Carl Zeiss Jena Stativ Lg?

Begonnen von MikroManni, Mai 05, 2024, 17:25:31 NACHMITTAGS

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MikroManni

Hallo ins Forum,

ich habe ein sehr gut erhaltenes Carl Zeiss Lg Stativ (?) erworben. Was mich etwas wundert ist, dass das Stativ mit "aus Jena" versehen ist. Bei allen anderen in meinem Besitz befindlichen schwarzen Mikroskopen ist das Emblem von Carl Zeiss Jena zu finden und auch für die Angebote z.B. bei EBay.
Hat jemand eine Erklärung oder Erläuterung weshalb dieses Stativ mit "aus Jena" markiert ist. Besonderes Stativ als Geschenk oder werksintern verschenkt oder angeboten oder ähnliches???

Beste Grüße
Manfred
Axiophot und Axioskop mit Fluoreszenz, Zeiss Standards

Jakob_Wittmann

Servus Manfred,

das ist aufgrund juristischer Auseinandersetzungen zwischen ZEISS-West und ZEISS Jena begründbar.

Absolut keinen schlechter Start bezüglich Informationen findest Du z.B. hier:


https://www.mikroskopie-forum.de/index.php?topic=1452.0


Liebe Grüße, schönen Restsonntag


Jakob
,,Ein Leben mit nur einem schwarzen Mikroskop ist möglich aber sinnlos."


Bernhard-Viktor ,,Vicco" Christoph-Carl von Bülow

MikroManni

Hallo Jakob,

Danke für die Info und den link. Also ist das Mikroskop eines aus Jena, das nach Westeuropa geliefert wurde.

Beste Grüße
Manfred
Axiophot und Axioskop mit Fluoreszenz, Zeiss Standards

Jürgen Boschert

Hallo Manfred,

die Geschichte von Zeiss nach WWII ist recht spannend. Es etablierte sich eine Dependance im Westen in Oberkochen, während das Stammwerk in Jena erhalten blieb, aber eben als VEB von der DDR betrieben wurde. Es gab nun einen lange währenden Rechtsstreit zwischen den Parteien, wer nun rechtmäßig den Namen Carl Zeiss führen dürfe, ein Streit, dessen Kosten und Aufwand beide Seiten nahe an den wirtschaftlichen Abgrund brachte. Schließlich einigte man sich, dass jeder diesen Namen im Bereich des eigenen Blockes führen darf, aber im jeweils gegnerischen Block und den neutralen, blockfreien Ländern seine Produkte unter einem anderen Firmenlabel anbieten musste: Zeiss West firmierte so unter OPTON, Zeiss Ost unter AUS JENA. Auf Deinem zweiten Foto sieht man unter der Serien-Nr. das stilisierte 1Q, mit dem Zeiss Jena speziell für den Außenhandel in Ländern außerhalb des Ostblocks vorgesehene Produkte als besonders hochwertige Qualität markierte.
Beste Grüße !

JB

Jakob_Wittmann

#4
Hallo Manfred!

Du liegst richtig und Jürgen hat es trotz der Kürze perfekt beschrieben. Kompliment, Jürgen!

Dein Modell ist übrigens ein etwas jüngeres Lg, neben der Seriennummer erkennt man dies auch daran. dass dessen Mikrometer-Schraube schwarz und nicht ,,metallblank" gehalten ist.

Gratulation übrigens, Du hast sichtbar ein so gut wie neuwertiges Instrument erworben. Wunderschön und feinmechanisch und von der optischen Leistung her herausragende gute Instrumente sind alle aus der L-Serie.

Ganz sicher eines der gelungensten Mikroskope des 20. Jahrhunderts. Wenn nicht überhaupt ,,DAS" ... ;)

Deines hat (wie eines meiner zwei) auch noch den Objekttisch mit der hervorragend präzisen Führung. Das dürfte Dir noch sehr gefallen, Manfred!

Prinzipiell ist eh alles relativ intuitiv bedienbar, aber das Durchlesen der Bedienungsanleitung ist immer eine gute Idee.

Kurz zu einer köhlerfähigen Beleuchtung: Eine externe Variante geht immer. Ideal ist aber der (größere) originale Beleuchtungsuntersatz. Ein massives, sehr gut durchdachtes Gerät, mit dem man sehr bequem Köhlern kann.
Es ist nicht leicht zu beschaffen, sollte es Dir aber unterkommen und der Preis nicht aberwitzig hoch sein: unbedingt zuschlagen! ;)

Mit dieser Einrichtung kann man rekordverdächtig rasch köhlern.

Liebe Grüße, anbei noch ein Bildchen, das zeigt wie das Markenemblem und Seriennummer usw. auf meinem älteren Lg aussehen.

(ich frag mich gerade, was ,,00135" unter dem Gütezeichen bedeutet ... :)  )


Jakob



,,Ein Leben mit nur einem schwarzen Mikroskop ist möglich aber sinnlos."


Bernhard-Viktor ,,Vicco" Christoph-Carl von Bülow

Jakob_Wittmann

#5
Hallo Manfred, hallo liebe Runde:

Noch ein paar ergänzende Hinweise zum Lg, bitte:


Eine Druckschrift über L-Typen aus Jena findest Du hier:

https://www.mikroskop-online.de/Mikroskop%20BDA/30-038d-1%20%20Lg-Mikroskope.pdf

Man sieht, dass von relativ einfach ausgestatteten Varianten bis hin zu Ausführungen, die schon in Richtung ,,Forschungsmikroskop" gehen, einiges verfügbar war.

Ich bin mir nahezu sicher, dass Dein Instrument das ,,Arbeitsmikroskop" LgOG1 ist.

Auszug aus der verlinkten Druckschrift:
Zitat... Dieses binokulare Mikroskop ist für höhere Ansprüche bestimmt. Der viereckige
Kreuztisch mit Teilung und Nonien eignet sich infolge seines großen Bewegungsbereichs von 75mm x 50mm besonders für die systematische Durchmusterung
größerer Präparate ...

Nach einem Deiner gezeigten Fotos des Instruments zu schließen, hat es auch den zugehörigen, originalen (nach Ausstattungsvorschlag) Kondensor 1,2/39,5 mit klappbarer Großfeldlinse.

So etwas ist immer angenehm von wegen Köhlern (,,der passt"; keine Irritationen usw.)

Wie ich bereits weiter oben erwähnt hatte, wäre der große Beleuchtungsuntersatz empfehlenswert. Im Prinzip ist dieser in einem dicken Sockel eingebaut, auf dem das Lg mit seinem Hufeisenfuß aufgesetzt wird. Zwei recht massive Klammern aus einem harten Kunststoff werden angezogen, um das Mikroskop bleibend justiert zu halten.

ABER (falls Du an dieses Ding kommen solltest) diese Konstruktion macht KEIN komplett stabiles Stativ aus. Dafür ist das LG zu schwer. Beim Bewegen des Ganzen, muss man unbedingt mit einer Hand am Boden der Anordnung stützend mithelfen, damit böse Pannen vermieden bleiben ... ;)

Natürlich weißt Du das, Manfred, daher erwähne ich es nur kurz. Eine mechanisch getrennte Beleuchtungseinrichtung, die voll köhlerfähig ist, liefert einwandfreie Abbildungsqualität.

Sofern Du das Mikroskop am Arbeitsplatz stehen lassen kannst, ist keinerlei Einbuße im Vergleich zu der untergesetzten Beleuchtung zu erwarten.

So, mein Roman wird bald zu Ende geschrieben sein. ;D  ;D  :)  ;)

Ein Hinweis zum Feintrieb von Lg-Mikroskopen. Das ,,Uhrwerk" (= Jargon für das feinmechanisch Getriebe für die Mikrometer-Funktion  ;) ) ist empfindlich auf Stöße. Bei einem Versand sollte man die äußere Mechanik mit einem kleinen Holzkeil gegen Hub sichern. Und meterweise stoßdämpfendes (Luftpölsterchen in Folie) Material  als Schutz einsetzen) ;) . Es gibt da nämlich einen Bolzen, der sich sehr leicht aushakt. Dadurch ist wenn das passiert nix mehr mit Feintrieb. Kaputt geht im eigentlichen Sinn damit nichts, und es existieren hier bei uns im Forum ,,wieder-Einhak-Anleitungen".

Von Gerd verfasst, etwa (= ,,plaenerdd"), der sich sehr, sehr, sehr gut (auch) mit allem auskennt, was ZEISS JENA betrifft.

Für LOMOs ist Wolfgang Grigoleit (,,liftboy") ein äußerst bewandertes Forenmitglied (ein Gutteil der Mikroskope LOMOs sind ZEISS Jena Nachbauten, daher sind Tipps LOMOs angehend regelmäßig auch für ZEISS JENA Instrumente gültig/brauchbar).

Momentan finde ich die Quelle für eine ausführliche Lg-Bedienungsanleitung leider nicht. Bei Interesse kannst Du mir gerne eine E-Mail/Privatmitteilung schicken, Manfred. Lokal abgespeichert hab ich die Anleitung.

Ich füge noch ein Foto bei, das zeigt wie ein Lg auf dem erwähnten Beleuchtungs-Dingsda aussieht ...

Liebe Grüße


Jakob (Romanautor)  8)  ;D
,,Ein Leben mit nur einem schwarzen Mikroskop ist möglich aber sinnlos."


Bernhard-Viktor ,,Vicco" Christoph-Carl von Bülow

MikroManni

Hallo Jürgen und Jakob,
danke für die zahlreichen Informationen zum Lg Stativ. Nun bin ich bestens informiert.

An Jakob:

dem Mikroskop lag die originale Bedienungsanleitung bei. Du hast recht, dass die schwarzen aus Jena sehr gute Mikroskope sind (hab noch ein Lumipan und Nf). An hand des Kondensors (Du hast es richtig gesehen 1.2 und Großfeldblende) bin ich auch der Meinung, dass es das LgOG1 Mikroskop ist. Einen großen Beleuchtungseinsatz habe ich auch schon erworben und bin gespannt, ob dieser der Beschreibung des Verkäufers entspricht--voll funktional.

Die Auseinandersetzungen zwischen Zeiss Jena und Oberkochen waren mir bekannt, aber da ich von der Elektronenmikroskopie komme (angefangen mit dem TEM 9S, über TEM 109, EM10, TEM910 mit Rasterzusatz, EM902 mit Energiefilter, Libra und den Rastergeräten DSM 950, 960, Gemini DSM 982, Merlin), kenne ich die Auswirkungen auf die Lichtmikroskope nicht so genau. Vielleicht mal gehört, aber nicht mehr gewußt. Deshalb noch mal herzlichen Dank für alle Deine Infos.

Beste Grüße
Manfred
Axiophot und Axioskop mit Fluoreszenz, Zeiss Standards

plaenerdd

Hallo Manfred,
die von Jürgen erwähnte Einigung war 1971. Somit sollte das wirklich - wie Jakob an der Feintriebfarbe richtig erkannt hat - ein recht junges Lg-Stativ sein. Schon Ende der 60er Jahre wurde die Einführung der MIKROVAL-Serie vorbereitet, die dann mit dem LABOVAL den Nachfolger des Lg-Statives brachte. Spätestens jetzt waren die Mikroskope ohne eigene Lichtquelle im professionellen Bereich Geschichte. Nur noch Kursmikroskope wie die frühen EDUVAL-Stative hatten einen solchen Spiegel.
LG Gerd
Fossilien, Gesteine und Tümpeln mit
Durchlicht: Olympus VANOX mit DIC, Ph, DF und BF; etliche Zeiss-Jena-Geräte,
Auflicht: CZJ "VERTIVAL", Stemi: MBS-10, CZJ SMXX;
Inverses: Willovert mit Ph

MikroManni

Hallo Gerd,

danke für die zusätzlichen Informationen zum Lg Stativ und Zeiss Jena Historie.
Beste Grüße
Manfred
Axiophot und Axioskop mit Fluoreszenz, Zeiss Standards