzt intensiv grün, ist Chlor (oder auch Brom oder Jod) in der Substanz enthalten. Ausprobieren kann man das vorher mit einem Stückchen PVC, damit man sieht, wie es aussehen sollte.
Ich habe auch mal ein Laborlux 1 erstanden, dessen Objekttisch, Kondensor und Objektführer völlig verölt waren. Der Vorbesitzer war ein Arzt, er war zudem wohl Kettenraucher und hatte damit vielleicht massenweise Blutausstriche untersucht. Ich mußte das ganze Stativ und insbesondere alle Triebknöpfe erst vom braunen Teer befreien. Eine 90er Ölimmersion von CZJ, die dabei war, war so "immergiert", daß das Öl sogar im Inneren der Fassung war, ein Totalschaden.
Viele Grüße, Jochen

rhamvossen

Hallo Peter,

Zitat"Dies wurde aus einem Universitätslabor entfernt, wo es den Anforderungen entsprach"

sollte man sich über die Ansprüche englischer Universitätslabore Gedanken machen...

Wilkommen im Universitätslab ;) In alle Universitätslabore werden Mikroskope versaut, nicht nur in England......Beste Grüsse,

Rolf

PiusX

#11
Lieber ortholux,

Zitat... eine halbe Flasche Benzin ...
Was für ein Benzin von welcher Marke verwendest Du und/oder wo kaufst Du dieses? Ich habe früher hochreines Allzweck-Benzin bzw. Feuerzeugbenzin von Centralin verwendet und bin noch immer auf der Suche nach Ersatz dafür, weil der ursprüngliche Hersteller der unter dem Markennamen "Centralin" vertriebenen Produkte vor etwa vier Jahren für immer dichtgemacht hat.


Netten Gruß

PiusX

ortholux

Manche werden jetzt wieder den Kopf schütteln, aber ich bin halt ein robuster Allgäuer und nehme die Literflasche ,,noname" aus dem Baumarkt. ,,Reinigungsbenzin" steht da drauf.

Wolfgang

jochen53

Hallo,
zum Reinigen verwendet man am besten relativ niedrig siedende Benzin-Fraktionen, z.B. 80/110 mit einem Siedebereich von 80 - 110° C. Dieses "KLAX Wasch- und Reinigungsbenzin" gibt es im DM-Drogeriemarkt für etwa 5 €/Liter, Hersteller ist eine Firma Chemica, www.chemica.de. In der Apotheke ist es sehr viel teurer, aber dafür aber auch nicht besser. Das noch niedriger siedende 40/80 (früher als "Wundbenzin" bezeichnet) verdunstet wesentlich schneller. Um verharzte Teile für längere Zeit einzuweichen, kann man auch höhersiedende Fraktionen verwenden, wie sie z.B. als flüssiger Grillanzünder oder als Lampenöl verwendet werden (ca. 3-4 €/Liter). Die leicht siedenden Benzine verdunsten natürlich auch ziemlich schnell, wenn man sie in offenen Gefäßen stehen läßt und sie sind wesentlich leichter entzündlich als höher siedende. Sofern keine lackierten oder Kunststoff-Teile gereinigt werden müssen, kann man sogar Nitroverdünnung, Xylol, Toluol oder Aceton verwenden. Viele damals verwendeten Lacke waren übrigens nicht gegen Alkohole (Ethanol, 2-Propanol) beständig.
Beim Arbeiten mit solchen leicht entzündlichen Flüssigkeiten kann ein einziger Funke zu einem Brand führen.
Viele Grüße, Jochen

Werner

Das schnelle Verdunsten kann man ausbremsen, wenn man nach dem Einmatschen Alufolie drumwickelt. Beim Etiketten-Entfernen hilft auch ein aufgesetztes Folienstück, was die Einwirkzeit verlängert.

Wenn man zur Benzinersparnis ein besonderes Gefäß (z.B. lang und schmal) benötigt, kann man das auch aus stärkerer Alufolie (z.B. für Sauna-Dampsperre) biegen, indem man eine Holzleiste als Schablone damit umhüllt und das Holz entfernt. An den Schmalseiten wird das Alu einfach umgebogen, man hat eine unten dichte Wanne. Dickere Folien werden manchmal bei ebay angeboten und sind noch leicht mit einer Schere zu schneiden.
Sollte auch zum Wachseinbetten funktionieren.

Gruß - Werner