Interessante Pilz- und Flechtenfunde 133 – Kreisförmige Schwielenflechte

Begonnen von Bernd Miggel, April 02, 2024, 12:04:50 NACHMITTAGS

Vorheriges Thema - Nächstes Thema

Bernd Miggel

Kreisförmige Schwielenflechte (Phaeophyscia orbicularis)

Alle Fundberichte in der Übersicht: https://www.mikroskopie-forum.de/index.php?topic=42360.msg312080#msg312080
Fachausdrücke, Abkürzungen: https://www.mikroskopie-forum.de/index.php?topic=48585.msg356806#msg356806

Vielen Dank an Norbert Kühnberger für Bild 1.

Bild 1 - phaeophyscia_orbicularis_1, Norbert Kühnberger, 800x.jpg
Bild 1Phaeophyscia orbicularis. Typisches, ungestörtes Wachstum als Rosette, trocken (grau). Foto: Norbert Kühnberger.

Bild 2 - P1020737, Bernd Miggel, 800x.JPG
Bild 2Phaeophyscia orbicularis auf rissiger Rinde eines alten Birnbaums, ein großes, zusammen-gewachsenes Thallus-Areal, angefeuchtet (grün). Foto: Bernd Miggel.


Einführung, Lebensweise und Verbreitung

Die Kreisförmige Schwielenflechte (Phaeophyscia orbicularis) ist eine in Deutschland weit verbreitete, ungefährdete Blattflechte. Im trockenen Zustand unscheinbar grau (Bild 1), nimmt sie im angefeuchteten Zustand eine eindrucksvolle, grüne Farbe an (Bilder 2...). Ungestört wächst sie anfangs in Form kreisrunder Rosetten (Bild 1), die später zu größeren Arealen zusammenwachsen können (Bild 2). Bevorzugtes Substrat sind freistehende Laubbäume mit basischer oder staubimprägnierter Rinde – oder auch kalkhaltige Gesteine, sogar anthropogene Substrate wie Mauern, Dachziegel...

Bild 3, Stefan Miggel_b, yellow-, 800x.jpg
Bild 3 – Thallus-Teil von Bild 2. Foto: Bernd Miggel.

Bild 4 - P1020740, Bernd Miggel, x800.JPG
Bild 4 – Anderes Thallus-Teil von Bild 2, detaillierte Darstellung. Foto: Bernd Miggel.


Morphologische Merkmale (in Anlehnung an KIRSCHBAUM & WIRTH 2010)

Einzelne Thalli wachsen im Allgem. rosettig und bekommen maximale Durchmesser von ca. 40 mm. Sie wachsen jedoch gerne zu großen Arealen zusammen, z.B. bei einem eigenen Fund (Bild 2) auf ca. 30 x 15 cm! Die Loben sind mit bis 1,5 mm Breite recht schmal und liegen dem Substrat dicht an. Im abgetrockenen Zustand sind die Thalli dunkelgrau, dunkelbraun, dunkel olivbraun (Bild 1). Besprüht man sie mit Wasser, wird die Farbe sofort heller, intensiver, freundlicher: grün, graugrün (Bilder 2 etc). Das Mark ist weiß. Die Flechte weist zahlreiche Flecksorale auf, die apikal flach, vertieft oder gewölbt sind (Bilder 5 und 6). Apothecien beobachtet man ebenfalls, doch eher selten.

Bild 5 - 2024-04-01 17-03-52 (C,S4)Bernd, Makro_b, 800x.jpg
Bild 5 – Flecksorale und Rhizinen (letztere unten im Bild). Foto: Bernd Miggel.

Bild 6 - 2024-03-29-09.57.45 ZS PMax_1, 2.5x, Detail, Bernd Miggel, 800x.jpg
Bild 6 – Flecksorale in Großdarstellung. Foto: Stefan Miggel.

Farbreaktionen (K: Kalilauge 10-20%, C: Natrium-Hypochlorit, KC: erst K dann darauf C, P: para-Phenylendiamin):
Lager K-/grünlich (an gelblichen Stellen rotviolett), C-, KC-, P-.

Notizen
Die Kreisförmige Schwielenflechte gilt als toxitolerant, kommt also auch häufig in städtischen Bereichen vor.

Ähnliche Flechtenarten (in Anlehnung an KIRSCHBAUM & WIRTH 2010)
• Die Rotmarkige Schwielenflechte (Phaeophyscia endophoenicea) besitzt keine Flecksorale, sondern randständige Lippensorale; das Mark ist orangerot und reagiert mit K+ rotviolett.
• Die Schwärzliche Schwielenflechte (Phaeophyscia nigricans) ist viel zierlicher, mit körnig-isidösen Loben von maximal 0,3 mm Breite.

Literatur
• KIRSCHBAUM, U. & WIRTH, V. (2010): Flechten erkennen – Umwelt bewerten: 146-147.
• WIRTH, V. (1995): Die Flechten Baden-Württembergs, 2. Aufl., 1006 S.; Ulmer, Stuttgart: 717-719.
• FRAHM, J.-P., SCHUMM, F., STAPPER, N.J. (2010): Epiphytische Flechten als Umweltgütezeiger: 131-132.
• WIRTH, V. & DÜLL, R. (2000): Farbatlas Flechten und Moose: 82.
• Wirth, V. et al. (2011): Rote Liste der Flechten und flechtenbewohnende Pilze Deutschlands.

Internet (abgerufen am 31.3.2024)
1. https://de.wikipedia.org/wiki/Phaeophyscia_orbicularis
2. https://britishlichensociety.org.uk/sites/default/files/Phaeophyscia%20orbicularis.pdf
3. http://www.norbert-kuehnberger.de/pilzbildergalerie/D_Flechten-Lichenes_-_226_Arten/index.htm
4. https://italic.units.it/index.php?procedure=taxonpage&num=1705



Viel Freude beim Anschauen!
Bernd



Alle Fundberichte in der Übersicht: https://www.mikroskopie-forum.de/index.php?topic=42360.msg312080#msg312080
Fachausdrücke, Abkürzungen: https://www.mikroskopie-forum.de/index.php?topic=48585.msg356806#msg356806