Standardpräparate Kontrastverfahren

Begonnen von Jürgen Boschert, Februar 03, 2025, 22:07:50 NACHMITTAGS

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Jürgen Boschert

#30
Hallo zusammen,

ich hatte ja Gerd schon geantwortet, dass ein vernünftiges, ungefärbtes Präparat der Mundschleimhautzellen mit den üblichen Harzen (zur Verfügung stehen mir Canadabalsam, Caedax, Histokitt, Malinol sowie Aquatex als wasserlösliches Medium) nicht zu erzielen sind; ich hab die Medien übrigens wirklich alle durchgetestet. Selbst im Phasenkontrast und Jamin-Lebedeff sind die Zellen mit diesen Medien allenfalls schemenhaft zu erkennen. Meine Erklärung ist, dass die Schleimhautzellen in Hinsicht auf ihr optisches Brechverhalten zu nah an dem der Medien ist, während sie sich ja im Frischpräparat mit allen Kontrastverfahren -im Unterschied zum Hellfeld- wunderbar darstellen lassen. Bei dieser Aktion hab ich festgestellt, dass nach Trocknen des Ausstriches eine alkoholische Fixierung bessere Ergebnisse zeitigt als die Hitzefixierung, am besten dürfte wohl Methanol sein (hab ich momentan nicht da, daher habe ich Brennspiritus verwendet.
Der Brechungsindex von Wasser liegt bei 1,33, wohingegen die Harze sich da im Bereich 1,4 bis 1,6 bewegen.
Vor ein paar Tagen habe ich mich dann daran erinnert, dass ich irgendwo noch ein Fläschchen eines irrwitzig teuren speziellen Immersionsöls von Zeiss für Wasserimmersionsobjektive herumstehen habe, habe es auch gleich gefunden. Es handelt sich um das Immersol W mit n=1,334.

Also frischer Abstrich, Lufttrocknung Brennspiritus drüber, wieder trockenen lassen. Dann ein Tropfen Immersol W, Deckglas drauf. Das Ergebnis zeigt das erste Bild (Plan-Neofluar Imm 25/0,8, mit Wasser).

Mundschleimhaut Immersol W.JPG

Zum Vergleich habe ich noch das Bild eines taufrischen Nativpräparates, aufgenommen mit demselben Objektiv und identischer Einstellung des DIC angehängt.

Mundschleimhaut frisch.JPG

Das Immersol-Präparat ist jetzt seit drei Tagen völlig stabil, über die "wahre" Langzeitstabilität kann ich natürlich noch nichts sagen. Um es zum Dauerpräparat zu machen, müsste noch ein Lackring o.ä. außen drum rum.
Beste Grüße !

JB

Lupus

Hallo,

m.E. geht bei der Trocknung der Schleimhautzellen doch einiges an wichtiger Feinstruktur verloren, die frische Zellen als interessantes Objekt für Phasenkontrastverfahren erscheinen lassen.

Epithelzellen Trocknung_Frisch.jpg

Hubert

Jürgen Boschert

Hallo Hubert,

da stimme ich Dir vollkommen zu! Aber immerhin, man sieht überhaupt etwas. Mit Caedax und Konsorten konnte ich bisweilen nicht einmal die Schärfeebene orten, mangels Objekterkennbarkeit; da war der Ph am besten: Mit Luftanhalten bei völlig abgedunkeltem Raum und gaaaanz langsamem Drehen am Feintrieb konnte ich dann die Zellen als Hauch vor meinem verrauschten Auge ausmachen.
Das Trocknen ist halt erforderlich, damit die Zellen überhaupt am OT haften bleiben. Und wie schon geschrieben: Bei Hitzefixierung sind die Deformationen wie auch der Detailverlust noch wesentlich ausgeprägter, z.T. kann man nicht einmal mehr die Region der Kerne ausmachen.
Beste Grüße !

JB

Jakob_Wittmann

#33
Zitat von: Jürgen Boschert in Februar 09, 2025, 13:29:29 NACHMITTAGS[...]

Vor ein paar Tagen habe ich mich dann daran erinnert, dass ich irgendwo noch ein Fläschchen eines irrwitzig teuren speziellen Immersionsöls von Zeiss für Wasserimmersionsobjektive herumstehen habe, habe es auch gleich gefunden. Es handelt sich um das Immersol W mit n=1,334.

...

Hallo zusammen,

ZEISS hat Immersol W hier um € 293,93 im Angebot. Für eine Einsicht in Preise muss man angemeldet sein. Die Mehrwertsteuer ist in der Preisangabe enthalten.

20 ml ...  :o  :'(  :D

Laut Angaben im Abstract des einschlägigen Patents von ZEISS ist Immersol W eine Substanz aus einem oder mehreren Perfluorpolyether(n).


ZitatImmersionsflüssigkeit für die Mikroskopie bei Wasserimmersion, mit einer Brechzahl im Bereich von 1,25 bis 1,4, mit einer kinematischen Viskosität
von größer als 20 mm2
/s bei 20°C, mit einem Dampfdruck
bei 20°C von kleiner als 0,01 kPa, und die einen oder mehrere funktionelle Perfluorpolyether enthält.

Perfluorpolyether ist auch als Schmiermittel für Vakuumpumpen erhältlich. Es ist ebenso nicht gerade als billig zu bezeichnen, immerhin ist es aber auf die jeweiligen Mengen in Gebinden bezogen bei weitem nicht so kostspielig wie Immersol W.

Allerdings ist Perfluorpolyether nicht gleich Perfluorpolyether. Hier spielt die Zusammensetzung der Restgruppe eine Rolle.

In den Datenblättern von Anbietern habe ich nur teilweise Angaben über Brechzahlen entdeckt. Die Hersteller dürften dies (hoffentlich)  :) wissen. Nur falls bitte jemand unter Euch sich näher damit befassen möchte.

Mutmaßlich (!) könnte auch Reinheit und/oder Transparenz für mikroskopische Anwendungen eine Rolle spielen.

Hier bitte ein Beispiel mit Preisen:

In diesem PDF ist eine Variante mit einem Brechungsindex von 1,30 erwähnt (Seite 7, letzte Spalte der Tabelle, ,,Fomblin Y 25").



Liebe Grüße


Jakob

jakob.wittmann@hotmail.com


,,Ein Leben mit nur einem schwarzen Mikroskop ist möglich aber sinnlos."

Bernhard-Viktor ,,Vicco" Christoph-Carl von Bülow zugeschrieben

Lupus

Hallo Jakob,

ich verstehe nicht warum Du hier allgemein über Perflourpolyether beliebiger Hersteller Ausführungen machst. Das Immersionsöl muss für hochaperturige Objektive sehr spezifische Anforderungen bezüglich des wellenlängenabhängigen Brechungsindex haben, und an den von Wasser angepasst sein. Im Zeiss-Datenblatt steht doch alles bis auf die 4. Kommastelle.
https://files.pulchlorenz.de/zeiss_immersionsoele-pl.pdf?_gl=1*1eeoweo*_ga*MTUwMjM5NzQ3NS4xNzM4ODUxNzIx*_ga_V2X0YLJK3T*MTczOTEyMzI3NC4zLjAuMTczOTEyMzI3NC42MC4wLjA.

Hubert

Jürgen Boschert

Hallo Jakob,

da hast Du ja einiges an Daten zu dem Stoff zusammengetragen. Ich habe mir das nicht unmittelbar selbst zugelegt; das Fläschchen war dabei, als ich mir das Plan Neofluar 63/1.2 korr. gegönnt habe. Den Brechungsindex habe ich vom Etikett abgeschrieben.
Beste Grüße !

JB

Florian D.

Seid froh, dass das Zeug überhaupt noch verkauft wird. Ist ja schliesslich eine [PANIKMODUS] EWIGKEITSCHEMIKALIE!!! [/PANIKMODUS] und sicher bald verboten.
Dafür reichen 20 ml halt auch ewig.

Gruss
Florian

purkinje

#37
Werter Jürgen, werte Freunde des Referenzpräparats,

als ich vor Jahrzehnten in die Verlegenheit gekommen bin, von ungefärbtem Schnittmaterial (allerdings für PhaKo) Dauerpräparate anzufertigen, lag die Crux auch darin das Präparat (bereits fixiert) frisch geschnitten, ohne Trocknung mit einem geeigneten Einschlussmittel einzudecken. Ein hilfreicher Mitarbeiter, kurz vor der Pension, köchelte mit mir also dies nach einem dortigen "Hausrezept":
Wasserlösliches Einschlussmittel variabler Brechzahl für Phako
Leider sind, im Gegensatz zu meinem alten Laborbuch, weder die Schnitte noch Fotos erhalten geblieben, das Ergebnis ließ sich trotz der nicht allzu immensen Brechzahldifferenz (Medium 1,515)  ;)  sehr sehen, v.a. im Vergleich zu den entwässerten, xylol-behandelten eingedeckten Schnitten.
Beste Grüße Stefan

M59

Hallo Jürgen,


Du schreibst,  Du suchst ein Präparat, dessen Brechungsindex so nah an dem des Eindeckmediums ist, so dass es im DIC und im JL nahezu unsichtbar ist. Nichts für ungut, aber das verstehe ich nicht!

Aus meiner Sicht braucht ein gutes Phasenobjekt klare Strukturen verschiedener Größe, sowie eine möglichst geringe Schichtstärke, die aber noch ausreichend für optische Schnitte ist, weshalb ich für meine Test aud DIK-eignung  ungefärbte histologische Präparate verwendet habe.

Weshalb denn nicht ganz einfach Zwiebelepidermis? Ein bekannt gutes Phasenobjekt!
(Frisch)-Präparate mit einer einzigen Zellschicht lassen sich mit geringstem Aufwand reproduzierbar herstellen.

Einlagig ist das Zellinnere im Hf nahezu unsichtbar, aber DIK, Phaco, Interphako (sehr schön farblich abgesetzte Strukturen!), und auch Df lassen sich damit gut vergleichen.
Da die Präparate jederzeit ,reproduzierbar' verfügbar sind, habe ich nie ein Dauerpräparat angefertigt. Insofern kann ich deren Eignung in Eindeckmedien nicht beurteilen.
Die Objektive, die ich als 'DIK' geeignet anhand histologischer Dauerpräparate bewertet habe, funktionieren auch mit Wasser und z.B. mit Malinol.

Viele Grüße und Erfolg bei der weiteren Suche, nach 'dem' Referenzpräparat.

Michael/M59

Jürgen Boschert

Hallo Michael,

das ist jetzt aber ein heftiges Missverständnis. Ich hatte nur beschrieben, dass mir mit den üblichen Harzen kein vernünftiges Dauerpräparat von Mundschleimhautzellen anfertigen konnte, da offensichtlich das Brechverhalten selbst im DIC und JL kein Erkennen der Zellen zuließ.
Beste Grüße !

JB

Lupus

#40
Hallo,

ich habe mit einem Glashohlkugel-Präparat von Jürgen, das er mir dankenswerterweise zur Verfügung gestellt hat, meine schiefe Beleuchtung mit einem Zeiss Plan 40/0.65 ebenfalls getestet. Ich finde jedenfalls dass bei diesem optischen Schnitt die schiefe Beleuchtung problemlos mit DIK mithalten kann (fokussiert auf rechte Kugel). Darunter ein Bild mit Fokusebene oberhalb der Kugeln.

Hohlkugel 3.jpg

Hohlkugel 1.jpg

Hubert

purkinje

#41
Hallo,
ein Aspekt der sowohl beim Komplex der Präparation/Fixierung/Einbettmedium wie auch im Vergleich zu nicht-Pol-basierten Techniken des Phasenkontrasts (wie der schiefen Beleuchtung) gerne unterschlagen wird:
der Aufbau von intakten biologischen Membranen.
Biomembranen bestehen aus Phospho- und Sphingolipiden und Cholesterin mit eingelagerten Transport- und Rezeptorproteinen.
Ähnlich wie Fibrillen und Mikrotubuli sind diese, wenn intakt, selbst schwach doppelbrechend.
Insbesondere entfettende Schritte der Präparation (EtOH, Xylol o.ä.), starke Trocknung oder gar Hitze verändert diese Membranen deutlich: der Kontrast von Zellmebran und Membranen intrazellulärer Stukturen verändert sich zum Schlechteren.
Auch den geringen, aber merklichen unterschiedlichen Bildeindruck, zwischen DIK und einer guten schiefen Beleuchtung bei vitalen oder schonend präparierten biologischen Objekten führe ich auf die diskreten Anisotropien durch intakte Biomembranen zurück.
Beste Grüße Stefan

rlu

#42
Hallo,

am Samstag gab es aus der Veranstaltungsreihe ,,Videokonferenz Mikroskopie Hagen", von Jürgen Stahlschmidt einen Beitrag von Dr. Michael Zölffel
Sphärische Aberration- Das Phänomen und seine Unterdrückung in der Mikroskopie lebender Organismen

Dabei ging es hauptsächlich darum, dass der Abstand Objekt zum Deckglas entscheidend ist, um die Qualität vom Bild zu verbessern. Daneben spielt auch noch die exakte Deckglasdicke von 170µm eine Rolle.
Ich glaube auch, dass einige Verfahren dazu geführt haben nicht nur den Abstand zu vermindern, sondern auch die Beweglichkeit der Organismen zu verlangsamen, und auch deshalb bessere Bilder entstanden sind.
Z.B. wurde eine Art Gel verwendet. Ein Objektträger aufgelegt. Objektträger wurde entfernt, Probe aufgebracht. Das Objekt war deshalb sehr nahe am Deckglas und konnte sich vmtl. auch nicht mehr bewegen.
Als Steigerung gibt es noch ein Art "Daumenschraube"/mechanischer Drehring mit der sich der Abstand/Anpressdruck vom Deckglas einstellen läßt.

Alternativ, was jetzt hier nicht so interessant ist, war eine Methode wo ein Öltropfen, der schwerer/dichter ist als Wasser als Grundlage dient. Darauf wird ein Wassertropfen mit der Probe aufgebracht. Dann bildet sich ein dünner Wasserfilm direkt unter dem Deckglas.

Deshalb bräuchte es einen Keil oder eine Stufentreppe von 0-100µm. Die Frage ist halt nur wie.
Und dann müßte man noch Objekte, Markierungen, biologisches Material aufbringen, um etwas zu haben, wo man eine Aussage machen kann, wie stark sich das Bild dann durch zunehmende Dicke verschlechtert.

Liebe Grüße
Rudolf

rlu

Hallo,

bin über den Beitrag vom Kurt gestolpert.
https://www.focusstackingforum.de/t4858f34-NIKON-M-Plan-ELWD-am-Vollformat.html

Die Auflösung wird hier um so schlechter, um so mehr Schuppen übereinandergeschichtet sind. Scheinbar beeinflußt das darunterliegende Licht die Auflösung.
Ist es jetzt das Überstrahlen oder die Tatsache, dass nahegelegende Schichten, einander negativ beeinflußen?


2025-02-19 11_41_00-Mozilla Firefox.jpg

Die Auflösung kommt auch mit Abdunkeln nicht wieder.
2025-02-19 11_42_47-Affinity Photo.jpg


Liebe Grüße
Rudolf

Spectrum

Hallo Mitforisten,
An dieser Stelle erstmal noch ein großes Dankeschön an Jürgen für das zusenden der tollen Standardpräparate.
Hier die Bilder im Pluta-DIC:

Hohlkugeln:
IMG_20250302_231036.jpg

Vollglaskugeln:
IMG_20250302_231642.jpg

Bei beiden Aufnahmen handelt es sich bei dem Eindeckmittel um Histokitt. Objektiv war ein Nikon CFN 60 mit Apertur 1,4.Objektiv und Kondensor waren mit Öl immergiert.

Hier noch ein Video bei dem das obere Quarzprisma aus der mittleren Stellung heraus horizontal bis ganz nach aussen, und dann von dort wieder zurück bis an das andere Ende des Verstellbereichs verschoben wird:
Bei Interesse kann ich auch gerne weitere Aufnahmen mit bestimmten Einstellungen, wie z.b. die anderen Prismen des Trommelrevolvers, oder verschiedene Höheneinstellungen des oberen Prismas nachreichen.
Herzliche Grüße Holger
Holger
Duzen und meine Bilder (auch ungefragt)  bearbeiten, mit eigenen Aufnahmen ergänzen und weitergeben erwünscht!