Botanik: Runzelblättriger Schneeball (Viburnum rhytidophyllum) *

Begonnen von Fahrenheit, März 07, 2010, 23:00:26 NACHMITTAGS

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Fahrenheit

Liebe Pflanzenfreunde,

der Runzelblättrige Schneeball (Viburnum rhytidophyllum, oder auch  Zungen- oder Immergrüner Schneeball) ist mit bis zu 5 Meter Höhe einer der größten Vertreter der Familie Viburnum. Die dunkelgrünen, bis zu 25 cm langen Blätter hängen senkrecht nach unten, junge Triebe und Blätter sowie die Blütenstände sind intensiv rehbraun behaart.

Klaus ist ja eher zufällig an diese eindrucksvolle Pflanze geraten, wie man hier nachlesen kann, während ich zumindest Werktags zwei mal täglich an einem solchen Strauch vorbei gehe und immer dachte "Den müsstest Du eigentlich auch mal ...".

Nun ist es so weit. Wie immer zunächst die Pflanze an sich:

Bild 1: Runzelblättriger Schneeball mit Knospen, die hängenden Blätter sind schön zu erkennen


Bild 2: eine behaarte Blütenknospe


Präpariert habe ich den Blattstiel, die Schnitte sind ca. 50 µm dick, dünnere Schnitte reißen bei mir recht stark aus.
Die Färbung ist Müller AAC (Acridinrot, Alciangrün und Chrysoidin).

Bild 3: Vom Mark bis zur Epidermis mit den gestielten Sternhaaren, Vergrößerung 50x, Stapel aus 10 Bildern. Der Gesamtdurchmesser des Blattstiels beträgt ca. 4 mm.

Die Überlagerung im großzelligen Parenchym kennzeichnet einen Riss im Schnitt. Beim Eindecken kamen die Schnittkanten übereinander zu liegen.

Bild 4: ein Ausschnitt aus dem zentralen Leitbündel des Blattstiels, das sich c-förmig um das Markparenchym schließt ohne einen kompletten Ring zu bilden. Vergrößerung 200x, Stapel aus 16 Bildern.

Das Phloem ist durch die raue Behandlung (Bleichen mit Klorix 1:4, Erhitzen bis kurz vor dem Sieden beim Färben mit Chrysoidin und anschließend Entwässern) etwas mitgenommen.
Überhaupt erwiesen sich die Blattstiele des immergrüne Schneeballs als schwierige Gesellen. Das lose Parenchym zwischen der dreilagigen Epidermis und dem Leitbündel reißt sehr leicht ein und der ganze Schnitt wellt sich beim Präparieren stark auf - lässt sich aber unter dem Deckglas mit etwas Druck leicht wieder in Form bringen.

Bild 5: eines der beiden Nebenleitbündel im Querschnitt. Der Durchmesser beträgt ca. 410 µm. Vergrößerung 200x, Stapel aus 10 Bildern.


Bild 6: ein Sternhaar auf seinem mehrzelligen Stiel, die Höhe von der Epidermis beträgt ca. 310 mm, die Ausdehnung von Spitze zu Spitze 450 mm. Vergrößerung 200x, Stapel aus 23 Bildern.


Bild 7: einige Zellen im Paranchym zeigen auffällige Tüpfel. Zelldurchmesser ca. 70 µm. Vergrößerung 400x, Stapel aus 27 Bildern.


Anregung und Kritik sind wie immer willkommen!

Herzliche Grüße
Jörg

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Holger Adelmann

Wunderschön, Jörg.
Die Sternhaare geben bestimmt abgeschabt auch ein schönes Streupräparat !?

Herzliche Grüsse
Holger


Eckhard

Lieber Jörg,

grossartiges Präparat! Die Sternhaare sind wunderschön. So etwas hab ich noch nicht gesehen.

Bild 6 & 7 sind meine Favoriten!

Herzliche Grüsse
Eckhard
Zeiss Axioscope.A1 (HF, DF, DIK, Ph, Pol, Epifluoreszenz)
Nikon SE2000U (HF, DIK, Ph)
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Frank Fox

Hallo Jörg,

die Sternhaare gefallen mir auch super.

Ich bin ja immer auf der Suche nach neuen Fotomotiven (das ist die Sucht der Fotografen  ;) ),
und dieses hier gefällt mir ausgesprochen gut.
Das werde ich auch mal ausprobieren  :) .

Herzliche Grüße
Frank
Mikrofotografie
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Faszination Mikroskopie
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Zeitschrift Mikroskopie
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Fahrenheit

Lieber Holger, lieber Eckhard, lieber Frank,

vielen Dank für Euer Lob. Es freut mich, dass Euch die Schnitte zum Immergrünen Schneeball gefallen.

An ein Streupräparat der Sternhaare habe ich auch schon gedacht, zumal etliche davon in der Fixierflüssigkeit schwimmen. Wie man aber im Bild 3 schön sieht, scheint es kurzstielige und langstielige Trichome zu geben. Die Langstieligen sind am oberen Stielende abgebrochen, die Kurzstieligen sind zu einem guten Teil noch dran.

Nun wäre es sicher schöner, die Sternhaare mit Stiel im Präparat zu haben. Ich möchte demnächst einmal an frischen Trieben (die haben ja einen besonders dichten und noch sauberen 'Pelz') probieren, in wie weit sich diese schönen Trichome mit Stiel abschaben lassen.

Es würde mich sehr freuen, lieber Frank, auch von Dir einige Bilder von Viburnum rhytidophyllum hier zu sehen. Ich hatte mit den Schnitten so meine Probleme, da das großzellige Parenchym auch bei 50 bis 60 µm Schnittdicke noch ausreißt. Vielleicht hast Du mehr Glück oder ein besseres Händchen.  :)

Herzliche Grüße
Jörg
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Holger Adelmann

Hallo Jörg,

bezgl. der Problematik mit den Parenchymrissen: Ich hatte vor Jahren mal ein Gespräch mit einem Botaniker, der verringerte das Problem dadurch, dass er mit dem Handmikrotom 100-300 µm dicke Frischschnitte herstellte, diese dann ensprechend zur Paraffineinbettung aufarbeitete, wobei der letzte Schritt ein Einsinken in geschmolzenes Paraffin in einem Exiccator unter Anschluss einer einfachen Wasserstrahlpumpe darstellte.
Dadurch, so versicherte er mir, konnte er sehr dünne Paraffinschnitte herstellen mit dem Vorteil, dass durch die vollständigere Durchtränkung im 'Vakuum' das Parenchym viel seltener riss, bis herunter zu 5 µm oder so,

Herzlichst
Holger

Fahrenheit

#6
Lieber Holger,

ja, mit der Paraffin-Einbettung bekommt man schöne dünne Schnitte hin, ohne dass etwas einreißt und selbst Korbblüten lassen sich im Querschnitt präparieren.
Miachael Dillbergers Schnitte von Cycas revoluta, die ich vor zwei Wochen hier gezeigt habe (Link) sind Paraffinschnitte - allerdings aus ästhetischen Gründen nicht ganz so dünn, wie es diese Technik ermöglicht.

Mir fehlt in meiner kleinen Arbeitsecke (ich habe 120 * 60 cm) leider der Platz für das zugehörige Equipment - und auch das nötige Kleingeld.  ;D
Daher muss ich ab und an mit den Rissen leben und solches Material eben etwas dicker schneiden.

Herzliche Grüße
Jörg
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Mila

Lieber Jörg,

wunderschön :) mir gefallen auch die Sternhaare am besten, aber die ganze Färbung ist Dir sehr gut gelungen, klasse!

Viele Grüße
Mila


Fahrenheit

Liebe Mila,

auch Dir vielen Dank für Dein Lob.

Da die Sternhaare so gut ankommen: ich glaube, ich habe auch schon eine Idee, wie die sich färben und präparieren lassen.
Da kommt eine Filmdosen und Siebdruckfolie ins Spiel.  ;)

Herzliche Grüße
Jörg
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rekuwi

Lieber Jörg,

auch ich bin total begeistert. Da gibt es absolut nichts zu kritisieren! Toller Schnitt und bestens fotografiert.
(Dein Platzproblem kann ich gut nachvollziehen (meine "Arbeitsfläche" ist 1,00 x 0,40 m), allerdings gibts bei mir kein "Gespons" das was zu Meckern hätte! Kann mich also auch mal in der Küche oder im Wohnzimmer ausbreiten;D.)

Liebe Grüße
Regi

Fahrenheit

#10
Liebe Regi,

Dir ebenfalls vielen Dank für die Blumen!  :)

Nun, für die normalen Arbeiten reicht mein Platz aus und der Rechner steht ja auf einem eigenen Tisch daneben (der ein gutes Eck größer ist). Aber für ein ordentliches Mikrotom würde es da schon eng werden, zu mal die ja oft etwas schwerer sind. 

Bild 8: hier noch ein Ausschnitt aus dem gleichen Blattstiel, diesmal ungebleicht und gefärbt mit Safranin, Astrablau und Chrysoidin. Vergrößerung 200x, Stapel aus 6 Einzelbildern. Die bräunliche Farbe des Ausgangsmaterials zieht die Färbung doch sehr runter:


Herzliche Grüße
Jörg
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Fahrenheit

#11
Liebe Sternhaarfreunde,

heute habe ich einige Vorproben zur Präparation der Sternhaare vom Runzelblättrigen Schneeball gemacht.

Die jungen Triebe, Blätter und Knospen sind sehr stark behaart, ich möchte fast sagen 'bepelzt':

Bild 9 und 10: Makros von frischen Triebspitzen mit den diesjährigen Blütenknospen:


Die Haare brechen schon bei Berührung ab (man beachte die kahlen Stellen auf dem Blatt in Bild 9) und lassen sich mit einer Rasierklinge oder einer gebrauchten Mikrotom-Einmalklinge sehr gut abstreifen.
Dabei ist die Haptik durchaus unangenehm - ich habe kurzfristig überlegt, ob ich mich als Juckpulverproduzent selbstständig machen sollte (Juckt wie sie S... - aus kontrolliert biologischem Anbau, garantiert keine Chemie!  ;D)

Aufgefangen habe ich die Haare in 30% Ethanol, um sicher zu stellen, dass alles gut benetzt wird. Dann einfach einen Tropfen unter dem Deckglas auf den Objektträger und voilà:

Bild 11: Sternhaar von Viburnum rhytidophyllum, Vergrößerung 100x, Stapel aus 47 Bildern

Der Hintergrund ist nicht geputzt, man sieht die wandernden Artefakte, die durch das Stapeln zustande kommen.
Die Abmessungen des gezeigten Sternhaares betragen ca. 450µm in der Höhe und ca. 390µm in der Breite, es ist also von ähnlicher Größe wie das Haar aus Bild 6.

Anschließend habe ich mit dem Frischmaterial noch einen Färbeversuch unternommen und Acridinrot unter das Deckglas gezogen. Nach einer Einwirkzeit von etwa 7 Minuten mit Aqua dest. durchgezogen und erneut unter die Linse:

Bild 12: mit Acridinrot gefärbte Sternhaare, Vergrößerung wieder 100x, diesmal ein Stapel aus 105 Bildern

Bei 9:00 Uhr ist ein mehrzelliges Stielchen mit im Bild. Die Ausdehnung hier ca. 800 auf 500µm.

Ich vermute, dass die im Vergleich zu den Dauerpräparaten dunklere, stumpfere Rotfärbung mit dem unterschiedlichen Brechungsindex der Umgebung (Euparal, 30% Ethanol) und dem Material selbst (fixiert gegen unfixiert) zusammen hängt.

Der nächste Schritt ist nun die Verarbeitung zum gefärbten Dauerpräparat.

Anregungen und Kritik sind wie immer willkommen.

Herzliche Grüße
Jörg

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Mila

Lieber Jörg,

wie wunderschön diese Gebilde doch sind :)

schöne Färbung und tolle Fotos,

herzliche Grüße
Mila

Holger Adelmann

Lieber Jörg, toll dieses Sternhaar ! Ich freu mich schon auf Bilder von den Dauerpräparaten.

Herzliche Grüsse und einen guten Wochenanfang
Holger

Fahrenheit

Liebe Mila, lieber Holger,

abermals vielen Dank! Mit etwas Glück kann ich die Bilder der Dauerpräparate noch diese Woche zeigen.

Herzliche Grüße
Jörg
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