Fortsetzung Standardpräparate im Unterforum Technik

Begonnen von Jürgen Boschert, Februar 20, 2025, 16:34:23 NACHMITTAGS

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purkinje

Hallo Hubert,
Dank Dir, auf der Basis finde ich kann man sich wieder unterhalten, woran mir durchaus gelegen ist, da ich Deine Beiträge sonst sehr schätze.
Beste Grüße Stefan

Lupus

Hallo Stefan,

Du hast vielleicht Aussagen falsch interpretiert, auch wenn ich die Formulierung "Spielerei" u.ä. bewusst provokant gewählt habe. Das bezog sich auf andere Personen.
Ich kenne einige wissenschaftliche Arbeiten zum Thema Hoffman-Kontrast, und die Inhalte sind z.T. ernüchternd unergiebig (höflich formuliert). Interessant ist z.B., dass da regemäßig das Modulationskontrast-Verfahren als gute preiswerte Alternative zu DIK angepriesen wird, dass dieses aber nur eine kompliziertere Variante schiefer Beleuchtung ist wird nicht erwähnt - als wäre letztere den Autoren nicht bekannt.

Hoffman selbst hat in seinem Patent kein Wort über die schiefe Beleuchtung verloren, es wird lediglich auf Zernike-Phasenkontrast und Interferenzkontrast Bezug genommen:  "There exists a number of specialized microscopes which enable a user to view such phase objects. Such devices are referred to in the prior art as phase-contrast microscopes and interference microscopes. .... The present invention overcomes the limitations of the phase contrast microscope and the interference microscope. Objects are rendered visible in a simpler manner, utilizing less expensive components." Das ist m.E. sehr ungewöhnlich, denn es ist absolut üblich ähnliche bekannte Verfahren in der Patentanmeldung zu erwähnen.

Zumindest in der Patentgrafik sieht man schematisch, dass das Verfahren zu einem unsymmetrischen differentiellen Phasenkontrast tendiert (im Gegensatz zum DIK), was m.E. ein erheblicher Nachteil ist weil es eben nicht zu einer korrekt interpretierbaren Objektstruktur führt.

Modulationskontrast Hoffman Patentgrafik.jpg

Wie erwähnt hatte ich vor längerer Zeit auch den Modulationskontrast nach Hoffman zumindest grob, bezüglich seiner prinzipiellen Funktion, durch Berechnungen simuliert. Hier einige Grafiken, die den schematischen Intensitätsverlauf des Mikroskop-Bildes für ein einfaches, linsenförmiges Phasenobjekte mit verschiedenen Transmissionsgraden des zentralen Spalts (Nr. 19 im Patent) der Modulatorblende demonstrieren. Ein typischer Wert wird oft mit 15% Transmission angegeben, wie man sieht entsteht dadurch eine starke, falsche Asymmetrie des differentiellen Phasenverlaufes.
T = 0% (erste Grafik) entspricht einer Art Dunkelfeld weil hier das Beugungsbild 0. Ordnung ausgeblendet ist, mit T etwa zwischen 50% und 100% entsteht dagegen "normale schiefe Beleuchtung", jedoch hier durch reine objektivseitige Halbblende - mit ziemlich symmetrisch-differentiellen Phasenverlauf wie es eigentlich sein soll. Bei den Berechnungen ist die Beleuchtungs-Spaltblende abweichend von der üblichen realen Anwendung nahezu unverschoben zur Achse. Ich wollte den reinen Effekt der Modulatorblende sehen. Mit außeraxial versetzter Blende überlagern sich die Effekte durch beleuchtungsseitige schiefe Beleuchtung und Modulatorblende natürlich. Ein wesentlicher Effekt des absorbierenden zentralen Modulatorspalts besteht darin, den Bildhintergrund abzudunkeln.

Modulationskontrast Hoffman Vergleich Modulatortransmission 0% 15% 30% 60% 100%.jpg

Es wäre jedenfalls eine gute Anwendungsmöglichkeit für ein Standardpräparat mit definierten symmetrischen und stetig verlaufenden Phasenverschiebungen, also z.B. mit Glaskugeln, die sich ergebende Intensitätsverteilung des Phasenverlaufs in einem Modulationskontrastmikroskop nach Hoffman zu untersuchen. Vielleicht findet sich jemand der es in Anwendung hat, mit Interesse daran.

Hubert

junio

Hubert schreibt: "Ich kenne einige wissenschaftliche Arbeiten zum Thema Hoffman-Kontrast, und die Inhalte sind z.T. ernüchternd unergiebig (höflich formuliert)". Das habe ich auch so empfunden, als ich mich vor einiger Zeit mit dem Hoffman-Kontrast beschäftigt habe.
Vielleicht ist aber für den einen oder anderen Interessierten die Ausarbeitung auf meiner Internetseite zum Hoffman-Kontrast etwas erhellend. Ich gebe zu, dass es die Arbeit eines im Grunde "optischen Laien" ist, der aber einen Hang zum mikroskoptechnischen Basteln hat. Hubert hat mir auch in verschiedenen unklaren Punkten Hilfestellungen gegeben.

Wenn ich ein entsprechendes Präparat hätte, oder anfertigen könnte, würde ich auch einmal fotografieren.   


Und hier der Link zu meiner virenfreien Seite, auf der man das PDF herunterladen kann.

https://www.mikroskoptechnik-hagen.de/mikroskoptechnik.htm

Beste Grüße von Jürgen aus Hagen

Lupus

Hallo Jürgen,

ZitatWenn ich ein entsprechendes Präparat hätte, oder anfertigen könnte, würde ich auch einmal fotografieren. 
ich könnte Dir Glaskugeln zur Verfügung stellen, nachdem ich von Jürgen (B.) einen Teil seiner Bestellung erhalten habe. Mit Standard-Immersionsöl mit n=1.515 lässt sich dann leicht ein reproduzierbares Präparat anfertigen, das einen ziemlich geringen Brechzahlunterschied zu den Glaskugeln aufweist. Der geringe Phasenunterschied ist aber gut um eine empfindliche vergleichende Messung der Kontrasteigenschaften des Phasenkontrastverfahrens zu machen.

Hubert

Jürgen Boschert

Hallo Jürgen, hallo Hubert,

habe so viel von dem Zeug, da schicke ich gerne etwas an Junio, gerne auch Präparate in Histokitt und Canadabalsam.
Beste Grüße !

JB

junio

Hallo Hubert und Jürgen,
danke für Euer Angebot. Ich schreibe meine Adresse an Euch und versuche, mit den mir zur Verfügung stehenden Kontrast verstärkenden Verfahren einen Beitrag zu leisten.
Viele Grüße von Jürgen aus Hagen

Lupus

Hallo,

und hier ein Beispiel für die Intensitätsverteilung für gute schiefe Beleuchtung einer kleinen Glaskugel. Der vermessene Schnitt geht zentral durch die Kreismitte über das Kugelfoto, gute Fokussierung ist hier Voraussetzung.

Die rote Kurve ist als Anhaltspunkt für den idealen differentiellen Phasenverlauf einer Kugel eingezeichnet - wie es z.B. gutes DIK haben sollte. Also die mathematische Ableitung (Steigung) der örtlichen Objekt-Phasenverschiebung. Wenn man den Intensitätsverlauf mathematisch integriert, erhält man die Intensität eines idealen Zernike-Phasenkontrastbildes. Die Symmetrie des vermessenen Intensitätsverlaufs ist gut.

Der Brechungsindexunterschied zwischen Glaskugel und Einbettmedium spielt beim relativen Intensitätsverlauf keine Rolle, vorausgesetzt dass die maximale Phasenverschiebung das Phasenkontrastverfahren nicht überfordert und man nicht in den nichtlinearen Bereich der Kontrastierung kommt. An den Kugelrändern entsteht unvermeidlich eine Verbreitung des Intensitätsverlaufs durch die Breite des Beugungsbildes, die Kugel hat nur etwa 5 µm Durchmesser. Daher auch das deutliche Pixelrauschen.

Plot Glaskugeln Histokitt Fokusserie 2x.jpg

Hubert

Jürgen Boschert

Hallo Hubert,

mit welchem Programm hast Du das erstellt? Ich suche so etwas, um den DIC-Gradienten für Vergleiche wenigstens annähernd quantifizieren zu können. Z.B. entlang der beiden Diagonalen und der beiden Orthogonalen in einem Bild.
Beste Grüße !

JB

Lupus

#23
Hallo Jürgen,

ich habe das Programm ImageJ verwendet. Das Problem ist, dass man sich da etwas einarbeiten muss weil es eine andere Struktur hat als typische Bildbearbeitungsprogramme. Wenn man es aber nur isoliert z.B. für die angesprochene Anwendung nutzt, bekommt man es eigentlich schnell in den Griff.

Das sieht mit den Bearbeitungsschritten Datei laden, Bild zoomen, Rechteck einzeichnen und Profil plotten dann etwa so aus (das kleine Menüfeld oben ist das ganze Programm ImageJ)

Intensitätskurve ImageJ.jpg

Eine einfache Alternative um Intensitätsplots entlang einer Line darzustellen ist z.B. im Programm MicroCamLabII (Software für Okularkameras von Bresser) oder äquivalent ToupView vorhanden. Diese Programme kann man auch ohne Verwendung einer Kamera nutzen. Allerdings ist hier der Nachteil dass nur die Intensitätskurven exakt über eine Pixelbreite dargestellt werden, während bei ImageJ die Pixelbreite (und damit eine Mittelung zur Rauschminderung) durch Einzeichnen eines entsprechenden breiten Auswahlrechtecks wählbar ist.

Die Bearbeitungsschritte sehen hier so aus:

Intensitätskurve MikroCamLabII.jpg

Und mit dem relativ kompakten Astro-Bildbearbeitungsprogramm Fitswork sieht der Ablauf dann so aus:

Intensitätskurve Fitswork.jpg

Hubert

purkinje

#24
Hallo Hubert,
Die Probleme, die Du für den Fall des symetrischen, axialen Aufbaus (Hoffman Patent US 4200353) für den irregulären Phasenverlauf aufzeigst wurde ja von Hoffman durch die anaxiale, schiefe Variante versucht zu umschiffen
(Hoffman Patent US 4200354, ganz am Ende erwähnt er die schiefe Beleuchtung übrigens).
Wie Du ja auch immer betonst, leidet die Darstellung des Phasenverlaufs v.a. bei zunehmender Dicke der Präparate.
Mit einem anaxialen Aufbau zeigt eine nachfolgende Patentschrift (Matsui, Nikon) eine interessante Veränderung im schmalen Bereich von T <10% für den Modulator, genauer ein Optimum bei 5-8%, hier bei zwei verschiedenen Dicken des Objektes:
 10mu.jpg
1,5mu.jpg

Q: Matsui US20100284067A1
Beste Grüße Stefan

purkinje

#25
Nachtrag: Hier das Mikroskop dazu mit "Nikon Advanced Modulation Contrast"  ;)
(Die Bildauswahl in der Broschüre ist natürlich völliger Käse)

Lupus

Hallo Stefan,

die Grafiken die ich verwendet habe stammen aus dem zweiten Patent mit außeraxialem Spalt, aber das ist eigentlich unwichtig. Generell gilt - auch für "normale" schiefe, kondensorseitige Beleuchtung - dass die Asymmetrie des Intensitätsverlaufs Großteils von der Blendenform abhängt. Dass Hofmann (nur) ganz am Ende schiefe Beleuchtung erwähnt ist m.E. trotzdem nicht üblich, denn der einleitende Text soll immer den bekannten Stand der Technik für die betrachtete Patentanmeldung beschreiben (ich kenne das, weil ich selbst am zwei Patenten beteiligt war und tagelang mit dem internen Patentanwalt um jedes Wort diskutiert hatte).

Die Nikon-Patentschrift kenne ich auch, das ist wieder so ein typisches Beispiel für die subtilen Tricks bei Patentanmeldungen. Denn eigentlich ist alles was dort beschrieben wurde prinzipiell bekannt. Patentfähig sind dann nur detaillierte Konkretisierungen, die in den Patentansprüchen (Claims) am Ende formuliert wurden. Und das auch in abgestufter Form vom allgemeinen zum spezielleren, um bei Einzelablehnung wenigstens einen Teil der Ansprüche zu bekommen. Daher die spezielle Festlegung auf z.B. einen bestimmten Transmissionsbereich des Modulators oder die Breite. Man will sich von der Konkurrenz durch spezifische Anordnungen abgrenzen. Bemerkenswert ist dass Nikon es auf eine ganz spezielle Anwendung, und da wiederum auf eine vorgeblich besonders gute Darstellung von Teilen des Objekts abstellt: "In the light of the above, it is an object of the present invention to provide a modulation contrast microscope that affords good view of sperm in ICSI, in particular, good view during sperm manipulation in ICSI, by improving contrast of the end portion of the tail."

Inwieweit das in Kombination mit der sowieso schiefen Beleuchtung eine allgemeingültige Aussage für optimalen differentiellen Phasenkontrast darstellt, habe ich meine begründeten Zweifel.

Hubert

Jürgen Boschert

Hubert,

vielen Dank, das war genau die Art von Antwort, die ich erhofft hatte. ImageJ ist wirklich sehr mächtig und da blickt man dann oft nicht intuitiv durch, aber hab's dank Deiner Anleitung gleich hinbekommen.

Wie erzeugst Du eigentlich die schiefe Beleuchtung an Deinen Geräten?
Beste Grüße !

JB

andr_brno

Lieber Jürgen,
Liebes Forum,
als Auflockerung zwischen der hohen Wissenschaft eine Bilderserie aus der niederen Praxis, völlig unbearbeitet am "historischem" Leitz 170mm Material geknipst (...und leider etwas ungenügend abgeglichen). Jürgen hat mir etwas seiner Pülverchen und zwei schöne Präparate mit Histokitt zur Verfügung gestellt (Vielen Dank nochmal dafür) und ich zeige hier den zu demonstrierenden Effekt am Leitz Heine Kondensor. Alle Bilder in der exakt gleichen Fokuslage, das ist der Vorteil des Heine-Kondensors - alle Beleuchtungsarten an einem Radl steuerbar.
Mit den Hohlkugeln kann ich nicht so viel anfangen, sie sehen für mich immer aus wie Luftblasen und verhalten sich wie eine eigene Linse im System - schön anzusehen, wenn sich viele Kugeln gruppieren, aber für die Kontrastprobe für mich nicht sehr hilfreich.
Zuerst eine Serie mit dem 25 / 0.50 Pv n Achromaten.
Die Vollkugeln sind im Histokitt im Hellfeld kaum sichtbar, meine Serie wurde in Zeiss Immersionsöl 518 N "gebettet", darin sind die Kugeln im "normalen" Hellfeld des Heine-Kondensors unsichtbar, Bild 1.
Bild 2 zeigt den gegenüber dem Zerneke-Ph zarten Phasenkontrast des Heine, der ja variabel durch den Lichtring steuerbar ist - hier ziemlich in der Mitte des Phasenrings.
Bild 3 zeigt den "farbigen Phasenkontrast" unter Zuschaltung des äußeren Lichtrings und der Farbblende des großen Heine-Kondensors. Bringt hier nicht viel, das Farbspiel wird durch rötlich komplementäre Halos auf dem grünlichen Hintergrund angedeutet, kommt aber nur an einigen kontrastreichen Strukturen zur Geltung, kaum an den zarten Glaskugeln.
Bild 4 zeigt die ringförmige Hellfeldbeleuchtung - kann nicht mit PhaKo mithalten, ist aber doch deutlich kontrastreicher als das normale Hellfeld.

Grüße
Andreas

andr_brno

...und das ganze nochmal mit dem Apo 40 / 0.70 n:

Bild 1: Hellfeld, Kugeln fast unsichtbar
Bild 2: Phasenkontrast, einen Ruck weiter Richtung Ringinnenrundung verschoben
Bild 3: "Farbiger" Phasenkontrast, bringt nicht viel
Bild 4: Die ringförmige Beleuchtung unter Zuschaltung des Farbrings des "großen Heine": Wäre eine schöne Rheinbergbeleuchtung, kommt aber wieder an den Glaskugeln nicht raus. Kaum kontraststeigernder gegenüber der ringförmigen Beleuchtung ohne "Zweitring".
Bild 5: Dunkelfeld. Die Ränder der Kugeln leuchten sehr zart, alle brechenden Strukturen dagegen sehr hell. Ein sehr schöner plastischer Eindruck, wie zwischen durchsichtigen Planeten im All - kommt auf dem Foto durch die überstrahlenden Lichter nicht raus. Erkenntnis: Dunkelfeld bringt bei schwachen Kontrasten zwischen Objekt und Medium nichts.
Grüße
Andreas