Botanik: Acker-Rettich Raphanus raphanistrum *

Begonnen von Hans-Jürgen Koch, Dezember 07, 2025, 16:28:08 NACHMITTAGS

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Hans-Jürgen Koch

Raphanus raphanistrum stammt ursprünglich aus dem östlichen Mittelmeerraum und Vorderasien, wurde aber weltweit verschleppt. In Mitteleuropa ist er seit dem Neolithikum ein Kulturbegleiter Archaeophyt.

Das Neolithikum in Deutschland (Jungsteinzeit) dauerte ungefähr von (5500 bis (2000) v. Chr. und war geprägt vom Übergang von der Jäger- und Sammler- zur sesshaften Landwirtschaft.

Ein Archäophyt (von griechisch archaíos ,,alt" und phytón ,,Pflanze") ist eine Pflanzenart, die in einem bestimmten Gebiet nicht ursprünglich heimisch (indigen) ist, sondern durch den Menschen vor dem Jahr 1492 dort eingeführt wurde und sich dauerhaft etabliert hat.
Der Acker-Rettich wächst häufig in Unkrautfluren der Äcker, besonders der Getreidefelder, sowie an Schuttplätzen und bevorzugt kalkarme Böden.

Der Acker-Hederich ist sommerannueller, sommergrüner Therophyt.
Ein Therophyt ist eine einjährige, krautige Pflanze, die die ungünstige Jahreszeit wie Winter oder Trockenheit als Samen überdauert. Der Begriff kommt aus dem Griechischen und bedeutet ,,Sommerpflanze".

Diese Pflanzen wurden schon im Mittelalter angebaut, sind aber nie wildpflanzend gefunden worden.

Das sie bereits den Römern bekannt waren, dass Aristophanes (geboren: 445 v. Chr.) schon von ,,raphane" und Dioskurides von ,,raphanelaion", Riechöl, spricht ist noch nichts angesichts der Erzählungen von Herodot († um 430/420 v. Chr.), der berichtete, dass man die Sklaven damit verpflegte, die zu Bau der Pyramiden herangezogen wurden.

Bild 01 Habitus, Acker-Rettich Raphanus raphanistrum

Foto: H.-J_Koch
Auf dieser riesigen Fläche wurde im Sommer 2025 Mais geerntet.
Die Maisernte 2025 begann ungewöhnlich früh, teils schon Ende August, aufgrund anhaltender Trockenheit.

In der Landwirtschaft kann er zudem als Gründüngung oder zur Anreicherung der Bodenfruchtbarkeit genutzt werden.
Der Acker-Rettich Raphanus raphanistrum ist eine von den zahlreichen Kreuzblütlern Brassicaceae der heimischen Flora.
Der Acker-Rettich ist eine bis 80 cm hohe, rauhaarige Pflanze die bis 1 Meter tief wurzelt (Rhizom).

Bild 02 Blätter, Acker-Rettich Raphanus raphanistrum

Foto: H.-J_Koch
Die unteren Laubblätter, insbesondere die Grundblätter sind gestielt, die oberen Stängelblätter dagegen eher sitzend und ungeteilt. Die unteren Blätter sind 10 bis 15 Zentimeter lang, 4 bis 6 Zentimeter breit und haben einen 2 Zentimeter langen Stiel. Sie besitzen auf jeder Seite 4 bis 5 Seitenabschnitte. Die oberen Stängelblätter sind länglich bis lanzettlich, ungeteilt und spitz gezähnt.
Die unteren Blätter sind in schmale Fiederlappen uns 1 großer Endlappen gegliedert.

Bild 03 Blattoberseite, Acker-Rettich Raphanus raphanistrum

Foto: H.-J_Koch

Bild 04 Blattunterseite, Acker-Rettich Raphanus raphanistrum

Foto: H.-J_Koch

Bild 05 Blüte in Detail, Acker-Rettich Raphanus raphanistrum

Photograph: Didier Descouens
Sammlung    : Muséum de Toulouse

Die blattlosen, endständigen Blüten sind weiß, mit dunkelgelben Adern.
Die Blütezeit ist von Mai bis in den Herbst.

Bild 06 Verwelkte Blüten im Dezember 2025, Acker-Rettich Raphanus raphanistrum

Foto: H.-J_Koch

Bild 07 Schote, Acker-Rettich Raphanus raphanistrum

Verfasser: Olivier Pichard
Die Frucht ist zwischen den Samen perlschnurartig eingeschnürt, die einen langen, samenlosen Schnabel (Nagel) tragen.

Bild 08 Rhizom, Acker-Rettich Raphanus raphanistrum

Foto: H.-J_Koch

Die getrockneten Samen sowie die geriebenen oder klein geschnittenen Wurzeln wirken als starker Geschmacksgeber in allerlei Speisen.
Aus den Samen wird Senf hergestellt. Das Samenöl kann auch für Speise- und technische Zwecke verwendet werden.

Bild 09 Schnittstelle, Acker-Rettich Raphanus raphanistrum

Foto: H.-J_Koch

Bild 10 Illustration, Acker-Rettich Raphanus raphanistrum

Quelle: Aus dem Buch ,,Deutschlands Flora in Abbildungen", bei http://www.biolib.de
Verfasser: Johann Georg Sturm (Maler: Jacob Sturm)
Dieses Werk ist gemeinfrei.

Systematik:
Ordnung: Kreuzblütlerartige Brassicales
Familie: Kreuzblütler Brassicaceae
Tribus: Brassiceae
Gattung: Rettiche Raphanus
Art: Acker-Rettich
Wissenschaftlicher Name: Raphanus raphanistrum
Trivialnamen: Wilder Rettich, Acker-Hederich, Hederich
Englische Bezeichnung: Horseradish Raphanus raphanistrum
Der Hederich ist mit großer Wahrscheinlichkeit die Wildform der
Kulturpflanze Rettich.
,,Rettich" ist aus dem lateinischen ,,raduc" = Wurzel eingedeutscht. Worden.

Teil 1
Hohler Spross, Querschnitt
25 Mikrometer

Die Stängel wachsen meist aufrecht, manchmal auch aufsteigend.
Sie sind stumpfkantig, ästig und besonders am Grund mit langen Haaren.
Pflanzen mit aufsteigenden Stängeln wachsen nach oben, aber nicht gerade, sondern in einem Winkel.

Bild 11 Übersicht, ungefärbter Schnitt, Acker-Rettich Raphanus raphanistrum


Bild 12 Negativaufnahme, ungefärbter Schnitt, Acker-Rettich Raphanus raphanistrum


Bild 13 Detailaufnahme, ungefärbter Schnitt, Acker-Rettich Raphanus raphanistrum


Bild 14 Detailaufnahme, ungefärbter Schnitt, Acker-Rettich Raphanus raphanistrum


Bild 15 Detailaufnahme, ungefärbter Schnitt, Autofluoreszenz, Acker-Rettich Raphanus raphanistrum

LED Modul 455 nm
Reflektormodul FL mit Filtersatz 67
Erregerfilter: BP 470 nm
Strahlenteiler: FT 477 nm
Emission (Sperrfilter): LP 485

Bild 16 Färbung auf einem Objektträger, Autofluoreszenz, Acker-Rettich Raphanus raphanistrum


Meine Schnitte werden immer in einer Petrischale gefärbt.
Bei diesem hohlen, dünnen Spross muste ich auf einem Objektträger färben.
Bei der kleinsten Berührung mit einem Pinsel klappen die Schnitte zusammen und sind unbrauchbar.

W-3A-Färbung nach Wacker (Acridinrot-Acriflavin-Astrablau)

Arbeitsablauf:
1.Pflanzenprobe liegt in 30 % Ethanol.
2. Aqua dest. 3x wechseln je 1 Minute.
3. Vorfärbung Acridinrotlösung 7 Minuten
4. 1x auswaschen mit Aqua dest. .
5. Acriflavinlösung (differenzieren bis gerade keine Farbwolken mehr abgehen - Lupenkontrolle) ca.15 Sekunden !!
6. 2 x auswaschen mit Aqua dest..
7. Nachfärbung Astrablaulösung 1 Minuten
Bei der Nachfärbung mit Astrablau eine Mischung aus Astrablau und Acriflavin im Verhältnis 3 : 1 verwendet (blau + gelb = grün).

Tipp:
Eine schöne Variante erhält man, wenn man in der letzten Färbestufe eine Mischung aus Astrablau und Acriflavin im Verhältnis 3:1 verwendet. (3 Tropfen Astrablau und 1 Tropfen Acriflavin separat ansetzen und Gemisch mit der Pipette übertragen.
8. Auswaschen mit Aqua dest. bis keine Farbstoffreste verbleiben.
9. Entwässern mit 3x gewechseltem Isopropylalkohol (99,9 %)
10. Einschluss in Euparal.

Ergebnis:
Zellwände blaugrün bis grün, verholzte Zellwände leuchtend rot, Zellwände der äußeren Hypodermis orangerot, Cuticula gelb, Zellwände der innenliegenden Hypodermis tiefrot.
Bei der Betrachtung wird eine Kontrastverbesserung bei Verwendung eines BG 38 Filters (blaugrün, 3 mm dick) erreicht.
Fotos: Nikon D5000, Sony Alpha 6000

Bild 17 Übersicht, Acker-Rettich Raphanus raphanistrum



Bild 18 Detailaufnahme, Acker-Rettich Raphanus raphanistrum


Bild 19 Negativaufnahme, Acker-Rettich Raphanus raphanistrum


Bild 20 Detailaufnahme, Auflichtbeleuchtung Fluoreszenz, Acker-Rettich Raphanus raphanistrum

Reflektormodul FL mit Filtersatz 67
Erregerfilter: BP 470 nm
Strahlenteiler: FT 477 nm
Emission (Sperrfilter): LP 485

Bild 21 Detailaufnahme, Auflichtbeleuchtung Fluoreszenz, Acker-Rettich Raphanus raphanistrum


Teil 2
Wurzel, Querschnitt
25 Mikrometer

W-3A-Färbung nach Wacker (Acridinrot-Acriflavin-Astrablau)

Bild 22 Übersicht, Acker-Rettich Raphanus raphanistrum



Bild 23 Detailaufnahme, mit Beschreibung, Acker-Rettich Raphanus raphanistrum

PH = primärer Holzstrahl, P = Phellem, WB = Weichbast (Phelloderm), SX = sekundäres Xylem

Bild 24 Detailaufnahme, Acker-Rettich Raphanus raphanistrum


Bild 25 Detailaufnahme, Auflichtbeleuchtung Fluoreszenz, Acker-Rettich Raphanus raphanistrum


Bild 26 Detailaufnahme, Auflichtbeleuchtung Fluoreszenz, Acker-Rettich Raphanus raphanistrum


Bild 27 Detailaufnahme, Auflichtbeleuchtung Fluoreszenz, Acker-Rettich Raphanus raphanistrum


Teil 3
Blattstiel, Querschnitt
35 Mikrometer

Die Grundblätter sind gestielt.
W-3A-Färbung nach Wacker (Acridinrot-Acriflavin-Astrablau)

Bild 28 Negativaufnahme, Acker-Rettich Raphanus raphanistrum


Bild 29 Übersicht, Acker-Rettich Raphanus raphanistrum


Bild 30 Detailaufnahme, Acker-Rettich Raphanus raphanistrum


Bild 31 Detailaufnahme, Acker-Rettich Raphanus raphanistrum


Bild 32 Übersicht, Auflichtbeleuchtung Fluoreszenz, Acker-Rettich Raphanus raphanistrum


Bild 33 Detailaufnahme, Auflichtbeleuchtung Fluoreszenz, Acker-Rettich Raphanus raphanistrum


Fazit:
Peter T. hat einmal geschrieben ,,Das Schneiden der Pflanze Breitblättriger Sauerklee (Oxalis latifolia) lässt sich am ehesten vergleichen mit dem Versuch, ein feuchtes Papiertaschentuch zu schneiden. Es ist alles extrem weich, schlapp und empfindlich".
Dieses trifft auch auf den Acker – Rettich zu.
Bei der kleinsten Berührung mit einem Pinsel klappen die Schnitte zusammen und sie lassen sich nicht wieder glätten.
Mit viel Geduld konnte ich diesen Beitrag doch noch zeigen.
Eine Paraffinpräparation wäre hier angebracht.

Verzeichnis der benutzten Literatur:

Wikipedia; Freie Enzyklopädie
Aichele ,,Was blüht denn da?", 03553-5
Michael Lohmann ,,Das wächst auf unseren Feldern", 978-3-8354-0321-5
,,Botanica" Das Abc der Pflanzen, ISBN: 3-8290-0868-6
,,Das große illustrierte Pflanzenbuch", 1966

Die Informationen für Beschreibungen werden von mir selbst aus verschiedenen Quellen zusammengetragen. Dabei benutze ich sowohl Bücher als auch Internet Quellen.
Ich recherchiere dann weiter, suche die zugrundeliegenden Studien heraus, werte sie aus und verbinde alles miteinander.
Beim Recherchieren öffnet sich oft nicht nur eine neue Tür, sondern gleich mehrere. Dahinter verbergen sich weitere spannende Informationen.

Für konstruktive Kritik bin ich ebenso offen wie für lobende Worte.

Hans-Jürgen

Plants are the true rulers - Pflanzen sind die wahren Herrscher.

<a href="http://www.mikroskopie-forum.de/index.php?topic=2650.0" target="_blank">Hier geht es zur Vorstellung</a>

Gerne per "Du"

Peter T.

#1
Lieber Hans-Jürgen,

ganz besonderen Dank für diesen ausgezeichneten Beitrag.

Trotz der widrigen Umstände präsentierst Du eine komplette Darstellung vom Acker-Rettich. Natürlich sind die Bilder von der Wurzel klasse, insbesondere die Fluoreszenz-Aufnahmen.
Meine Favoriten sind aber die Querschnitte von Blattstiel und Spross. Dass Du die ohne Paraffineinbettung auf den Objektträger bekommen hast, ist unglaublich.

Ich finde es ganz wichtig, hier auch die Grenzen des Möglichen aufzuzeigen mit Pflanzen am Rande der Präparierbarkeit. Pflanzenanatomie besteht halt nicht nur aus "Beautypics", so toll die auch sein mögen.

Du bist hier sicher die "letzte Instanz" beim Pflanzenpräparieren und dieser Beitrag markiert insofern eine Grenzlinie, jenseits derer nur noch Einbettung zum Ziel führt.
Aber: Wer bettet einen Blattstiel vom Acker-Rettich ein?

Deshalb trägt dieser Beitrag für mich das Prädikat "Besonders wertvoll".

(Wer glaubt, dass ich übertreibe, möge zum Mikrotom greifen und mich eines Besseren belehren.)

Natürlich nehme ich den Acker-Rettich sehr gerne in die Botanik-Liste auf.

Beste Grüße

Peter
Liebe Grüße
Peter