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Nochmal Jamin Lebedeff

Begonnen von anne, November 26, 2024, 19:54:12 NACHMITTAGS

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Apochromat

#15
Hallo,

wenn man beim Interferenzkontrast nach Jamin- Lebedeff mit parallelen Polaren arbeitet, kann man die kondensorseitige Kristall- Platte so kippen, dass dann andere Farben entstehen, als bei gekreuzten Polaren, genau wie das die beiden verschiedenen Farbverläufe im Quarzkeil in meinen obigen Bildern zeigen. Das betrifft wie dort zu sehen ist, die Farben paralleler Polare im Gangunterschiedsbereich der Farben I. Ordnung verglichen mit der Farbabfolge gekreuzter Polare (gemeinhin bekannt in der Michel- Levy- Farbtafel festgehalten). Kippt man also bei parallelen Polaren die im Kondensor eingebaute Kristall- Platte nur schwach, entstehen braune und taubenblaue Hintergrundfarben. Bei gekreuzten Polaren wäre dann der Bildhintergrund im Jamin- Lebedeff nur Grau bis schmutzig-Weiß. Will man also die braunen oder blauen und eher subtilen Hintergrundfarben Braun/ Taubenblau im Jamin- Lebdeff erzielen, muss man daher mit parallelen Polaren arbeiten. Kippt man die Platte jedoch stärker, sind die Farbabfolgen denen gekreuzter Polare sehr ähnlich bzw. visuell von diesen kaum unterscheidbar.

Aber es ging mir ja um den schönen bräunlichen Bildhintergrund:



LG
Michael

PS: Ein Meister des Jamin- Lebedeff, Manfred Kage, hat auch gerne mit parallelen Polaren gearbeitet. Das war damals den meisten Nutzern der Einrichtung unbekannt, da ja so für die eigentlichen Messzwecke nicht vorgesehen und darum auch in der Bedienungsanleitung nicht beschrieben.

anne

Lieber Michael,
nun habe ich es verstanden, danke!!!
Lg
Anne

hugojun

#17
Zitat von: Apochromat in November 29, 2024, 18:10:48 NACHMITTAGSLiebe Anne,...

 Der einzige Grund, warum meist mit Polarisator und Analysator in 90° Grad- Stellung ("xPOL" oder "gekreuzte Polare") zueinander gearbeitet wird, ist, dass sich die dann auftretende maximale Dunkelheit des Bildhintergrundes visuell sehr sicher einstellen lässt, nicht so bei den parallel gestellten Polaren.
...
LG
Michael
Hallo Michael (Apochromat) ,
die Anwendung der Beobachtung bei parallel orientierten Polarisatoren wird im ,,Halbschattenprinzip" angewendet, da die Kontrastempfindlichkeit des Auges in Richtung Abdunkelung (Auslöschung) immer unsicherer wird. Die messtechnischen Anwendungen werden bei Instrumenten zur Bestimmung des ,,optischen Drehvermögens" und somit zur z.B. Konzentrationsbestimmung von drehaktiven Substanzen eingesetzt.
Andererseits kann man einen sog. Doppelquarz nach Soleil als Hilfsobjekt zur Justierung der Polarisatoren und/oder des Fadenkreuzes anwenden. Ein solches Hilfsobjekt hätte für Quarz dann eine Dicke von 3,75mm um den Teinte sensible als Kontrastfarbe zu nutzen und die Beobachtung/ Einstellung erfolgt mit parallelen Polarisatoren.
Im Einsatz in der Mineralogie zeigt die Anwendung bei parallel orientierten Polarisatoren zunächst einmal ,,nur ,,die Komplementärfarben zu den Farben unter gekreuzten Polarisatoren.
Die Komplementärfarben können aber zur Abschätzung der ,,Ordnung" bis vielleicht zu einem Gangunterschied von 2400nm hilfreich sein, wenn es an einem Kompensator, anderer Indikatoren (auskeilende Mineralränder) oder an Erfahrung mangelt.
LG
Jürgen



olaf.med

#18
Lieber Michael,

Ich sehe gerade, dass Jürgen parallel zu mir und sehr fundiert bereits geantwortet hat, ich poste das trotzdem ergänzend...

Zitatder Vergleich der entstehenden Polarisationsfarben gekreuzter und paralleler Polare bei gleichem Gangunterschied ermöglicht eine genauere Ermittlung des Gangunterschiedes mittels Auswerte- Algorithmen (so eine Software wurde mehrfach entwickelt und ist im Bristish Museum of Natural History in Gebrauch).

Nach meinem Verständnis sind die Farben bei parallelen Polarisatoren komplementär zu denen bei gekreuzten Polarisatoren. Ich kann da keinen Erkenntnisgewinn sehen und verstehe auch nicht welche Auswertalgorithmen man überhaupt benötigt um Gangunterschiede zu messen. Wenn man es genau haben will, was bei der normalen Diagnostik völlig unnötig ist, nimmt man einfach einen Kompensator (Berek- oder ahnlich) und misst den Ganunterschied in Minuten-schnelle.

Hier einmal einen schnellen Vergleich von einem Dünnschliff bei gekreuzten und parallelen Polarisatoren (Handy-Aufnahme, "quick and dirty"):

gekreuzt und parallel.JPG

Für mich sind die Farben bei gekreuzten Polarisatoren viel besser interpretierbar, ist aber auch möglicherweise der Gewohnheit geschuldet.

Herzliche Grüße,

Olaf
Gerne per Du!

Vorstellung: http://www.mikroskopie-forum.de/index.php?topic=4757.0

... und hier der Link zu meinen Beschreibungen historischer mineralogischer Apparaturen:
https://www.mikroskopie-forum.de/index.php?topic=34049.0

purkinje

Hallo zusammen,
ich glaube die Stärke des Gerätes lag auch im Bereich von zellulären Messungen, wo ja die Gangunterschiede in der Regel wesentlich diskreter sind.
Eure farbenprächtigen Bilder liefern ja auch schöne Beispiele, wie prinzipiell mit teils sehr wenig intrazellulären Unterschieden deutlicher Farbkontrast erzeugt werden kann.
Unter der Überschrift 'quantitative phase imaging' finden derartige und andere interferometrische Geräte heute z.B Anwendung beim Screening von Zellkulturen im größeren Maßstab (teils sogar als Durchflussgerät bei Bioreaktoren), auch gibt es Forschungen zu in-vivo-Diagnostik von Präkanzerosen, etc.
Zum Thema Auswertung noch ein Literaturhinweis (free):
One-shot phase-recovery using a cellphone RGB camera on a Jamin-Lebedeff microscope
Beste Grüße Stefan

anne

#20
Hallo JL Fans,
ich denke ich habe es nun, die parallelen Polarisatoren.
Ein Problem habe ich allerdings noch, beim Blitzen bekomme ich die Farben nicht hin. Ich habe den Blitzwürfel, der bringt ja etwas Grünstich mit rein, das kann ich gekreuzten Polarisatoren ausgleichen , bei parallelen jedoch nicht. daher ist das Bild ungeblitzt.
lg
annne

(P.S. das war wirklich alles sehr lehrreich)

40-13.jpg

40-15.jpg

hugojun

Zitat von: purkinje in November 27, 2024, 20:36:09 NACHMITTAGSHallo werte Freunde der sensitiven Farben,

Vorneweg: wunderbare Aufnahmen anne!
Bekannt ist ja dass es das empfindliche Rot mit Hilfe einer Vollwellenplatte (𝞴) gibt, weniger bekannt dass es auch andere empfindliche Farben gibt, zB das der Halbwellenplatte (𝞴/2) bei allerdings parallelen Polarisatoren. Diese 𝞴/2-Platte ist ja beim Jamin-Lebedeff verbaut. Diese empfindliche Farbe ist sogar noch empfindlicher, als jene der bekannteren 𝞴-Platte (Peak I vs II):
Kubota a.jpg
Kubota et al 1951 On the Sensitive Color of Chromatic Polarization
war aber auch schon länger bekannt
Kubota b.jpg

Beste Grüße Stefan

Hallo Stefan,
wiedermal ein sehr interessanter Artikel.
Das rückt den Gebrauch von modernen LED-Beleuchtungen mit hoher Farbtemperatur gleich wieder in ein anderes Licht. ;D
LG
Jürgen


anne

#22
Hallo Jürgen,
das hat meine Lernkurve richtig erhöht. Habe mal die LED Beleuchtung rausgemacht und gegen die Halogen getauscht, oh Mann, was ein Farbreigen! Welche Intensität!
Danke!
Bilder später.
Lg
Anne

anne

Ich hoffe ich nerve hier nicht mit meiner Lernkurve, hier 2 Bilder mit Halogenlampe.
lg
anne

40-16.jpg

40-17.jpg

Peter T.

Einfach nur abgefahren. LSD-Mikroskopie.
Liebe Grüße
Peter

Nexcope 620T
(Hellfeld, Dunkelfeld, Polarisation)

purkinje

#25
Hallo anne,
in Zeiten, in denen die Hüter der englischen Sprache "Hirnfäule" ('brain rot') zum Wort des Jahres gekürt haben, kann etwas weniger Grau und ein derart schöner Farbensturm nie schaden  ;D .
Mich faszinieren diese leuchtenden und zugleich transparenten Farben immer, ob bei schöner Glaskunst, alten Kirchenfenstern oder Euren aktuellen JL-Bildern hier.
Beste Grüße Stefan

deBult

Amazing: how JL helps to separate the structures inside these cells: the are clearly visible now.

Keep them coming please,

Best Maarten
Reading the German language is OK for me, writing is a different matter though: my apologies.

A few Olympus BH2 and CH2 stands with DIC and phase optics.
The correct number of scopes to own is N+1 (Where N is the number currently owned).

anne

Hallo zusammen,
jetzt schiebe ich den Beitrag nochmal nach oben, einmal Paramecium bursaria und nochmals ein Rädertier zusammen mit Paramecium bursaria.
lg
anne

40-21.jpg

Paramecium pano small.jpg

Peter T.

Liebe Grüße
Peter

Nexcope 620T
(Hellfeld, Dunkelfeld, Polarisation)

Michael K.

Hallo,

Das sind sehr farbenfrohe Bilder. Haptsächlich mit blau und gelb Anteilen. Ich frage mich ob es
auch mit Hausmitteln ansatzweise möglich ist.  Am PC habe ich das ja letztens so ähnlich hinbekommen.

Aber: weiter so!


Gruss
Michael