Botanik: Strauch-Strandflieder (Limoniastrum monopetalum) *

[Peter T.]

Nachdem die Pflasterritzenflora noch in der Winterpause steckt, ich mich aber rechtzeitig mit Material eingedeckt habe, gibt es heute eine Pflanze zu sehen, bei der ich nicht weiß, ob der deutsche oder der lateinische Namen schwieriger auszusprechen ist.

Der Strauch-Strandflieder wächst dazu noch an Sandstränden und in Salzmarschen, so dass ich ihn gerne Strauch-Strand-Sand-Salzflieder nennen möchte. Glücklicherweise werde ich bei sowas nicht gefragt.

Die Verbreitung umfasst Nordafrika, die Balearen und Südeuropa.

Hier zunächst wie üblich eine Übersicht der Pflanze


(Quelle: Wikipedia)

Ich habe mir den Blattstiel und das Blatt im Querschnitt angeschaut.
Gefärbt habe ich nach Etzold mit FCA (Fuchsin-Chrysoidin-Astrablau).

Hier also die Übersicht über den Blattstiel (Pano aus zwei Aufnahmen, 10x Obj.)



Wie üblich bei dikotylen (zweikeimblättrigen) Pflanzen sind die Leitbündel ringörmig angeordnet. Hier zeigt sich aber ein etwas anderes Bild als bei vielen anderen Querschnitten: Eine große zentral gelegene Leitbündelgruppe und kleinere rindennahe Bündelchen.
Zentrale Leitbündel haben wohl zweierlei Funktion: Einerseits verleihen sie der Pflanze zusätzlich Stabilität und andererseits optimieren sie den Wassertransport. Man findet sie deshalb oft bei Halophyten, also Pflanzen an salzigen Standorten. Unser Strauch-Strand-Sand-Salzflieder gehört in diese Gruppe.

Hier noch der Überblick im polarisierten Licht



Hier wird etwas deutlich, das man auch schon im Durchlicht sieht: Der Rindenbereich weist zwei verschiedene Zellarten auf. Im Detail sieht man folgendes:



Neben dem "normalen" Rindenparenchym weist der Blattstiel bereits ein Palisadenparenchym auf, also einen Zelltyp, der sich sonst in den Blättern findet. Im Bild sind es die langgestreckten Zellen im oberen Teil des Bildes. Im Palisadenparenchym ist die Zahl der Chloroplasten hoch, hier findet eine effektive Photosynthese statt.
Bisher habe ich noch in keiner Pflanze bereits im Blattstiel ein Palisadenparenchym gesehen.

Eine weitere Besonderheit sieht man im nächsten Bild



Pflanzen in salziger Umgebung haben die Möglichkeit, über Salzdrüsen Salz abzugeben. Abbildungen einer solchen Salzdrüse waren als Vergleich schwer zu finden, aber ich glaube, dass ich hier eine solche "erwischt" habe. Lasse mich aber gerne belehren, wenn das keine Salzdrüse ist.

P.S. In den Antworten findet sich eine Diskussion hierzu sowie eine von Jörg eingefügte schematische Darstellung einer typischen Salzdrüse. Letztlich bleibt unklar, was die gezeigte Struktur darstellt.

Der Vollständigekit halber noch eine Detailaufnahme der zentralen Leitbündelregion



Und hier noch eins der peripher gelegenen Bündelchen.



Jetzt noch ein Überblick übder den Blattquerschnitt (Pano aus vier Bilder, 10x Obj.)



Das zentral gelegene Leitbündel



Zum Abschluss noch eine typische Spaltöffnung



Wie immer freue ich mich über Kommentare, Berichtigungen und Ergänzungen.

[Hans-Jürgen Koch]

Hallo Peter,

der Strauch-Strandflieder (Limoniastrum monopetalum) bevorzugt salzhaltige Böden und steht in der freien Natur unter Schutz.

Deine Bilder und die Färbung gefallen mir gut.

Ich habe im Mai 2021 mich mit dem Strand-Beifuß Artemisia maritima  beschäftigt.

https://www.mikroskopie-forum.de/index.php?topic=41127.0

Fundort war der Arterner Parkfriedhof (Kyffhäuserkreis, Thüringen) ist einer der schönsten Anlagen in Deutschland.
Der Solgraben, das kleinste Naturschutzgebiet von Europa (Größe ca. 1,63 ha) und die bedeutendste Binnensalzstelle Mitteleuropas, bietet auf kleinstem Raum eine seltene Fauna und Flora.
Ich brauchte eine Genehmigung zur Probenentnahme vom (Landratsamt Kyffhäuserkreis - Untere Naturschutzbehörde).
Salzdrüsen habe ich beim Strand – Beifuß nicht gefunden.

Gruß
Hans-Jürgen

[Peter T.]

Hallo Hans-Jürgen,

vielen Dank für Deinen Kommentar und die lobenden Worte.
Ich wusste natürlich auch erst nicht, welche Struktur ich unter dem Objektiv hatte, bin dann nach Recherche aber auf die Sanddrüsen gestoßen. Bilder dazu im Internet sind wie gesagt rar (oder ich habe sie nicht entdeckt), aber nach dem, was ich gefunden habe, sollte das eine dieser Drüsen sein.

[Rawfoto]

Hallo Peter

Motiviert durch deinen Beitrag habe ich einmal gesucht was ich zum Thema Salzflora in Österreich finden. Wir haben ja ein Gebiet, den Seewinkel in Burgenland, wo wir Pflanzen haben die dem Salzklima ausgesetzt sind und Strategien gefunden haben dort zu überleben:

chrome-extension://efaidnbmnnnibpcajpcglclefindmkaj/http://www.flora-austria.at/Docs/Artikel/Salz/Salzreiche_Landschaft.pdf

Die Gegend liegt im Nationalpark Seewinkel. In diesem Beitrag gibt es Hintergrundwissen welches ich mit Begeisterung durchgelesen habe. Wenn ich das nächste Mal in der Gegend bin werde ich versuchen ein paar Proben einsammeln zu können/dürfen.

Danke für den Beitrag, liebe Grüße

Gerhard

[Peter T.]

Hallo Gerhard,

danke für den Link. Die Bilder sind ja sehr einladend, da nicht nur ein paar Blätter, sondern auch Tümpelproben mitzunehmen.

Spezialisierte Pflanzen sind ein spannendes Thema, ohne Zweifel. Wobei - ich habs schon mal irgendwo geschrieben - ich habe bisher noch keinen ,,langweiligen" Pflanzenschnitt gesehen.

[Rawfoto]

Ja Peter, das Schöne an den Beiträgen ist die Anregung für eigene, weiterführende Ideen. In diesem Fall sehe ich Sachen an denen ich schon zig Mal vorbeigelaufen bin ohne zur Kenntnis zu nehmen was da an spannendem Potential verborgen ist.

Beim nächstem Mal bin ich vorbereitet, wieder was dazugelernt 👍

Liebe Grüße

Gerhard

[Fahrenheit]

Lieber Peter,

das ist wieder sehr schön geworden und ich habe den Strauch-Strandflieder natürlich gelistet.

Die Salzdrüsen haben mich neugierig gemacht und ich bin einmal auf die Suche gegangen. Bei Wikipedia gibt es einen schönen Artikel zu den Salzpflanzen:

https://de.wikipedia.org/wiki/Salzpflanze#Elimination

Der Link oben führt direkt zur Elimination, also zur Ausscheidung des zuviel aufgenommenen Salzes.

Dabei gibt es auch eine Zeichnung einer Salzdrüse beim Gewöhnlichen Strandflieder (Limonium vulgare):



Das Bild ist eine Zeichnung aus Wikipedia vom User Bgqhrsnog, eine Lizenz ist leider nicht angegeben. Ruft man die Lizenzdetails auf, ist ein Link auf ein PDF angegeben, der leider nicht mehr gültig ist.

Da wir hier die gleiche Familie vorliegen haben, dürfen wir davon ausgehen, dass die Salzdrüsen bei Deinem L. monopetalum recht ähnlich gebaut sind. Somit würde ich bei Deinem Bild eher auf ein am Rand getroffenes Stoma tippen, da die Struktur der Becherzellen fehlt.

Spannend: die Salzausscheidung erfolgt aktiv, genau wie das Öffnen und Schließen der Stomata und es gibt auch Begleitzellen. Ich denke, die Entwicklung der Salzdrüsen erfolgte auf der gleichen Grundlage wie die der Stomatas.

Der Strandflieder gehört zur Bleiwurzgewächse (Plumbaginaceae) und dazu findet sich in Metcalfe/Chalk Anathomy of the Dicotyledons Vol II ab Seite 852 ein schöner Artikel, der auch darauf hinweist, dass in vielen Mitgliedern der Familie Salzdrüsen auf der Blattoberfläche und dem Spross vorkommen. Die dort in Abb. 195 gezeichneten Drüsen sehen jedoch etwas anders aus: es sind Felder mit jeweils mehreren Ausscheidungszellen.

Leider hat weder die Zeichnung oben noch das Bild im Buch einen Maßstab, aber eventuell wirst Du ja auf den Blattquerschnitten fündig?

Herzliche Grüße
Jörg

[Peter T.]

Lieber Jörg,

vielen Dank für die Ergänzung und das Bild. An ein Stoma habe ich auch zuerst gedacht, aber mir fehlen da die üblichen tropfenförmigen Schließzellen (wie sie im letzten Bild zu sehen sind). Und die ganze Struktur ist auch viel mächtiger als die auch im Präparat vorkommenden Stomata.

Natürlich hast Du aber Recht, dass in meinem Schnitt keine Becherzellen auftauchen (und auch keine Sammelzellen), was bei der Salzdrüse an sich der Fall sein müsste.

Das ist jetzt Anlass, noch mal alle Schnitte zu durchsuchen, ob ich da fündig werde. Falls nicht, korrigiere ich die Beschriftung.

Ganz herzlichen Dank!

[Peter T.]

So, jetzt bin ich noch mal die Schnitte durchgegangen.

Zunächst mal ein Größenvergleich eines "normalen" Stomas und der unbekannten Struktur in meinen Schnitten.



Links sieht man ein Stoma mit den typischen tropfenförmigen Schließzellen. Rechts die deutlich massivere Ausbildung der anderen Struktur.
So und so ähnlich sehen die allermeisten dieser Öffnungen aus.

An einer Stelle habe ich allerdings eine Schnittebene gefunden, die sich etwas anders präsentiert



Hier hat man schon eher den Eindruck einer drüsenartig geformten Struktur mit tulpenblattartig geformten Zellen. Im Hintergrund kann man noch die beiden großen Zellen erkennen, wie sie im ersten Bild angeschnitten sind. Ist das jetzt die Salzdrüse? Oder handelt es sich bei den fraglichen Strukturen um eine zweite Art von (Riesen)stomata? Ich lasse das mal mit Fragezeichen stehen. Auf jeden Fall sind es Stellen, die einem Austausch zwischen Blatt(stiel) und Außenwelt dienen.

[Fahrenheit]

Lieber Peter,

ich denke, die Sache ist eindeutig: Du hast die Salzdrüsen gefunden. Das letzte Bild ist wirklich schön.

Es gibt zwar Pflanzen mit zwei unterschiedlichen Stomataarten, aber davon ist bei der Familie der Bleiwurzgewächse im Metcalfe nicht die Rede.

Beste Grüße 
Jörg

[Peter T.]

Lieber Jörg,

das wäre wirklich eine schöne Sache. Ich habe aber auch den Eindruck, das könnte passen.

Vielen Dank für die Diskussion!

[Rawfoto]

Hallo Peter

Spannend, Gratulation, hast Du eine Möglichkeit da ein Bild mit höherer Vergrößerung anfertigen?

Das wäre sehr interessant, zumindest ich habe dazu keine aktuellen Bilder gefunden. Da du das passende Präparat hast wäre das eine tolle Gelegenheit.

Liebe Grüße

Gerhard

[Peter T.]

Hallo Gerhard,

besten Dank!

Zu Ehren der Salzdrüse habe ich meine weit reichende Immersionsölphobie überwunden und Aufmahmen mit dem 100er Oil gemacht. Ich stelle mal zwei Ebenen ein.






Ich freue mich sehr über das Interesse an der Drüse.

[Rawfoto]

Danke schön Peter,
Wirklich gelungen
Liebe Grüße

Gerhard