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Aufgabe eines Verlauffilters

Begonnen von Schirmer, November 04, 2024, 17:26:00 NACHMITTAGS

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Schirmer

Hallo Experten,

welche Aufgabe hat folgendes Verlauffilter:
Zeiss Typ VOF Halbwertbreite 11nm
Lambda 575nm  Tau max. 36%

War bei einem Mineralogen im Einsatz,sicher mit Polarisationsmirkroskop.

Gruß aus dem Harz

Jürgen Boschert

Hallo,

das ist kein "O", sondern ein "I": Verlaufinterferenzfilter. Zeiss-West nannte sein Gegenstück Verlaufsfilermonochromator, was in etwa auch die Funktion ausdrückt. Wenn man Messungen bei nahezu monochromatischem Licht unterschiedlicher Frequenz machen will/muss, erlauben diese Filter dies durch einfaches Verschieben; man muss dann nicht immer den jeweils passenden Filter heraussuchen und einsetzen. Diese Teile waren/sind sch..teuer. Sie sind allerdings auch sehr empfindlich gegen Feuchtigkeit und krasse Temperaturschwankungen
Beste Grüße !

JB

Apochromat

#2
Hallo Herr Schirmer,

ohne die entsprechende Fassung mit Ablesemarke ist so ein sog. Verlauf- Interferenzfilter nutzlos. Solche Verlauf- Interferenzfilter fanden in der Mikroskopie z.B. in Verbindung mit den Kompensatoren K zur Gangunterschiedsmessung Anwendung. Da z.B. viele doppelbrechende Polymere eine wellenlängenabhängige, unterschiedliche Doppelbrechung aufweisen, wurde dann bei zwei Wellenlängen (meist Gelb/ Blau) die sog. anomale Dispersion der Doppelbrechung bestimmt. Auch als sog. "Ehringhaus- Zahl" bekannt. Das hat Arthur Ehringhaus, der wissenschaftliche Leiter der Fa. R. WINKEL, Göttingen erforscht. Sein Büro durfte ich fast zwanzig Jahre lang "bewohnen".

Das CZO- Filter war hygroskopisch und kam in einem Holzkasten mit Ablesefassung und Trockenpatrone.

LG
Michael

olaf.med

#3
Hallo Herr/Frau XY Schirmer aus dem Harz,

zunächst herzlichen Glückwunsch zu diesem schönen Interferenz-Verlaufsfilter. In der mineralogischen Praxis dienete er vor allem dazu bei Brechungsindex-Bestimmung von Festkörpern (Kristallen) den Punkt der Brechungsindexgleichheit zwischen Immersion und Festkörper genau zu bestimmen. Er ersetzt dabei große und teure Prismen- oder Gitter-Monochromatoren.

Das Prinzip wird an folgender Graphik klar. Prinzipiell haben die Dispersionskurven von Flüssigkeiten einen steileren Anstieg als die der Festkörper.

Spektrum.jpg

Schiebt man nun den Interferenz-Verlaufsfilter von Blau nach Rot ergibt sich folgender Effekt:

Grafik1.JPG

Im roten und im blauen Bereich des Spektrums sieht man den Kristall, der auf der Spitze eines Glasfadens aufgekittet ist, im grünen Bereich, dort, wo sich die Dispersionskurven von Immersion und Kristall schneiden, verschwindet er völlig. So sind Brechungsindex-Bestimmungen bis in die Größenordnung von ± 0,0001 möglich.

Einen Halter, in dem man den Verlaufsfilter verschieben kann, kann man sicher selbst bauen, die Skala kann man von einem Lineal nehmen, denn eine Ablesegenauigkeit der Position auf 1 mm reicht völlig aus. Dieser Halter sollte eine Spaltblende von 1-3 mm Breite haben, idealerweise einstellbar. Zur Not tut's aber auch die Leuchtfeldblende des Mikroskops. Die Eichung ist leicht möglich wenn man über feste Interferenz-Linienfilter verfügt oder eine Spektrallampe hat - das Hg/Cd-Spektrum wäre ideal. Falls nötig könnte ich da gerne behilflich sein.

Die Empfindlichkeit der Verlaufsfilter wird oft überschätzt. Meiner ist seit weit mehr als 40 Jahre in Einsatz, ganz ohne Schutzmaßnahmen gegen Luftfeuchtigkeit und ohne jegliche Einbuße an Funktionallität.

Hier noch Bilder der professionellen Versionen von Leitz und Zeiss.

Veril Leitz.jpg

Veril Zeiss.jpg

Herzliche Grüße,

Olaf
Gerne per Du!

Vorstellung: http://www.mikroskopie-forum.de/index.php?topic=4757.0

... und hier der Link zu meinen Beschreibungen historischer mineralogischer Apparaturen:
https://www.mikroskopie-forum.de/index.php?topic=34049.0

purkinje

#4
Hallo Olaf,
wie immer schön dargestellt; gerade gestern- manchmal gibt es halt Zufälle  ;) - Ambronns Farbenerscheinungen an den Grenzen farbloser Objecte im Mikroskop  von 1896 gesucht und gefunden.
Nachtrag der Quelle: Verhandlungen der Königlich-Sächsischen Gesellschaft der Wissenschaften zu Leipzig, Mathematisch-Physische Klasse ; 48. 1896; S 134-140
download via MDZ
Beste Grüße Stefan

olaf.med

Lieber Stefan,

herzlichen Dank für den schönen Artikel von Ambronn, den ich mir gleich heruntergeladen habe. In diesem Zusammenhang möchte ich auch noch das Bild des oben gezeigten Kristalls im weißen Licht anfügen; dort sieht man die von Ambronn beschriebene Aufspaltung der Becke-Linie sehr schön. Das linke Bild ist bei stark zugezogener Aperturblende gemacht, das rechte zusätzlich noch defokussiert, wobei die Effekte noch deutlicher werden.

X6.JPG

Herzliche Grüße,

Olaf
Gerne per Du!

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... und hier der Link zu meinen Beschreibungen historischer mineralogischer Apparaturen:
https://www.mikroskopie-forum.de/index.php?topic=34049.0

micromax

Hallo,

ich habe zwei Verlaufsfilter, wie sie von Schirmer zu Anfang des Beitrags vorgestellt wurden, also von Zeiss Jena.

Zeiss Jena Farbverlaufsfilter.jpg

wenn ich sie gegen eine Lampe halte, die etwas weiter entfernt ist, dann hat 1 einen normalen Verlauf, wie auch im ersten Bild. Im zweiten Verlaufsfilter sieht man jedoch eine Kaskade der Lichtquelle. Ich hoffe man kann das im nächsten Bild sehen, wo ich beide Aufnahmen zusammengebastelt habe.

Zeiss Jena Farbverlaufsfilter 2.jpg

Gibt es eine Erklärung dafür? Ist einer der Filter besser oder schlechter? Wie gesagt sehen sie äußerlich identisch aus.

Wofür wurden diese Verlaufsfilter verwendet? Die von Olaf gezeigten sind bestimmt doppelt so lang wie die hier gezeigten mit 7,5 cm Länge.

Ich bin für jeden Hinweis dankbar.

Viele Grüße

Thomas

Werner

Habe ich mal in einfachen Taschen-Fotometern als Monochromator-Ersatz gesehen (vor einem Spalt im Küvettenhalter).

Gruß - Werner

micromax

Hallo Werner,

danke für Deinen Hinweis.

Für mich stellt sich die Frage, ob dieser Verlaufsfilter für die Mikroskopie überhaupt geeignet ist. Wie Michael schon geschrieben hat, ist der Filter alleine noch keine Hilfe. Er sollte noch in einem Halter gefasst werden und eine Skala bekommen.

Vielleicht hat das schon mal jemand versucht?

Grüße
Thomas

hugojun

#9
Zitat von: micromax in November 06, 2024, 18:00:28 NACHMITTAGSHallo,

ich habe zwei Verlaufsfilter, wie sie von Schirmer zu Anfang des Beitrags vorgestellt wurden, also von Zeiss Jena.

Zeiss Jena Farbverlaufsfilter.jpg

wenn ich sie gegen eine Lampe halte, die etwas weiter entfernt ist, dann hat 1 einen normalen Verlauf, wie auch im ersten Bild. Im zweiten Verlaufsfilter sieht man jedoch eine Kaskade der Lichtquelle. Ich hoffe man kann das im nächsten Bild sehen, wo ich beide Aufnahmen zusammengebastelt habe.

Zeiss Jena Farbverlaufsfilter 2.jpg

Gibt es eine Erklärung dafür? Ist einer der Filter besser oder schlechter? Wie gesagt sehen sie äußerlich identisch aus.

Wofür wurden diese Verlaufsfilter verwendet? Die von Olaf gezeigten sind bestimmt doppelt so lang wie die hier gezeigten mit 7,5 cm Länge.

Ich bin für jeden Hinweis dankbar.

Viele Grüße

Thomas

CZJ Amplival Monochromator als Suchbegriff eingeben


olaf.med

Hallo Thomas,

ZitatFür mich stellt sich die Frage, ob dieser Verlaufsfilter für die Mikroskopie überhaupt geeignet ist. Wie Michael schon geschrieben hat, ist der Filter alleine noch keine Hilfe. Er sollte noch in einem Halter gefasst werden und eine Skala bekommen.

Warum sollte denn der Filter für Mikroskopie nicht geeignet sein? Er macht monochromatisches Licht und das ist alles was man für diesen Zweck benötigt. Einen Halter zu fertigen ist auch kein Hexenwerk, vor allem in Zeiten des 3D-Drucks. Die einzige Anforderung ist, dass der Halter in reproduzierbarer Lage am Mikroskop befestigt werden kann - z.B. auf der Lichtaustrittsöffnung - er eine Skala besitzt - z.B. von einem Lineal - und dass ein Spalt die Breite, und damit den Wellenlängenbereich, begrenzt.

Leider gibt es schon seit längerer Zeit die 200 mm langen Verlaufsfilter nicht mehr, die natürlich durch ihre Spreizung des Wellenlängenbereichs bessere Monochromasie erreichten, aber der kurze Filter reicht durchaus für die meisten Anwedungen aus. Übrigens kann man die Dinger noch kaufen, z.B. bei Edmund Optics, wenn man den Preis sieht ist es allerdings ratsam auf einem festen Sztuhl zu sitzen.

Veril Edmund.jpg

Herzliche Grüße,

Olaf 
Gerne per Du!

Vorstellung: http://www.mikroskopie-forum.de/index.php?topic=4757.0

... und hier der Link zu meinen Beschreibungen historischer mineralogischer Apparaturen:
https://www.mikroskopie-forum.de/index.php?topic=34049.0

micromax

Lieber Olaf,

ich freue mich immer über klare Ansagen, danke. Der von Dir verlinkte Filter ist ja noch kürzer als meiner.

Viele Grüße
Thomas


micromax

Hallo Jürgen,

vielen Dank für den link. Mein Filter scheint mir genau der zu sein, den Du in dem link auch gezeigt hast. Eventuell habe ich beide Filter - den Verlaufsinterferenzfilter und den Doppelverlaufsinterferenzfilter.

Viele Grüße

Thomas

hugojun

#14
Hallo Thomas,

hast du vielleicht auch einen Kalibrierschein von dem zweiten Verlaufsfilter?
Ich hatte vor einigen Jahren mal meinen Filter mit dem Spektrometer an verschiedenen Messorten gemessen.
Im Vergleich zu deinem Kalibrierschein ergibt sich ein Versatz von 4,7nm bis 5 nm im mittleren Bereich. Am Roten Ende lande ich sogar bei -20nm.
Für die Halbwertbreite liegen alle Werte zwischen 15nm bis 18nm , was für den VIF spricht.



LG
Jürgen