Interessante Pilz- und Flechtenfunde 172 - Russula putida

Begonnen von Bernd Miggel, April 01, 2025, 14:55:16 NACHMITTAGS

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Bernd Miggel

Russula putida

Fundberichte Nr. 1-158 in der Übersicht: https://www.mikroskopie-forum.de/index.php?topic=42360.msg312080#msg312080
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Bild 1 - R. putida, Frk. 1 am Fundort (Sven Kögel), 1000x.jpg
Bild 1Russula putida, älteres Exemplar am Fundort. Foto: Sven Kögel.


Einführung, Lebensweise und Verbreitung

Mitte August 2017 war ich mit Pilzfreund Sven Kögel im ,,Schonwald Römerberg" bei Keltern-Dietlingen, Baden-Württemberg, auf ca. 320 mNN unterwegs. Dort befindet sich man sich in einem Niederwald auf Kalklehm über Muschelkalk. Wir fanden zwei Exemplare einer dem Stinktäubling Russula foetens ähnlichen Art, mit 85 mm und 100 mm Hutdurchmesser. Der Fundort lag im Halbschatten auf trockenem Boden im Wegrandbereich. Begleitgehölze waren Eichen, Hainbuchen, Rotbuchen, Waldkiefern, Elsbeerbäume, Feldahorn, Liguster, Weißdorn. Mit Hilfe der mir zur Verfügung stehenden Literatur wurde der Fund als Russula foetens Pers. (Stinktäubling) bestimmt.
Aufgrund der DNA stellte sich später heraus, dass es sich nicht um R. foetens, sondern um die Schwesterart Russula putida Sarnari 1998 handelt.
in der Roten Liste Pilze Deutschlands 2016 wird Russula putida nicht geführt.

Bild 2 - R. putida, jüngeres Exemplar (Sven Kögel), x1000.JPG
Bild 2 – Russula putida, jüngeres Exemplar am Fundort. Foto: Sven Kögel.


Makroskopische Merkmale

Hut glatt, glänzend, klebrig, hell graubraun. Jüngeres Exemplar 85 mm breit, fast halbkugelig und nur am Rand gerieft, älteres Exemplar 100 mm breit, ausgebreitet und bis zur Hälfte des Radius höckrig gerieft. Huthaut zu einem Viertel des Radius abziehbar. Lamellen brüchig, blass, beim älteren Exemplar braunfleckig, am Stiel schmal angeheftet, bis 9 mm breit, in Stielnähe vielfach gegabelt, kaum untermischt, dichtstehend, am Grunde queradrig verbunden. Schneide ganzrandig, mit der Fläche gleichfarben. Stiel zylindrisch, stabil, weißlich, längsadrig, Basis etwas bräunend. Fleisch hart, cremefarben, im Stiel sehr fest, Stielinneres gekammert.
Geruch: Typischer, süßlich-öliger ,,Foetens-Geruch". Geschmack: Schmeckt annähernd so, wie er riecht, dann zusätzlich sehr scharf.


Makrochemische Farbreaktionen

FeSO4: rosa, Guajaktinktur: unmittelbar (nach 1 Sek.) starke Reaktion.
KOH 20%: keine Verfärbung (ellenfalls holzfarben, strohfarben).
Keine Verfärbung des Trockenbelegs.

Farbe des frisch ausgefallenen Sporenpulvers hell creme, etwa IIb nach der Farbtafel in MARXMÜLLER 2014.

Bild 3 - Russula putida, Sporen  (Bernd Miggel), x1000.jpg
Bild 3 – Sporen des Fundes in Melzers Reagenz. Foto: Bernd Miggel.


Mikroskopische Merkmale

Sporen subglobos bis breitellipsoid, derb isoliertstachelig, Stacheln stumpf konisch, bis 1,2 µm hoch, ab und zu zusammenfließend, einige durch dünne Linien verbunden, Hilarfleck meist 2x2,5 µm, sehr schwach amyloid.
Länge x Breite: 7,9-8,7-9,6 x 6,5-7,3-8,0 µm;
Schlankheitsgrad Q: 1,18-1,22    Volumen V: 232-255 µm3 

Subcutis mit zahlreichen, in SV gut anfärbbaren, 3,5-4,5 µm breiten Laticiferen.
Epicutis aus Haaren und Dermatozystiden bestehend.
Haare schlank, meist zylindrisch, 1,5-2,5 µm breit, Terminalglied um die 15-30 µm lang, teilweise gewellt, mit abgerundetem, teils verschmälertem Ende, vielfach
verzweigt.
Pileozystiden in SBA anfärbbar, dagegen nicht in SV, spindel- bis keulenförmig, terminal verschmälert, dort oft mit Köpfchen, breiteste Stelle 3-6 µm breit, meist mit 0-1 Septe.


Ähnliche Täublinge
• Der Stinktäubling (Russula foetens) ist von R. putida meines Erachtens makroskopisch nicht unterscheidbar. R. foetens besitzt die größeren Fruchtkörper, völlig isoliert stachelige Sporen. Ein prägnanter Unterschied besteht in der DNA, die nur zu 96 Prozent übereinstimmt.
• Der Gilbende Stinktäubling (Russula subfoetens) besitzt schlankere Sporen und das Fleisch reagiert mit KOH meist (jedoch nicht immer) stark gelb. Nach Schwöbel 1974 ist auch der Geruch ein abweichender; er besitzt nämlich eine obstartige Beikomponente.

Literatur
• Pierotti, A. (2004): Il genere Russula Pers. 1797. In provincia di Livorno (Toscana, Italia, 1. Russula putida Sarnari 1998
• SARNARI, M. (1998, 2005): Monografia illustrata del Genere Russula in Europa: 408-409, 425-428. In: Mycol. Monten. 2004. VII: 119-125.
• SCHWÖBEL, H. (1974): Die Täublinge. Beiträge zu ihrer Kenntnis und Verbreitung (III). In: Z. Pilzkd. 40 (1974): 145-158.


Viel Freude beim Anschauen!
Bernd


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Bernd Miggel

#1
Ergänzung zum Russula-putida-Fund

Wie kam es zur Umbenennung des Fundes zu Russula putida?

Im Sommer des vergangenen Jahres machte mich der Mykologe Felix Hampe darauf aufmerksam, dass es sich bei dem Fund, den ich 2017 gemeinsam mit Sven Kögel gemacht hatte, nicht um Russula foetens Pers., sondern um Russula putida Sarnari handelt. Dies hatte er beim Durchforsten von DNA-Sequenzen der NCBI Genbank festgestellt. Außerdem entspricht die Sporenornamentation unseres Fundes nicht der von Russula foetens.
Aufgrund dieser Feststellungen hatte ich dann veranlasst, unseren Fund bei der Genbank in Russula putida umzubenennen.

Kontrolle:
Ein von mir durchgeführter Megablast in NCBI Genbank ergibt für unseren 2017er Fund
eine Identity von 99,67 Prozent mit dem Holotyp von Russula putida
und eine Identity von nur 96,02 Prozent mit einer typischen Russula foetens.

Zum Vergleich hier die entsprechenden Accession-Nummern in NCBI Genbank:
Unser Fund von 2017: MT798532.1
Der Holotyp von Russula putida: HG798527
Die obengenannte typische Russula foetens: KT934016

Notiz: Die Festlegung der typischen Russula foetens in der Genbank erfolgte durch Felix Hampe.