Botanik: Ananas-Guave (Acca sellowiana) *

Begonnen von Peter T., Juni 06, 2025, 19:07:27 NACHMITTAGS

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Peter T.

Die Ananas-Guave (auch Feijoa oder Brasilianische Guave genannt) stammt aus der Familie der Myrtengewächse. Ursprünglich kommt sie aus Süamerika, kann aber auch in günstigen Lagen in Europa angebaut werden. Es handelt sich um einen Baum von 4 bis 6 m Höhe.
Mein Exemplar habe ich in Sevilla gefunden.



Die Früchte sind essbar, aus ihnen wird auch Marmelade hergestellt.

Acca_sellowiana_Fruit_MHNT_Fronton.jpg
(Creative Commons, Autor Didier Descouens

Ich habe mir die Sprossachse, den Blattstiel und das Blatt angeschaut. Gefärbt wurde mit FCA nach Etzold

Zunächst die Übersicht über die Sprossachse

Bild 3


Interessant hier die "harmonische" Aufteilung in Rindenparenchym, Xylem und Markparenchym, die den Querschnitt dominieren. Das Bild enthält viele Rot-Anteile, was ein Hinweis darauf ist, dass hier viele Zellen lignifizieren. Anders als bei den Pflanzen der "Pflasterritzenflora", bei denen alles auf schnelles Wachstum ausgelegt ist, weil die Pflanze ebenso schnell verwelken wird, steht hier vor allem Stabilität, Festigkeit und Fraßschutz im Vordergrund.

Letzterer wird wie so oft durch eine Vielzahl von Oxalatkristallen (in der Regel Calciumoxalat) realisiert. Der Blick durch das Okular im polarisierten Licht bestätigt diese Vermutung

Bild4


Im Mark finden sich zahlreiche lichtbrechende Strukturen, eben diese Kristalle.

In der Detailaufnahme des Markbereiches sieht das so aus

Bild 5


Eine interessante Mischung aus stabilen, offenbar auch Lignin einlagernden, vom Fuchsin rötlich gefärbten Zellen, die hier eine gewisse Struktur vermitteln und ihren dünnwandigen, oft schon in Auflösung begriffenen Zellverwandten. Ich würde das als guten Kompromiss zwischen Festigkeit und Stofftransport interpretieren. {EDIT: Jörg (Fahrenheit) wendet zu Recht ein, dass es sich hierbei wohl eher um ein Färbe-Artefakt (unzureichend ausgewaschenes Fuchsin) handeln dürfte als dass hier tatsächlich Lignin in den Markzellen auftauchen würde.}

Die selbe Stelle im polarisierten Licht zeigt die Anwesenheit der Oxalatkristalle. Für mich immer wieder ein schöner und nie langweilig werdender Anblick

Bild 6


Nun zum Geheimnis der Ananas-Guave. Ich habe in der Bestimmungshilfe bereits das folgende Foto gepostet mit der Bitte um Identifizierung einer bestimmten Zellschicht. Bislang hat noch niemand geantwortet.

Ich zeige einen Ausschnitt aus dem Querschnitt der Sprossachse

Bild 7


Von außen nach innen sieht man die Epidermis mit Cuticula, dann das Rindenparenchym. Direkt unter den Sklerenchymkappen kommt eine Schicht mit großen, dünnwandigen Zellen, darunter eine Schicht kleiner Zellen. Dann wird es wieder eindeutiger mit Phloem, Kambium und Xylem.

Aber was sind das für Zellen zwischen Sklerenchymkappen und Phloem? Wenn sie unter der Epidermis stehen würden, würde ich auf Phellem tippen mit Phellogenzellen darunter, aber an dieser Stelle kann das ja nicht sein, oder?

Vielleicht findet sich doch noch jemand, der sagen kann, was diese Zellen darstellen und warum sie an dieser Stelle zu finden sind.

Aber jetzt weg von der Sprossachse und hin zum Blattstiel

Zunächst die Übersicht

Bild 8


Auch hier besteht eine gewisse "Freude am Lignifizieren". Der Blattstiel und das Blatt sind auch beim Handling bereits unglaublich fest und stabil.

Eine weitere Besonderheit sieht man in der folgenden Schnittebene

Bild 9


Ich meine das Detail auf 9 Uhr. Es ist ein Ölbehälter, der ein komplexes Gemisch aus ätherischen Ölen enthält, die unter anderem dafür verantwortlich sind, dass alles an dieser Pflanze irgendwie gut riecht. Neben antimikrobiellen Eigenschaften soll das Öl auch dem Anlocken von Insekten dienen.

Im polarisierten Licht erkennt man ein weiteres Merkmal des Blattstiels: Eine intensiver Bewuchs mit Trichomen

Bild 10


Außerdem fällt auch hier wieder eine Fülle an Oxalatkristallen auf.

Die Trichome hier noch einmal im Detail (das Bild ist gestackt)

Bild 11


Jetzt noch ein Blick auf den Bereich mit dem zentralen Leitbündelring

Bild 12


Und das gleiche noch mal im polarisierten Licht

Bild 13


In der Detailaufnahme sieht man hier die Vielzahl an Kristallen auch im Blattstiel

Bild 14


Sehr interessant ist auch ein Blick auf die Epidermis

Bild 15


Die Zellen sind hier konisch spitz zulaufend, als Erklärung habe ich gefunden: Bessere Lichtbrechung und bessere Adhäsion zwischen den Zellen.

Kommen wir zum Blattquerschnitt

Hier zunächst die Übersicht

Bild 16


Bereits bei diesem Überblick erkennt man den dorsiventralen Blattaufbau mit einem deutlich sichtbaren Palisadenparenchym und dem darunter liegenden Schwammparenchym. Bei genauem Hinsehen fallen auch hier wieder zahlreiche Ölbehälter auf, die sämtlich im Palisadenparenchym liegen.

Im folgenden Bild sieht man sowohl die Aufteilung in die beiden Parenchymarten sowie einen Ölbehälter, der gut erkennbar einen Kontakt zur Blattoberfläche hat. Das Palisadenparenchym ist vier- bis fünflagig und damit unglaublich prominent.

Bild 17


Zur Abrundung noch eine Spaltöffnung (starke Vergrößerung aus einer Aufnahme mit dem 40x Objektiv)

Bild 18


Auch im Blatt wird größter Wert auf Stabilität und vor allem Fraßschutz gelegt. Die doppelbrechenden Strukturen sind auch hier (neben dem Xylem) Oxalatkristalle

Bild 19



Auch in der Blattspreite zeigt das polarisierte Licht diese Strukturen auf

Bild 20



Zum Abschluss noch ein Ölbehälter im Blattende

Bild 21


Und als eher experimentelle Fotos noch die beiden bereits gezeigten Ölbehälter im Dunkelfeld

Bild 22


Bild 23



Wie immer freue ich mich über Kommentare, Berichtigungen, Ergänzungen und insbesondere auf die Auflösung des Zellschicht-Rätsels



Liebe Grüße
Peter

Wutsdorff Peter

Guten Abend Peter!
Wunderbare Aufnahmen!!
Die Oxalatkristalle erinnern mich an meine Nierensteine, die ich seit meinem 12-ten Lebensjahr bekomme. Im Alter (85) jetzt nicht mehr.
Beim meinem ersten Stein (1968) fragte ich den Urologen, warum sich Steine bilden.
""Wenn ich das wüßte, bekäme ich morgen den Med.-Nobelpreis""
Gruß Peter W



Peter T.

Hallo Peter,

besten Dank!

Calciumoxalat: Ja, des einen Freud (Pflanze), des anderen Leid (Nierensteine).
Liebe Grüße
Peter

Rawfoto

Hallo Peter

Bild 13 ist der totale Hammer, Gratulation

Liebe Grüße

Gerhard
Gerhard
http://www.naturfoto-zimmert.at

Rückmeldung sind willkommen, ich bin jederzeit an Weiterentwicklung interessiert, Vorschläge zur Verbesserungen und Varianten meiner eingestellten Bilder sind daher keinerlei Problem für mich ...

Peter T.

Hallo Gerhard,

herzlichen Dank!
Freut mich sehr, dass es Dir gefällt. :)

Liebe Grüße
Peter

Fahrenheit

Lieber Peter,

vielen Dank für den schönen und interessanten Beitrag, den ich gerne gelistet habe.

Der Fuchsinanteil in den Zellen, z.B. in Bild 5 dürfte aber eher Zufall den anatomische Aussage sein. Eine bessere Differenzierung hätte das Rot sicher ausgespült. Aber Vorsicht, nicht zu lang, ich habe bei meiner garde laufenden Präparation so die Färbung der Cuticula ausgespült.

Beste Grüße
Jörg 
Hier geht's zur Vorstellung: Klick !
Und hier zur Webseite des MKB: Klick !

Arbeitsmikroskop: Leica DMLS
Zum Mitnehmen: Leitz SM
Für draussen: Leitz HM

Peter T.

Lieber Jörg,

besten Dank! Dann werde ich das im Text mal relativieren.

Kannst Du denn etwas zu der ominösen Zellschicht (Bild 7) sagen?
Liebe Grüße
Peter