verzweigter Krabbeltierkörper

Begonnen von Wes, März 05, 2025, 15:44:20 NACHMITTAGS

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Peter T.

Hallo Wes,

wirklich ein faszinierender Pfad, auf dem Du da wandelst. Vielen Dank fürs Posten!
Liebe Grüße
Peter

Spectrum

Hallo Wes,
Ich nochmal mit einer Frage zu deiner medizinischen Behandlung deiner Pfleglinge.
Welches Antibiotikum hast du da genutzt, und falls du dieses gezielt ausgewählt hast, warum?
LG Holger
Holger
Duzen und meine Bilder (auch ungefragt)  bearbeiten, mit eigenen Aufnahmen ergänzen und weitergeben erwünscht!

Wes

Vielen Dank an alle für die freundlichen Worte und das Interesse – es freut mich sehr, dass das Video so gut ankommt!

Holger, zu deiner Frage bezüglich des Antibiotikums:

Ich habe Tetracyclin verwendet. Eigentlich hatte ich kein besonderes Ziel außer der Beobachtung der Kieselalgen im Präparat. Da ich labortaugliches Tetracyclin zur Verfügung hatte – das unter langwelligem UV-Licht gelb fluoresziert und an bakterielle Ribosomen bindet – wollte ich versuchen, die Bakterien sichtbar zu machen, die sich auf toten Diatomeen angesiedelt hatten. Gleichzeitig nutzte ich die Gelegenheit, um über die gleiche Anregung auch die rote Chlorophyllfluoreszenz aufzuzeichnen. Zusätzlich hatte ich etwas Hoechst 33342 hinzugegeben, um DNA in den Zellkernen der Diatomeen zu markieren.

Ein Handyfoto durch das Okular (noch vor dem Fotoadapter) zeigt die erste Aufnahme. Die Tetracyclin-Dosis war extrem hoch – weit außerhalb therapeutischer Bereiche – da es nur als Fluoreszenzmarker, nicht als Antibiotikum, gedacht war. Ich ließ die Kultur danach stehen und bemerkte Wochen später ein verzweigtes Wachstum, das ich in eine neue Petrischale mit Deckglasboden überführte. Dort entwickelte sich das Organismus weiter und nahm Bäckerhefe aktiv auf. Doch eine resistente Bakterienart trat auf: Sie überlebte die Phagozytose, entkam ins Zytoplasma, vermehrte sich dort und zerstörte befallene Äste. Ich behandelte daraufhin mit 15–30 µg/ml Tetracyclin, was die Ausbreitung stoppte – allerdings verlangsamte sich auch das Plasmaströmung, sodass ich die Behandlung beendete. Das Plasmodium erholte sich, aber die Infektion kehrte später zurück.

Viele Grüße
Wes

Spectrum

Hallo Wes,
Super, vielen Dank für die umfangreiche Antwort. Wirklich spannend deine Geschichte und sehr clevere Herangehensweise deinerseits.
Die Fluoreszenzaufnahme ist auch beeindruckend, vor allem in Anbetracht der Tatsache das es mit dem Handy aufgenommen wurde.
Vielen Dank für's zeigen Holger
Holger
Duzen und meine Bilder (auch ungefragt)  bearbeiten, mit eigenen Aufnahmen ergänzen und weitergeben erwünscht!

rhamvossen

Hallo Wes,

Faszinierende und wundervollen Aufnahmen von ein faszinierender Organismus! Beste Grüsse,

Rolf

Wes

Hallo Holger and Rolf,

Vielen Dank für die netten Worte. Mikroskopische ,,Augenschmäuse" gehören zwar zu meinen liebsten Freizeitbeschäftigungen, aber ich denke gerade darüber nach, wie ich dieses Projekt auf die nächste Ebene bringen kann.

Wenn es mir gelingt, das Problem mit der bakteriellen Kontamination zu lösen und genügend Biomasse der retikulierten Amöbe zu kultivieren, möchte ich Material für eine DNA-Sequenzierung gewinnen, um ihre Position im Stammbaum des Lebens zu bestimmen. Das wäre ein schöner Abschluss des Projekts – und wenn es mir zusätzlich gelingt, den Prozess der Zystenbildung zu dokumentieren, wäre auch der Lebenszyklus vollständig erfasst.

Viele Grüße
Wes

Spectrum

Holger
Duzen und meine Bilder (auch ungefragt)  bearbeiten, mit eigenen Aufnahmen ergänzen und weitergeben erwünscht!

Spectrum

#22
Was die bakterielle Kontamination angeht, wäre ich vorsichtig...
Im natürlichen Lebensraum wird der beschriebene Organismus wohl auch mit allen möglichen bakteriellen Herausforderungen konfrontiert sein, und auch (bei optimalen Bedingungen) damit fertig werden.
Wahrscheinlich sind gerade die Bakterienaufwüchse auch eine (vielleicht auch die einzige) Nahrungsquelle dieses Organismus.

Ich würde versuchen kleine deckgläser in einer Petrischale mit
Fundortwasser und abgekratztem Aufwuchs und alternativ vielleicht Fundortwasser mit 1-2Krümeln Trockenhefe bei Zimmertemperatur zu inkubieren. Dann erhälst du Deckgläser mit Bakterienaufwuchs. Diese würde ich in die Kultur mit deinem Organismus geben. Wenn ihm das "gefällt" könnte es sein das er diese Deckgläser besiedelt. Dann könntest du die Objektträger entnehmen und Tochterkolonien ankegen. Nur so als Idee...
Frage:
Bei welcher Temperatur hälst du die Fundortprobe?
Wie warm ist es am Fundort?
Ist dort fließendes oder stehendes Wasser?
Grüße Holger
Holger
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Wes

Hallo Holger,

Ich habe den Organismus irgendwann Ende Januar aus einem fließenden Gewässer entnommen, sodass die Wassertemperatur zu diesem Zeitpunkt vermutlich recht niedrig war (eine formelle Messung habe ich allerdings nicht durchgeführt). Seitdem wurden keine besonderen Maßnahmen hinsichtlich der Temperatur getroffen. Die Schale mit der Probe stand durchgehend auf meinem Schreibtisch bei Raumtemperatur (etwa 23 °C), und gelegentlich habe ich das Wasser mit frischem Wasser ausgetauscht – demselben, kohlegefilterten Leitungswasser, das ich auch selbst regelmäßig trinke.

Ich vermute, dass eine Anfälligkeit für bakterielle Infektionen mit der Temperatur korreliert. Deshalb informiere ich mich derzeit über günstige Kühlbrutschränke – insbesondere solche, wie sie für Vogel- oder Reptilieneier verwendet werden. Einige der preiswerten chinesischen Modelle werben mit einem Temperaturbereich von 5 °C bis 60 °C.

Im Lauf der Zeit hat sich in der Schale ein Biofilm gebildet, der Zysten enthielt. Ich konnte einen kleinen Teil davon in eine neue Schale überführen. Als Nahrungsquelle habe ich Bäckerhefe zugegeben, wobei jedoch unweigerlich auch Bakterien jede neue Schale besiedelten. Nach ein paar Tagen beobachte ich in der Regel das Wachstum eines Plasmodiums, das vom Biofilm ausgeht – wie auf dem untenstehenden Bild zu sehen ist.

Zur Ergänzung habe ich auch ein Video verlinkt, in dem ich zeige, wie ich die selbstgebauten Deckglaspetrischalen für das Arbeiten mit dem inversen Mikroskop herstelle. Im letzten Frame des Videos sieht man die Übertragung des Biofilms auf eine frisch vorbereitete Schale. Es ist kein ,,spannendes" Video, aber vielleicht nützlich für jemanden, der ein ähnliches Experiment plant.


https://www.youtube.com/watch?v=fNfVwJzdm9M

Viele Grüße
Wes


Spectrum

#24
Hallo Wes,
Spitzenklasse!
Und danke für das anschauliche Video.
LG Holger
Holger
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mikrowastl

Vorstelllung: https://www.mikroskopie-forum.de/index.php?topic=33417.0
Axiostar plus /Wild M7s
,,Ich vermute inzwischen stark, dass ich doch nichts weiß!"