Algen: Closterium pronum?

Begonnen von Bernd Kaufmann, August 18, 2013, 16:56:35 NACHMITTAGS

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Bernd Kaufmann

Liebe Algenfreunde,

diesmal nicht aus dem Moor, sondern aus dem Gartenteich eine Spindelalge, Closterium pronum, wie ich meine. Allerdings bin ich mir nicht ganz sicher.



Ist das richtig?
Viele Grüße
Bernd ©¿©
www.aquamax.de
Lieber per Du.

rekuwi

Lieber Bernd,

das ist richtig. Was sollte es sonst sein?
Diese Zieralge habe ich auch schon mal gefunden und so eingeordnet.

Herzliche Grüße
Regi

Bernd Kaufmann

Zitat von: rekuwi in August 19, 2013, 22:28:21 NACHMITTAGS
das ist richtig. Was sollte es sonst sein?
Diese Zieralge habe ich auch schon mal gefunden und so eingeordnet.

Liebe Regi,

vielen Dank! Etwas verunsichert war ich, weil auf meinem Bild die Pyrenoide nicht so deutlich zu sehen sind.
Viele Grüße
Bernd ©¿©
www.aquamax.de
Lieber per Du.

KayZed

Hallo zusammen,

der Beitrag ist zwar schon über 10 Jahre alt. Trotzdem will ich jetzt keine neues Thema eröffnen, weil ich bei der Bestimmung von recht langen, dünnen Spindelalgen das gleiche Problem hatte wie Bernd.

Ich habe gerade zwei Funde von Spindelalgen verglichen und nach einer Recherche bei R. Lenzenweger Bd. 1 festgestellt, dass es zwei Closterium-Arten gibt, die relativ ähnlich aussahen, aber zu unterscheiden sind.

Es handelt um die Zieralgen C. pronum und aciculare. Beide Spindelalgen sind sehr viel länger als breit, am Ende zuweilen gebogen, haben Chloroplasten mit Längsleisten und einigen (nicht immer deutlichen) Pyrenoiden und einen großen chloroplastenfreien Raum mit wenigen Kristallen.
Wichtigestes Unterscheidungskriterium ist die Größe. Bei C. pronum liegt sie zwischen 200 und 350 µm, C. aciculare ist meist deutlich größer zwischen 300 und 600 µm. Außerdem besitzt C pronum eher spitze und C. aciculare eher rundliche Enden (Apizes).

Closterium pronum finde ich zur Zeit massenhaft in einem eher neutralen ehemaligen Fischteich. Dazu eine Aufnahme im DIK 100 mit 0,8-facher Vergrößerung. (Pfeil kennzeichnet ein spitzes Ende)



Closterium aciculare findet sich regelmäßig in eher sauren Moortümpeln. Aufnahme im DIK 25



Herzliche Grüße
Klaus
Zeiss Stemi 508
Zeiss Jenaval Kontrast
Nikon Z7

Michael Plewka

#4
Hallo Klaus,

im Hinblick auf allgemeine Strategien zur Bestimmung von Organismen  habe ich zu deinem Beitrag  mehrere Verständnisfragen bzw. Anmerkungen:

Zitateine Aufnahme im DIK 100 mit 0,8-facher Vergrößerung

1. ????


Zitatmit 0,8-facher Vergrößerung
2. Bringt diese Angabe irgendetwas für die Bestimmung?

ZitatWichtigestes Unterscheidungskriterium ist die Größe.

3. M.E. ist die absolute Größe bei allen  mikroskopischen Organismen  immer ein problematisches Kriterium zur Artunterscheidung innerhalb derselben  Gattung , insbesondere dann, wenn sich die Größenbereiche überschneiden, wie es bei den zwei hier angegebenen Arten  lt. ,,Lenzenweger" der Fall ist.

Deshalb meine Frage, ob dieses Kriterium bei Zieralgen anders eingeschätzt wird.


ZitatWichtigestes Unterscheidungskriterium ist die Größe.

4. Ob dieses Kriterium das ,,wichtigste" ist, ist m.E. nach Durchsicht des Lenzenweger fraglich.

Zumindest bei anderen Organismen stehen vielmehr die Proportionen bestimmter Merkmale deutlich stärker im Vordergrund bzw. sind dort eindeutig bestimmungsrelevant.

Ich habe daraufhin deine Morphotypen gemessen: für den Morphotyp des 1. Bilds (angeblich C. pronum) ergibt sich ein Faktor von 75 für die größte, ein Faktor von 50 für die kleinste Zelle, d.h. die größere Zelle liegt deutlich außerhalb des Längen- zu Dicken-Verhältnis bei (Lenzenberg von 30-50).

Für das zweite Bild (angeblich C. aciculare) ) ergibt sich laut Messung, ein  Längen- zu Dicken-Verhältnis von ca. 27, was ebenfalls deutlich außerhalb des Bereichs für C. aciculare (lt. Lenzenweger 60-140) liegt. Die Zelle dürfte also nur halb so dick sein.



5.
ZitatEtwas verunsichert war ich, weil auf meinem Bild die Pyrenoide nicht so deutlich zu sehen sind.

Zitat...das gleiche Problem hatte wie Bernd.

???? Pyrenoide???


Fragende Grüße

Michael Plewka







KayZed

#5
Hallo Michael,

danke dir, dass du dich kritisch mit meinem Bestimmungsversuch auseinandersetzt.

Ad 2:
Die Angabe 0,8-fache Vergrößerung bezieht sich auf den Vergrößerungswechsler meines Jenaval Kontrasts.
Sonst hätte die Alge nicht mehr ins Bildfeld des 100er gepasst. Das hat nichts mit einer Bestimmung zu tun, sondern ist eher für nachmessende Foristen gedacht, die eine Größenangabe bei einem bestimmten Objektiv für nicht möglich hielten.

Ad 3
Obwohl es durchaus artspezifische Größenbereiche gibt, ist klar, dass eine absolute Größe in den allermeisten Fällen kein hinreichendes Bestimmungskriterium ist. Trotzdem kann es in manchen Fällen ein Unterscheidungsmerkmal sein, vor allem dann, wenn es wenige andere klare Differenzierungskriterien gibt. Du hast natürlich recht, das Ganze ist mit Unsicherheiten behaftet, gerade wenn sich zwei Größenbereiche überschneiden. Insofern ist die Größe selbstverständlich nicht das "wichtigste" Kriterium.

Lenzenweger schreibt selbst dass diese beiden Arten häufig verwechselt wurden (Sofern es sich wirklich um zwei Arten handelt - doch das ist wieder eine andere Diskussion) Deshalb hat es mich gereizt, ob ich meine sehr verschieden großen Spindelalgen näher zuordnen kann.

Ad 4
Bei C. pronum würde ich noch kein Problem im Längen-Breiten-Verhältnis sehen. Aber, es stimmt mein C. aciculare müsste nach Lenzenweger deutlich schlanker sein.

Ad 5
Aufs Erste sind die Pyrenoide nicht recht eindeutig zu erkennen, zoomt man aber etwas hinein, sind sie bei beiden Algen in meinen Augen doch vorhanden. Die Pyrenoide wären ohnehin kein Unterscheidungs- doch eventuell ein Auschlusskriterium. Ähnlich verhält es sich wohl bei den Chloroplastenleisten.

Was noch bleibt sind die runden (aciculare) und eher spitzen (pronum) Zellenden. Auch hier besteht das Problem: Sind die C. pronum-Enden wirklich spitz?

Mein Ansinnen war eigentlich nach der Reaktion auf Bernds Bild (C. pronum - "was sollte es sonst sein?")
etwas genauer (vielleicht nicht genau genug?) hinzuschauen. Nun, die Natur lässt sich - zum Glück - oft nicht in eindeutige Schubladen ordnen.

Für mich ist bis auf wenige Ausnahmen immer klar, dass meine Bestimmungsversuche vorläufig und wie auch möglicherweise in diesem Fall falsch sein können. Taxonomieübungen sind für mich eine Schule des Sehens und nicht des Rechthabens. Deshalb ist es sehr erfreulich, dass es kritische Leser wie dich gibt.

Liebe Grüße
Klaus
Zeiss Stemi 508
Zeiss Jenaval Kontrast
Nikon Z7

schmidt

Hallo,
erstma finde ich gut in der hektischen Zeit auch mal so einen alten Beitrag auzugreifen, zu schnell verschwindet zu viel in der Versenkung.

Noch eine Ergänzung zu Michaels absolut richtigen und wichtigen Hinweisen.
Was die Proprtionen betrifft, so ist ein wichtiges diakritisches Merkmal zur Unterscheidung der beiden Arten die Krümmung. Bei C. pronum weitgehend gleichmäßig, bei C. aciculare (Name !) ein meist deutlicheer länerer Mittelabschnitt ohne jede Krümmung.

VG
pschmidt
Mikroskope:
Lomo Biolam Ph+; DF; HF-Abbe; Epi HF/DF/Pol; Epi-Fl; //Biolar DIK, IK, Ph variabel+-//
Nikon Eclipse -U  HF; DIK, Ph+, Epi-Fl//
MBS 10

A. Büschlen

Hallo,

wär diese Alge dann C. aciculare zu zu ordnen?

Balken 20µm

Grüsse Arnold

C. ? Balken 20µm .jpg
Schwerpunkt z.Z.:
- Laub- und Lebermoose.
- Ascomyceten als Bryoparasiten.
- Nikon Optiphot I mit HF, DIC.
- Nikon Microphot mit HF, Pol.
- Zeiss Standard Universal mit HF, Ph, Pol.
- Wild M3Z mit Ergotubus.
- Nikon SMZ-U Zoom 1:10 mit ED Plan Apo 1x.

KayZed

Hallo zusammen,

wieder mal eine interessante Bestimmungsgeschichte.

Ich hab mir nun nochmal bei Lenzenweger und in der British Algal Flora (C. pronum fehlt hier) meine beiden "Spindelalgen" in Bezug auf Proportionen und Krümmungen genauer angeschaut und muss feststellen, dass wohl beide Zuordnungen fraglich bzw. falsch sind.

Die von mir als C. pronum bezeichnete Zieralge (1. Bild) liegt - wie Michael schon erwähnt hat - im Grenzbereich bzw. doch eher außerhalb der von Lenzenweger genannten Größen- und Proportionsverhältnisse. Die spitzen Enden sind eher nur zu erahnen und echte Chloroplastenleisten sind eigentlich nicht zu erkennen.
Mittlerweile halte ich Closterium limneticum für wahrscheinlicher, bin aber mal vorsichtig.
Ergänzend noch ein zweites Bild.


 
Lenzenweger gibt zu C. limneticum u. a. an:
140-250 x 5-7 µm, Mittelteil meist gerade, gegen die Zellenden gebogen und gleichmäßig verschmälert, Apizes sehr schmal abgerundet, einige Pyrenoide in der Zellachse, Endvakuolen mit wenigen Kristallen. Lediglich die Chloroplastenleisten kann ich nicht erkennen. Möglich, dass der Chloroplasten schon degeneriert war.

Meine Zuschreibung von C. aciculare ist zielmlich sicher falsch. Da habe ich mich zu schnell von der Größenordnung (ver)leiten lassen. Hier stimmt einfach - wie Michael schon angemerkt hat - die Proportion nicht. Arnolds C. aciculare könnte da schon eher hinkommen.
Bleibt trotzdem die Frage, um welche Closterium-Alge es sich in meinem 2. Bild handelt. Ich fand bislang keine einigermaßen passende Beschreibung. Vielleicht findet sich noch ein Closterium-Experte.

Unter meinen Closterium-Aufnahmen habe nun ein älteres Bild gefunden, das der vermuteten C. aciculare schon eher entsprechen könnte.



Größen- und Proportionsverhältnisse kommen besser hin, Längsleisten und Pyrenoide, großer chloroplastenfreier Raum an den Enden. Zu den Kristallen findet sich bei Lenzenweger keine Angabe.
Die Krümmungen an den Enden scheinen bei dieser Art nicht zwingend zu sein.

Bin mal gespannt, ob sich noch Foristen mit anderen Aufnahmen dieser extrem spindelförmigen Zieralgen finden.

Herzliche Grüße
Klaus

Zeiss Stemi 508
Zeiss Jenaval Kontrast
Nikon Z7

schmidt

Hallo Rätselrunde

Ich bezog mich auf ,,Die Desmidiaceen Mitteleuropas"

https://www.isbn.de/buch/9783510651030/die-desmidiaceen-mitteleuropas#:~:text=Die%20Desmidiaceen%20Mitteleuropas.%20von%20Jiri%20Ruzicka.%20Die

Darin trennen sich C. aciculare /C. limneticum so:
-Zellenden lang, schlank +- gerade, farblos, erst unweit des Apex stärker gekrümmt. L:B in der Regel 60-145
-> C. aciculare
-Zellenden sehen anders aus. L:B in der Regel höchstens 80
-> weiter zu C. limneticum und anderen Arten

Es ist nicht immer einfach, da  die Merkmale sich in den Grenzbereichen oft Überschneidungen aufweisen, daher wird empfohlen größere Populationen zu untersuchen. und nicht nur einzelne oder weinige Exemplare
Mikroskope:
Lomo Biolam Ph+; DF; HF-Abbe; Epi HF/DF/Pol; Epi-Fl; //Biolar DIK, IK, Ph variabel+-//
Nikon Eclipse -U  HF; DIK, Ph+, Epi-Fl//
MBS 10

KayZed

#10
Herzlichen Dank für die ergänzenden Hinweise!

Nun würde mich aber interessieren, wie meine beiden "Spindelalgen" (und evt. auch die dritte) deiner/eurer Meinung nach einzuordnen sind. Natürlich immer unter Vorbehalt. Es gibt ja zig Closterium-Arten, die zum Teil sehr ähnlich sind. Vermutlich bräuchte es auch noch höher aufgelöste Aufnahmen.

Sollte es keine Bestätigungen oder weitere Vorschläge geben, will ich es mal mit diesen Versuchen belassen.

Viele Grüße
Klaus
Zeiss Stemi 508
Zeiss Jenaval Kontrast
Nikon Z7

Michael Plewka

Hallo zusammen,
@ Klaus:  immer  vor dem Hintergrund, dass es mir ursprünglich in diesem Beitrag um Bestimmungskriterien ging, möchte ich noch mal auf den wertvollen Tip von pschmidt aufmerksam machen, dass es bei ernsthaften Bestimmungen sinnvoll sein kann oder sogar notwendig, ist größere Populationen zur untersuchen, vor allen Dingen dann, wenn die Variabilität der zu untersuchenden Taxa sehr hoch ist.
Aus meiner oberflächlichen Erfahrung mit Closterien kann ich in diesem Zusammenhang nur sagen, dass mir die Form des Exemplars von deinem  zweiten Foto sehr außergewöhnlich vorkommt: lediglich auf einer Seite derart  gebogen ist m.E. selten.  Was du uns bisher noch nicht verraten hast: sehen alle Individuen der Population dergestalt aus?
Wenn es sich also um eine solch außergewöhnliche Form handelt, macht es demzufolge  letztendlich wenig Sinn, weiter hier auf die Art Bestimmung einzugehen. Was soll man dann daraus lernen?
Mit anderen Worten: es fehlt an Informationen

Von der Beschäftigung mit Rädertieren weiß ich, dass es auch bei diesen Organismen   viele Art-Beschreibungen in Bestimmungsbüchern gibt, die nach heutigen Maßstäben nicht genau genug oder überholt sind und deshalb  dringend einer Bearbeitung bedürfen.

Wenn also die entsprechenden Art-Beschreibung in der Bestimmungsliteratur mit Zweifeln versehen ist, so ist der nächste Schritt immer  gleich:  die fragliche Art zunächst muss mit der Original Literatur des Erst-Beschreibers verglichen werden. Wenn es, wie hier in diesem Fall, zwei ähnliche Arten gibt, (die schon mit Namen versehen sind), wäre der nächste Schritt, die Beschreibung der später entdeckten zweiten Art mit der Beschreibung der ersten Art zu vergleichen. Der Entdecker der zweiten, später entdeckten Art, müsste dann ja dargestellt haben,  in welchem Merkmal sich dieser neue Morphotyp von dem  ursprünglichen  unterscheidet, so dass ein weiterer Artname gerechtfertigt ist.
Allein diese Kriterien sind dann auf entsprechende spätere Funde ebenfalls anzuwenden.

Heutzutage besteht eine weitere Möglichkeit:  zu untersuchen, ob sich zwei Morphotypen molekulargenetisch  auf Artebene unterscheiden.
Beste Grüße, Michael Plewka

KayZed

Danke dir Michael für deine Erläuterungen zum "ernsthaften" Bestimmen!

Leider habe ich die Probe mit den betreffenden Spindelalgen nicht mehr.
Ich kann mich aber gut erinnern, dass die von mir (unter Vorbehalt) nun als C. limneticum eingestuften Spindelalgen massenhaft in einem eher neutralen ehemaligen Fischteich vorkamen und alle von ähnlicher Morphologie waren. Kleine Unterschiede gab es in der Größe, den leichten Biegungen an den Enden und der Größe der chloroplastenfreien Vakuolen. Ich hatte aber schon beim Beobachten den Verdacht, dass Teile der Chloroplasten degeneriert sein könnten, was natürlich eine Bestimmung zusätzlich erschwert.

Mir ist schon bewusst, dass eine "wissenschaftliche" Bestimmung in Zweifelsfällen bis zur vergleichenden Lektüre der Originalbeschreibungen gehen müsste. Diesen Anspruch habe ich aber nicht und kann ihn auch nicht haben, weil mir die entsprechende Literatur fehlt. Bei Zieralgenbestimmungen beziehe ich mich meistens auf Lenzenweger, der ja ein ausgewiesener Desmideaceen-Experte war (ist?).
Im Falle von C. limneticum fand ich dort die meisten Übereinstimmungen.

Die von mir ursprünglich (falsch) bezeichnete C. aciculare war ein Einzelexemplar mit einer möglicherweise mophologischen Abnormität. Und da macht es wohl wenig Sinn, weitere Bestimmungsversuche zu unternehmen.

Grundsätzlich empfinde ich Bestimmungsübungen als spannende Unternehmungen, auch, weil sie das genauere Beobachten fördern. Allerdings habe ich keine wissenschaftlichen Ansprüche und gebe mich dann auch mal mit vorläufigen (möglicherweise falschen) Zuordnungen zufrieden.

Herzliche Grüße
Klaus
Zeiss Stemi 508
Zeiss Jenaval Kontrast
Nikon Z7