Was für eine Art von Moos ist das, bitte?

Begonnen von Jakob_Wittmann, April 15, 2024, 00:47:10 VORMITTAG

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Jakob_Wittmann

Hallo geschätzte Runde,

ich habe dieses Moospolster neulich in einer Wiese liegend gefunden, es dürfte von irgendjemandem  gesammelt und dann in der Wiese weggeworfen worden sein.

Das Moos wirkt nahezu schwarz, vor allem bei Kunstlicht betrachtet. Es war ein wenig trocken, daher habe ich es auf angefeuchteten Lagen Zellstoffpapier abgelegt.

Nach einem Tag konnte man unter dem Mikroskop sehen, dass es sich erholt hatte. Die einlagigen Blättchen mit ihren Chloroplasten sind ein schöner Anblick.

ABER: Ich habe beim Recherchieren zumindest bis jetzt keine Art von Moos gefunden, die so dunkel aussieht wie eben dieses Moospolster.
Ausgenommen Rentiermoos, das bei uns eher nicht vorkommt ...

Daher bitte die Frage an Euch: Was könnte das für ein Moos sein, bitte?

Ich habe ein wenig Material (auch von der Unterseite) mit etwas Wasser aufgegossen. In dieser Probe war ausgesprochen viel Lebendiges zu beobachten: von Nematoden, Bärentierchen, Wimpertierchen, Amöben bis hin zu Bakterien.

Leider habe ich erst etwas spät zu fotografieren begonnen. Unter anderem habe ich ein Video von ,,etwas" aufnehmen können, das ich für einen Fadenwurm noch im Ei halte.

Ich muss nur noch Videos (mit nicht allzu viel Speicherplatz) umwandeln. Dann kann ich etwas davon nachreichen.

Ein Wimpertierchen ist bei den Bildbeispielen dabei.

Ich würde mich freuen, wenn Ihr mir bitte beim Bestimmen des Moospolsters helfen könntet!

Und: Wie immer freue ich mich auch sonst über alle Arten von Reaktionen von Euch!


Liebe Grüße


Jakob
,,Ein Leben mit nur einem schwarzen Mikroskop ist möglich aber sinnlos."


Bernhard-Viktor ,,Vicco" Christoph-Carl von Bülow

A. Büschlen

Hallo Jakob,

ich versuche dir weiter zu helfen:

- findest du im Polster frische Sporophyten? Wenn ja, wachsen sie am Ende der Stämmchen, oder seitwärts am Stämmchen?

- Haben die Blätter an den Triebspitzen der Stämmchen Glashaare oder farblose Spitzen?

- Du schreibst: "in einer Wiese liegend gefunden". Befindet sich in der Nähe vom Fundort ein Dach oder Felsblöcke ?

Gruss Arnold Büschlen

Schwerpunkt z.Z.:
- Laub- und Lebermoose.
- Ascomyceten als Bryoparasiten.
- Nikon Optiphot I mit HF, DIC.
- Nikon Microphot mit HF, Pol.
- Zeiss Standard Universal mit HF, Ph, Pol.
- Wild M3Z mit Ergotubus.
- Nikon SMZ-U Zoom 1:10 mit ED Plan Apo 1x.

Jakob_Wittmann

Hallo Arnold,


besten Dank für Deine Hilfe, das ist sehr nett und hilfsbereit von Dir!

Noch bin ich dabei, mich etwas über Moose einzulesen. Die Thematik ist bei weitem komplexer als ich angenommen habe, aber ausgesprochen wissenswert. Meine Annahme, dass ein Einstieg in die Botanik bei gewissermaßen ,,einfacheren" Pflanzen leichter fällt, war jedenfalls nicht richtig.  ;)

Die Botanik angehend habe ich jedenfalls Nachholbedarf. ,,Irgendwo" einzusteigen, dürfte auch hier einen etwas umständlichen Zugang darstellen ...

Aber zum konkreten Thema, bitte:

Ich konnte bisher keine Sporophyten in diesem Moospolster finden. Die Spitzen der Stämmchen wirken auf mich glasartig. Als ich ein erstes Mal das Moos mit dem Stereomikroskop betrachtete, war die Sache zuerst eher unübersichtlich. Mit ein klein wenig Recherche, ist aber ein Lichtstreif am ,,botanischen Horizont" erkennbar.

Ich habe versucht einige der Details von Trieben des Mooses mit einem Lupenobjektiv (3,2-fach) abzubilden. Dafür habe ich ein klein wenig Material in Wasser & Deckglas drauf verwendet.

Zumindest teilweise war aber das Arbeiten mit einem Stereomikroskop einfacher.

Bei einem der beigefügten Bildern sind Strukturen erkennbar, die ein klein wenig an Blüten höherer Pflanzen erinnern.
Habe ich da bitte womöglich Antheridien abgebildet? :-\  :)

Zum Fundort und von wegen Felsen: Es sind tatsächlich teils relativ große Felsbrocken in einer Wiese nahe des Fundortes vorhanden. Zwecks Verhindern von ,,Auto in der Wiese parken" ... :)

Auf diesen Felsbrocken (paläozoischer Dolomit aus dem Umland von Graz) habe ich Flechten und Moose gefunden. Verdächtig ähnlich scheinen mir die letzten 2 Teilbilder der mehrteiligen Abbildung zu sein. Noch bin ich mir aber nicht sicher.

Mal sehen ... ;)  :)

Nach wie vor sind Reaktionen, Beiträge jeglicher Art von Euch bitte höchst willkommen!


Besten Dank und liebe Grüße


Jakob
,,Ein Leben mit nur einem schwarzen Mikroskop ist möglich aber sinnlos."


Bernhard-Viktor ,,Vicco" Christoph-Carl von Bülow

A. Büschlen

Hallo Jakob,

Du schreibst:

ZitatAuf diesen Felsbrocken (paläozoischer Dolomit aus dem Umland von Graz) habe ich Flechten und Moose gefunden. Verdächtig ähnlich scheinen mir die letzten 2 Teilbilder der mehrteiligen Abbildung zu sein. Noch bin ich mir aber nicht sicher.
"Felsbrocken" Das ist eine wichtige Beobachtung!

ZitatBei einem der beigefügten Bildern sind Strukturen erkennbar, die ein klein wenig an Blüten höherer Pflanzen erinnern.
Habe ich da bitte womöglich Antheridien abgebildet?

Auf deinem letzten Bild erkennt man sehr gut an den Triebspitzen die vorhandenen Kapseln. Das spricht für ein apokarpes Laubmoos.
Laubmoose gehören zu den blütenlosen Pflanzen. Hast du ein Lehrbuch der Botanik der  "Strassburger" ? um darin nachzulesen?

Zusammengefasst, du zeigst uns ein apokarpes Laubmoos das mit grosser Wahrscheinlichkeit ein Felsbewohner ist. Allerdings, das Polster lag nach deiner Aussage in der Wiese.
Die Kapsel ist vorhanden, sie ist tief in das Perichaetium eingesenkt. 

Die Blätter tragen kleine Glasspitzen.

Laubmoose können austrocknen ohne Schaden zu nehmen. Für die Bestimmungsarbeit löst man ein Stämmchen aus dem Polster macht es in einem Tropfen Wasser feucht und löst mit einer feinen Pinzette einige Blätter vom Stämmchen. Diese Blätter werden auf einem Objektträger angeordnet, mit Wasser eingedeckt und mit einem Deckglas abgedeckt. Dann Wasser am Deckglasrand absaugen bis eine minimale Schichtdicke vorhanden ist. Am Mikroskop im Durchlicht und offener Aperturblende die Ausbildung der Laminazellen beobachten, nach der Blattspitze suchen, Ausbildung der Blattspitze beobachten, ist eine Blattrippe vorhanden? Wenn ja, wie weit reicht Diese im Blatt? Bis zur Spitze, oder nur in die Blattmitte?
Das sind einige Fragen die zu beantworten sind.

Das Bild zeigt einige Merkmale der Moose. Quelle: K. Ammann 1989/90 Einführung in die Systematik und Ökologie der Moose.

Gruss Arnold Büschlen
Merkmale Moose .JPG
Schwerpunkt z.Z.:
- Laub- und Lebermoose.
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Jakob_Wittmann

Hallo Arnold,

herzlichen Dank! Die Bestimmung des Mooses macht dank Deiner freundlichen Hilfe Fortschritte:

Fachliteratur (Botanik):

Merci vielmals auch für die Angaben empfehlenswerter Fachliteratur, Arnold. Ich werde mir da einiges an Literatur beschaffen. Wie so oft, ist auch für die Botanik das Angebot an einschlägiger Literatur – zumindest für den Anfang – umfangreich und nicht einfach zu überblicken.

Ich mag mich als Einsteiger irren, aber mir kommt vor, dass sich vor allem taxonomisch bzw. bei der Bestimmung von Zugehörigkeiten von Pflanzen-Spezies zu übergeordneten Gruppen in den letzten (ca.) 20 Jahren einiges geändert hat.


Ein klein wenig frage ich mich daher, wie alt ein Standardwerk sein darf.

Aber zur Moosprobe:

Dadurch dass ich einiges an ,,Herumprobieren" mit unterschiedlichen Mikroskopen, Kondensoren, Methoden der Beleuchtung betrieben habe

(Grund: merkwürdig schwierig reproduzierbare Schärfe/Auflösungs-Unterschiede bei bestimmten Objektiven),

bin ich etwas langsam zugange.

Aber ich werde die Angelegenheit gemäß Deiner Anleitung sehr bald weiterverfolgen und Aufnahmen machen.

Danke, bis bald, liebe Grüße


Jakob
,,Ein Leben mit nur einem schwarzen Mikroskop ist möglich aber sinnlos."


Bernhard-Viktor ,,Vicco" Christoph-Carl von Bülow

Jakob_Wittmann

Hallo liebe Runde, hallo lieber Arnold,

na ja, es hat leider ein wenig gedauert, aber ich habe nun mit einer Pinzette versucht, bei den Moostrieben etwas abzustreifen. Da das Moos bereits recht trocken ist, sind auch kleinste Teilchen mit dabei.

Als Medium habe ich Glyzerin verwendet. Ich dachte mir, dass dies vielleicht ein wenig an Aufhellung bewirken könnte.
Allerdings war nichts dergleichen auffällig bemerkbar. Genaueres könnte man wahrscheinlich nur im direktem Vergleich mit Wasser feststellen.
Angenehm dabei ist natürlich, dass das Präparat nicht (wie mit Wasser) nach 20 Minuten ausgetrocknet ist.

Die beiden Bilder sind  nicht besonders gut gelungen, aber ich bleibe weiter dran und hoffe mehrere Blätter in der richtigen Lage für eine schöne Aufsicht zu finden.

Vielleicht kann man aber ,,auch so" bei der Bestimmung zumindest ein wenig vorankommen ... :)  ;)

Jedenfalls ist es eine Tatsache, dass mir auch die mikroskopische Untersuchung von Moos Freude macht!

Danke, beste Grüße an alle, einen guten Start in die Woche!


Jakob
,,Ein Leben mit nur einem schwarzen Mikroskop ist möglich aber sinnlos."


Bernhard-Viktor ,,Vicco" Christoph-Carl von Bülow

A. Büschlen

Hallo Jakob,

auf deinen Bildern sind 2 gute Merkmale der Gattung Schistidium zu erkennen: - die Glasspitzen an den Blättern und - die Lage der Kapseln und deren Ausbildung.

Hast du Zugang zu Bestimmungs-Literatur für Laub- und Lebermoose?
Aus meiner Sicht ist für den Anfänger z.B. Aichele, Dietmar: Unsere Moos- und Farnpflanzen: ein Einführung in die Lebensweise, den Bau und das Erkennen heimischer Moose, Farne, Bärlappe und Schachtelhalme. Eine brauchbare Möglichkeit, den Zugang zu den Moosen zu finden. Erschienen als Kosmos- Naturführer; leider vergriffen.

Gruss Arnold
Schwerpunkt z.Z.:
- Laub- und Lebermoose.
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- Nikon SMZ-U Zoom 1:10 mit ED Plan Apo 1x.

Jakob_Wittmann

#7
Vielen Dank Arnold!

Das ist schon eine weitgehende Eingrenzung auf eben eine Gattung: Schistidium.

Sehr gut, etymologisch also irgendwas mit ,,Schis", also altgriechisch in etwa ,,Spaltung,  Teilung". Tidium" sieht sehr nach lateinischem Wort aus, aber die mögliche Übersetzung ins Deutsche mit ,,Scham" und auch die Übersetzung von ,,tedium" (vermutete Variante) mit ,,Ekel" kommt mir etwas merkwürdig vor.
Aber mit Laien-Etymologie sollte man immer vorsichtig sein ... ;)  :D

Danke für den Buchtipp, Arnold. Zum Glück ist das Buch antiquarisch schon für ein paar Euro zu haben.

Die meiner Meinung nach sehr gut gemachte Website swissbryophytes.ch enthält neben vielen anderen feinen und hochinteressanten Inhalten auch eine sehr umfangreiche Literaturliste.
Ich nehme stark an, dass Du diese Seite kennst, denn immerhin gibt es dort auch ein Portraitfoto von Dir ...  :) ;)

Eine sehr gute Quelle. Es ist wirklich schön, dass es in der Schweiz eine so aktive bryologische Gemeinschaft gibt.

Jedenfalls werde ich mich (auch) mit Moosen näher beschäftigen und mich in diese faszinierende Materie einarbeiten. Parallel auch mit botanischen Grundlagen, sinnvoll geplant und "portioniert".

Wenn Du nichts dagegen hast, werde ich mir auch die Freiheit nehmen, Dich ab und zu mit Fragen zu kontaktieren ;) :)

Nochmals vielen Dank und liebe Grüße


Jakob
,,Ein Leben mit nur einem schwarzen Mikroskop ist möglich aber sinnlos."


Bernhard-Viktor ,,Vicco" Christoph-Carl von Bülow