Interessante Pilz- und Flechtenfunde 124 – Linden-Schüsselflechte

Begonnen von Bernd Miggel, März 27, 2024, 08:11:43 VORMITTAG

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Bernd Miggel

Linden-Schüsselflechte (Parmelina tiliacea)

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Bild 1Parmelina tiliacea auf Lindenrinde, Halbschatten. Foto: Bernd Miggel.




Einführung, Lebensweise und Verbreitung

Will man die Linden-Shüsselflechte (Parmelina tiliacea) finden, sollte man die Stämme alter, gesunder Linden inspizieren. Dort fühlt sich diese hellgraue Blattflechte am wohlsten. Auch andere Laubbäume mit nährstoffreicher Rinde, wie Eschen und Ahorn, werden besiedelt.

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Bild 2Parmelina tiliacea auf Lindenrinde, Halbschatten. Typische Rosette mit hellgrauen Loben und im dunkleren,zentralen Bereich die Isidien. Foto: Bernd Miggel.


Morphologische Merkmale (vorwiegend nach KIRSCHBAUM & WIRTH 2010)

Die Linden-Schüsselflechte bildet rosettenartige Lager, die Durchmesser bis mehr als 10 cm erreichen können und gerne zu mehreren zusammenwachsen. Die isidienfreien Bereiche erscheinen hellgrau, matt und glatt. Die Loben werden bis 6 mm breit, überlappen oft, sind gekerbt und sind am Ende abgerundet.

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Bild 3 – Parmelina tiliacea auf Lindenrinde, schräg besonnt.  Foto: Bernd Miggel.


Vermehrung
Bei der Linden-Schüsselflechte geschieht dies vornehmlich ungeschlechtlich, und zwar durch abfallende, vom Wind verwehte Isidien. Der Bereich, in dem sich Isidien bilden, liegt zentral in der Rosette, an der dunklen Färbung erkennbar (Bilder 2, 4, 5). Die Isidien selber besitzen zylindrische bis keulenförmige Gestalt, sind apikal gerundet und dort dunkel gefärbt (Bilder 7 und 8 ). Geschlechtliche Vermehrung ist durch Apotheciensporen möglich, doch werden Apothecien bei unserer Flechtenart nur selten gebildet.

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Bild 4 – Loben gekerbt und am äußeren Ende abgerundet.  Foto: Liss Hoffmann.

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Bild 5 – Isidienbereich der Linden-Schüsselflechte.  Foto: Liss Hoffmann.

Farbreaktionen (K: Kalilauge 10-20%, C: Natrium-Hypochlorit, KC: erst K dann darauf C, P: para-Phenylendiamin):
Rinde K+ gelb, C-, KC-, P-; Mark K-, C+ rot, KC+ rot, P-

Ähnliche Flechtenarten (nach KIRSCHBAUM & WIRTH 2010)
• Um die sehr ähnliche Pastillen-Schüsselflechte (Parmelina pastillifera) zu unterscheiden, muss man eine starke Lupe oder ein Stereomikroskop bemühen: P. pastillifera besitzt rein schwarze, knopfartige Isidien, die apikal verflacht oder eingedellt sind und die beim Herausbrechen oft charakteristische, weißliche ,,Narben" hinterlassen.

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Bild 6 – Hellgraue Loben, grünlichbraunerer Isidienbereich sowie ein Apothecium mit thallusfarbenem Rand und dunkelgrüner Scheibe.  Foto: Stefan Miggel.

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Bild 7 – Bereich um das Apothecium. Die Isidien, sogar auf der Apothecienscheibe, sind gut erkennbar.  Foto: Stefan Miggel.

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Bild 8 – Ausschnitt aus Bild 7. Isidien zylindrisch, apikal olivbräunlich und gerundet.  Foto: Stefan Miggel.


Literatur
• KIRSCHBAUM, U. & WIRTH, V. (2010): Flechten erkennen – Umwelt bewerten: 137.
• WIRTH, V. (1995): Die Flechten Baden-Württembergs, 2. Aufl., 1006 S.; Ulmer, Stuttgart: 664-665.
• FRAHM, J.-P., SCHUMM, F., STAPPER, N.J. (2010): Epiphytische Flechten als Umweltgütezeiger: 124-125.
• WIRTH, V. & DÜLL, R. (2000): Farbatlas Flechten und Moose: 74.
• Wirth, V. et al. (2011): Rote Liste der Flechten und flechtenbewohnende Pilze Deutschlands.

Internet (abgerufen am 22.3.2024)
1. https://de.wikipedia.org/wiki/Parmelina_tiliacea
2. http://www.norbert-kuehnberger.de/pilzbildergalerie/D_Flechten-Lichenes_-_226_Arten/index.htm


Viel Freude beim Anschauen!
Bernd


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