Botanik: Kahle Drillingsblume (Bougainvillea glabra) *

Begonnen von Peter T., Dezember 27, 2025, 15:59:31 NACHMITTAGS

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Peter T.

Dass die Bougainvillea auf deutsch "Kahle Drillingsblume" heißt, war mir ehrlich gesagt nicht klar. Vielen wird sie als "Bougainvillea" bekannt sein. Es ist eine aus Südamerika stammende und im Süden Europas sehr weit verbreitete und häufig anzutreffende Kletterpflanze.

Botanisch gehört sie zur Familie der Wunderblumengewächse (Nyctaginaceae).

Sie bildet kräftige Stämme aus, die Äste sind überhängend. Beliebt ist die Pflanze wegen ihrer Blühlust. Die roten, pinkfarbenen oder violetten Hochblätter leuchten weithin und verleihen der Pflanze ein prächtiges Aussehen.

Hier zunächst der Habitus:

Bild 1 (Wikimedia Commons, Autor Agnieszka Kwiecień, Nova)


Für meinen Beitrag habe ich Sprossachse und Blattstiel/ Blatt angeschaut. Das Exemplar stammt aus Kroatien. Gefärbt hab eich die 30 µm dicken Schnitte mit FCA nach Etzold.

Hier der Querschnitt durch den Spross

Bild 2


Man erkennt eine leichte Behaarung. Unter der Epidermis findet sich durchgehend eine Zone mit Kollenchym, also eine Zone lebender Zellen mit verdickten Zellwänden. Sie dient der Festigung des Sprosses. Im Anschluss an das Rindenparenchym liegt die den Querschnitt dominierende Leitbündelzone. Die Leitbündel sind ringförmig angeordnet. Es sind kollaterale und offene Leitbündel (Phloem außen, Xylem innen, dazwischen Kambium). In der Mitte des Schnittes liegen die Markzellen, ein weitlumiges, dünnwandiges Parenchym.

Bild 3 (Polarisation)


Jetzt ein Blick auf die Leitbündelzone

Bild 4


Am dunkelsten gefärbt ist hier das Phloem (beim Leitbündel unten in der Mitte auf 10 Uhr), daran angrenzend die rechteckigen, wie Ziegelsteine geschichteten Kambiumzellen. Danach die großlumigen Tracheen des Xylems und schließlich eine kleine sklerenchymatische und Festigkeit verleihende Zellschicht. B. glabra gehört zu den Angiospermen (Bedecktsamern), diese habe echte Tracheen (und nicht nur Tracheiden wie die Gymnospermen).

Nun noch ein Detail aus dem äußeren Bereich

Bild 5


Von außen nach innen die einreihige Epidermis, darunter die (leicht violett gefärbte) Kollenchymzone, danach das Rindenparenchym und schließlich die Leitbündelzone.

An einer Stelle des Sprosses habe ich einen kleinen abgehenden Seitenspross mitgeschnitten.

Bild 6


Der Abgang des Seitensprosses als so genannte Achselknospe

Eindrucksvoll auch das Bild in der Polarisation

Bild 7


Man erkennt hier schön die Leitbündel, die vom Hauptspross aus in den neuen Spross ziehen. Bei den stäbchenartigen hell leuchtenden Elementen würde ich auf Calciumoxalat-Kristalle tippen.

Auf einer weiteren Ebene ist der neue Spross bereits ausgeprägter

Bild 8


Auch hier wieder der Vergleich im polarisierten Licht

Bild 9


Auch hier ist die "Wanderbewegung" der Leitbündel in den neuen Spross gut zu sehen.

Ein Detail aus der Übergangszone zum Seitenspross (der neue Spross liegt hier links)

Bild 10


Der halbmondförmige Bereich könnte eine Initialzone mit sich neu bildendem Mark (das Mark des Seitensprosses) sein, nach links hin eingerahmt von Übergangsparenchym. Wenn das so ist, wäre das eine schöne "Nahtstelle" zwischen Haupt- und Nebenspross.

Im nächsten Bild noch eine Stelle, an der der abgehende neue Spross noch peripher längs angeschnitten ist.

Bild 11


Jetzt zu Blattstiel und Blatt

Bild 12


Auch hier dominiert im Querschnitt wieder die zentrale Zone mit den ringförmig angeordneten Leitbündeln. Man erkennt die sich ausbildenden Blattspreiten.

Im polarisierten Licht sieht das so aus

Bild 13


Allmählich werden die Blattspreiten ausgeprägter

Bild 14 (Hellfeld)


Bild 15 (Polarisation)


Nun noch ein Detail der Blattspreite

Bild 16


Man sieht ein zweireihiges Palisadenparenchym und ein dicht gepacktes Schwammparenchym unter einer kräftigen Epidermis.

Im polarisierten Licht sind wieder Calciumoxalat-Kristalle erkennbar.

Bild 17



Wie immer freue ich mich über Kommentare, Berichtigungen und Ergänzungen.
Liebe Grüße
Peter

Daniel Scheibenstock

Lieber Peter,

Danke für diese Beschreibung. Ich konnte viel für mich mitnehmen 🙂 es scheint das keine Pflanze (Weltweit!)vor dir sicher ist🥳

Liebe Grüße,

Daniel
Leica DMRB HC (DL, Pol)
Motic BA310 LED (DL: PH; DF;POL, AL: POL)
Zeiss Universal (DL: Fluo; POL AL: Fluo,POL. DIC)
Zeiss IM35 (DL; PH; Fluo;POL)
Bresser Stereolupe

Vorstellung: https://www.mikroskopie-forum.de/index.php?topic=48126.0

Hans-Jürgen Koch

Lieber Peter,

Super Beitrag, gefällt mir sehr gut.

Der deutsche Name Drillingsblume bezieht sich auf den markanten Aufbau des Blütenstandes:

Drei Hochblätter: Die großen, auffällig gefärbten Blätter, die man oft fälschlicherweise für die Blüten hält, treten fast immer in Dreiergruppen auf.

Drei echte Blüten: In der Mitte dieser drei Hochblätter befinden sich die eigentlichen Blüten. Es sind meist drei kleine, cremeweiße Röhrenblüten, die jeweils an einem der Hochblätter angewachsen sind.
Zusammen bilden diese drei Einheiten ein charakteristisches Dreiergespann, das der Pflanze ihren Namen gab.

Hintergrund zum botanischen Namen:
Der wissenschaftliche Name Bougainvillea ehrt hingegen den französischen Seefahrer und Entdecker Louis Antoine de Bougainville, während dessen Weltumsegelung (1766–1769) die Pflanze in Brasilien entdeckt wurde.


Gruß
Hans-Jürgen
Plants are the true rulers - Pflanzen sind die wahren Herrscher.

<a href="http://www.mikroskopie-forum.de/index.php?topic=2650.0" target="_blank">Hier geht es zur Vorstellung</a>

Gerne per "Du"

Peter T.

Zitat von: Daniel Scheibenstock in Dezember 27, 2025, 16:45:03 NACHMITTAGSes scheint das keine Pflanze (Weltweit!)vor dir sicher ist🥳


Lieber Daniel,

das glaube ich mittlerweile auch! ;)

Lieber Hans-Jürgen,

vielen Dank für Dein Lob und die Ergänzungen zur Bezeichnung "Drillingsblume" und dem Gattungsnamen "Bougainvillea".

Beste Grüße

Peter
Liebe Grüße
Peter