Paraffinschnitte - Frage an die Meister

Begonnen von rlu, Februar 22, 2025, 11:51:12 VORMITTAG

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rlu

Hallo an die Meister,

Die Paraffinschnitte sind (vereinfacht)
dick
farbig
nicht farbig
haben Löcher
haben keine Löcher

Ich hätte dazu folgende Fragen:
1. Ihr schneidet deswegen so dick ~30µ, damit man unten die Bodenwand von der Zelle sieht und die ist ja gefärbt.
2. Die Löcher(weiß) kommen daher(kein Ausriß), vor allem die Großen, weil die Zelle/der Hohlraum zu groß ist und da dann keine Wand mehr vorhanden ist.
3. Die Färbung kann eigentlich nur Holz oder kein Holz. Es gibt aber einen Menge Zwischenfarben. Kann man da von einer qualitativen(die Eigenschaft von der Zellwand wird dadurch bestimmt) Färbung sprechen?
3. Meine alte These, man schneidet deshalb so dick, weil damit der Kontrast erhöht wird, ist durch 1 und 2 hinfällig. Vielleicht auch nicht?
4. Wo sind die Zellinhalte? Vakuolen, Zellkern, Konpartimente, Chloroplasten, Plastiden, Speicherkörper
   D.h. man sieht nicht den gefärbten Zellinhalt, sondern den Boden.
5. Gibt es Pflanzenschnitte so wie in der Histologie mit HE-Färbung? Und warum macht das keiner?

Einer muss ja mal fragen.

Liebe neugierige Grüße
Rudolf

Bin der der Meinung es paßt hier rein zu den Bildern, da ja eine Menge Schnitte gezeigt werden.

K. B.

Hallo Rudolf,

wenn die Schnitte zu dünn werden gehen Merkmale verloren und die Strukturen werden empfindlicher bzw. nehmen zu wenig Farbe an, wie dick die Schnitte sein sollte hängt aber vom Gewebe ab, Parafin ist nur für unzusammenhängende und empfindliche Pflanzen nötig.

Die Hohlräume sind entweder vorher schon hohl gewesen, waren Leitungen oder Zellen.

Pflanzen bestehen aus unterschiedlichen Gewebetypen, die nur teilweise Verholzt sind und Farbstoffe unterschiedlich gut annehmen.

Die Zellinhalte werden bis auf kristalline ablagerungen normalerweise beim Fixieren oder Bleichen entfernt da diese die Färbung und Übersichtlichkeit stören, man kann aber auch Frischpflanzen schneiden und Mikroskopieren nur erkennt man da meistens wenig.

Im Prinzip gibt es Färbungen wie in der Tierhistologie, bestimmte Farbstoffe färben meistens nur bestimmte Gewebe an oder lassen sich selektiv wieder auswaschen.
Speziell die HE-Färbung würde für Pflanzen wahrscheinlich wenig Sinn machen weil da ganz andere Gewebe angefärbt werden als in der Pflanze vorhanden sind.

Viele Grüße
Kay
Mikroskop: Olympus BH-2 BHTU/ BHS mit Trino (DL; PH; Fluo; DF; AL)
                  Zeiss GFL Trinokular (DL; PH; Fluo; AL)
                  Olympus CK2 Invers Trino (DL; PH; Fluo)
                  Olympus GB (DL; PH)
Mikroskopkamera: Canon EOS 550D; EOS RP

jcs

Hallo Rudolf,

Kay hat schon das Meiste beantwortet. Hier noch zwei zusätzliche Anmerkungen:

(1) Mit Paraffin macht man recht dünne Schnitte, üblicherweise deutlich dünner als 30µm. Typischerweise zwischen 2 und 15µm. Die Schnittdicke sollte im Bereich der Strukturgrößen liegen, die beobachtet werden sollen. Pflanzliche Zellen sind recht groß, da geht es meistens auch ohne Paraffin, z.B. mit einem Schlitten- oder Handmikrotom (15-50µm Schnittdicke).

Für feinere Strukturen (z.B. Blüten mit den sehr kleinen Blütenpollen) benötigt man dünnere Schnitte, sonst sieht man im Durchlicht nur einen "Pollenhaufen" und keine einzelnen Pollen.

(2) Die meisten Objektive (numerische Apertur <0,5) haben eine axiale Auflösung, die deutlich geringer ist als die laterale. Ein 10x-Objektiv mit NA=0,3 hat beispielsweise ca. 0,8µm laterale Auflösung und ca. 15µm axiale Auflösung. Wenn man in allen Raumrichtungen eine ähnlich gute Auflösung will, hat man bei Durchlichtmikroskopie an dicken Objekten also ein Problem. z-Stacks helfen hier übrigens nur sehr bedingt, da wenig kontrastreiche Details durch vorhandene Kanten "überschrieben" werden, und man deshalb vielfach Stacking-Artefakte erhält. Das Bild erscheint dann zwar scharf, hat allerdings keinen zusätzlichen Informationsgehalt, bzw. im Extremfall werden vorhandene Informationen sogar "weggeschärft".

Wenn man in axialer Richtung ähnlich kleine Strukturen erkennen will wie in lateraler Richtung, müssen also dünne Mikrotom-Schnitte gemacht werden. Da tierische Zellen meist deutlich kleiner sind als pflanzliche, benötigen die Histologen vergleichsweise dünne Schnitte (<5µm), während man in der Botanik in vielen Fällen mit ca. 35µm ganz gut fährt. Bei Pilzen oder bei den oben erwähnten Blüten benötigt man allerdings ebenfalls eine hohe axiale Auflösung, sprich dünne Schnitte.

LG
Jürgen

rlu

Hallo Jürgen,

ZitatDie Schnittdicke sollte im Bereich der Strukturgrößen liegen
Ja, das ist schon mal ein guter Tipp.


Ich bin mir jetzt nicht sicher was Lateral und Axial ist.
Lateral: Die Punkte liegen neben einander. Klassische Auflösung
Axial: Schärfentiefe. Insbesondere die abnehmende Schärfentiefe bei höheren Aperaturen. ???

Zitat(2) Ein 10x-Objektiv mit NA=0,3 hat beispielsweise ca. 0,8µm laterale Auflösung und ca. 15µm axiale Auflösung.
Meinst du 1,5µm ?  ???


die KI meint:
Die laterale und axiale Auflösung sind wichtige Kenngrößen bei Mikroskopobjektiven, die die Fähigkeit des Objektivs beschreiben, feine Details in einem Präparat zu unterscheiden.

1. Laterale Auflösung (horizontale Auflösung):
   - Die laterale Auflösung bezieht sich auf die Fähigkeit des Mikroskops, zwei Punkte, die nebeneinander in der Ebene senkrecht zur optischen Achse liegen, noch als getrennt zu erkennen.
   - Sie wird durch die Beugungsbegrenzung des Lichts bestimmt und hängt von der Wellenlänge des verwendeten Lichts (λ) und der numerischen Apertur (NA) des Objektivs ab.
   - Die laterale Auflösung (d) kann näherungsweise durch die Abbe-Formel beschrieben werden:

2025-03-06 10_45_05-DeepSeek - Into the Unknown.jpg


2. Axiale Auflösung (longitudinale Auflösung):
   - Die axiale Auflösung beschreibt die Fähigkeit des Mikroskops, zwei Punkte, die entlang der optischen Achse (in der Tiefe) liegen, noch als getrennt zu erkennen.
   - Sie ist in der Regel schlechter als die laterale Auflösung und hängt ebenfalls von der Wellenlänge des Lichts und der numerischen Apertur ab.
   - Die axiale Auflösung (Δz) kann näherungsweise durch folgende Formel beschrieben werden:
     
2025-03-06 10_44_52-DeepSeek - Into the Unknown.jpg

   - Auch hier gilt: Je kleiner der Wert von Δz, desto besser ist die axiale Auflösung.

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die laterale Auflösung die Detailerkennung in der Ebene senkrecht zur optischen Achse beschreibt, während die axiale Auflösung die Detailerkennung entlang der optischen Achse betrifft. Beide Auflösungen sind entscheidend für die Gesamtleistung eines Mikroskops und hängen stark von der numerischen Apertur und der Wellenlänge des verwendeten Lichts ab.

2025-03-06 10_56_04-DeepSeek - Into the Unknown.jpg

Fazit:
Die laterale Auflösung ist in der Regel besser als die axiale Auflösung. Dies ist ein grundlegendes Merkmal der optischen Mikroskopie und erklärt, warum es oft schwieriger ist, Strukturen in der Tiefe (axial) klar zu trennen als in der Ebene (lateral).


Liebe Grüße
Rudolf

rlu

Hallo Jürgen,

Zitatz-Stacks helfen hier übrigens nur sehr bedingt, da wenig kontrastreiche Details durch vorhandene Kanten "überschrieben" werden, und man deshalb vielfach Stacking-Artefakte erhält. Das Bild erscheint dann zwar scharf, hat allerdings keinen zusätzlichen Informationsgehalt, bzw. im Extremfall werden vorhandene Informationen sogar "weggeschärft".

Ich bin ja der Meinung, dass Stacking in Verbindung mit 3D die Auflösung erhöhen kann, weil dann nicht alle Ebenen zusammengedampft, sondern einzeln sichtbar werden.

Ich habe das hier beschrieben:
Phantastische 3D - Bilder vom Mikroskop
https://www.mikroskopie-forum.de/index.php?topic=50963.0
Dieser Beitrag ist leider ins Cafe abwandert. Werde ihn mit meinen eigenen Bildern neu aufsetzen.

Liebe Grüße
Rudolf

rlu

Hallo Kay,

vielen Dank, darum ging es mir:
ZitatDie Zellinhalte werden bis auf kristalline ablagerungen normalerweise beim Fixieren oder Bleichen entfernt da diese die Färbung und Übersichtlichkeit stören, man kann aber auch Frischpflanzen schneiden und Mikroskopieren nur erkennt man da meistens wenig.

Ich habe mich (immer) gefragt, warum man nicht versucht, die lebende Inhalte also Vakuole, Zellkern, Plastiden, Chloroplasten u.a. mit abzubilden.

Warum passiert das Auswaschen nicht bei tierischen Präparaten? Vielleicht werden diese bei der Fixierung besser "Vernetzt"? Theorie von Dr. Miedaner.

Die Färbungen sind für mich eher bunt als analytisch.

ZitatSpeziell die HE-Färbung würde für Pflanzen wahrscheinlich wenig Sinn machen, weil da ganz andere Gewebe angefärbt werden als in der Pflanze vorhanden sind.

Eigentlich müßte es doch auch HE-Färbungen geben. Ich kenne aber keine.
Das muss aber auch nichts heißen.


Liebe Grüße
Rudolf

rlu

#6
Hallo,

jetzt wird es weniger ernst. ;-)
Ich werde versuchen möglichst bildlich darzustellen, was mir bei den Pflanzenschnitten auffällt.
Makro, Olympus 30mm f/3.5

Hier eine große Pflanzenzelle - wie jeder sehen kann ;-)
2025-03-05 14_17_50-.jpg

Die optimale Schnittebene finden
2025-03-05 14_08_56b.jpg

Die Färbung färbt nur die Hülle(Zellwand), nicht den Zellinhalt. Der ist ja nicht mehr da.
2025-03-05 14_09_54-.jpg

Klassischer dünner 5µm Schnitt einer tierischen Zelle mit Zellinhalt.
2025-03-05 14_16_16-Helicon Focus 6.4.1 - Demo Modus.jpg

Klassischer dicker 30µm Schnitt einer pflanzlichen Zelle ohne Zellinhalt.
War vorher bereits leer(tote, verholzte Zelle)
Oder der Inhalt einer zuvor lebenden Zelle wurde durch die Präparation ausgewaschen.
2025-03-05 14_09_38-.jpg

Wird der Schnitt dünner, dann ist das beim histologischen Schnitt immer noch eine Scheibe.
2025-03-05 14_11_54-Helicon Focus 6.4.1 - Demo Modus.jpg

Beim Pflanzenschnitt schneidet man unten ein Loch raus, wenn man die Schnittdicke zu klein wählt. Dann sieht man je nach Hintergrund ein schwarzes oder weißes Loch.
Große Hohlräume sind immer weiß, weil man die Schnittdicke nicht so groß wählen kann. Also kein Fehler beim Schneiden, nur der Boden fehlt.
2025-03-05 14_12_40-.jpg
2025-03-05 14_12_51-.jpg

Liebe Grüße
Rudolf

K. B.

Hallo Rudolf,

ja bei tierischen Zellen wird meistens auch der Inhalt mitfixiert, manche Zellinhalte wie Fette, wasser- oder alkohollösliche Substanzen etc. werden auch Ausgewaschen wenn sie nicht speziell Fixiert sind.

Prinzipiell müsste man auch bei Pflanzen genauso vorgehen können wie bei tierischen Zellen und dann kann man sicher auch die Zellinhalte anfärben, die interessanten Informationen bei den Pflanzen sind aber selten der Zellaufbau sondern eher die Gewebs und Stützstruktur.

Viele Grüße
Kay
Mikroskop: Olympus BH-2 BHTU/ BHS mit Trino (DL; PH; Fluo; DF; AL)
                  Zeiss GFL Trinokular (DL; PH; Fluo; AL)
                  Olympus CK2 Invers Trino (DL; PH; Fluo)
                  Olympus GB (DL; PH)
Mikroskopkamera: Canon EOS 550D; EOS RP

jcs

Hallo Rudolf,

die KI formuliert zwar immer schöne Sätze, und vieles ist auch richtig. Oft (so auch in diesem Fall) ist dennoch ein Pferdefuß dabei. In Deiner Antwort enthält die Formel für die axiale Auflösung nur jenen Anteil, der durch die Wellenoptik bestimmt wird. Der Anteil aus der geometrischen Optik (Schlankheit des Strahlenbündels, das steht auch im Zusammenhang zur Tiefenschärfe) ist nicht enthalten.

Wenn man den Anteil aus der geometrischen Optik mit berücksichtigt, wird die axiale Auflösung noch einmal verringert. Die 15µm für ein 10x-Objektiv sind dann schon richtig (den Wert habe ich aus Sanderson, Understanding light microscopy). Andere Quellen geben axiale Auflösungen von 8-9µm an, je nach Definition. Für Objektive mit kleinen und mittleren Vergrößerungen (5x bis 20x) ist die axiale Auflösung somit um einen Faktor 5 bis 10 schlechter als die laterale Auflösung. Es mach also wenig Sinn, bei solchen Vergrößerungen Schnitte mit Dicken von 5-50µm endlos fein zu stacken, wie man das leider oft sieht.

Die Stacking-Algorithmen sind auf Schärfe optimiert. Konturarme Strukturen fallen dann gerne unter den Tisch. Man sieht das z.B. bei dem von Dir verlinkten Wackel-GIF: Der Algorithmus betont die Schnittkanten an der Ober- und Unterseite des Schnittes und ignoriert tendenziell die kontrastarmen Zellwände. Das resultierende Bild wirkt dann so, als ob das Objekt aus zwei Drahtgeflechten besteht, mit kaum Verbindungswänden dazwischen. Das entspricht natürlich nicht der Wirklichkeit, wichtige Merkmale des untersuchten Objektes (in diesem Fall die annähernd vertikalen Zellwände) sind im 3D-Objekt nicht mehr vorhanden.

Oder anders formuliert: Es hat schon einen Grund, warum Histologen und Botaniker sehr viel Aufwand in die Schnittpräparation legen, wenn es um wissenschaftliche Aussagen geht und nicht "nur" um knackige und farbenfrohe Mikro-Aufnahmen für die Wohnzimmerwand.

LG
Jürgen